Urteil vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (2. Senat) - L 2 AS 1009/13

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. Oktober 2013 wird abgeändert, soweit der Beklagte den geltend gemachten Anspruch anerkannt hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 zustehenden bzw. der von ihnen zu erstattenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). In der Sache wenden sich die Kläger gegen die Anrechnung von Elterngeld als Einkommen.

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Der am ... 1976 geborene Kläger zu 1) ist mit der am ... 1978 geborenen Klägerin zu 2) verheiratet. Beide beziehen mit ihren Kindern, der am ... 2000 geborenen Klägerin zu 3), der am ... 2002 geborenen Klägerin zu 4), dem am ... 2006 geborenen Kläger zu 5) und der am ... 2010 geborenen Klägerin zu 6), seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie bewohnen eine Unterkunft in der E.A.-Straße ..., H. Für die Unterkunft fiel im streitgegenständlichen Leistungszeitraum eine Miete iHv monatlich insgesamt 503,00 EUR an (Grundmiete 284,00 EUR, kalte Betriebskosten 138,00 EUR, Heizkosten 81,00 EUR). Der Kläger zu 1) erzielte Einkommen aus einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in wechselnder Höhe. Die Auszahlung des Einkommens erfolgte jeweils im Folgemonat (d. h. ausgezahlt wurden im Jahr 2011: März: 1.106,01 EUR brutto/882,04 EUR netto zzgl. Korrektur aus Januar 39,50 EUR; April: 1.475,69 EUR brutto/1.179,46 EUR netto; Mai: 1.311,54 EUR brutto/1.047,60 EUR netto; Juni: 1.323,89 EUR brutto/1.054,26 EUR netto; Juli: 1.360,64 EUR brutto/1.088,31 EUR netto). Am 23. März 2011 wurde dem Kläger zu 1) zudem durch das Finanzamt H. aufgrund eines Steuerbescheides vom 21. März 2011 eine Einkommensteuererstattung iHv 187,00 EUR ausgezahlt. Die Klägerin zu 2) bezog im streitigen Leistungszeitraum Elterngeld. Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 bewilligte das Sozialamt der Stadt H. ihr gemäß § 2 Abs. 5 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Elterngeld für die Zeit vom 20. Dezember 2010 bis 29. Dezember 2011 in Höhe des Mindestbetrages von 300,00 EUR monatlich. Da sich die Klägerin zu 2) für die verlängerte Auszahlung nach § 6 BEEG entschieden hatte, wurde ihr das Elterngeld im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 iHv monatlich 150,00 EUR ausgezahlt. Die Klägerin zu 2) zahlte im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 Beiträge zu einer sog. Riester-Rentenversicherung iHv monatlich 5,15 EUR. Die Kläger zu 3) bis 6) bezogen im streitigen Bewilligungszeitraum Kindergeld iHv monatlich insgesamt 774,00 EUR. Für die Kläger zu 3) und 4) wurden monatlich jeweils 184,00 EUR, für den Kläger zu 5) monatlich 190,00 EUR und die Klägerin zu 6) monatlich 215,00 EUR gezahlt.

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Am 23. Dezember 2010 beantragten die Kläger beim Beklagten die Fortzahlung von Leistungen der Grundsicherung ab Februar 2011. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 5) für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 vorläufig Leistungen iHv monatlich 463,42 EUR. Aufgrund der Geburt der Klägerin zu 6) am 30. Dezember 2010 änderte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Januar 2011 die den Klägern zuerkannte Leistungshöhe auf monatlich 563,42 EUR, wobei er auf die näheren Erläuterungen im Bewilligungsbescheid verwies. Nach Mitteilung des Elterngeldbezugs durch die Kläger änderte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 2011 die Leistungsbewilligung vom 29. Dezember 2010 ab und gewährte diesen für den Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 Leistungen iHv monatlich 443,42 EUR. Zur Begründung führte er aus: Das der Bedarfsgemeinschaft zufließende Elterngeld sei ab dem 1. Januar 2011 aufgrund einer Rechtsänderung in vollem Umfang als Einkommen anzurechnen. Weiterhin nahm er auf die ergänzenden Erläuterungen im Bewilligungsbescheid Bezug. Hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch und machten geltend: Die Anrechnung des Elterngeldes als Einkommen sei nicht rechtmäßig. Die Vorschrift des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und das Sozialstaatsprinzip. Der Gesetzgeber differenziere bei der Familienleistung Elterngeld zwischen den Eltern und schließe die ärmsten Eltern und deren Kinder von der Förderung aus, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Grund ersichtlich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führte er aus: Das Elterngeld sei iHv monatlich 150,00 EUR als Einkommen anzurechnen. Nach § 11 Abs. 3a SGB II iVm § 1 Abs. 5 BEEG sei Elterngeld bei denjenigen, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig gewesen seien, in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen.

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Dagegen haben die Kläger am 29. März 2011 beim Sozialgericht Halle (SG) Klage erhoben. Zur Begründung haben sie unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen vorgetragen: Das Elterngeld sei keine Leistung zum Lebensunterhalt. Vielmehr solle es die Anerkennung für die Erziehungs- und Betreuungsleistungen von Eltern zum Ausdruck bringen, die auch der Gemeinschaft zugutekämen. Die Neuregelung des § 10 Abs. 5 BEEG benachteilige Eltern, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, gegenüber solchen, die andere einkommensabhängige Sozialleistungen (z. B. BAföG) erhielten. Denn diese müssten sich das Elterngeld nicht anrechnen lassen, selbst wenn sie vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig gewesen seien. Der Gesetzgeber differenziere bei der Elterngeldleistung nach der Art der Existenzsicherung des Berechtigten. Er verweigere den Eltern mit dem geringsten Einkommen den "Schonraum", den er anderen Eltern für die Frühphase der Elternschaft eröffne. Ein rechtfertigender Sachgrund hierfür sei nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber sei auch bei haushaltspolitisch veranlassten Leistungskürzungen nicht frei von der Bindung an die Grundrechte und das Sozialstaatsprinzip. Soweit der Gesetzgeber die Neuregelung damit begründe, dass - weil der Lebensunterhalt des Berechtigten und des Kindes im System der Grundsicherung umfassend gesichert sei und dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werde - die Anrechnung des Elterngeldes in seinen Auswirkungen vertretbar sei, sei dies unzutreffend. Denn das SGB II sehe keine besonderen Leistungen während der Elternzeit vor. Nicht die Freistellung einer Leistung von der Einkommensanrechnung sei rechtfertigungsbedürftig, sondern die Benachteiligung armer Eltern und deren Kinder. Die Erziehungsleistung dieser Eltern werde durch die bestehende Regelung nicht anerkannt und damit gegenüber Nichtleistungsbeziehern unterschiedlich bewertet. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nach der Einkommenssituation der Eltern sei kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal, welches eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könne. Das Elterngeld sei zudem iHd Sockelbetrages von 300,00 EUR keine Lohnersatzleistung. Durch § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG werde der Sockelbetrag jedoch davon abweichend für Eltern im SGB II-Leistungsbezug zu einer solchen gemacht. Dies verstoße offensichtlich gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 4 und Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Zwar sei § 10 Abs. 5 BEEG nach Ansicht der Rechtsprechung verfassungsgemäß. Diese Auffassung sei jedoch nicht überzeugend und werde auch in der Literatur nicht geteilt. Insbesondere könne die Anrechnung des Elterngeldes nicht mit der des Kindergeldes gleichgesetzt werden. Anders als das Kindergeld sei Elterngeld nicht für den Unterhalt des Kindes bestimmt. Das Elterngeld sei auch keine Entgeltersatzleistung, da der Anspruch auch Eltern zustehe, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig gewesen seien. Das BVerfG habe das Elterngeld in Höhe des Sockelbetrages nicht als Entgeltersatzleistung bezeichnet. Auch das Bundessozialgericht (BSG) gehe davon aus, dass der Basisbetrag von 300,00 EUR die Funktion habe, den Elternteil, der vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig gewesen sei, nicht von der Sozialleistung auszuschließen. Die Anrechnung des Elterngeldes könne auch nicht damit begründet werden, dass die "Natur" des Elterngeldes die Nichtanrechnung rechtfertigungsbedürftig mache. Der Beklagte habe danach das Elterngeld ab Februar 2011 zu Unrecht angerechnet.

