Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (8. Senat) - L 8 U 40/13

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens auch für das Berufungsverfahren zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Aufnahme in die beklagte Berufsgenossenschaft und gegen die von der Beklagten erhobenen Beiträge.

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Die Klägerin ist Eigentümerin des in der Gemarkung D___, Flur 004, Flurstück Nr. 27/0, gelegenen Grundstücks zu 1/2, gemeinschaftlich mit ihren Brüdern H___ G___ und Ga___ G___ (je zu 1/4). Bis zum Jahre 2011 nutzte die Klägerin das Grundstück allein.

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Der Beklagten gegenüber (seinerzeit: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg) gab die Klägerin auf einem Fragebogen über die Nutzung privater Grundstücke unter dem 2. November 2009 an, das 0,8274 ha große Grundstück werde als Wiese/Weide genutzt; sie halte dort zwei Pferde, die zwei- bis dreimal durchschnittlich im Monat geritten würden. Am 14. Juni 2011 erließ die Beklagte einen Aufnahmebescheid, mit dem sie ihre Zuständigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen der Klägerin feststellte und fügte die Beitragsberechnung für die Jahre 2008 bis einschließlich 2010 als Anlage bei. Am 17. Juni 2011 erging ein Änderungsbescheid, mit dem die Beklagte die Anzahl der gehaltenen Tiere nach den Angaben der Klägerin auf ein Pferd für das Jahr 2010 reduzierte. Statt des zuvor geforderten Betrages von 448,64 EUR ergab sich ausweislich der beigefügten Beitragsberechnung ein Zahlbetrag in Höhe von insgesamt 394,38 EUR.

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Mit Schreiben vom 20. Juni 2011 legte die Klägerin Widerspruch ein „zum Schriftstück vom 14. Juni 2011“. Zur Begründung führte sie an, für die Jahre 2008, 2009, 2010 bis zum 14. Juni 2011 sei sie nicht bereit, Zahlungen zu leisten; denn es habe keine Information zur Versicherungspflicht gegeben. Ab dem zuletzt genannten Datum sei sie bereit zu zahlen. Durch ihren Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin weiter vortragen, es könne nicht einmal ansatzweise die Rede von einem landwirtschaftlichen Unternehmen sein. Bei einer Fläche von unter 1 ha und einem noch gehaltenen Tier liege bereits begrifflich kein landwirtschaftliches Unternehmen oder Nebenunternehmen vor. Ihr – der Klägerin – drohten auch schlicht keine abzusichernden Gefahren.

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Durch Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch „gegen den Aufnahmebescheid der LBG SHH vom 14.06.2011“ zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, maßgeblich sei der unfallversicherungsrechtliche Unternehmensbegriff, der darauf abstelle, ob eine Bodenbewirtschaftung erfolge. Auch die Bewirtschafter kleiner und kleinster Flächen unterlägen grundsätzlich der Versicherungspflicht.

6

Die Klägerin hat am 15. Februar 2012 Klage beim Sozialgericht Itzehoe erhoben, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, die Fläche sei als Auslauf- und Weidefläche für zunächst drei Pferde, später nur noch ein Pferd benutzt worden. Sie selbst – die Klägerin – sei gerade einmal Eigentümerin einer Fläche von 0,41 ha, da ihre Brüder Eigentümer der restlichen von ihr – der Klägerin – genutzten Fläche seien. Bei einer so kleinen Fläche, die hauptsächlich dem eigenen Haushalt diene, liege kein Unternehmen vor. Ab dem Jahre 2011 nutze sie nur noch die Hälfte des Grundstücks, die in ihrem Eigentum stehe. Der Besitz des Grundstücks mache sie nicht zur Unternehmerin. Die Fläche werde weder gemäht noch sonst bewirtschaftet.

7

Sie – die Klägerin – sei auch nicht Unternehmerin im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG); denn weder liege die dafür erforderliche Mindestgröße vor noch eine Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich eines auf Bodenbewirtschaftung beruhenden Unternehmens der Landwirtschaft.

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Die Klägerin hat beantragt,

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„den Bescheid der Beklagten vom 14.06.2011 bzw. den Änderungsbescheid vom 17.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 aufzuheben“.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Bescheide berufen und ergänzend auf Rechtsprechung Bezug genommen.

13

Nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz – LSV-NOG) ist zum 1. Januar 2013 die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als neuer Träger für die gesamte landwirtschaftliche Sozialversicherung errichtet worden. Das Vermögen sowie die Rechte und Pflichten aller bisherigen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Berufsgenossenschaften, Alterskassen, Krankenkassen und Pflegekassen) sowie des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sind nach Art. 1 § 3 LSV-NOG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die SVLFG übergegangen, die als jetzige Beklagte das Verfahren aufgenommen hat.

