Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (9. Senat) - L 9 SO 31/15 KL

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs betreffend die Festsetzung der Vergütung für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage der Einbeziehung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung der Beschäftigten in der Einrichtung M... Werkstätten in den zu gewährenden Tagessatz.

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Die Klägerin ist Trägerin der Einrichtung Werkstatt für behinderte Menschen (M... Werkstätten), die im Zuständigkeitsbereich des Beklagten liegt. Die Beteiligten schlossen für die Einrichtung am 6. Februar 2012 eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII). Diese wurde durch die Anpassungsvereinbarungen vom 30. Juni 2014, 8. Januar 2015 und 30. Juni 2015 geändert.

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Am 8. Januar 2015 übersandte die Klägerin dem Beklagten ein Angebot auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015, mit dem sie einen zu vergütenden Tagessatz in Höhe von 62,74 EUR geltend machte. Darin enthalten waren 0,16 EUR für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung der beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderung. Die Klägerin begehrte hierfür einen Betrag in Höhe von insgesamt 28.191,80 EUR.

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Der Beklagte trat diesem Angebot entgegen und übersandte am 19. Februar 2015 ein Gegenangebot, das die Unfallversicherungsbeiträge unberücksichtigt ließ. Er war der Auffassung, dass die Beiträge zur Berufsgenossenschaft für die in der Werkstatt tätigen Menschen mit Behinderung aus der Produktion zu finanzieren seien. Diese Rechtsauffassung werde gestützt durch die Ausführungen unter 8.5.3 Abs. 4 in Verbindung mit 10.4.7a der Werkstattempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Beitragspflichtiger Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Menschen mit Behinderung im Arbeitsbereich von Werkstätten sei nach § 150 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII), der Werkstattträger. Anders als bei den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung gebe es keine gesetzliche Verpflichtung der Rehabilitationsträger zur Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Die bewusste Nichtaufnahme einer entsprechenden Erstattungsregelung für die Unfallversicherung schließe die Refinanzierung auf anderem Wege, und zwar die Verpreislichung dieser Aufwendungen in der Vergütung, aus.

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Am 17. April 2015 beantragte die Klägerin die Durchführung des Schiedsstellenverfahrens bei der Schiedsstelle für Pflegesatzangelegenheiten gemäß § 80 SGB XII. Gegenstand des Antrags war die Festsetzung eines Tagessatzes in Höhe von 61,88 EUR. Sie vertrat dabei die Auffassung, dass es sich bei den Beiträgen zur Unfallversicherung für die Menschen mit Behinderung, die in der Werkstatt beschäftigt sind, um Kosten handele, die für die Erfüllung der Aufgaben der Werkstatt erforderlich seien, woraus sich ein Vergütungsanspruch gemäß § 41 Abs. 3 Ziff. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), ergebe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass es Aufgabe der Werkstatt für behinderte Menschen sei, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen. Hierin bestehe ihr einziger Zweck. Die Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt müsse daher grundsätzlich gesichert sein, auch wenn diese keine produktiven Ergebnisse erbringe. Aufgrund der Unfallversicherungspflicht der in der Werkstatt beschäftigten Menschen mit Behinderung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII seien die damit verbundenen Beiträge unabwendbar. Soweit diese Kosten somit der Ziff. 1 des § 41 Abs. 3 SGB IX zuzuordnen seien, könnten diese – auch nicht teilweise, soweit sie in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstünden – aus der Vergütung herausgenommen werden. Sie seien über den Vergütungssatz zu refinanzieren. Müssten die Unfallversicherungsbeiträge aus dem Produktionserlös erwirtschaftet werden, widerspreche dies dem Zweck der Werkstatt als Rehabilitationseinrichtung; denn die Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt müsse grundsätzlich auch dann gesichert sein, wenn diese keine produktiven Ergebnisse erbringe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Werkstatt gemäß § 137 SGB IX grundsätzlich alle behinderten Menschen aus ihrem Einzugsgebiet aufnehmen müsse, die die Aufnahmevoraussetzungen gemäß § 136 Abs. 2 SGB IX erfüllten. Dementsprechend habe die Werkstatt keinerlei Möglichkeit, im Falle eines zurückgehenden oder mangelnden Erlöses im Produktionsbereich den damit einhergehenden Kosten gegenzusteuern. Zudem ginge eine Beitragszahlung aus dem Produktionserlös ausschließlich zu Lasten der Menschen mit Behinderung; denn aus dem erzielten Arbeitsergebnis werde an die beschäftigten behinderten Menschen ein Arbeitsentgelt gezahlt. Falle dieses Arbeitsergebnis aufgrund der aus ihm zu erbringenden Unfallversicherungsbeiträge geringer aus, schmälere dies in jedem Fall auch den leistungsabhängigen Steigerungsbetrag der Entgelte der Menschen mit Behinderung. Schließlich sei in diesem Zusammenhang nicht zuletzt das Verbot der Nettoerlösrückführung gemäß § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB IX zu beachten. Danach dürfe das Arbeitsergebnis nicht zur Minderung der Vergütung nach den §§ 75 ff. SGB XII verwendet werden. Müssten die Unfallversicherungsbeiträge aus dem Arbeitsergebnis getragen werden, so hätte das für den Betrieb der Werkstatt als Rehabilitationseinrichtung eine Umgehung dieses Verbots zur praktischen Folge.