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Der Beklagte hat die angefochtene Entscheidung im Klageverfahren mehrfach abgeändert. Nach Vorlage der Verdienstbescheinigung des Klägers zu 1) für Februar 2011 bewilligte er den Klägern mit Änderungsbescheid vom 28. März 2011 für März 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Anrechnung des Erwerbseinkommens iHv 522,48 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 28. März 2011 gewährte er ihnen aufgrund der Rücknahme der Abtretungserklärung hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2011 Leistungen iHv monatlich 463,42 EUR, wobei er auf die ergänzenden Erläuterungen im Bewilligungsbescheid verwies. Am 19. April 2011 gewährte der Beklagte den Klägern für den streitigen Zeitraum aufgrund der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2011 Leistungen nunmehr ohne den Abzug der Kosten der Warmwasseraufbereitung von den Heizkosten. Er bewilligte Leistungen für März iHv 547,06 EUR und für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2011 vorläufig Leistungen iHv monatlich 488,00 EUR.

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Mit Bescheid vom 21. Juni 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern für Juli 2011 vorläufig Leistungen unter Anrechnung eines voraussichtlich höheren Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) iHv 393,00 EUR. Nach Anhörung der Kläger erließ der Beklagte unter dem 21. Juni 2011 gegenüber den Klägern Bescheide über die teilweise Aufhebung und Erstattung der gewährten Leistungen für den Monat April 2011. Für die Monate Mai und Juni 2011 verfügte er die Erstattung der Überzahlung aufgrund einer endgültigen Leistungsfestsetzung. Gegenüber dem Kläger zu 1) wurde die Bewilligung für April 2011 iHv 44,20 EUR aufgehoben und eine Erstattung der überzahlten Leistungen in diesem Umfang gefordert. Für Mai 2011 machte er dem Kläger zu 1) gegenüber eine Erstattung iHv 14,40 EUR und für Juni iHv 16,20 EUR geltend. Gegenüber der Klägern zu 2) bis 6) hob er die Bewilligung für April 2011 iHv insgesamt 93,11 EUR auf und verlangte die Erstattung der Überzahlung (Klägerin zu 2): 44,19 EUR, Klägerin zu 3): 15,25 EUR, Klägerin zu 4): 15,25 EUR; Kläger zu 5): 10,59 EUR; Klägerin zu 6): 7,83 EUR). Für die Monate Mai und Juni 2011 forderte er von ihnen die Erstattung iHv insgesamt 67,62 EUR (Klägerin zu 2): 30,71 EUR, Klägerin zu 3): 11,26 EUR, Klägerin zu 4): 11,26 EUR; Kläger zu 5): 8,13 EUR; Klägerin zu 6): 6,26 EUR). Zur Begründung führte er aus: Der Kläger zu 1) habe höheres Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit erzielt, was zur Minderung des Leistungsanspruchs der Kläger geführt habe. Die Bewilligung sei deshalb für April 2011 aufzuheben und die Überzahlung zu erstatten. Für die Monate Mai und Juni sei über die vorläufig bewilligten Leistungen endgültig zu entscheiden gewesen und die Erstattung nach § 40 SGB II iVm § 328 SGB III geltend zu machen.

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Nach Vorlage des Verdienstnachweises des Klägers zu 1) für Juni 2011 setzte der Beklagte mit Bescheid vom 8. August 2011 die Höhe der den Klägern zustehenden Leistungen für Juli 2011 endgültig auf 405,75 EUR fest. Nach Einreichung des Einkommensteuerbescheides vom 21. März 2011 am 5. April 2011 und Anhörung der Kläger hob der Beklagte mit den Bescheiden vom 23. September 2011 die Leistungsbewilligung für März 2011 teilweise auf und verlangte die Erstattung der überzahlten Leistungen iHv insgesamt 187,00 EUR (Kläger zu 1): 52,20 EUR; Klägerin zu 2): 76,77 EUR, Klägerin zu 3): 18,07 EUR, Klägerin zu 4): 18,07 EUR; Kläger zu 5): 12,58 EUR; Klägerin zu 6): 9,31 EUR). Zur Begründung führte er aus: Die Steuererstattung für das Jahr 2009 sei als einmalige Einnahme des Klägers zu 1) anzurechnen, was zur Minderung des Leistungsanspruchs der Kläger geführt habe. Die Bewilligung sei deshalb für März 2011 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB II iVm 330 Abs. 3 SGB III teilweise aufzuheben und die Überzahlung nach § 50 SGB X zu erstatten.

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Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zu entscheiden sei lediglich über die Ansprüche der Kläger zu 1) und 2), da nur diese Klage erhoben hätten. Den Klägern stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für den Zeitraum vom 1. März bis 21. Juli 2011 zu. Die Entscheidungen über die teilweise Aufhebung und Erstattung der Leistungen seien nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe das Elterngeld gemäß § 10 Abs. 5 BEEG zu Recht als Einkommen angerechnet. Durch die gesetzliche Neuregelung sei das Elterngeld seit dem 1. Januar 2011 nicht mehr (teilweise) von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung beständen nach Auffassung der Kammer nicht. Die Änderungs- bzw. die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide seien nicht zu beanstanden. Der Kläger zu 1) habe höheres Erwerbseinkommen erzielt, welches im Zuflussmonat anzurechnen sei. Dadurch sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten bzw. endgültig über die vorläufig bewilligten Leistungen zu entscheiden gewesen. Auch die Einkommensteuererstattung sei zutreffend als Einkommen im März 2011 angerechnet worden. Die teilweise Aufhebung und Erstattung beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Der Beklagte habe die Leistungsansprüche der Kläger im Übrigen zutreffend festgestellt.

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Gegen das den Klägern am 6. November 2013 zugestellte Urteil haben die Kläger am 26. November 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen. Darüber hinaus tragen sie vor: Die Klage sei für sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhoben worden. Das SG habe nicht hinreichend zwischen dem Elterngeld als solchem und dem Sockelbetrag von 300,00 EUR unterschieden. Für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 5 BEEG genüge es nicht, nur die SGB II-Leistungsempfänger miteinander zu vergleichen. Erforderlich sei auch der Vergleich zwischen den Eltern, die SGB II-Leistungen beziehen mit denen, die derartige Leistungen nicht erhielten.

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Nachdem sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2014 bereit erklärt hat, den Bescheid vom 23. September 2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. Juni 2014 insoweit abzuändern, als die darin gegenüber der Klägerin zu 2) verfügte Aufhebung und Erstattung der Leistungen für den Monat März 2011 auf 50,65 EUR begrenzt wird, und die Kläger dieses Teilanerkenntnis – unter Aufrechterhaltung ihres Begehrens im Übrigen - in der mündlichen Verhandlung angenommen haben, beantragen sie zuletzt,

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das Urteil des Sozialgerichts vom 22. März 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Leistungsbewilligungen und Aufhebung der Erstattungsverfügungen in den Bescheiden vom 28. März, 19. April, 21. Juni, 8. August, 23. September 2011 sowie vom 1. und 2. Juli 2014 zu verurteilen, ihnen für die Monate März bis Juli 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung von Elterngeld zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

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Der Beklagte hat nach Vorlage der Nachweise über die Aufwendungen der Klägerin zu 2) zu den Beitragszahlungen für die sog. Riester-Rentenversicherung mit Änderungsbescheid vom 2. Juli 2014 den Klägern für Juli 2011 Leistungen iHv 410,75 EUR bewilligt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die bewilligten Leistungen seien um 5,00 EUR zu erhöhen, da der Beitrag zur Riesterrente iHv monatlich 5,00 EUR vom Einkommen der Klägerin zu 2) abzusetzen sei.