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Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Itzehoe die Klage durch Gerichtsbescheid vom 27. März 2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei versicherungs- und beitragspflichtig in der gesetzlichen Unfallversicherung; denn sie betreibe ein landwirtschaftliches Unternehmen im unfallversicherungsrechtlichen Sinn. Für sie seien gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII), die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften für die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft zuständiger Versicherungsträger. Die Klägerin verfüge als Besitzerin des Grundstücks Nr. 27/0 unstreitig über Grund und Boden. Im Hinblick auf die Nutzung der Grünflächen sei die Klägerin als landwirtschaftliche Unternehmerin im unfallversicherungsrechtlichen Sinne zu qualifizieren; denn sie habe mehrfach angegeben, dass das Grundstück als Wiese und Weide genutzt und somit Bodenbewirtschaftung betrieben werde. Die Klägerin habe als ideelle Miteigentümerin zu ½ am Gesamtgrundstück dieses nach ihren Angaben allein genutzt und damit im wirtschaftlichen Sinne Kosten und Nutzen des Grundstücks getragen. Eine Mindestgröße von bewirtschaftetem Boden oder erzieltem Umsatz setze der Unternehmensbegriff nicht voraus.

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Gegen den ihr am 2. April 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2. Mai 2013 Berufung eingelegt.

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Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und weist nochmals nachdrücklich darauf hin, dass der Begriff des Unternehmers in ihrer Person – der der Klägerin – nicht erfüllt sei. Sie sei im Besitz einer Grünlandfläche in der Größe von unter einem Hektar und einem Pferd. Die Fläche werde nicht gemäht, sondern ausschließlich von dem Pferd beweidet; in erster Linie diene sie dem Auslauf des Pferdes. Das Pferd sei ausschließlich ihr Hobby – das der Klägerin –; die Fläche werde von ihr nicht bearbeitet. Ein Plan oder ein Konzept im Umgang mit dieser Fläche sei insofern nicht zu erkennen. Ein solches, zumindest in einer schwachen Form, müsse dem Begriff des Unternehmens aber zugrundeliegen, da sich sonst jede Tätigkeit unter den Begriff eines Unternehmens subsumieren ließe.

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Sie – die Klägerin – besitze ihre Grünlandflächen insoweit ausschließlich aus Liebhaberei. Es gehe ihr nur um das Halten des Tieres und um das Reiten. Verluste, Gewinne, Überschüsse spielten keine Rolle. Hinzu komme, dass sie – die Klägerin – unter keinen Umständen als landwirtschaftlicher Unternehmer bezeichnet werden könne; denn um Landwirtschaft handele es sich schließlich nur, wenn in dem Unternehmen Bodenbewirtschaftung durch planmäßige Aufzucht von Bodengewächsen betrieben werde. Das Wort „bewirtschaften“ sei gleichbedeutend mit bebauen, bepflanzen, bearbeiten, beackern, bestellen, nutzbarmachen, anbauen. Keine einzige dieser Aktivitäten finde auf ihrem Land statt.

18

Die Hauptaufgabe der Beklagten sei ausgerichtet auf die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, der Entschädigung von Arbeitsunfällen und der Folgen von Berufskrankheiten. Sie – die Klägerin – übe auf ihrer Fläche aber gar keine Tätigkeiten aus, die zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten führen könnten. Auf der Fläche weide vielmehr ihr einziges Pferd; damit sei für sie – die Klägerin – kein Risiko verbunden. Zudem reite sie ihr Pferd. Das sei aber eine Tätigkeit, die nicht von der Beklagten versichert sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. März 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2011 und den Änderungsbescheid vom 17. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und weist darauf hin, das Sozialgericht habe zu Recht festgestellt, dass es sich bei der Klägerin als Eigentümerin der Flächen um die Unternehmerin des landwirtschaftlichen Unternehmens handele; denn sie trage jedwedes mit dem Besitz des Grundstücks verbundene Risiko. Das Abweiden der Grünlandfläche durch das Pferd stelle eine den Boden bewirtschaftende Tätigkeit dar. Sie – die Beklagte – habe (ebenso wenig wie das Sozialgericht) darauf abgestellt, dass es sich um eine Tierzucht handeln würde. Kern der Sache sei die Weidenutzung.

24

Hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes sei darauf abzustellen, dass es sehr wohl zu entschädigungspflichtigen Arbeitsunfällen kommen könne: etwa bei der Versorgung des Pferdes, auf dem Weg zur Zaunkontrolle, Weidezaunkontrolle usw.. In einem derartigen Fall bestünden keine Ansprüche in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 11 Abs. 5 SGB V); auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Unfallversicherungen schlössen eine Leistungsverpflichtung in solchen Fällen aus.