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Die Klägerin beantragte im Schiedsstellenverfahren,

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den Beklagten zu verpflichten, mit ihr, der Klägerin, eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII für die Einrichtung Werkstatt für behinderte Menschen ab dem 1. März 2015 wie folgt zu vereinbaren:

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Maßnahmepauschale

23,31 EUR

Grundpauschale

7,33 EUR

Beförderung

5,06 EUR

Zuschlag für die Teilnahme an der Verpflegung

3,38 EUR

Werkstattrat

0,26 EUR

Zuschlag für Menschen mit erworbener Hirnschädigung

17,61 EUR

Investitionsbetrag

4,93 EUR

Vergütung Tagessatz

61,99 EUR

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Der Beklagte beantragte,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Er blieb bei der Auffassung, dass eine Vergütung der Unfallversicherungsbeiträge der in der Werkstatt beschäftigten Menschen mit Behinderung gemäß § 41 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX ausgeschlossen sei, da es sich bei den Unfallversicherungsbeiträgen um Kosten handele, wie sie üblicherweise in einem Wirtschaftsunternehmen anfielen. Bei der Abgrenzung der Unternehmensüblichkeit sei zu beachten, dass die notwendige Trennung der doppelten Funktion der Werkstatt für behinderte Menschen als Eingliederungshilfeeinrichtung und Unternehmen geschuldet sei. Die Werkstätten seien verpflichtet, sich als Marktteilnehmer zu präsentieren und wirtschaftliche Ergebnisse anzustreben, um den Werkstattbeschäftigten ein Arbeitsentgelt zahlen zu können. Sie müssten darüber hinaus einen Teil der Kosten, die mit ihrer wirtschaftlichen Betätigung im Zusammenhang stünden, erwirtschaften. Es würde dabei zu einer zu starken Wettbewerbsverzerrung kommen, wenn die unternehmensüblichen Aufwendungen über die Vergütungen des Sozialhilfeträgers refinanziert würden und nicht erwirtschaftet werden müssten. Zu den unternehmensüblichen Kosten der wirtschaftlichen Betätigung zählten zweifelsfrei auch die Kosten für die gesetzliche Unfallversicherung. Dem stehe auch § 44 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b SGB IX nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift gehöre die Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu den ergänzenden Leistungen, die die Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX zu erbringen hätten, somit ausdrücklich nicht der Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Nr. 6) sowie der Träger der Sozialhilfe (Nr. 7). Im Gegensatz zu den Regelungen in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sei eine Erstattung der dem Träger der Werkstatt obliegenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung im SGB VII nicht vorgesehen. Unternehmensüblichkeit liege hier vor, da jeder Unternehmer kraft Gesetzes dem nach der Art seines Unternehmens zuständigen Unfallversicherungsträger angehöre. In der gewerblichen Wirtschaft erfolge die Finanzierung der Unfallversicherung durch Beiträge, die allein von den Unternehmen getragen würden, so dass der Versicherungsschutz beitragsfrei sei. Damit handele es sich um unternehmensübliche Aufwendungen. Für die in Rede stehende Unfallversicherung sei weder im SGB VII noch im SGB IX und im SGB XII eine abweichende Sonderregelung vorgesehen.

