Beschluss vom Landessozialgericht NRW - L 8 R 842/17
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 5.7.2017 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsrechtszugs mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 4.691,25 Euro festgesetzt.
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Gründe
2I.
3Streitig ist die im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erfolgte Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Säumniszuschlägen, insbesondere, ob die Hochrechnung von Netto- auf Bruttoentgelte unter zutreffender Anwendung steuerrechtlicher Normen (hier: §§ 39b, 39c Einkommensteuergesetz [EStG]) erfolgt ist.
4Das Hauptzollamt (HZA) Aachen – Finanzkontrolle Schwarzarbeit – ermittelte gegen den Kläger, der als Einzelunternehmer einen Gartenservice betreibt, wegen des Verdachts auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gem. § 266a Strafgesetzbuch. Nach Auswertung der dortigen Akten hörte die Beklagte den Kläger unter dem 30.11.2015 zu ihrer Absicht an, Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 27.305,93 Euro nachzufordern. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt der konkret bezeichneten Arbeitnehmer berechnete sie dabei unter Hochrechnung eines Nettolohns auf einen Bruttolohn und unter Anwendung der Lohnsteuerklasse VI.
5In einer Stellungnahme vom 17.3.2016 machte der Kläger geltend, dass zwar die Nachberechnung in Anwendung der Lohnsteuerklasse VI richtig sei. Ohne jede Begründung habe die Beklagte jedoch nicht die in dieser Lohnsteuerklasse eingearbeitete „Versorgungspauschale“ berücksichtigt.
6Mit Bescheid vom 8.4.2016 forderte die Beklagte vom Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in der angekündigten Höhe nach. Zur Begründung führte sie an, dass nach Auswertung der vom HZA Aachen sichergestellten Beweismittel im Zeitraum von Januar 2012 bis Oktober 2013 für mehrere Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen worden seien. Unter Berücksichtigung der Nettolohnfiktion ergäben sich die berechneten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen. Der Auffassung des Klägers, die Hochrechnung der Nettobeträge sei unzutreffend ohne Berücksichtigung der sog. Vorsorgepauschale vorgenommen worden, könne nicht gefolgt werden. Der Ansatz der Vorsorgeaufwendungen stelle einen Sonderausgabenabzug dar, welcher der Veranlagung/Berechnung individueller Lohn- bzw. Einkommensteuer diene. Demnach sei die Vorsorgepauschale nur dann zu berücksichtigen, wenn die Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 S. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) anhand der individuellen Steuermerkmale vorgenommen werde. Dies könne nur der Fall sein, wenn – anders als hier – ein legales, jedoch verkürzt gemeldetes, nicht geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (zusätzliches illegales Beschäftigungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber) vorliege, also bereits in der Vergangenheit ein laufendes Lohnsteuerabzugsverfahren durchgeführt worden sei.
7Mit seinem gegen diesen Bescheid gerichteten (Teil-)Widerspruch vom 11.5.2016 vertrat der Kläger die Auffassung, dass sich die von der Beklagten vertretene Ansicht zur Vorsorgepauschale nicht aus § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV ergebe.
8Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1.9.2016 zurück. Die Vorsorgeaufwendungen stellten einen Sonderausgabenabzug dar, der ausschließlich dann berücksichtigt werden könne, wenn die Lohnsteuer anhand individueller Steuermerkmale im Lohnsteuerabzugsverfahren ermittelt werde. Nach den Vorschriften des § 39b Abs. 2 EStG müsse der Arbeitgeber hierzu „die Höhe des laufenden Arbeitslohns im Lohnzahlungszeitraum“ feststellen und auf einen Jahresarbeitslohn hochrechnen. Alle in Rede stehenden Arbeitnehmer seien im Lohnzahlungszeitraum nicht oder lediglich als geringfügig entlohnte Beschäftigte gemeldet worden, sodass die Lohnsteuer, u. U. auch verkürzt, nicht anhand der individuellen Steuermerkmale ermittelt worden sei. Die Berücksichtigung der Vorsorgepauschale sei daher für diesen Personenkreis ausgeschlossen.