25

Auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2014 ist ein Auflagenbeschluss ergangen, durch den der Beklagten aufgegeben worden ist, unter Berücksichtigung näher modifizierter Anforderungen mitzuteilen, wie sie den Beitragswert von 8,8 Berechnungseinheiten für Pferde ermittelt habe und dazu Unterlagen vorzulegen.

26

Dem ist die Beklagte nachgekommen und hat entsprechende Unterlagen eingereicht.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

29

Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung. Zwar übersteigt die Summe der angefochtenen Beitragsbescheide nicht die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Berufungssumme von mehr als 750 EUR. Jedoch ist Gegenstand der Berufung auch der Aufnahmebescheid vom 14. Juni 2011, mit dem die Beklagte ihre Zuständigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen der Klägerin festgestellt hat. Dabei handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, der nicht eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung i. S. d. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG betrifft, sondern verbindliche Feststellungen für eine unbestimmte Vielzahl von späteren Beitragsbescheiden trifft und deshalb ohne Beschränkung die Berufung eröffnet.

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Gegenstand des Verfahrens sind der Aufnahmebescheid der Beklagten vom 14. Juni 2011 sowie der Beitragsbescheid vom 14. Juni 2011 für die Umlagejahre 2008 bis einschließlich 2010 und der Änderungsbescheid vom 17. Juni 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012.

31

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, weil das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

32

Die Beklagte ist als Berufsgenossenschaft für den Betrieb der Klägerin zuständig. Der Bescheid der Beklagten zur Feststellung der Versicherungspflicht beruht auf § 136 Abs. 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer feststellt. Hier ist durch Bescheid vom 14. Juni 2011 zutreffend der Beginn festgestellt worden.

33

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes unfallversichert Personen, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind, wenn für das Unternehmen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist. Der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens wird in § 123 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 SGB VII angeführt, der die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft im Einzelnen regelt. Diese ist gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII u. a. zuständig für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues. Der Begriff des Unternehmens wird selbst nicht in § 123 SGB VII definiert; er wird vom Gesetz vorausgesetzt und von der Rechtsprechung ausgefüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der Senat anschließt, ist von einem weiten unfallversicherungsrechtlichen Begriff des „landwirtschaftlichen Unternehmens“ auszugehen. So hat das BSG in seinem Urteil vom 18. Januar 2011 (B 2 U 16/10 R, juris, Rn. 15) – noch auf der Grundlage der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) – festgestellt, dass ein „landwirtschaftliches Unternehmen“ nicht nur dann vorliege, wenn der Unternehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb oder eine landwirtschaftliche Einrichtung führe. Landwirtschaftlicher Unternehmer sei vielmehr auch, wer als Besitzer von Grundstücken (Eigentümer, Pächter, Nießbraucher oder sonstiger Nutzer) auf eigene Rechnung Tätigkeiten verrichte oder verrichten lasse, durch die mit dem Boden in irgend einer Weise gewirtschaftet werde (so auch bereits BSG, Urteil vom 7. November 2000 – B 2 U 42/99 R –, juris Rn. 16 m.w.N.).

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Der unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens knüpft nicht an eine bestimmte Rechtsform oder das Vorliegen einer organisatorischen Einheit an und setzt weder einen Geschäftsbetrieb noch eine auf Erwerb oder Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit voraus (BSG, Urteile vom 5. August 1976 – 2 RU 189/74 –; vom 28. September 1999 – B 2 U 40/98 R –, vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –, jeweils bei juris). Anders als nach § 1 Abs. 3 des bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch nicht darauf an, dass das Unternehmen nach seiner Art und Größe eine Existenzgrundlage bilden kann. Vielmehr sei in der gesetzlichen Unfallversicherung jede Tätigkeit geeignet, ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu begründen. Dieser weite unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens gelte auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –, juris Rn. 13).

35

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Danach ist Landwirt, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße erreicht (Abs. 2 Satz 1). Zur erforderlichen Bodenbewirtschaftung gehören diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die der Unternehmer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen ausübt (Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1). Die vorgenannten Regelungen im ALG sind bei der Feststellung eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung aber nicht anwendbar. Das ALG ist mit Wirkung zum 1. Januar 1995 eingeführt worden (Agrarsozialreformgesetz 1995 vom 29. Juli 1994, BGBl. I, 1890). Eine § 1 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 ALG entsprechende Regelung sah das GAL nicht vor. Obwohl durch Art. 8 des Agrarsozialreformgesetzes 1995 zugleich auch das Dritte Buch der RVO über die gesetzliche Unfallversicherung geändert worden ist, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, ausdrücklich oder durch Verweisung auf das ALG jene Definition des Begriffs der Bodenbewirtschaftung in das Unfallversicherungsrecht des Dritten Buches der RVO zu übernehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –, juris Rn. 17 und 18).