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Durch Beschluss vom 13. Juli 2015 lehnte die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, dass eine Erstattungspflicht der Sozialhilfeträger für die unzweifelhaft anfallenden Unfallversicherungsbeiträge für die in der Werkstatt beschäftigten behinderten Menschen nicht konkret geregelt sei. Geregelt sei die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung, nicht hingegen die der gesetzlichen Unfallversicherung. § 44 Abs. 1 Nr. 2b SGB IX, der Beiträge zur Unfallversicherung als ergänzende Leistungen normiere, finde hier keine Anwendung, da der Sozialhilfeträger als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX in § 44 Abs. 1 SGB IX gerade nicht aufgeführt sei. Zuständig für Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen sei nach § 42 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX der Träger der Sozialhilfe unter den Voraussetzungen des SGB XII. Der Klägerin sei nicht zu folgen, soweit sie argumentiere, dass die Unfallversicherungsbeiträge unter die Vorschrift des § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB IX fielen, denn dadurch sollten alle Kosten abgedeckt und somit erstattet werden, die bei der Teilhabe am Arbeitsleben anfielen. Desgleichen könne die Klägerin nicht zu ihren Gunsten geltend mache, die Teilhabe am Arbeitsleben müsse die Werkstatt für behinderte Menschen gewährleisten unabhängig davon, ob die behinderten Menschen dort auch produktive Ergebnisse erwirtschafteten, so dass der Werkstattbetreiber nicht darauf verwiesen werden könne, die Versicherungsbeiträge aus dem Produktionserlös zu bestreiten. Zwar sei der Klägerin darin zuzustimmen, dass in der Werkstatt für behinderte Menschen nicht nur die Arbeit der behinderten Menschen gefördert werden solle, sondern auch deren Persönlichkeit. Andererseits fänden Aufnahme in die Werkstatt für behinderte Menschen nur diejenigen behinderten Menschen, die noch ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen könnten. Daher würden im Produktionsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen Einnahmen erwirtschaftet, was dazu führe, dass ein Werkstattträger auch die Unfallversicherungsbeiträge ohne Refinanzierung zu übernehmen habe. Dem könne nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass dann die Werkstattlöhne der dort Beschäftigten geschmälert würden. § 12 Abs. 4 Satz 3 Werkstättenverordnung (WVO) fordere die Einbeziehung der Versicherungsbeiträge in die Kosten, denn zu den notwendigen Kosten gehörten danach diejenigen, die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstünden. Dazu gehörten die Beiträge zur Unfallversicherung. Im Übrigen liege der Lohn in der Regel so hoch, dass auch bei Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge noch ein angemessenes Arbeitsentgelt nach § 12 Abs. 3 WVO gezahlt werden könne.

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Gegen den am 22. Juli 2015 versandten Beschluss der Schiedsstelle hat die Klägerin am 21. August 2015 Klage vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben. Sie macht neben den bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumenten zum materiellen Anspruch zur Begründung geltend, dass die gerichtliche Überprüfbarkeit der Schiedsstellenentscheidung auch die Frage umfasse, ob sich die Entscheidung der Schiedsstelle an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts orientiere. Dies sei hier indes nicht der Fall, da die Schiedsstellenentscheidung gegen § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 2 SGB XII und § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX und daher gegen geltendes Recht verstoße. Dabei sei zu beachten, dass die Tatsache, dass es zwar für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge direkte Erstattungsregelungen in den jeweiligen Leistungsgesetzen gebe, nicht hingegen im SGB VII für die Unfallversicherung, nichts darüber aussage, ob eine entsprechende Erstattungspflicht durch den Sozialhilfeträger bestehe. Es ließe sich daraus lediglich ableiten, dass es keine unmittelbare Erstattungspflicht durch den Unfallversicherungsträger gebe.

