Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 3 Kart 49/21
Tenor
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 16.12.2020 zur Änderung der Modalitäten für Regelreserveanbieter (MfRRA) gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission vom 23.11.2017 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem, Az. BK6-20-370, wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin trägt die Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird bis zum 08.11.2021 auf … Euro, sodann auf … Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
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G r ü n d e:
2A.
3I. Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen, das für die Vermarktung des Erzeugungsportfolios der … zuständig ist. Sie bietet Kraftwerkskapazitäten sowohl ihrer Schwestergesellschaft, der …, als auch von Dritten auf dem Regelenergiemarkt an. Der Regelenergiemarkt umfasst den Regelleistungs- und den Regelarbeitsmarkt. Regelleistung und Regelarbeit werden getrennt voneinander beschafft. Die streitgegenständliche Entscheidung betrifft das Beschaffungsmodell für Regelarbeit, das von den Übertragungsnetzbetreibern auf der Grundlage der unionsrechtlichen Vorgaben entwickelt und von der Bundesnetzagentur genehmigt wurde.
4Die Ausgestaltung des Regelenergiemarkts richtet sich im Wesentlichen nach den unionsrechtlichen Vorgaben der Elektrizitätsbinnenmarktverordnung (EU) 2019/943 und der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission vom 23.11.2017 (EB-VO). Die VO (EU) 2019/943 trifft die Grundsatzentscheidung, dass ein vom Regelleistungsmarkt separierter Markt für Regelarbeit etabliert wird. Die EB-VO enthält detaillierte Vorgaben zur Ausgestaltung der Regelreservemärkte. Dort ist ein Prozess vorgesehen, nach dem jeweils auf der Grundlage der Vorschläge der Übertragungsnetzbetreiber zunächst nationale und sodann europäische Ausschreibungsbedingungen für die Regelreservemärkte von den zuständigen Regulierungsbehörden genehmigt werden. Nationale Regelarbeitsmärkte sollen die Vorstufe eines europäischen Regelarbeitsmarktes bilden. Die Überführung der nationalen Regelarbeitsmärkte in einen europäischen Beschaffungsmarkt soll über die Einrichtung von Beschaffungsplattformen erfolgen. Die Plattform … soll dem Austausch von Sekundärregelung, die Plattform … der Beschaffung von Minutenreserve dienen.
5Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber haben im Jahr 2018 einen Vorschlag für eine Methode zur Festlegung der Preise für Regelarbeit unterbreitet. Da er nicht in allen Punkten die Zustimmung der nationalen Regulierungsbehörden fand, wurde die Genehmigungsentscheidung gemäß Art. 5 Abs. 7 EB-VO an die europäische Regulierungsbehörde ACER delegiert. Mit Entscheidung vom 24.01.2020 genehmigte ACER die vorgeschlagene Methode, die in Art. 3 Ziff. 3 eine Preisober- und - untergrenze für positive und negative Regelarbeit von … EUR/MWh vorsieht. Nach Durchführung einer Marktkonsultation zur Herabsetzung dieser Preisgrenze auf … EUR/MWh hat der Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E unter dem 27.08.2021 bei ACER einen entsprechenden Antrag gestellt, der derzeit konsultiert wird. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen die genehmigte Methode umsetzen, sobald die europäischen Plattformen etabliert sind, spätestens zum 24.07.2022. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber streben eine frühere Einführung der Plattformen im Frühjahr 2022 an.
6Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber haben, wie in Art. 18 EB-VO vorgesehen, im Jahr 2017 einen Vorschlag für einen nationalen Regelreservemarkt (Modalitäten für Regelreserveanbieter – MfRRA), unterbreitet und diesen im Nachgang mehrfach ergänzt. Die MfRRA wurden nach Konsultationen schließlich von der Bundesnetzagentur mit mehreren Teilgenehmigungen genehmigt.