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Die vorstehenden Überlegungen, die der Senat für sachgerecht, in sich widerspruchsfrei und überzeugend hält, und denen er vollumfänglich folgt, finden auch Anwendung auf die Regelungen nach dem hier maßgeblichen SGB VII; denn an die Stelle der bis zum Jahre 1996 geltenden §§ 792 i.V.m. 658 Abs. 2 Nr. 1, § 776 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 778 RVO sind zum 1. Januar 1997 die inhaltsgleichen Vorschriften der §§ 121 Abs. 1, 123 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 sowie § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII getreten (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 18 Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –, juris Rn. 24).

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Auch nach diesen Grundsätzen ist die Nutzung des Grundstücks durch die Klägerin als landwirtschaftliches Unternehmen zu qualifizieren und sie als landwirtschaftliche Unternehmerin Mitglied der Beklagten.

38

Unternehmen der Landwirtschaft (im engeren Sinne) sind vor allem solche mit Bodenbewirtschaftung, wobei dieser Begriff diejenigen Tätigkeiten umfasst, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse aufzuziehen und abzuernten (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 16/10 R –, juris, Rn. 16; Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 123 SGB VII, Rn. 13; Diel in: Hauck/Noftz, SGB VII, 02/14, § 123 SGB VII, Rn. 16). Dazu gehört auch Viehhaltung, wenn sie mit einer versicherten Bodenbewirtschaftung im Zusammenhang steht (BSG, Urteil vom 25. April 1962 – 3 RK 14/58 –, juris). Das ist u.a. bei einer so genannten "Weidewirtschaft" der Fall, bei der eine landwirtschaftliche Fläche dadurch genutzt wird, dass sie von Tieren abgeweidet (abgegrast) wird (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juli 2005 – L 17 U 1/05 –, juris, Rn. 22). Die Motivation des Betreibers ist dabei unbeachtlich. Die landwirtschaftliche Tätigkeit muss weder gewerblich noch gewinnorientiert sein. Es genügt, wenn sie zur Freizeitgestaltung, als Hobby oder zu Therapiezwecken ausgeübt wird. Soweit das Bundessozialgericht in früheren Entscheidungen auf das Verhältnis von Viehbestand zur bodenbewirtschafteten Fläche abgestellt hat (BSG, Urteil vom 7. November 2000 – B 2 U 42/99 R –, juris), ist nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Januar 2011 (B 2 U 16/10 R) dieser Gesichtspunkt nach Auffassung des Senats nicht mehr als maßgeblich anzusehen; denn eine bodenbewirtschaftende Tätigkeit jedweder Art ist auch dann anzunehmen, wenn der Boden von Tieren abgeweidet wird, für die die abgeweideten Gewächse lediglich einen Anteil ihres Futters ausmachen, also ggf. zusätzlich zum Weidegras noch weiteres Futter gestellt werden muss.

39

Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, betreibt die Klägerin ein landwirtschaftliches Unternehmen im unfallversicherungsrechtlichen Sinn. Im streitbefangenen Zeitraum hat sie als Besitzerin des Grundstücks Nr. 27/0 über Grund und Boden verfügt. Die Grünfläche hat sie – wie von ihr selbst mehrfach angegeben – als Wiese und Weide für ihre Pferde genutzt und somit Bodenbewirtschaftung betrieben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

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Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind die nach § 2 SGB VII versicherten Unternehmer selbst beitragspflichtig. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Einzelheiten der Beitragsberechnung bestimmt nach den §§ 167 Abs. 3 und 183 Abs. 2 SGB VII die Satzung. Rechtsgrundlage für die Veranlagung von Mitgliedsunternehmen und die Beitragserhebung in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft bilden die §§ 182, 183 SGB VII.

41

Gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Berechnungsgrundlagen für die Beiträge der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft das Umlagesoll, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleichbarer Maßstab. Die Satzung hat nach § 182 Abs. 2 S. 2 SGB VII bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen die Unfallrisiken in den Unternehmen insbesondere durch die Bildung von Risikogruppen zu berücksichtigen; sie kann hierzu einen Gefahrtarif aufstellen. Ein angemessener solidarischer Ausgleich ist sicherzustellen. Die Satzung kann zusätzlich zu den Berechnungsgrundlagen nach den Sätzen 1 und 2 Mindestbeiträge und Berechnungsgrundlagen für Grundbeiträge festlegen. Für die Bemessung des Arbeitsbedarfes wird gem. § 182 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB VII nach dem Durchschnittsmaß der für die Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung der Kulturarten geschätzt und das einzelne Unternehmen hiernach veranlagt; das Nähere über die Abschätzung und die Veranlagung bestimmt die Satzung.