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Mit Änderungsbescheiden vom 1. Juli 2014 hat der Beklagte die gegenüber den Klägern erlassenen Regelungen erneut korrigiert. Für März 2011 hob er die Bewilligung gegenüber dem Kläger zu 1) iHv 50,65 EUR und gegenüber den Klägern zu 2) bis 6) iHv insgesamt 131,35 EUR auf und verlangte die Erstattung der Überzahlung (Kläger zu 1): 50,65 EUR; Klägerin zu 2): 75,21 EUR, Klägerin zu 3): 17,49 EUR, Klägerin zu 4): 17,49 EUR; Kläger zu 5): 12,17 EUR; Klägerin zu 6): 8,99 EUR. Für April 2011 hob er die Bewilligung gegenüber dem Kläger zu 1) iHv 42,63 EUR und gegenüber den Klägern zu 2) bis 6) iHv insgesamt 89,68 EUR auf und verlangte die Erstattung der Überzahlung (Kläger zu 1): 42,63 EUR; Klägerin zu 2): 42,63 EUR, Klägerin zu 3): 14,68 EUR, Klägerin zu 4): 14,68 EUR; Kläger zu 5): 10,18 EUR; Klägerin zu 6): 7,51 EUR. Mit weiteren Bescheiden vom 1. Juli 2014 hat der Beklagte die Entscheidung über die Erstattung von Leistungen für die Monate Mai und Juni 2011 gegenüber den Klägern abgeändert und einen Betrag iHv insgesamt nur noch 27,57 EUR bzw. 60,75 EUR gefordert (Kläger zu 1): 27,57 EUR; Klägerin zu 2): 27,59 EUR, Klägerin zu 3): 10,12 EUR, Klägerin zu 4): 10,12 EUR; Kläger zu 5): 7,30 EUR; Klägerin zu 6): 5,62 EUR). Für Juli 2011 hat der Beklagte den Klägern mit Änderungsbescheid vom 2. Juli 2014 Leistungen iHv 410,75 EUR zuerkannt. Die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 13. August 2014 angenommen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Kläger hat, soweit ihr Begehren über das Teilanerkenntnis des Beklagten hinausgeht, keinen Erfolg.

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1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist nach § 143 SGG statthaft. Sie ist auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da sie vom Sozialgericht zugelassen worden ist. Hieran ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

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Die Berufung ist auch hinsichtlich der Kläger zu 3) bis 6) zulässig. Auch sie sind durch das angefochtene Urteil beschwert, da sie am Klageverfahren beteiligt waren. Die Klage ist insoweit auch durch sie fristgerecht erhoben worden, da die Kläger zu 1) und 2) für alle zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Mitglieder Klage erhoben haben.

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Zwar war nur für eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2007 bei der Auslegung von prozessualen Erklärungen in gerichtlichen Verfahren über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eine Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien vorzunehmen (BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Wer Kläger ist, ist jedoch unabhängig davon im Wege der Auslegung der Klage zu bestimmen. Die Auslegung kann ergeben, dass Kläger nicht nur die in der Klageschrift benannte Person, sondern auch die von ihr vertretene Person sein soll (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 92 Rn. 5 m. w. N.). Beim Fehlen einer eindeutigen Bezeichnung des Klägers ist maßgebend, für wen im Wege weiterer Textauslegung unter Berücksichtigung der weiteren Begleitumstände gerichtlicher Rechtsschutz begehrt wird (vgl. BFHE 157, 296, 298). Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - der Klageschrift Abdrucke der angefochtenen Bescheide beigefügt waren (cgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 – B 9b SO 5/06 R).

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In Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich die Vertretung der Kläger zu 3) bis 6) durch die Kläger zu 1) und 2) bei Klageerhebung bereits aus den allgemeinen Grundsätzen. Aus der Bezeichnung der der Klageschrift beigefügten streitgegenständlichen Bescheide, die an alle Kläger gerichtet waren, und der Begründung der Klage ging hinreichend deutlich hervor, dass eine Rechtsverletzung aller zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen gerügt wurde. Dies folgt schon daraus, dass mit der Klage die teilweise Anrechnung des Elterngeldes beanstandet und damit höhere Leistungen für die zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen begehrt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Klage auf die Ansprüche der erwachsenen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft beschränkt wurde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Denn den minderjährigen Klägern zu 3) bis 6) wurden höhere Leistungen aus demselben Rechtsgrund verwehrt. Es ist daher davon auszugehen, dass mit der Klage auch die Rechte der selbst nicht handlungsfähigen Kinder geltend gemacht wurden.

23

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob den Klägern im Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2011 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Elterngeld zustehen bzw. die Höhe der von diesen zu erstattenden Leistungen.

24

Die vom Beklagten im Klage - bzw. Berufungsverfahren erlassenen Änderungsbescheide sind nach §§ 96, 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens. Die Entscheidungen über die vorläufig bewilligten Leistungen sind dagegen nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits. Sie haben sich mit Erlass der endgültigen Bescheide nach § 39 SGB X erledigt, indem sie diese ersetzt haben, ohne dass es der Aufhebung oder Änderung der vorläufigen Entscheidung bedurfte. Die endgültigen Bescheide haben die von den Klägern geltend gemachte Beschwer nicht beseitigt und sind damit nach §§ 96, 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2012 - B 14 AS 13/12 R, juris Rn. 12). In diesen Fällen stehen einer Sachentscheidung auch keine von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrenshindernisse entgegen (vgl. BSG, a. a. O.). Zwar ist die vorläufige Leistung eine Leistung sui generis und ein aliud gegenüber der endgültigen Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R), da es sich materiell-rechtlich um zwei verschiedene Ansprüche handelt (BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R). Gleichwohl bedarf es der Durchführung eines erneuten Vorverfahrens betreffend die endgültige Verwaltungsentscheidung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2012 - B 14 AS 13/12 R, juris Rn. 13).

25

Soweit der Beklagte die Höhe der gewährten Leistungen und der Erstattungsforderungen im Berufungsverfahren zugunsten der Kläger korrigiert hat und die Kläger dieses Teilanerkenntnis angenommen haben, ist der Rechtsstreit nach §§ 101 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG erledigt. Soweit die Kläger im Klageverfahren ursprünglich auch höhere Leistungen für Februar 2011 gefordert hatten, war hierüber nicht mehr zu entscheiden. Denn sie haben dieses Begehren gemäß ihrer Prozesserklärung in der mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2014 ausdrücklich nicht mehr weiter verfolgt und die Klage insoweit zurück genommen (§§ 102 Abs. 1 Satz 1, 153 Abs. 1 SGG).

26

2. Die Berufung ist - nach Annahme des Teilanerkenntnisses - unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. März bis 31. Juli 2011. Auch die vom Beklagten gegenüber den Klägern geltend gemachten Erstattungsforderungen sind nicht zu beanstanden.

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a) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen sind die §§ 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, 20 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1 SGB II. Nach diesen Vorschriften erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des Regelbedarfs sowie der Bedarfe für Unterkunft und Heizung, soweit diese nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen gedeckt sind. Leistungsberechtigt sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die u. a. erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben, § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Einkommen und Vermögen sind nach Maßgabe der §§ 11 ff, 12 SGB II anrechenbar.

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Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Die Kläger zu 1) und 2) waren erwerbsfähig, hilfebedürftig und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Die nichterwerbsfähigen Kläger zu 3) bis 6) lebten mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft und hatten keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Die Kläger verfügten auch nicht über hinreichendes eigenes anrechenbares Einkommen oder Vermögen, und ihr Lebensunterhalt war nicht durch anrechenbare Mittel Dritter gesichert.

29

Rechtsgrundlage für die Festsetzung und Erstattung sind - mit Ausnahme der Anrechnung der Steuererstattung als Einkommen im März 2011 (vgl. dazu die Ausführungen zur Leistungsberechnung im März) - die §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 SGB III. Nach diesen Bestimmungen kann der Leistungsträger über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn zur Feststellung des Anspruchs eines Hilfebedürftigen auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Hilfebedürftige die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind die auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen zu erstatten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung sind insbesondere dann gegeben, wenn - wie hier - ein Antragsteller seinen Lebensunterhalt voraussichtlich nicht selbst sichern kann und durch die Verwaltung zum Entscheidungszeitpunkt nicht eindeutig festzustellen war, in welcher Höhe Einkommen oder Vermögen gemäß § 9 SGB II bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen sein werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R).