9Hiergegen hat der Kläger am 6.10.2016 zum Sozialgericht (SG) Aachen Klage erhoben und unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens beantragt,
10den Bescheid vom 8.4.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1.9.2016 in Höhe von 4.691,25 Euro aufzuheben.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5.7.2017 abgewiesen. Sei ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gälten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IV). Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen gelte ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart (§ 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV). Die Beklagte sei von illegalen Beschäftigungsverhältnissen ausgegangen und habe in Anwendung der Nettolohnfiktion des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV entsprechende Arbeitsentgelte hochgerechnet. Gegen diese Verfahrensweise wende sich der Kläger nicht, er habe die Vorwürfe illegaler Beschäftigung eingeräumt. Im Rahmen der (vom Kläger ebenfalls nicht angegriffenen) Anwendung der Steuerklasse VI sei allein der Abzug von Vorsorgeaufwendungen streitig. Diese könnten nicht berücksichtigt werden. Normativer Anknüpfungspunkt hierfür sei § 39b Abs. 2 S. 5 EStG, der erfordere, dass die Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn einbehalten werde (§ 39b Abs. 2 S. 1 EStG). Die Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn habe jedoch im Fall des Klägers gerade nicht stattgefunden. Das Arbeitsentgelt sei vielmehr nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IV einschließlich der darauf entfallenden Steuern nachberechnet worden. In diesem Fall kämen die Arbeitnehmer nicht in den Genuss der Vorsorgepauschale und das vom Kläger als Arbeitgeber zu verbeitragende Arbeitsentgelt verringere sich auch nicht hierum.
14Gegen das ihm am 5.9.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.9.2017 Berufung eingelegt und sein Vorbringen erneut wiederholt und vertieft. Nach wie vor sei nicht geklärt, aus welchen Gründen die in der Lohnsteuerklasse VI eingearbeitete Vorsorgepauschale, die in sämtlichen Steuerklassen anwendbar sei, nicht berücksichtigt werde. § 39c EStG beinhalte zwar keinen ausdrücklichen Hinweis auf § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 EStG, schließe dessen Anwendung jedoch im konkreten Fall auch nicht aus. Die Nichtberücksichtigung der Vorsorgepauschale bedeute im vorliegenden Kontext eine gesetzlich nicht legitimierte Ungleichbehandlung und verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG). Auch der betroffene Arbeitnehmer komme bei der späteren Versteuerung seines (Schwarz-)Einkommens in den Genuss der Berücksichtigung der fraglichen Vorsorgepauschale. Warum dies dann nicht auf den Arbeitgeber zutreffen solle, erschließe sich nicht.
15Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
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1. unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Aachen vom 5.7.2017 den Bescheid vom 8.4.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.9.2016 in Höhe von 4.691,25 Euro aufzuheben,
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2. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren erforderlich war,
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3. der Beklagten die Kosten des gesamten Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe zu Recht festgestellt, dass die Vorsorgepauschale lediglich dann zu berücksichtigen sei, wenn Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn einbehalten werde. Hieran fehle es vorliegend. Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass die Vorsorgepauschale bestimmte Vorsorgeaufwendungen des Arbeitnehmers pauschal abgelten solle, damit dieser sich die Bildung eines Freibetrages als Lohnsteuerabzugsmerkmal sparen könne. In Fällen der Beitragsnachforderung aufgrund einer Betriebsprüfung seien die gesamten Sozialversicherungsbeiträge, also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil vom Arbeitgeber zu tragen. Die Berücksichtigung einer Vorsorgepauschale mache hier also keinen Sinn.
25Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
26Der Senat hat das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) v. 22.10.2010 beigezogen, dem Kläger mitgeteilt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe und die Beteiligten zu seiner Absicht, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verfahren, angehört.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
28II.
29Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält der Senat nicht für erforderlich. Das Rechtsmittel wird daher ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
30Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 8.4.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.9.2016 beschwert den Kläger hinsichtlich des im Berufungsverfahren allein streitigen Teils der Beitragsforderung von 4.691,25 Euro nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist.
31Die Beklagte hat die der streitbefangenen Beitragsforderung zugrunde liegenden Entgelte zutreffend nach § 14 SGB IV ermittelt. Gem. § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IV gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung, wenn ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart ist. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart (§ 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV).