42

Gemäß § 44 Abs. 2 b der Satzung der Beklagten in der hier maßgeblichen ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung sind für Pferde und Fohlen aller Art 8,80 Berechnungseinheiten (BER) je Tier und Jahr (Durchschnittsbestand) anzusetzen. Nach Abschnitt B. Abs. 1 der Anlage 1 zur Satzung umfasst dieser Wert die notwendige Bewegung und Pflege (Grundversorgung) einschließlich der Zucht und Unterstellung von Pferden und Fohlen aller Art. Für Traber, Kutschpferde, Ausbildungspferde, Turnierpferde, Schulpferde und Verleihpferde (besondere Formen der Pferdehaltung) sind zusätzlich zur Grundversorgung weitere 27,00 Arbeitstage je Tier und Jahr in Ansatz zu bringen.

43

Gemäß § 45 Abs. 2 der Satzung soll in den Risikogruppen das Beitragsaufkommen den Aufwendungen für Versicherungsfälle (fünfjähriger Durchschnitt von Heilbehandlungskosten und Rentenaufwand) entsprechen. Weicht das Beitragsaufkommen von den Aufwendungen um mehr als 50 v.H. ab, werden im darüber hinausgehenden Umfange die Beiträge entsprechend angepasst. Die Anpassung erfolgt im Rahmen der Veranlagung durch einen Korrekturfaktor. Dieser betrug nach Anlage 1 der Satzung im Jahr 2009 für Pferdehaltung – sowohl für die Grundversorgung als auch für die besonderen Formen der Pferdehaltung – 0,95.

44

Im Ergebnis hat die Beklagte zutreffend den Risikofaktor 0,95 gemäß der Anlage 1 der Satzung zur Anwendung gebracht. Soweit ein anderer Multiplikator im Bescheid angegeben ist, berührt dies nicht die Rechtmäßigkeit der Festsetzung. Insofern handelt es sich um einen unbeachtlichen Fehler in der Darstellung, der sich nicht auf das rechtmäßige Ergebnis auswirkt.

45

Nach Abschnitt C. der Anlage 1 zur Satzung wird die Verwaltung ermächtigt, eine Veranlagung in abweichender Weise besonders festzusetzen, wenn der Geschäftsführer dieses in Einzelfällen aufgrund besonders gelagerter Verhältnisse für erforderlich hält (sog. Härteklausel).

46

Die von der Klägerin angegriffenen Aufnahme- und Beitragsbescheide beruhen auf diesen Bestimmungen der Satzung der Beklagten und sind insoweit rechtmäßig.

47

Auch die Satzung selbst als Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist als rechtmäßig anzusehen. Die Satzungsbestimmungen der Beklagten sind als vom Unfallversicherungsträger autonom gesetztes objektives Recht durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (nur) daraufhin zu prüfen, ob sie mit dem Gesetz, auf dem die Ermächtigung des Satzungsgebers beruht, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind (BSG, Urteile vom 13. Dezember 1960 – 2 RU 67/58, juris Rn. 24 und vom 25. Januar 1983 – 2 RU 1/82, juris Rn. 11). Es liegt hier weder ein Verstoß gegen die Ermächtigungsgrundlage noch gegen höherrangiges Recht vor.

48

Nach den gesetzlichen Bestimmungen steht es den Trägern der landwirtschaftlichen Unfallversicherungen frei zu bestimmen, welche der in § 182 Abs. 2 S. 1 SGB VII genannten Maßstäbe sie zugrunde legen. Die Beklagte hat sich hier für den Arbeitsbedarf als Maßstab entschieden. Voraussetzung für eine darauf basierende rechtmäßige Bestimmung ist gemäß § 182 Abs. 5 Satz 1 SGB VII, dass der Arbeitsbedarf nach dem Durchschnittsmaß der für die Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung der Kulturarten geschätzt wird. Da der Gesetzgeber dabei einerseits auf das Durchschnittsmaß des Arbeitsaufwandes und andererseits auf eine Schätzung abstellt, ergibt sich aus der Natur der Sache, dass eine gewisse Ungenauigkeit nicht zu vermeiden ist. Solche Ungenauigkeiten und Pauschalisierungen sind angesichts der Erfordernisse einer Massenverwaltung nicht zu vermeiden und im Interesse eines möglichst geringen Verwaltungsaufwandes hinzunehmen. Die von der Beklagten im Einzelnen ermittelten Werte sind gerichtlich nur eingeschränkt zu überprüfen. Allerdings muss das von der Beklagten angewandte Verfahren zur Ermittlung des Durchschnittsmaßes der erforderlichen Arbeit und zur Schätzung des Arbeitsbedarfs geeignet sein, plausible Ergebnisse herbeizuführen. Daraus folgt, dass die Werte nicht willkürlich festgesetzt werden dürfen.