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Die Entscheidung über die vorläufige Leistungsbewilligung erledigt sich mit dem endgültigen Bescheid und bedarf keiner Aufhebung. Der Erstattungsanspruch entsteht kraft Gesetzes und wird lediglich durch Verwaltungsakt im Umfang konkretisiert (BSG, Urteil vom 31. Mai 1989 - 4 RA 19/88). Einem endgültigen Bescheid, mit dem unnötiger Weise die vorläufige Entscheidung aufgehoben wurde, kommt nur klarstellende Bedeutung zu. Bei einer Überzahlung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III erfolgt die Erstattung, ohne dass hierbei Ermessen auszuüben wäre oder sich der Leistungsempfänger auf Vertrauensschutz berufen kann. Vor der Entscheidung über die Festsetzung bzw. Rückforderung der Leistungen nach § 328 Abs. 3 SGB III bedarf es einer Anhörung gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht, wenn der Leistungsträger hierbei die Angaben des Antragstellers über das tatsächliche Einkommen zugrunde gelegt und von diesen nicht zu Ungunsten des Leistungsempfängers abgewichen ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2004 - B 11 AL 39/03 R, juris Rn. 13 f; Urteil vom 17. April 1996 - 3 RK 13/95, juris Rn. 22: Kein Eingriff in Rechtspositionen des Leistungsbeziehers, auf deren Bestand er vertrauen konnte).

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b) Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte das Elterngeld zu Recht ab März 2011 als Einkommen angerechnet hat.

32

Nach § 10 Abs. 1 BEEG bleibt das Elterngeld bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 EUR im Monat als Einkommen unberücksichtigt. Dies gilt gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung u. a. nicht bei Leistungen nach dem SGB II. Bei diesen bleibt das Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 BEEG berücksichtigten durchschnittlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt bis zu 300 EUR im Monat als Einkommen unberücksichtigt, § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG. Da die Klägerin zu 2) vor der Geburt kein Erwerbseinkommen bezog, findet die Vorschrift des § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG auf sie keine Anwendung. Es verbleibt somit bei der Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG, wonach das Elterngeld als Einkommen anzurechnen ist.

33

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Verfassungswidrigkeit des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG einhellig verneint (vgl. etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2013 - L 6 AS 623/11; LSG Thüringen, Beschluss vom 9. April 2013 - L 4 AS 1601/12 B, SächsLSG, Beschluss vom 26. November 2013 - L 3 AS 1270/12 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Oktober 2012 - L 14 AS 1607/12 NZB; LSG NRW, Beschluss vom 29. November 2012 - L 19 AS 1283/12 B; LSG Hessen, Beschluss vom 1. Februar 2013 - L 6 AS 817/12 B; a. A. Dau, in: jurisPR-SozR 7/2013; Lenze, info also 2011, 3). Auch nach Auffassung des Senats bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung.

34

Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG liegt bereits deshalb nicht vor, da die Kläger durch das Elterngeld einerseits und das gekürzte Arbeitslosengeld II im Ergebnis staatliche Leistungen in der Höhe erhalten haben, die zur Sicherstellung ihrer Regelbedarfe nach §§ 20, 23 SGB II vorgesehen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 BvR 3163/09, juris Rn. 7, zur Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen auf Leistungen nach dem SGB II; BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91, juris Rn. 7 ff, zur Anrechnung des Zuschlags zum Kindergeld nach § 11a Bundeskindergeldgesetz auf die Sozialhilfe). Zur Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach dem SGB II ist es nicht geboten, dass zumindest ein Teil einer gesetzlichen Leistung, die nach anderen Gesetzen zu dem Zwecke gewährt wird, Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu honorieren, im Rahmen der Grundsicherung anrechnungsfrei bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 BvR 3163/09, juris Rn. 7, zur Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen auf Leistungen nach dem SGB II). Soweit es nicht um die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein geht, steht es in der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichrangiger Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91, juris Rn. 11, zur Anrechnung des Zuschlags zum Kindergeld nach § 11a Bundeskindergeldgesetz auf die Sozialhilfe).

35

Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsprinzip lässt sich nicht feststellen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip, die insoweit als Wertentscheidung der Verfassung die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers begrenzen, lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist (BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91, juris Rn. 10, zur Anrechnung des Zuschlags zum Kindergeld nach § 11a Bundeskindergeldgesetz auf die Sozialhilfe). Ebenso wenig lassen sich aus dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten. Dieses geht insbesondere nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen (BVerfG, a. a. O.).

36

Die Neuregelung ist auch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Anwendung dieser Bestimmung verlangt den Vergleich von Lebensverhältnissen, die nicht in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sein können. Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Elementen er als maßgebend für eine Gleich- und Ungleichbehandlung ansieht. Wegen der fortwährenden, schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens ist dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialrechts eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Diese unterliegt nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle. Verfassungsgerichtlich ist insbesondere nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Die Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt, es sich also um Regelungen handelt, die unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheinen, so dass die Unsachlichkeit evident ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91, juris Rn. 8)

37

Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Bezieher von Elterngeld, bei denen dieses auf ihren SGB II-Leistungsanspruch als Einkommen angerechnet wird, nicht feststellen.

38

Hinsichtlich der Zahlung des Elterngeldes werden alle Elterngeldberechtigten und hinsichtlich der Anrechnung desselben auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden auch alle zu einer Bedarfsgemeinschaft gehörenden Hilfebedürftigen gleich behandelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 BvR 3163/09, juris Rn. 7, zur Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen auf Leistungen nach dem SGB II).

39

Gegenüber der Vergleichsgruppe der elterngeldberechtigten Empfänger von Grundsicherungsleistungen, bei denen das Elterngeld nach § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG aufgrund der vorausgegangenen Erzielung von Erwerbseinkommen nur teilweise als Einkommen angerechnet wird, ergibt sich der rechtfertigende Sachgrund aus dem Zweck des Elterngeldes als Einkommensersatz. Zwar haben - worauf die Kläger zutreffend hinweisen - die Basisbeträge des Elterngeldes den Zweck, die Erziehungs- und Betreuungsleistungen der Berechtigten zu honorieren (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 10 EG 1/08 R, juris Rn. 29). Soweit das BSG jedoch davon ausgeht, dass die über die Basisbeträge hinausgehenden Leistungen am vorherigen Einkommen orientiert sind (BSG, a. a. O., juris Rn. 29), stützt dies die Auffassung der Kläger jedoch nicht. Denn das Elterngeld ist keine reine Sozialleistung. Die von den Klägern vorgebrachte Zweiteilung des Elterngeldes in einen rein sozialrechtlichen Sockelbetrag und einen den Einkünfteausfall ausgleichenden darüber hinausgehenden Aufstockungsbetrag lässt sich weder dem BEEG selbst, noch der Begründung des Entwurfs und den weiteren Gesetzgebungsmaterialien dazu entnehmen (BT-Drucks. 16/1889; 16/2454, 16/2785). Die dort zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers, die durch die Kindesbetreuung entgangen Einkünfte durch das Elterngeld jedenfalls teilweise auszugleichen, spricht vielmehr dafür, das Elterngeld einheitlich als Einkünfteersatz zu qualifizieren (vgl. BFH, Beschluss vom 21. September 2009 - VI B 31/09, juris Rn. 11 f). Auch nach der Rechtsprechung des BSG hat das Elterngeld den Charakter als Einkommensersatz (BSG, a.a.O., juris, Rn. 29). Da das Elterngeld als Einkünfteersatz anzusehen ist, bestehen keine ernsthaften Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber auch im Rahmen des SGB II hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Elterngeld an eine vor der Geburt ausgeübte Erwerbstätigkeit anknüpft und danach differenziert. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, der Familien - ggf. auch aufgrund verfassungsrechtlicher Verpflichtung - gesetzliche Vergünstigungen hinsichtlich des erzielten Einkommens gewährt, im Übrigen nicht dazu, diesen Vergünstigungen entsprechende Sozialleistungen auch solchen Personen und deren Angehörigen zu gewähren, die kein Einkommen erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 BvR 3163/09, juris Rn. 7, zur Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen auf Leistungen nach dem SGB II).