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Auch seien die vom Beklagten und der Schiedsstelle zitierten Werkstättenempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe lediglich in diesem Sinne zu verstehen, machten aber keinerlei Ausführungen zur Frage der anderweitigen Refinanzierung der Unfallversicherungsbeiträge durch den Sozialhilfeträger. Im Übrigen seien die Werkstättenempfehlungen auch nicht bindend für die Sozialhilfeträger. Ebenso sage die Tatsache, dass der Sozialhilfeträger nicht in § 44 Abs. 1 Nr. 2b SGB IX in die dort in Bezug genommenen Rehabilitationsträger einbezogen werde, nichts darüber aus, inwiefern der Sozialhilfeträger ergänzende Leistungen zu erbringen habe, die über die jeweiligen Leistungsgesetze eben nicht den Rehabilitationsträgern zugewiesen seien. Demgegenüber ergebe sich aber eine Rechtsgrundlage für die Refinanzierung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Sozialhilfeträger aus den §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 SGB XII, 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB IX.

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Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Werkstatt für behinderte Menschen kein Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes sei, das etwa auch ohne den Zweck der Teilhabe am Arbeitsleben am Markt tätig wäre. Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses diene dabei allein dem Zweck der Sicherstellung von Teilhabe. Die mit diesem Beschäftigungsverhältnis einhergehenden Beiträge zur Unfallversicherung seien somit notwendig zur Erfüllung der Aufgaben der fachlichen Anforderungen der Werkstatt im Sinne von § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB IX. Dass die Werkstatt für behinderte Menschen nicht mit einem am Markt sonst tätigen Unternehmen vergleichbar sei, ergebe sich auch aus den Regelungen in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 6. Februar 2012. Die Aufgaben und Pflichten der Werkstatt für behinderte Menschen unterschieden sich deutlich von den Pflichten eines Arbeitgebers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da neben der Arbeit, Beschäftigung und beruflichen Bildung auch die Gesundheit, Behinderung, der soziale Lebensraum, die Finanzen, die Zusammenarbeit mit Institutionen und die Vernetzung mit dem Wohnumfeld der behinderten Menschen vom Aufgabenkreis der Werkstatt für behinderte Menschen umfasst sei. Zudem müsse die Werkstatt gemäß § 4 Abs. 8 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung ein breites Spektrum unterschiedlicher Arbeitsfelder anbieten. Ein solches Beschäftigungsspektrum unterschiedlichster Professionen unterhalte ein Unternehmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt allenfalls in Ausnahmefällen. Ein weiteres wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen einer Werkstatt für behinderte Menschen und den am Arbeitsmarkt tätigen Unternehmen bestehe in der Pflicht zur Aufnahme der im Einzugsgebiet lebenden behinderten Menschen in die Werkstatt. Die Werkstatt für behinderte Menschen habe mithin keinerlei Möglichkeiten, auf negative wirtschaftliche Entwicklungen durch betriebsbedingte Kündigungen von Mitarbeitern zu reagieren. Dementsprechend könne die Werkstatt für behinderte Menschen gerade nicht unternehmensüblich und wirtschaftlich agieren. Dem entspreche auch, dass die Voraussetzungen für die Aufnahmeverpflichtung der Werkstatt für behinderte Menschen lediglich vorsehen, dass der Betroffene ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen könne. Die Anforderungen an das Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sehr niedrig angesetzt. Nur ein Bruchteil der Tätigkeiten der Menschen mit Behinderung während deren Anwesenheit in einer Werkstatt für behinderte Menschen münde in wirtschaftliche Verwertbarkeit. Auch dies mache deutlich, dass die Beschäftigung der Menschen mit Behinderung in der Werkstatt für behinderte Menschen zuvorderst der Teilhabe diene und gerade nicht in erster Linie der Erzielung möglichst hoher Gewinne, wie es Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes primär anstrebten.