49

Dabei erscheint zunächst die Differenzierung der Unternehmensgruppen hinsichtlich der Haltung unterschiedlicher Tierarten bei der Ermittlung des Durchschnittsmaßstabs der erforderlichen Arbeit als grundsätzlich sinnvoll, jedenfalls nicht als willkürlich. Auch wenn sich innerhalb einer Tierart aufgrund unterschiedlicher Rassen, Größe und Haltungsformen sowie unterschiedlichen Alters und Charakters der Tiere hinsichtlich des mit ihrer Haltung einhergehenden Risikos ebenfalls recht große Unterschiede ergeben können, erscheinen die Unterschiede hinsichtlich der verschiedenen Tierarten und ihres generell unterschiedlichen Gefährdungspotentials doch deutlich gravierender.

50

Auch war die Beklagte nicht gezwungen, innerhalb der Tierart Pferd eine weitere Differenzierung der Unternehmensgruppen vorzunehmen. Zwar wären weitere Unterteilungen etwa nach der Größe (Pony – Pferd), nach der Haltungsart (Robusthaltung – Boxenhaltung) oder nach dem Zweck der Pferdehaltung (Hobby – gewerblich) vorstellbar, sie sind jedoch nicht zwingend. Denn die Abwägung zwischen mehreren Gesichtspunkten für oder gegen bestimmte Regelungen bei der Gestaltung des Gefahrtarifs obliegt dem Versicherungsträger (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 21/02 R, juris Rn. 21). Dabei ist es dem Gewerbezweigsystem und der Notwendigkeit der Bildung von Gefahrklassen, die unterschiedliche Unternehmensarten zusammenfassen, immanent, dass es innerhalb der Gewerbezweige Unternehmen gibt, die mehr oder weniger deutlich vom Durchschnitt der zusammengefassten Unternehmen abweichen. Eine sehr kleingliedrige Unterteilung der Unternehmensarten, durch die solche Abweichungen generell verringert werden könnten, würde dabei einerseits zu einem erheblich größeren Verwaltungsaufwand und andererseits zu insgesamt zu kleinen Einheiten führen, so dass das Solidarprinzip in der Versicherung, bei dem sehr viele Mitglieder relativ geringe Beiträge einzahlen, um für alle möglichen Risiken innerhalb der Versicherungsgruppe vorzusorgen, gefährdet wäre. Dass durch die Bildung größerer Gefahrklassen einzelne Unternehmen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG, Urteile vom 24. Juni 2003 – B 2 U 21/02 R – juris Nr. 28 f. und vom 5. Juli 2005 – B 2 U 32/03 R – juris Rn. 30). Insoweit findet ein Solidarausgleich der Unternehmer untereinander statt, der auch die Bildung größerer Gefahrtarifstellen rechtfertigt (BSG, Urteile vom 5. Juli 2005 und 24. Juni 2003, jeweils a.a.O.).

51

In dem Umstand, dass die Beklagte davon abgesehen hat, eine weitere Untergliederung innerhalb der Tierart Pferd vorzunehmen, liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der in Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck gekommene Gleichheitsgrundsatz (das Willkürverbot) ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt, die Bestimmung also als willkürlich bezeichnet werden muss (BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1951 – 2 BvG 1/51, juris). Dabei sind grundsätzlich wesentlich gleiche Lebenssachverhalte gleich und wesentlich ungleiche ungleich zu behandeln. Es ist bereits fraglich, ob die Vergleichsgruppen der Unternehmer mit Pferdehaltung in Boxen und der mit Ponys in Robusthaltung einerseits bzw. die gewerblichen Unternehmer und die Hobbypferdehalter andererseits als jeweils entgegengesetzte Pole der von der Beklagten gebildeten Gefahrklasse im Hinblick auf das mit der Haltung der Tiere verbundene Unfallrisiko überhaupt als wesentlich ungleich angesehen werden können. Denn innerhalb der gesamten Tierart Pferd dürfte das Gefährdungspotential ganz wesentlich durch den Charakter der einzelnen Tiere, die Erfahrungen des Tierhalters und den Umgang mit den Tieren geprägt sein. Diese Faktoren betreffen wiederum alle Formen der Pferdehaltung. Selbst wenn man aber hier von wesentlich ungleichen Sachverhalten ausginge, wäre eine Ungleichbehandlung durch die bereits beschriebene Notwendigkeit von Typisierungen im Interesse einer funktionsfähigen Verwaltung und der Bildung von Risikogruppen, die groß genug sind, dass dem Leistungsrisiko ausreichende Einnahmen gegenüberstehen, gerechtfertigt.