40

Soweit die Kläger einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin sehen, dass Elterngeldberechtigte ohne vorherige Erwerbstätigkeit des Berechtigten vor der Geburt im System des SGB II gegenüber Beziehern anderer Sozialleistungen, bei denen Elterngeld unabhängig von einer vorherigen Erwerbstätigkeit nicht angerechnet wird (zB im Ausbildungs- und Wohnungsbauförderungsrecht gem. § 1 Nr. 2 lit f BAföG-EinkommensV bzw. § 21 Abs. 2 Nr. 1.6 WoFG), ungleich behandelt werden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn diese Ungleichbehandlung ist durch überwiegende sachliche Gründe des Gesetzgebers, die dieser mit § 10 Abs. 5 Satz BEEG verfolgt, gerechtfertigt. Zwischen beiden Vergleichsgruppen bestehen sachliche Unterschiede, die die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung als von dessen Gestaltungsspielraum gedeckt erscheinen lässt. Nach den Vorgaben des SGB II verfolgt der Gesetzgeber mit diesem Gesetz u.a. das Ziel der Eingliederung in Arbeit und die Minderung bzw. Überwindung der Hilfebedürftigkeit der Berechtigten (vgl. §§ 1 bis 3 SGB II). Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nur erbracht, soweit der Hilfebedürftige seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln und Kräften sicherstellen kann (vgl. §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II). Das Arbeitslosengeld II ist zudem gegenüber Leistungen anderer Träger nachrangig (vgl. § 5 Abs. 1 SGB II). Im Rahmen des steuerfinanzierten Grundsicherungssystems soll der Hilfebedürftige seinen Lebensunterhalt grundsätzlich aus eigenen Mitteln bestreiten. Nur wenn die anderen Mittel zur Sicherung des sozioexistenziellen Minimums nicht ausreichen, sind Grundsicherungsleistungen zu gewähren. Die Verwirklichung dieser Ziele darf durch die Gewährung des Elterngeldes nicht in Frage gestellt werden. Rechtfertigender Sachgrund für die Anrechnung des Elterngeldes im Rahmen des SGB II ist damit der Grundsatz der Nachrangigkeit der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zu dem auch der Einsatz anderweitigen Einkommens gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91, juris Rn. 9, zur Anrechnung des Zuschlags zum Kindergeld nach § 11a Bundeskindergeldgesetz auf die Sozialhilfe).

41

Die Neuregelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG verstößt auch nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Rückwirkungsverbot. Da der Gesetzgeber mit der Vorschrift lediglich eine Änderung der Rechtslage für die Zukunft angeordnet hat, liegt keine (verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zulässige) echte Rückwirkung vor (vgl. BVerfGE 76, 263, 345: Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm). Aber auch eine unzulässige unechte Rückwirkung ist nicht gegeben. Regelungen, die mit Wirkung für die Zukunft in bestehende Rechtspositionen eingreifen, entfalten unechte Rückwirkung. Sie sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96, juris Rn. 40). Ein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen in die bisherige Gesetzeslage kann jedoch nur so lange vorliegen, bis der Gesetzgeber die Gesetzesänderung beschließt. Der Schutz des Vertrauens in den Bestand des alten Rechts endet in jedem Fall mit dem Beschluss des neuen Rechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, juris, Rn. 109 f). Eine vom Vertrauensschutzgrundsatz erfasste Rechtsposition, die aufgrund des Fehlens einer Übergangsvorschrift zur Neuregelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG gegen ihre nachträgliche Entwertung geschützt werden könnte, kann zudem erst mit einer auf den Weiterbewilligungsantrag folgenden Feststellung des Rechts auf Arbeitslosengeld II entstehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - 1 BvL 20/12, juris Rn. 40).

42

Im vorliegenden Falle haben die Kläger den Fortzahlungsantrag bezüglich der streitgegenständlichen Leistungen für Februar bis Juli 2011 am 23. Dezember 2010 gestellt und der Beklagte hat die Leistungen mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 vorläufig bewilligt. Das Vertrauen der Kläger auf die bisherige Gesetzeslage des § 10 Abs. 1 BEEG war bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr geschützt. Zwar trat die Neuregelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG (eingefügt durch Art. 14 Ziff. 4 des Haushaltbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) vom 9. Dezember 2010 (BGBl I S. 1885)) erst am 1. Januar 2011 in Kraft, jedoch war sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vom Gesetzgeber beschlossen worden. Die Kläger konnten mithin von vornherein nicht darauf vertrauen, dass sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Elterngeld erhalten. Eine verfassungsrechtlich unzulässige unechte Rückwirkung lässt sich danach nicht feststellen.

43

c) Ausgehend davon, dass der Beklagten das Elterngeld danach zu Recht als Einkommen angerechnet hat, sind auch die streitgegenständlichen Bescheide - nach Annahme des Teilanerkenntnisses des Beklagten - nicht zu beanstanden. Den Klägern stehen weitere Leistungen nicht zu und sie haben die vom Beklagten geltend gemachten Überzahlungen zu erstatten.

44

aa) Für den Monat März 2011 hat der Beklagte den Klägern die ihnen zustehenden Leistungen gewährt und war auch berechtigt, die streitigen Festsetzungen bzw. Aufhebungen und Erstattungen gegenüber den Klägern zu verfügen.

45

(1) Die Änderung der Leistungen bzw. die teilweise Aufhebung und Erstattung sind dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür sind, soweit es den Bezug des Elterngeldes bzw. das höhere Erwerbseinkommen betrifft, die §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 SGB III. Der Beklagte hatte den Klägern wegen der noch nicht feststehenden Höhe des Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 zu Recht zunächst vorläufig Leistungen nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zuerkannt. Die Vorläufigkeit der Leistungsgewährung wurde auch durch die Änderungsbescheide vom 17. und 27. Januar 2011 nicht abweichend geregelt. Mit diesen Bescheiden hatte der Beklagte lediglich der Geburt der Klägerin zu 6) bzw. der Anrechnung des Elterngeldes Rechnung getragen. Aus der Bezeichnung als Änderungsbescheide und der Angabe der Gründe der Änderung sowie dem Hinweis auf ergänzenden Erläuterungen im ursprünglichen Bewilligungsbescheid ergibt sich, dass keine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch getroffen worden ist. Die abschließende Festsetzung der Leistungen erfolgte in zulässiger Weise in dem Bescheid vom 28. März 2011. Zwar ist dieser als "Änderungsbescheid" bezeichnet und eine Rechtsgrundlage nicht genannt worden. Der Bescheid ist jedoch im Wege der Auslegung als Festsetzungsbescheid im Sinne des § 328 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 SGB III anzusehen. Dies folgt daraus, dass als Grund der Änderung die Neuberechnung der Leistungen unter Berücksichtigung des erzielten Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) angegeben worden ist und damit der im Bewilligungsbescheid vom 29. Dezember 2012 angegebene Grund für die Vorläufigkeit der Leistungsgewährung auch für die Kläger erkennbar entfallen war. Die unzutreffende Bezeichnung des Bescheides sowie das Fehlen einer vollständigen und zutreffenden Begründung sind unbeachtlich. Nach § 42 Satz 1 SGB X rechtfertigen bloße Begründungsmängel bei gebundenen Verwaltungsakten deren Aufhebung grundsätzlich nicht (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2012 - B 2 U 15/11 R, juris Rn. 38). Im Übrigen wäre die Entscheidung selbst dann, wenn man die Auslegung nicht für möglich hielte, nicht zu beanstanden, da sie dann jedenfalls in einen Festsetzungsbescheid umzudeuten wäre. Ist eine fehlerhafte Entscheidung nach § 43 SGB X in eine rechtmäßige umzudeuten, führt der Fehler nicht zur Aufhebung. Die Umdeutung ist bei gebundenen Entscheidungen nicht nur Aufgabe der Verwaltung, sondern auch der Gerichte (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 9/9a RVs 5/91).

46

Soweit der Beklagte den Bescheid vom 28. März 2011 mit Bescheid vom 19. April 2011 dahingehend geändert hat, dass den Klägern Leistungen ohne einen Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten gewährt wurden, sind diese hinsichtlich der auf § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II beruhenden Regelung nicht beschwert, da ihnen höhere Leistungen zuerkannt worden sind.

47

Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 23. September 2011 verfügte teilweise Aufhebung und Erstattung für März aufgrund der Steuererstattung sind die §§ 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 3, 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 iVm § 330 Abs. 2 SGB III. Eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit ist nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 Satz 2 SGB X zulässig.

48

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger Bescheid ist nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X aufzuheben, soweit der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, wobei grobe Fahrlässigkeit vorliegt, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 2 SGB III hat bei Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen die Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes im Wege einer gebundenen Entscheidung – also ohne Ermessen – auch mit Wirkung für die Vergangenheit zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R). Ein Kläger kann sich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht auf Vertrauen berufen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R). Liegen die Voraussetzungen einer groben Fahrlässigkeit iSd § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, kann ein Leistungsempfänger auch nicht den Verbrauch der Sozialleistung einwenden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R).