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Zudem sei weiterhin zu berücksichtigen, dass, sofern die Kosten wie hier der Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zuzuordnen seien, diese nicht zugleich Kosten nach § 41 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB IX sein könnten. Dies ergebe sich schon aus der Gesetzesbegründung zu § 41 SGB IX (BT-Drucks. 14/5800, S. 27). Insofern komme auch eine teilweise Zuordnung zu den unternehmensüblichen Kosten der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt für behinderte Menschen nicht in Betracht.

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Soweit die Schiedsstelle darauf abstelle, dass in einer Werkstatt für behinderte Menschen nur diejenigen behinderten Menschen Aufnahme fänden, die noch ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen könnten, sei dem entgegenzuhalten, dass die Schiedsstelle dabei voraussetze, dass eine Werkstatt immer ein positives Arbeitsergebnis und einen Arbeitserlös erwirtschafte, der es ermögliche, die Beiträge überhaupt zahlen zu können. Dabei verkenne die Schiedsstelle, dass auch ohne positives Produktionsergebnis die Werkstatt ihre Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe für die Menschen mit Behinderung zu erbringen habe. Schließlich sehe der Gesetzgeber mit den Regelungen in § 12 WVO und § 138 Abs. 2 SGB IX vor, dass den Beschäftigten in der Werkstatt für behinderte Menschen ein angemessenes Arbeitsentgelt zu zahlen sei. Dem widerspreche es, wenn das Arbeitsentgelt durch die Tragung von Unfallversicherungsbeiträgen geschmälert werde.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beschluss der Schiedsstelle vom 13. Juli 2015 (Az.: 448.122081-00420) aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hält den angegriffenen Beschluss der Schiedsstelle für rechtmäßig und wiederholt und vertieft zur Begründung seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt er aus, dass nach den Ausgestaltungen von § 138 Abs. 1 SGB IX und § 12 Abs. 3 WVO eine Werkstatt für behinderte Menschen ungeachtet des Rehabilitationszwecks wirtschaftliche Arbeitsergebnisse anstreben müsse, um an die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen ein ihrer Leistung angemessenes Arbeitsentgelt zahlen zu können. Dem entspreche auch die historische Entwicklung, die dazu geführt habe, dass die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigten behinderten Menschen auch der gesetzlichen Unfallversicherungspflicht unterfielen. Der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII knüpfe dabei weder direkt noch mittelbar an die Behinderung an, sondern an das Merkmal einer Tätigkeit in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen. Dass der Gesetzgeber zwischen der Teilhabe am Arbeitsleben und einer zur so genannten sozialen Eingliederung unterscheide, hielte sich in den Grenzen seines Gestaltungsspielraums. Werkstattbeschäftigte sollten damit in der Lage sein, wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistungen zu erbringen, die typischerweise ein abhängiges, entgeltliches Beschäftigungsverhältnis kennzeichneten. Wenn nun die vom Werkstattträger zu erstattenden Kosten der Unfallversicherung an die gesetzliche Unfallversicherung im sozialversicherungsrechtlichen Kontext durch den Leistungsträger nicht vorgesehen sei, sei dies ausschließlich und zweifelsfrei gesetzgeberischer Wille. Die hinsichtlich der Vergütungspflicht durch den Sozialhilfeträger in § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX vorgesehene Abgrenzung zwischen notwendigen Kosten für die Erfüllung der Aufgaben unter fachlichen Anforderungen der Werkstatt einerseits und den unternehmensüblichen Kosten sei der doppelten Funktion der Werkstatt für behinderte Menschen als Eingliederungshilfeeinrichtung einerseits und Unternehmen andererseits geschuldet. Danach könnten nur die für die fachlichen Anforderungen und die behinderungsbedingten (Mehr-)Kosten bzw. die sie verursachenden Leistungen Grundlage der Vergütungsvereinbarung sein. Demgegenüber würde es zu einer starken Wettbewerbsverzerrung kommen, wenn die unternehmensüblichen Aufwendungen über die Vergütungen des Sozialhilfeträgers refinanziert würden und nicht erwirtschaftet werden müssten. Schließlich sei zu beachten, dass die Kostenerstattungen der Sozialversicherung nicht Gegenstand des Vereinbarungsrechts sein könnten. Dementsprechend habe der Gesetzgeber konsequent die Erstattungsregelungen jeweils in das Sozialgesetzbuch aufgenommen, in dem sich die Rechtsgrundlage für die Entstehung dieser Kosten befinde. Dieser sachlichen Trennung würde es widersprechen, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Sozialhilfeträger zusammen mit den übrigen Kosten in einer einheitlichen Vergütungsvereinbarung regeln zu können. Im Übrigen sei der Begriff der Erstattung, den der Gesetzgeber selbst in den Regelungen des SGB V, SGB VI und SGB XI verwende, nicht mit dem Begriff der prospektiven Vergütungssätze vereinbar. Bei einer Erstattung gebe es kein Gewinn- und/oder Verlustrisiko. Prospektiv könne eine Erstattung naturgemäß nicht erfolgen und sei vom Gesetzgeber damit untersagt. Damit sei ihm, dem Beklagten, schon aus rechtlichen Gründen eine Refinanzierung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die beschäftigten Menschen mit Behinderung im Rahmen der Vergütung nicht möglich.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gegen Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII gemäß § 77 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB XII eröffnet. Für diese Klage ist das Landessozialgericht nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im ersten Rechtszug zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts folgt aus § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Klägerin ihren Sitz in Mölln, mithin im Zuständigkeitsbezirk des Gerichts hat. Die Klägerin hat mit dem Beklagten den richtigen Klagegegner gewählt, da sich die Klage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsstelle richtet. Nach § 77 Abs. 1 Satz 6 SGB XII bedurfte es vor Klageerhebung keiner Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle in einem Vorverfahren. Die Klage ist auch statthaft, da mit ihr zu Recht lediglich die Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung und nicht eine eigene Sachentscheidung durch das Gericht begehrt wird. Dabei kann offen bleiben, ob es sich um eine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG oder eine allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG handelt (zum Streitstand vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. Juli 2014 – L 9 SO 11/12 KL –, juris Rn. 25), da in beiden Fällen die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Würde man der Schiedsstellenentscheidung mit der sich zwischenzeitlich verfestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (s. BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 – B 8 SO 2/13 R -, Rn. 11, Urteile vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 19/14 R und B 8 SO 21/14 R –; ebenso zu Sprüchen der Schiedsstelle nach dem SGB XI: BSG, Urteile vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – und vom 25. Januar 2017 – B 3 P 3/15 R –) die Qualität eines vertragsgestaltenden Verwaltungsaktes beimessen und somit die Anfechtungsklage als statthaft ansehen, wäre die Monatsfrist zur Erhebung der Klage (§ 87 Abs. 1 SGG) jedenfalls gewahrt.