52

Die Ermittlung des für die Gruppe der Pferdehalter festgelegten pauschalierten Wertes von 8,80 Arbeitstagen pro Tier und Jahr seitens der Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der durchschnittliche Arbeitsbedarfsmaßstab muss grundsätzlich den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 – 2 RU 32/92 – juris Rn. 21). Dabei müssen die mit der Schematisierung verbundenen Abweichungen in Einzelfällen außer Betracht bleiben (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1982 – 2 RU 61/81 – juris Rn. 20). Die gerichtliche Überprüfung des seitens des Unfallversicherungsträgers ermittelten Wertes kann sich dabei naturgemäß lediglich auf eine Plausibilitätskontrolle der Ermittlung des Durchschnittswertes beschränken. Insbesondere muss der Wert anhand eines nachvollziehbaren Verfahrens, das, soweit möglich, die Realität abbildet, ermittelt und darf keinesfalls willkürlich festgesetzt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

53

Unter Heranziehung sämtlicher in das Verfahren eingeführter Unterlagen erschließt sich dem Senat, auf welcher Grundlage die Beklagte ihre Erkenntnisse gewonnen hat. Nach der Auswertung der Ermittlungsergebnisse in Form der schriftlichen Zeugenvernehmung von Prof. B___ in dem Verfahren des Sozialgerichts Itzehoe S 30 U 73/10, der schriftlichen Beantwortung der Beweisfragen aufgrund des Beweisbeschlusses vom 3. Dezember 2014 in diesem Verfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht durch die Beklagte und der Auswertung der gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. B___ geht der Senat davon aus, dass die Beklagte den Arbeitsbedarf für die Pferdehaltung nicht willkürlich, sondern anhand eines ordnungsgemäßen wissenschaftlichen Verfahrens festgelegt hat. Sie hat die Werte für die jeweiligen Tierhaltungen durch einen kundigen Wissenschaftler, Prof. B___, ermitteln lassen. Der Gutachter hat zur Ermittlung des Arbeitsbedarfs auf die Erkenntnisse aus bundesweiten Quellen zurückgegriffen, nachdem er durch Expertengespräche ermittelt hatte, dass es für Schleswig-Holstein und Hamburg keine regionsspezifischen Besonderheiten hinsichtlich der Arbeitszeiten gibt. Er hat gesonderte Arbeitsbedarfswerte für unterschiedliche Arten der Tierhaltung ermittelt und anhand der ihm für Schleswig-Holstein und Hamburg vorliegenden Werte gewichtet. Dabei musste er mangels einer Datenerhebung über die Häufigkeit der Robustpferdehaltung in Schleswig-Holstein und Hamburg auch diese Werte schätzen, wobei er sich in zulässiger Weise an den Daten über die Häufigkeit der Ponyhaltung im Vergleich zur Pferdehaltung orientiert hat (Nach den Daten des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein habe der Anteil der Kleinpferde und Ponys an allen Pferden in Schleswig-Holstein und Hamburg 28 % betragen. Unter der Annahme, dass die Robustpferdehaltung in dieser Gruppe überdurchschnittlich hoch sei, hat Prof. B___ den Anteil der Robustpferdehaltung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf 25 % geschätzt.). Die einzelnen Berechnungsgrundlagen und -ergebnisse hat er ausführlich im Rahmen seiner gutachterlichen Stellungnahme dargestellt. Anhaltspunkte dafür, dass das hieraus ermittelte Ergebnis für die Grundversorgung der Pferde mit 8,80 Arbeitstagen pro Pferd und Jahr (dies entspricht einem täglichen Aufwand von 14,46 Minuten pro Pferd) willkürlich geschätzt wurde, liegen nicht vor.

54

Insofern teilt der Senat nicht die vereinzelt gebliebene Auffassung in der Rechtsprechung (SG Itzehoe, Urteil vom 9. September 2013 – S 30 U 73/10 –, nicht veröffentlicht), dass die Grundlagen des Wertes von 8,80 Arbeitstagen pro Tier und Jahr nicht prüffähig gewesen seien. Nach Auffassung des Senats hat Prof. B___ im Rahmen seines Gutachtens und ergänzend durch seine in das Verfahren eingeführte schriftliche zeugenschaftliche Vernehmung hinreichend nachvollziehbar dargelegt, wie er den Durchschnittswert ermittelt hat und von welchen Erwägungen er sich bei den erforderlichen Schätzungen hat leiten lassen.