32Vorliegend ist ein illegales Beschäftigungsverhältnis, das die mindestens bedingt vorsätzliche Verletzung von Zahlungspflichten voraussetzt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 18/09 R – juris Rn. 16 ff.), bezüglich der Beigeladenen zu 1), 2) und 10) anzunehmen. Ihnen sind Arbeitsentgelte über die vom Kläger vorgenommenen Meldungen hinaus zugeflossen. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des HZA Aachen und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
33Die auf das Arbeitsentgelt entfallenden Steuern sind von der Beklagten zutreffend in Anwendung des § 39c Abs. 1 S. 1 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung vom 7.12.2011 (BGBl. I 2011, Nr. 64, S. 2592 ff: Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften – Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG) nach der Steuerklasse VI ermittelt worden (vgl. zur Anwendung dieser Steuerklasse z.B. BSG Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 18/09 R – juris Rn. 30; BFH Urt. v. 12.1.2001 – VI R 102/98 – juris Rn. 13 m.w.N. u. Rn. 18; BGH Urt. v. 2.12.2008 – 1 StR 416/08 – juris Rn. 18 m.w.N.; Urt. v. 13.5.1992 – 5 StR 38/92 – juris Rn. 23 f.; Möhrenschlager in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012 § 266a StGB Rn. 42). Gem. § 39c Abs. 1 S. 1 EStG ist die Lohnsteuer bei unbeschränkt einkommenssteuerpflichtigen Arbeitnehmern u.a. nach Steuerklasse VI zu ermitteln, solange der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zum Zweck des Abrufs der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39e Abs. 4 S. 1 EStG) die ihm zugeteilte Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt schuldhaft nicht mitteilt.
34Die Beigeladenen zu 1), 2) und 10) waren als natürliche Personen im Streitzeitraum unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig, da sie – wie sich auch aus den aktenkundigen Anschriften ergibt – einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten (§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG). Dass sie ihre Steueridentifikationsnummer beigebracht haben, um dem Kläger die Ermittlung der Lohnsteuerabzugsmerkmale zu ermöglichen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich und offenkundig auch nicht gewollt gewesen. In den aktenkundigen Lohnabrechnungen sind Steuerklassen, die sich bei Vorlage der Lohnsteuerkarte (ggf. noch möglich im Streitjahr 2012, vgl. § 52b EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 [JStG 2010, BGBl. I 2010, Nr. 62, S. 1768, 1778 f.]; vgl. Finanzgericht [FG] Berlin-Brandenburg Beschl. v. 13.11.2018 – 9 V 9023/18 – juris Rn. 42 f., bestätigt durch BFH Beschl. v. 28.6.2019 – VI B 103/18) oder einem Abruf der sog. ELSTAM (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale)-Daten gem. § 39e EStG ergeben hätte, nicht vermerkt. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen wie dem vorliegenden besteht auch regelmäßig kein Grund zur Annahme, dass die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ihre Lohnsteuerkarte bzw. Steueridentifikationsnummer vorgelegt haben (vgl. BGH Urt. v. 2.12.2008 – 1 StR 416/08 – juris Rn. 18; Beschl. v. 8.2.2017 – 2 StR 375/16 – juris Rn. 10). Da das Vorliegen lohnsteuerpflichtiger Arbeitsverhältnisse für die Beigeladenen zu 1), 2) und 10) offensichtlich war, haben sie die Vorlage der Steueridentifikationsnummer auch schuldhaft unterlassen.
35Nicht maßgeblich ist, ob nachträglich eine Steuerkarte oder Bescheinigung mit den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen vorgelegt oder die entsprechenden ELSTAM-Daten mitgeteilt wurden oder werden. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge abgestellt, da die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge aus laufendem Arbeitsentgelt monatsweise erfolgt (§ 23 SGB IV). Ein Jahresausgleich wie im Steuerrecht findet nicht statt. Insoweit ist es im sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht unbeachtlich, nach welcher Steuerklasse die für das Beschäftigungsverhältnis nachzuentrichtenden Steuern letztlich festzusetzen waren.
36Soweit der Kläger zur Begründung seines Klage- und Berufungsbegehrens – lediglich – geltend macht, im Rahmen der Anwendung des § 39c EStG habe eine Vorsorgepauschale berücksichtigt werden müssen, weil diese sozusagen in die Lohnsteuerklasse VI „eingearbeitet“ sei, vermag er hiermit nicht durchzudringen.