49

Gemessen an diesen Kriterien ist der Bescheid vom 23. September 2011 nicht zu beanstanden. Denn insoweit liegt eine rechtswidrige Begünstigung der Kläger vor, da der Beklagte die zunächst vorläufige Leistungsgewährung für März mit Änderungsbescheid vom 28. März 2011 für endgültig erklärt und dabei die Steuererstattung vom 23. März 2011 nicht berücksichtigt hat. Die Verfügung ist formell rechtmäßig.

50

Soweit § 45 SGB X Anwendung findet, ist allein der Umstand, dass die Verwaltung den Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, nicht klagebegründend. Das sog. Nachschieben von Gründen bzw. das Stützen einer Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird. Da die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung der Leistungsbewilligung gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 69/01 R). Ist der rechtliche Maßstab für eine Aufhebungsentscheidung § 45 SGB X, so ist das für die Rechtmäßigkeit einer auf § 48 SGB X gestützten Aufhebung von Leistungen der Grundsicherung unbeachtlich, weil nach §§ 40 Abs. 1 Nr 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III bei Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen die Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes im Wege einer gebundenen Entscheidung zu erfolgen hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R).

51

Es liegt auch keine Verletzung des Erfordernisses einer Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB X vor. Zwar hat der Beklagte im Rahmen der Anhörung vom 30. Juni 2011 als Rechtsgrundlage § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X angeführt. Dies begründet jedoch keinen Anhörungsmangel, da der Beklagte die Kläger darauf hingewiesen hatte, dass er davon ausgehe, dass die Kläger hätten erkennen können, dass ihr Anspruch durch die Steuererstattung teilweise weggefallen sei. Das Anhörungsrecht bezieht sich nur auf die Tatsachen, auf die es nach der materiell-rechtlichen Ansicht der Verwaltung objektiv ankommt, nicht aber auf Rechtsfragen oder die Richtigkeit der Begründung (BSGE 69, 247). Die für § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X entscheidungserheblichen Tatsachen waren dem Anhörungsschreiben jedoch zu entnehmen. Die Anhörung ist auch hinsichtlich der Kläger zu 3) bis 6) erfolgt, da bei Minderjährigen die Anhörung eines Elternteiles ausreichend ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 153/10 R).

52

Die Entscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegen vor. Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck von den Klägern zu 1) und 2) geht der Senat davon aus, dass für diese jedenfalls auch ohne weiteres erkennbar war, dass der ihnen zuerkannte Leistungsanspruch mit Zufluss der Steuererstattung nicht mehr in der bewilligten Höhe bestehen konnte. Nach ihren intellektuellen Fähigkeiten und ihrem Einsichtsvermögen besteht kein Zweifel daran, dass sie wussten oder zumindest auf Grund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätten erkennen können, dass sich durch die Steuererstattung ein geringerer Leistungsanspruch ergibt. Dies folgt bereits daraus, dass die Anrechnung der Steuererstattungen bereits in den Vorjahren erfolgt ist. Die Kläger behaupten im Übrigen auch selbst nicht, dass sie davon ausgegangen wären, ihr Leistungsanspruch habe trotz des Zuflusses in unveränderter Höhe fortbestanden. Auf die Kenntnis der konkreten Höhe der Änderung ihres Leistungsanspruchs kommt es insoweit - ebenso wie auf Vertrauensschutz- bzw. Ermessenserwägungen des Beklagten - nicht an. Die Kenntnis bzw. die grobfahrlässige Unkenntnis der Kläger zu 1) und 2) ist den Klägern zu 3) bis 6) aufgrund der gesetzlichen Vertretung zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 153/10 R).

53

Soweit der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 1. Juli 2014 die Erstattungsforderungen gegenüber den Klägern wegen der Absetzung der Riesterrentenbeiträge der Klägerin zu 2) vom Einkommen verringert hat, sind die Kläger nicht beschwert. Unerheblich ist insofern, dass der Beklagte die Entscheidung auf § 328 SGB III gestützt hat, statt auf § 44 Abs. 1 SGB X (s. o.).

54

(2) Die angefochtene Entscheidung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Den Klägern steht für den Monat März 2011 ein Anspruch iHv insgesamt 368,84 EUR zu. Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf iHv 1318,00 EUR. Dieser ergibt sich aus den Regelbedarfen (Kläger zu 1) und 2): 328,00 EUR) zzgl. der kopfteiligen tatsächlichen Aufwendungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung iHv insgesamt 503,00 EUR (Grundmiete: 284,00 EUR; Nebenkosten: 138,00 EUR, Heizkosten: 81,00 EUR), die als angemessen anzusehen sind. Die Kinder gehören in Höhe ihres ungedeckten Bedarfsanteils zur Bedarfsgemeinschaft, der sich aus ihrem Regelbedarf (Kläger zu 3) bis 5): 251,00 EUR; Klägerin zu 6): 215,00 EUR) zzgl. ihres Anteils an den Kosten der Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen (83,83 EUR) abzüglich des Kindergeldes (Kläger zu 3) und 4): 184,00 EUR; Kläger zu 5: 190,00 EUR; Klägerin zu 6): 215,00 EUR) bestimmt. Daraus ergibt sich ein ungedeckter Bedarfsanteil der Kläger zu 3) und 4) iHv 150,83 EUR, des Klägers zu 5 iHv 108,83 EUR sowie der Klägerin zu 6) iHv 83,83 EUR). Vom Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ist das anrechenbare Einkommen der Eltern iHv 949,17 EUR abzusetzen. Anzurechnen sind vom Kläger zu 1) 834,17 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus dem im März zugeflossenen Erwerbseinkommen iHv 1145,51 EUR (1106,01 EUR brutto zzgl. der Korrektur aus Januar iHv 39,50 EUR) sowie der Steuererstattung iHv 187,00 EUR. Die Anrechnung der Steuererstattung hat im März 2011 zu erfolgen, da die durch § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II n. F. vorgeschriebene Berücksichtigung im Folgemonat, wenn die Leistungen bei Zufluss schon erbracht sind, erst zum 1. April 2011 ohne Rückwirkung in Kraft getreten ist. Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 Alg II-VO in der hier anwendbaren bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung ist die Berücksichtigung im Folgemonat nicht zwingend, so dass der Beklagte diese einmalige Einnahme im Zuflussmonat März bedarfsmindernd berücksichtigen durfte. Das Erwerbseinkommen ist zu bereinigen um die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB II iHv 223,79 EUR, den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II iHv 100,00 EUR sowie den Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 SGB II a. F. (der wegen der Übergangsregelung § 77 Abs. 3 SGB II für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1. Juli 2011 begonnen haben, anwendbar bleibt) iHv 140,00 EUR (Freibetrag 1. Stufe 20 %) nebst weiterer 34,55 EUR (Freibetrag 2. Stufe 10 %). Als Einkommen der Klägerin zu 2) ist anzurechnen ein Betrag iHv 115,00 EUR. Auszugehen ist hierbei von dem Elterngeld iHv 150,00 EUR, welches um die die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II zu bereinigen ist (Versicherungspauschale: 30,00 EUR; Beträge zur Altersvorsorge: 5,00 EUR). Abzüglich des anrechenbaren Gesamteinkommens vom Gesamtbedarf ergibt sich ein ungedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft iHv 368,84 EUR.

55

Die individuellen Leistungsansprüche der Kläger bestimmen sich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Danach gilt, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist, jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergeben sich folgende Individualansprüche der Kläger für März 2011: Kläger zu 1) und 2): 115,25 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 42,21 EUR; Kläger zu 5): 30,46 EUR; Klägerin zu 6: 23,46 EUR.

56

Der Beklagte hat den Klägern für März ursprünglich mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Januar 2011 insgesamt 563,42 EUR bewilligt (Kläger zu 1): 176,82 EUR; Klägerin zu 2): 176,82 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 64,41 EUR; Kläger zu 5): 45,98 EUR; Klägerin zu 6): 35,00 EUR). Nach Anrechnung des Einkommens der Klägerin zu 2) (Elterngeld) sowie des höheren Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) hat er den Klägern mit dem Änderungsbescheid vom 27. Januar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28. März 2011 und 19. April 2011 insgesamt 547,06 EUR zuerkannt (Kläger zu 1) und 2): 170,95 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 62,60 EUR; Kläger zu 5): 45,17 EUR; Klägerin zu 6): 34,80 EUR). Einen Änderungsbescheid nach Anrechnung der Steuererstattung hat der Beklagte nicht erlassen, sondern nur eine Teilaufhebung und Erstattung mit Bescheid vom 28. September 2011 verfügt, die mit den Bescheiden vom 1. Juli 2014 zugunsten der Kläger korrigiert wurde (Kläger zu 1): 50,65; Klägerin zu 2): 75,21 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 17,49 EUR; Kläger zu 5): 12,17 EUR; Klägerin zu 6): 8,99 EUR). In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Aufhebung und Erstattung gegenüber der Klägerin zu 2) auf den Betrag von 50,65 EUR beschränkt.