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Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin kann die Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung nicht mit Erfolg durchsetzen.

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Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidungen der Schiedsstelle nach herrschender und auch hier vertretener Meinung einer nur eingeschränkten Überprüfbarkeit unterliegen (vgl. bereits Urteil des erkennenden Senats vom 30. Juli 2014 – L 9 SO 11/12 KL –, juris Rn. 33 m.w.N. zum Streitstand). Hintergrund dieser Auffassung ist, dass die Schiedsstelle im Leistungserbringungsrecht und im Verhältnis zwischen Einrichtungsträgern und Leistungsträgern eine besondere Rolle übernimmt. Damit sie den hinsichtlich der Finanzierung widerstreitenden Interessen auf der einen Seite und den gemeinsamen Interessen einer angemessenen Leistungserbringung auf der anderen Seite gerecht werden kann, ist die Schiedsstelle gemäß § 80 Abs. 2 SGB XII paritätisch aus Vertretern der Einrichtungen und der Sozialhilfeträger besetzt. Aufgrund der sich hieraus ergebenen Sachkompetenz einerseits und der sichergestellten paritätischen Interessenvertretung andererseits wird der Schiedsstelle allgemein eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen (vgl. Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 80 Rn. 31.) Der Schiedsstelle kommt dementsprechend eine Einschätzungsprärogative zu, woraus folgt, dass die Schiedssprüche nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind. Der gerichtliche Prüfungsrahmen ist deshalb dahingehend begrenzt, dass allein zu überprüfen ist, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat, sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen hat und ob ihre Abwägung frei von Einseitigkeiten, in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 21/14 R – juris Rn. 12; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008 – L 20 SO 92/06 –, juris Rn. 51).