37Der Wortlaut des § 39c Abs. 1 S. 1 EStG sieht die Berücksichtigung einer Vorsorgepauschale nicht vor und verweist auch nicht auf die diesbezügliche Regelung in § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 EStG. Nach dem Wortlaut und der Systematik des § 39b EStG kann eine Vorsorgepauschale zwar grundsätzlich in allen Steuerklassen berücksichtigt werden, dies jedoch (ab 2010) ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren (vgl. auch Schreiben d. BMF v. 22.10.2010, Ziffer 1. Allgemeines). Ein derartiges Lohnsteuerabzugsverfahren gem. § 39b EStG hat vorliegend jedoch gerade nicht stattgefunden, da Abzüge vom laufenden (Schwarz-)Lohn der betroffenen Arbeitnehmer nicht vorgenommen worden sind.
38Entgegen der Ansicht des Klägers stellt die Nichtberücksichtigung der Vorsorgepauschale auch keine gesetzlich nicht legitimierte Ungleichbehandlung dar und verstößt insbesondere auch nicht gegen Art. 3 GG.
39Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rspr., vgl. z.B. BVerfG Beschl. v. 27.2.2007 – 1 BvL 10/00 – juris Rn. 70 m.w.N.). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (st. Rspr., vgl. z.B. BVerfG Urt. v. 23.1.1990 – 1 BvL 44/86 – juris Rn. 167; Beschl. v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09 – juris Rn. 17 m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG Urt. v. 23.1.1990 – 1 BvL 44/86 – juris Rn. 134 m.w.N.). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 – juris Rn. 72 m.w.N.).
40Vorliegend besteht schon die vom Kläger angeführte Ungleichbehandlung nicht. So ist seine Auffassung, als Arbeitgeber gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern deshalb ungleich behandelt zu werden, weil letztere bei der späteren Versteuerung ihres (Schwarz-)Einkommens in den Genuss der fraglichen Vorsorgepauschale kämen, unzutreffend.
41Eine Vorsorgepauschale kann – wie dargelegt – gem. § 39b EStG allein im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt werden. Hier hat der Kläger jedoch von den laufend von ihm ausgezahlten (Schwarz-)Löhnen gerade keine Steuern einbehalten, auf deren Berechnung die Vorsorgepauschale mindernd hätte angewendet werden können.
42Eine ungerechtfertigte Benachteiligung ergibt sich aber auch dann nicht, wenn sein Vortrag so zu verstehen sein sollte, dass die betroffenen Arbeitnehmer im Rahmen einer (späteren) Steuererklärung, d.h. nicht im Lohnsteuerabzugs-, sondern im Veranlagungsverfahren, Beiträge zur Sozialversicherung mindernd geltend machen könnten. Im Veranlagungsverfahren ist die Berücksichtigung einer Vorsorgepauschale als solcher nicht möglich. Der Arbeitnehmeranteil gezahlter Beiträge kann jedoch grundsätzlich als Abzug für Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2a, Nr. 3a und Nr. 3b EStG steuersenkend geltend gemacht werden. Sofern der Kläger dies gemeint hat, übersieht er jedoch, dass der Abzug von Sonderausgaben nur für solche Aufwendungen möglich ist, die auch tatsächlich erbracht worden sind. Vorliegend hat er jedoch gerade keine Sozialversicherungsbeiträge für die geleistete (Schwarz-)Arbeit der betroffenen Arbeitnehmer von deren (Schwarz-)Lohn einbehalten und an die entsprechenden Sozialleistungsträger gezahlt. Gem. § 28g SGB IV ist eine Einbehaltung für den Streitzeitraum auch nicht mehr möglich. Eine Pflicht der Arbeitnehmer, ihren Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen (nachträglich) zu entrichten, besteht nicht. Dem folgend fehlt es an (entsprechenden) Sonderausgaben der Arbeitnehmer, die diese im Veranlagungsverfahren geltend machen könnten.
43Dem Berufungsantrag zu 2. kann bereits deshalb nicht entsprochen werden, weil die Erstattung von Kosten des Klägers im Widerspruchsverfahren bei einer wie hier unbegründeten Berufung nicht in Betracht kommt.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
45Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
46Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 u. 3, 63 Abs. 2 S. 1 Gerichtskostengesetz entsprechend der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.
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