57

Der Beklagte hat den Klägern mithin bereits höhere Leistungen bewilligt, als ihnen zustehen. Ein Anspruch auf weitere Leistungen ist damit ausgeschlossen. Die vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderungen sind geringer als die tatsächlichen Überzahlungen (Kläger zu 1) und 2): 55,15; Klägerinnen zu 3) und 4): 22,40 EUR; Kläger zu 5: 14,72 EUR; Klägerin zu 6): 11,35 EUR). Soweit die Aufhebung und Erstattung gegenüber der Klägerin zu 2) zunächst iHv 75,21 EUR verfügt worden war, war diese zwar teilweise fehlerhaft, da die tatsächliche Überzahlung nur 55,15 EUR betrug. Die Regelung konnte auch deshalb nicht zutreffen, da der Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1) lediglich eine Aufhebung und Erstattung über 50,65 EUR ausgesprochen hatte und eine höhere Rückforderung gegenüber der Klägerin zu 2) wegen der gleichen Bedarfshöhe nicht in Betracht kommt. Nachdem der Beklagte die Aufhebung und Erstattung jedoch durch das Anerkenntnis in der mündlichen Verhandlung auf den gegenüber dem Kläger zu 1) zugrunde gelegten Betrag beschränkt hat, ist die Klägerin zu 2) insoweit nicht mehr beschwert.

58

bb) Auch für den Monat April 2011 hat der Beklagte den Klägern die ihnen zustehenden Leistungen gewährt und war berechtigt, die streitigen Aufhebungen und Erstattungen gegenüber den Klägern zu verfügen.

59

(1) Die Änderung der Leistungen bzw. die teilweise Aufhebung und Erstattung ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 SGB III. Hinsichtlich der vorläufigen Bewilligung der Leistungen durch die Bescheide vom 29. Dezember 2010, 17. und 27. Januar 2011 wird auf die Ausführungen zu März 2011 Bezug genommen. Die Bescheide vom 28. März und 19. April 2011 hab die Vorläufigkeit der Bewilligung nicht geändert. Hinsichtlich des ersten Bescheides ergibt sich dies daraus, dass lediglich aufgrund der Rücknahme der Abtretungserklärung die Auszahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an die Kläger selbst geändert und im Übrigen auf die ergänzenden Erläuterungen im ursprünglichen Bewilligungsbescheid verwiesen worden ist. Der Bescheid vom 19. April 2011, mit dem höhere Leistungen wegen des Wegfalls des Warmwasserabzugs zuerkannt wurden, verweist ausdrücklich auf die Vorläufigkeit der Leistungen nach § 328 SGB III. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. Juni 2011 ist als Festsetzungs- und Erstattungsbescheid iSd § 328 SGB III anzusehen. Zwar hat der Beklagte die Entscheidung auf die §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 50 Abs. 1 SGB X gestützt und mit der Erzielung höheren Einkommens begründet. Dies ist aber aus den vorgenannten Ausführungen betreffend den Änderungsbescheid vom 19. April 2011 (für März) rechtlich unerheblich. Die Voraussetzungen des § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III liegen ebenfalls vor. Die Änderung der Erstattungsforderung durch den Bescheid vom 1. Juli 2014 beschwert die Kläger nicht. Insoweit wird jeweils auf die vorstehenden Ausführungen zu März verwiesen.

60

(2) Die angefochtene Entscheidung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Den Klägern steht für diesen Monat ein Anspruch iHv insgesamt 331,10 EUR zu. Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf iHv 1318,00 EUR. Dieser ergibt sich aus den Ausführungen betreffend den Vormonat, auf die der Senat Bezug nimmt. Vom Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ist das anrechenbare Einkommen der Eltern iHv 986,89 EUR abzusetzen. Anzurechnen sind vom Kläger zu 1) 871,89 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus dem im April zugeflossenen Erwerbseinkommen iHv 1475,69 EUR (brutto). Das Erwerbseinkommen ist zu bereinigen um die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB II iHv 296,23 EUR, den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II iHv 100,00 EUR sowie den Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 SGB II a. F. iHv 140,00 EUR (Freibetrag 1. Stufe 20 %) nebst weiterer 67,57 EUR (Freibetrag 2. Stufe 10 %). Als Einkommen der Klägerin zu 2) ist anzurechnen ein Betrag iHv 115,00 EUR. Auszugehen ist hierbei von dem Elterngeld iHv 150,00 EUR, welches um die die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II zu bereinigen ist (Versicherungspauschale: 30,00 EUR; Beträge zur Altersvorsorge: 5,00 EUR). Abzüglich des anrechenbaren Gesamteinkommens vom Gesamtbedarf ergibt sich ein ungedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft iHv 331,10 EUR.

61

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergeben sich folgende Individualansprüche der Kläger: Kläger zu 1) und 2): 103,46 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 37,89 EUR; Kläger zu 5): 27,34 EUR; Klägerin zu 6: 21,06 EUR.

62

Der Beklagte hat den Klägern für April mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheide vom 17. und 27. Januar 2011 und 28. März 2011 insgesamt 463,42 EUR bewilligt (Kläger zu 1): 146,10 EUR; Klägerin zu 2): 146,09 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 52,57 EUR; Kläger zu 5): 37,52 EUR; Klägerin zu 6): 28,57 EUR). Einen Änderungsbescheid hat der Beklagte nach Anrechnung des höheren Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) nicht erlassen, sondern nur eine Teilaufhebung und Erstattung mit Bescheid vom 21. Juni 2011 verfügt, die mit Bescheiden vom 1. Juli 2014 zugunsten der Kläger korrigiert wurde (Kläger zu 1) und 2): 42,63 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 14,68 EUR; Kläger zu 5): 10,18 EUR; Klägerin zu 6): 7,51 EUR).

63

Der Beklagte hat den Klägern mithin Leistungen in der Höhe bewilligt, in der sie ihnen zustehen. Ein Anspruch auf weitere Leistungen ist damit ausgeschlossen. Die vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderungen entsprechen den tatsächlichen Überzahlungen (Kläger zu 1): 42,64 EUR; Klägerin zu 2): 42,63 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 14,68 EUR; Kläger zu 5): 10,18 EUR; Klägerin zu 6): 7,51 EUR). Soweit die Erstattungsforderung betreffend den Kläger zu 1) geringfügig geringer ist als die tatsächliche Überzahlung, ist er hierdurch nicht beschwert.

64

cc) Für den Monat Mai 2011 hat der Beklagte den Klägern ebenfalls die ihnen zustehenden Leistungen gewährt und war auch berechtigt, die streitigen Aufhebungen und Erstattungen gegenüber den Klägern zu verfügen.

65

(1) Die Änderung der Leistungen bzw. die teilweise Aufhebung und Erstattung ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 SGB III. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen für April verwiesen. Hier hat der Beklagte den Bescheid vom 21. Juni 2011 zutreffend als Festsetzungs- und Erstattungsbescheid auf § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III gestützt.

66

(2) Die angefochtene Entscheidung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Den Klägern steht für diesen Monat ein Anspruch iHv insgesamt 446,53 EUR zu. Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf iHv 1318,00 EUR. Dieser ergibt sich aus den Ausführungen betreffend den Vormonat, auf die der Senat Bezug nimmt. Vom Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ist das anrechenbare Einkommen der Eltern iHv 871,45 EUR abzusetzen. Anzurechnen sind vom Kläger zu 1) 756,45 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus dem im Mai zugeflossenen Erwerbseinkommen iHv 1311,54 EUR (brutto). Das Erwerbseinkommen ist zu bereinigen um die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB II iHv 263,94 EUR, den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II iHv 100,00 EUR sowie den Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 SGB II a. F. iHv 140,00 EUR (Freibetrag 1. Stufe 20 %) nebst weiterer 51,15 EUR (Freibetrag 2. Stufe 10 %). Als Einkommen der Klägerin zu 2) ist anzurechnen ein Betrag iHv 115,00 EUR. Auszugehen ist hierbei von dem Elterngeld iHv 150,00 EUR, welches um die die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II zu bereinigen ist (Versicherungspauschale: 30,00 EUR; Beträge zur Altersvorsorge: 5,00 EUR). Abzüglich des anrechenbaren Gesamteinkommens vom Gesamtbedarf ergibt sich ein ungedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft iHv 446,53 EUR.