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Diesen Anforderungen wird die hier zur Überprüfung stehende Schiedsstellenentscheidung gerecht. Hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhaltes und des ordnungsgemäßen und fairen Verfahrens ist dies unzweifelhaft und zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Klägerin macht einzig geltend, die Entscheidung der Schiedsstelle stünde mit den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts nicht im Einklang. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Der Schiedsspruch bewegt sich innerhalb der gesetzlichen Vorgaben und im Rahmen des der Schiedsstelle zustehenden Entscheidungsspielraums. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob der Senat die Entscheidung der Schiedsstelle im Hinblick auf die richtige Anwendung materiellen Rechts voll zu überprüfen und somit eine eigene Auslegung der gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen hat (so anzunehmen, soweit es sich um „zwingendes Gesetzesrecht“ handelt: BSG, Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 7/08 R, juris Rn. 42; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. August 2016 – L 23 SO 187/14 KL, juris Rn. 33) oder er sich hier im Hinblick auf die dargestellte eingeschränkte Beurteilungskompetenz auf die Prüfung zu beschränken hat, ob sich die Rechtsauslegung der Schiedsstelle als willkürfrei erweist, sich innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen bewegt und dabei erkennbar eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten vorgenommen wurde. Denn der Senat kommt auch bei einer eigenen Überprüfung des materiellen Rechts zum gleichen Ergebnis wie die Schiedsstelle, deren Entscheidung er somit in jedem Fall für rechtmäßig erachtet.

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Streitentscheidend ist dabei die Frage, ob die für die Beschäftigten in der Werkstatt für behinderte Menschen zu zahlenden Unfallversicherungsbeiträge unter Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX als für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendige Kosten fallen, mit der Folge, dass der Beklagte erstattungspflichtig wäre oder unter Nr. 2 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zu subsummieren sind, wonach Kosten, die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt in Zusammenhang stehen, nur insoweit zu übernehmen sind, als diese unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten behinderten Menschen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen.

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Die Schiedsstelle hat sich hierzu mit den Argumenten der Klägerin auseinandergesetzt, dass die Werkstatt für behinderte Menschen auch unabhängig von der Erwirtschaftung produktiver Ergebnisse Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben erbringen müsse und dass gemäß § 136 Abs. 1 SGB IX und §§ 39 SGB IX, 5 Abs. 3 Werkstättenverordnung (WVO) nicht nur die Arbeit der behinderten Menschen gefördert werden solle, sondern auch deren Persönlichkeit. Sie hat jedoch auf der anderen Seite berücksichtigt, dass nur diejenigen behinderten Menschen Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen fänden, die noch ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleitung erbringen könnten und dass im Produktionsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen Einnahmen erwirtschaftet würden. Dementsprechend gehörten die Kosten für die Beiträge zur Unfallversicherung zu den Kosten, die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstünden. Dabei liege der Lohn der in einer Werkstatt für behinderte Menschen an die Beschäftigten gezahlt werde, in der Regel so hoch, dass auch unter Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge noch ein angemessenes Arbeitsentgelt nach § 12 Abs. 3 WVO gezahlt werden könne.

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Der Senat vermag hierbei Rechtsfehler nicht zu erkennen. Er teilt die Auffassung der Schiedsstelle, dass die für die in der Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigten behinderten Menschen zu entrichtenden Unfallversicherungsbeiträge grundsätzlich der Nr. 2 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zuzuordnen sind und dabei nicht über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen und somit nicht von einer Erstattungspflicht durch den Beklagten nach § 41 Abs. 3 SGB IX erfasst sind.