55

Auch wenn andere Gutachter wie F___/Ha___ (Wirtschaftlichkeitsgutachten zum Erfordernis einer Reithalle für den Pferdezucht- und -haltungsbetrieb K., Sachverständigen-Kuratorium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau, Landespflege, Weinbau, Binnenfischerei, Pferdehaltung, 12. November 1997, S. 95) und Ba___ (Ökonomie der Produktionsstufe. Vergleichende Beurteilung von zwei Pensionspferdehaltungsbetrieben, DGfZ – Schriftenreihe, Heft 49, 19./20. Februar 2008) in ihren Untersuchungen zu anderen Ergebnissen kommen, führt dies nicht dazu, den von Prof. B___ ermittelten Wert für fehlerhaft oder gar willkürlich zu halten. Es liegt in der Natur der Sache, dass es bei unterschiedlichen wissenschaftlichen Untersuchungen insbesondere im empirischen Bereich Abweichungen im Ergebnis gibt. Die Studien von F___/Ha___ und Ba___ hatten jeweils im Vergleich zur Untersuchung von Prof. B___ gänzlich unterschiedliche Zielrichtungen, Vergleichsgruppen und Fragestellungen. Der prozentuale Anteil gehaltener Ponys in Schleswig-Holstein und Hamburg etwa und der daraus geschätzte Anteil der robust gehaltenen Pferde, die in das Gutachten von Prof. B___ eingeflossen ist, war für die Fragestellungen von F___/Ha___ und Ba___ jeweils ohne Belang. Insoweit sind, wie oben bereits dargelegt, durchaus regionale Besonderheiten, soweit sie nach den Erkenntnissen und der Einschätzung von Prof. B___ relevant waren, in die Ermittlung des Wertes eingeflossen.

56

Ebenso ist der für die Arten der besonderen Pferdehaltung ermittelte Wert von 27,00 Arbeitstagen pro Tier und Jahr nicht als willkürlich durch die Beklagte festgesetzt anzusehen. Hier ist zugrunde zu legen, dass das von Prof. B___ ermittelte Schätzergebnis aufgrund der noch stärker als die Grundversorgung voneinander abweichenden besonderen Formen der Pferdehaltung umso mehr Ungenauigkeiten in sich birgt. Der Gutachter hat in Abstimmung mit der Beklagten von dem geschätzten Wert aus Vorsichts- und Solidaritätsgründen einen Abschlag in Höhe von 50 % vorgenommen, um einzelbetriebliche Abweichungen und Härten angemessen einfangen zu können. Zwar erscheint ein Sicherheitsabschlag von 50 % erstaunlich hoch, da der Abschlag jedoch zugunsten der Versicherten erfolgte, lässt sich daraus keine Rechtsverletzung der Klägerin ableiten.

57

Soweit die Beklagte in Bescheiden, die in Parallelverfahren relevant waren, die Pferdezucht und die Pensionstierhaltung als eine besondere Form der Pferdehaltung bezeichnet hat, ist der Fehler in der Darstellung nicht erheblich. Als besondere Formen der Pferdehaltung sind in der Anlage 1 zur Satzung Traber, Kutschpferde, Ausbildungspferde, Turnierpferde, Schulpferde und Verleihpferde angegeben (Lit. B Nr. 1). Zutreffend hat die Beklagte bei der Ermittlung der Berechnungseinheiten für die übrigen Haltungsformen (wie auch hier im Fall der Klägerin) den Faktor für die Grundversorgung von 8,80 zu Grunde gelegt.

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Zudem hat die Beklagte in ihrer Satzung noch eine weitere „Feinjustierung“ über den Risikoausgleich vorgesehen. Durch den Vergleich zwischen dem Beitragsaufkommen und den Aufwendungen für Versicherungsfälle über einen 5-Jahres-Zeitraum und eine Korrektur der Beiträge im Falle einer wesentlichen Zuviel- oder Zuwenigveranlagung anhand des aus der Differenz ermittelten Korrekturfaktors ist sichergestellt, dass nicht nur das über die Arbeitswerte geschätzte abstrakte Unfallrisiko, sondern auch die tatsächlichen Aufwendungen für Unfälle in die Beitragserhebung einfließen, bzw. diese korrigieren.

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Schließlich eröffnet die Satzung die Möglichkeit, im Rahmen einer Härtefallregelung einzelne besondere Härten abzufangen. Insoweit ist eine gesonderte Prüfung allerdings nur vorzunehmen, wenn sich wegen der Besonderheiten des Falles eine Prüfung aufdrängt oder der betreffende Unternehmer die Anwendung der Härtefallklausel unter Benennung konkreter außerordentlicher Umstände gegenüber der Beklagten für sich geltend macht. Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen weder der Kläger noch der Beklagte des anhängigen Verfahrens zu den in § 183 SGG genannten Privilegierten gehört, werden nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Gemäß § 154 Abs. 2 VwGO trägt derjenige Teil die Kosten des Verfahrens, der ein Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, in diesem Fall die Klägerin.

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Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG durch den Senat zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


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