67

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergeben sich folgende Individualansprüche der Kläger: Kläger zu 1) und 2): 139,53 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 51,10 EUR; Kläger zu 5): 36,87 EUR; Klägerin zu 6: 28,40 EUR.

68

Der Beklagte hat den Klägern für Mai 2011 mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheide vom 17. Januar 2011, 28. März 2011 und 19. April 2011 insgesamt 488,00 EUR bewilligt (Kläger zu 1) und 2): 152,48; Klägerinnen zu 3) und 4): 55,85 EUR; Kläger zu 5): 40,30 EUR; Klägerin zu 6): 31,03 EUR). Einen Änderungsbescheid hat der Beklagte nach Anrechnung des höheren Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) nicht erlassen, sondern nur eine Teilaufhebung und Erstattung mit Bescheid vom 21. Juni 2011 verfügt, die mit Bescheiden vom 1. Juli 2014 zugunsten der Kläger korrigiert wurde (Kläger zu 1): 12,93 EUR; Klägerin zu 2): 12,95 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 4,75 EUR; Kläger zu 5): 3,43 EUR; Klägerin zu 6): 2,64 EUR).

69

Der Beklagte hat den Klägern mithin Leistungen in der Höhe bewilligt, in der sie ihnen zustehen. Ein Anspruch auf weitere Leistungen ist damit ausgeschlossen. Die vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderungen entsprechen den tatsächlichen Überzahlungen (Kläger zu 1): 12,93 EUR; Klägerin zu 2): 12,95 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 4,75 EUR; Kläger zu 5): 3,43 EUR; Klägerin zu 6): 2,64 EUR). Soweit die Erstattungsforderung betreffend den Kläger zu 1) geringfügig geringer ist als die tatsächliche Überzahlung, ist er hierdurch nicht beschwert.

70

dd) Auch für den Monat Juni 2011 hat der Beklagte den Klägern die ihnen zustehenden Leistungen gewährt und war auch berechtigt, die streitigen Aufhebungen und Erstattungen gegenüber den Klägern zu verfügen.

71

(1) Die Änderung der Leistungen bzw. die teilweise Aufhebung und Erstattung ist auch dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zu Mai verwiesen.

72

(2) Die angefochtene Entscheidung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Den Klägern steht für diesen Monat ein Anspruch iHv insgesamt 441,13 EUR zu. Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf iHv 1318,00 EUR. Dieser ergibt sich aus den Ausführungen betreffend den Vormonat, auf die der Senat Bezug nimmt. Vom Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ist das anrechenbare Einkommen der Eltern iHv 876,87 EUR abzusetzen. Anzurechnen sind vom Kläger zu 1) 761,87 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus dem im Juni zugeflossenen Erwerbseinkommen iHv 1323,89 EUR (brutto). Das Erwerbseinkommen ist zu bereinigen um die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB II iHv 269,63 EUR, den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II iHv 100,00 EUR sowie den Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 SGB II a. F. iHv 140,00 EUR (Freibetrag 1. Stufe 20 %) nebst weiterer 52,39 EUR (Freibetrag 2. Stufe 10 %). Als Einkommen der Klägerin zu 2) ist anzurechnen ein Betrag iHv 115,00 EUR. Auszugehen ist hierbei von dem Elterngeld iHv 150,00 EUR, welches um die die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II zu bereinigen ist (Versicherungspauschale: 30,00 EUR; Beträge zur Altersvorsorge: 5,00 EUR). Abzüglich des anrechenbaren Gesamteinkommens vom Gesamtbedarf ergibt sich ein ungedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft iHv 441,13 EUR.

73

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergeben sich folgende Individualansprüche der Kläger: Kläger zu 1) und 2): 137,84 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 50,48 EUR; Kläger zu 5): 36,43 EUR; Klägerin zu 6: 28,06 EUR.

74

Der Beklagte hat den Klägern für Juni mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheide vom 17. Januar 2011, 28. März 2011 und 19. April 2011 insgesamt 488,00 EUR bewilligt (Kläger zu 1) und 2): 152,48; Klägerinnen zu 3) und 4): 55,85 EUR; Kläger zu 5): 40,30 EUR; Klägerin zu 6): 31,04 EUR). Einen Änderungsbescheid hat der Beklagte nach Anrechnung des höheren Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) nicht erlassen, sondern nur eine Teilaufhebung und Erstattung mit Bescheid vom 21. Juni 2011 verfügt, die mit Bescheiden vom 1. Juli 2014 zugunsten der Kläger korrigiert wurde (Kläger zu 1) und 2): 14,64 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 5,37 EUR; Kläger zu 5): 3,87 EUR; Klägerin zu 6): 2,98 EUR).

75

Der Beklagte hat den Klägern mithin Leistungen in der Höhe bewilligt, in der sie ihnen zustehen. Ein Anspruch auf weitere Leistungen ist damit ausgeschlossen. Die vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderungen entsprechen den tatsächlichen Überzahlungen (Kläger zu 1) und 2): 14,64 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 5,37 EUR; Kläger zu 5): 3,87 EUR; Klägerin zu 6): 2,98 EUR).

76

ee) Für den Monat Juli 2011 hat der Beklagte den Klägern ebenfalls die ihnen zustehenden Leistungen gewährt.

77

(1) Die Änderung der Leistungen bzw. die teilweise Aufhebung und Erstattung ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zum Vormonat verwiesen. Soweit der Beklagte den Änderungsbescheid vom 2. Juli 2011, mit dem er den Klägern höhere Leistungen aufgrund des Abzugs der Aufwendungen für die Altersvorsorge der Klägerin zu 2) gewährt hat, auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X gestützt hat statt auf § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, ist dies aus den bereits dargelegten Gründen unbeachtlich.

78

(2) Die angefochtene Entscheidung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Den Klägern steht für diesen Monat ein Anspruch iHv insgesamt 410,75 EUR zu. Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf iHv 1318,00 EUR. Dieser ergibt sich aus den Ausführungen betreffend den Vormonat, auf die der Senat Bezug nimmt. Vom Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ist das anrechenbare Einkommen der Eltern iHv 907,25 EUR abzusetzen. Anzurechnen sind vom Kläger zu 1) 792,25 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus dem im Juli zugeflossenen Erwerbseinkommen iHv 1360,64 EUR (brutto). Das Erwerbseinkommen ist zu bereinigen um die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB II iHv 272,33 EUR, den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II iHv 100,00 EUR sowie den Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 SGB II a. F. iHv 140,00 EUR (Freibetrag 1. Stufe 20 %) nebst weiterer 56,06 EUR (Freibetrag 2. Stufe 10 %). Als Einkommen der Klägerin zu 2) ist anzurechnen ein Betrag iHv 115,00 EUR. Auszugehen ist hierbei von dem Elterngeld iHv 150,00 EUR, welches um die die Abzüge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II zu bereinigen ist (Versicherungspauschale: 30,00 EUR; Beträge zur Altersvorsorge: 5,00 EUR). Abzüglich des anrechenbaren Gesamteinkommens vom Gesamtbedarf ergibt sich ein ungedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft iHv 410,75 EUR.

79

In dieser Höhe hat der Beklagte den Klägern mit dem Bescheid vom 8. August 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Juli 2014 Leistungen gewährt. Ein Anspruch auf weitere Leistungen ist damit ausgeschlossen.

80

Die vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderungen entsprechen den tatsächlichen Überzahlungen (Kläger zu 1) und 2): 14,64 EUR; Klägerinnen zu 3) und 4): 5,37 EUR; Kläger zu 5): 3,87 EUR; Klägerin zu 6): 2,98 EUR).

81

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

82

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG ist im Hinblick auf die vorgenannte Rechtsprechung des BVerfG nicht mehr klärungsbedürftig.


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