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Die Fallgruppen im § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX sind zu unterscheiden in Kosten für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt und in Kosten, die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt im Zusammenhang stehen. Die Sicherung der Eingliederung und Einbeziehung des behinderten Menschen in die Teilhabe am Arbeitsleben umfasst den Grund- und Vorhalteaufwand für die Einrichtung Werkstatt und die darüber hinausgehenden individuellen, auf den behinderten Menschen zugeschnittenen Leistungen zur Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer Beschäftigung (vgl. Jacobs in: LPK-SGB IX, 4. Aufl. 2014 § 41 Rn. 22; Knittel, SGB IX Kommentar, Stand 1. März 2017 § 41 Rn. 39). Als unternehmensübliche Kosten der wirtschaftlichen Betätigung sind demgegenüber solche Kosten zu bezeichnen, die durch die Herstellung und den Vertrieb von Werkstattprodukten und Dienstleistungen notwendigerweise entstehen (vgl. Finke/Kadoke in: Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, Stand Dezember 2016 § 41 Rn. 79). Der Klägerin ist zuzugestehen, dass dem Produktionsprozess, an dessen Gefahren die Unfallversicherungsbeiträge anknüpfen, innerhalb einer Werkstatt für behinderte Menschen immer eine Doppelfunktion zukommt. Dass der behinderte Mensch eine Aufgabe innerhalb des Produktionsprozesses hat, dient zumindest auch seiner Teilhabe am Arbeitsleben. Zugleich dient jedoch der Produktionsprozess dem Ziel, ein entstehendes Produkt am Markt zu verwerten. Eine Abgrenzung lässt sich durch den Vergleich zwischen Werkstätten für behinderte Menschen und andere Wirtschaftsunternehmen vornehmen. Ebenso wie die Arbeitsentgelte, die aus dem Produktionserlös zu zahlen sind, da sie nicht behinderungsbedingt, sondern produktionsbedingt entstehen (vgl. Wendt in: GK-SGB IX, Stand 2016 § 41 Rn. 47), fallen auch die Unfallversicherungsbeiträge produktionsbedingt an. Auch in jedem anderen Wirtschaftsunternehmen fallen die Beiträge zur Unfallversicherung für jeden Arbeitnehmer an.

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Dies gilt ebenso für die anderen Beiträge zur Sozialversicherung, die (wohl unstreitig) ebenfalls nicht der Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zuzuordnen sind. Für die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung hat der Gesetzgeber eine Erstattung durch die jeweiligen Rehabilitationsträger ausdrücklich vorgesehen (§ 251 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), § 179 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) und § 59 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI)). Hieraus lässt sich die Annahme des Gesetzgebers erkennen, dass diese Kosten nicht den Kosten für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen zuzuordnen sind, so dass er hier gesonderte Erstattungsvorschriften für geboten gehalten hat. Wenn auch für die Beiträge zur Unfallversicherung keine solche Erstattungsvorschrift besteht, können sie gleichwohl wie auch die anderen Sozialversicherungsbeiträge nicht der Nr. 1 des § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB IX zugeordnet werden.

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Es ist auch nicht hinreichend ersichtlich, dass die Beiträge zur Unfallversicherung aufgrund der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten behinderten Menschen in einer Werkstatt für behinderte Menschen höher ausfallen als in anderen Wirtschaftsunternehmen. Für eine entsprechende Annahme müsste hinreichend sicher belegt sein, dass die Beschäftigen in einer Werkstatt für behinderte Menschen häufigere oder mit höheren Kosten verbundene Unfälle erleiden und sich dies in höheren Tarifen bei den Unfallversicherungsbeiträgen im Vergleich zu vergleichbaren Wirtschaftsunternehmen auswirken würde. Eine entsprechende Untersuchung dürfte aber schon daran scheitern, dass man kaum am Markt tätige Wirtschaftsunternehmen oder Branchen wird ermitteln können, deren Gefahrtarife und -klassen für einen Vergleich herangezogen werden könnten.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen weder der Kläger noch der Beklagte des anhängigen Verfahrens zu den in § 183 SGG genannten Privilegierten gehört, werden nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben; die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt derjenige Teil die Kosten des Verfahrens, dessen Sachantrag in vollem Umfang erfolglos geblieben ist, mithin in diesem Fall die Klägerin.

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Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG durch den Senat zuzulassen, bestehen nicht.


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