7Die MfRRA regeln neben der Beschaffung der Primärregelleistung auch die Beschaffung von Sekundärregelung und Minutenreserve, wobei sie entsprechend der unionsrechtlichen Vorgaben bei den Regelreservearten zwischen Regelleistung und Regelarbeit differenzieren. Den MfRRA liegt ein Modell der freien Preisbildung nach dem Gebotspreis zugrunde. Sie unterscheiden zwischen einem Leistungspreis für die Vorhaltung und einem Arbeitspreis für die Erbringung von Regelarbeit. Im Regelleistungsmarkt erhalten erfolgreiche Bieter einen Leistungspreis für die Vorhaltung von Regelleistung unabhängig von deren Abruf. Die Höhe des Preises richtet sich nach dem jeweiligen Gebotspreis. Im Regelleistungsmarkt nicht erfolgreiche Bieter können nach Auktionsende über ihre Kapazitäten wieder frei verfügen. Eine Vergütung für Regelarbeitsgebote erfolgt dagegen erst mit Abruf der bezuschlagten Gebote. Der Arbeitspreis richtet sich nach dem Gebotspreis. Der Aufruf erfolgt nach der Merit-Order der bezuschlagten Gebote, bei positiver Regelarbeit erfolgt der Abruf in preislich aufsteigender, bei negativer Regelarbeit in umgekehrter preislicher Reihenfolge. Während die Kosten aus dem Regelleistungsmarkt über die Netzentgelte finanziert werden, werden die Kosten für den Abruf von Regelarbeit über den regelzoneneinheitlichen Bilanzausgleichsenergiepreis von denjenigen Bilanz-kreisverantwortlichen getragen, die den Abruf durch den nicht ausgeglichenen Bilanzkreis verursacht haben
8§ 38 Abs. 4 (i) der MfRRA sah in der von der Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 02.10.2019 (BK6-18-004-RAM) genehmigten Fassung vor, dass das Angebot des Regelreserveanbieters einen Arbeitspreis bis zur Höhe der technischen Preisobergrenze von … EUR/MWh enthält. Die Einführung des separaten Regelarbeitsmarktes genehmigte die Bundesnetzagentur mit Teilgenehmigung vom 02.10.2019. Dort begründete sie die Genehmigung der Preisgrenze wie folgt:
9„…ohne jegliche technische Begrenzung die Erstellung einer der maschinellen Weiterverarbeitung dienenden Eingabemaske nicht vorstellbar ist. Die Rechenkapazität eines jeden Rechners ist endlich, so dass eine Eingabemaske mit unendlich vielen Vorkommastellen nicht möglich ist. Insoweit sieht auch Art. 30 Abs. 2 EB-VO die Möglichkeit einer technischen Preisgrenze vor.
10…
11Insoweit stellt die von den Antragstellerinnen vorgeschlagene fünfstellige Preisgrenze einen vertretbaren Kompromiss dar. Sie ist geeignet, einen Ausgleich zwischen den Risiken der Marktteilnehmer und der freien Preisbildung am Markt zu schaffen, auch wenn die aus hohen Arbeitspreisen resultierenden Risiken theoretisch nicht gänzlich auszuschließen sind. Es ist jedoch zu beachten, dass unter dem Regime eines Regelarbeitsmarkts die Arbeitspreise wie bereits unter dem Mischpreisverfahren wieder dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sein werden, so dass bereits eine Bezuschlagung extremer Arbeitspreise unwahrscheinlich erscheint. Noch unwahrscheinlicher – da am Ende der Merit-Order stehend – ist der Abruf eines solchen Gebots. Sofern es dennoch im Regelarbeitsmarkt zu einer Bezuschlagung hoher Arbeitspreise kommen sollte, wären diese durch Knappheiten wettbewerblich induziert. Wettbewerbspreise sind jedoch unter dem Gesichtspunkt der freien Preisbildung und der damit verbundenen Anreizwirkung zu akzeptieren.“
12Der Regelarbeitsmarkt startete am … . In dem Zeitraum bis zum … kam es zu hohen Preisniveaus für Regelarbeitsgebote. An … Tagen wiesen mindestens … der bezuschlagten Regelarbeitsgebote einen Arbeitspreis über … EUR/MWh aus. Unstreitig kam es am … in dem Viertelstundenintervall von … Uhr bis … Uhr zu einem Abruf von Sekundärregelung von … MW, wobei das höchste abgerufene Gebot bei … EUR/MWh lag und der mittlere bezugschlagte Arbeitspreis … EUR/MWh betrug.
13Ohne vorherige Veröffentlichung der Verfahrenseinleitung und ohne Durchführung einer Konsultation änderte die Bundesnetzagentur mit der streitgegenständlichen Entscheidung vom 16.12.2020 die Regelung des § 38 Abs. 4 (i) MfRRA dergestalt, dass die ursprünglich genehmigte Preisgrenze für Regelarbeitsgebote auf +/- … EUR/MWh herabgesetzt wurde. In einer Telefonkonferenz am … waren die Übertragungsnetzbetreiber, die die Änderung der MfRRA zuvor nicht beantragt hatten, zu der beabsichtigten Absenkung der Preisgrenze angehört worden.
14In der Begründung ihrer Entscheidung stellt die Bundesnetzagentur darauf ab, dass sich die mit der Einführung des Regelarbeitsmarkts verbundenen und der Genehmigung der technischen Preisgrenze zugrunde liegenden Erwartungen an die Marktentwicklung bisher nicht erfüllt hätten. An die Einführung des Regelarbeitsmarkts habe sich die Erwartung angeknüpft, dass es im Vergleich zu dem bisherigen Beschaffungsverfahren zu einem Absinken der Arbeitspreise und einer Steigerung der Liquidität im Regelarbeitsmarkt kommen werde. Hohe Arbeitspreise hätten sich unter diesen Prämissen nur noch in Knappheitssituationen durchsetzen können. Um in einer solchen Situation der freien Preisbildung „keine Steine in den Weg“ zu legen, habe sich die Beschlusskammer zur Genehmigung einer …stelligen technischen Preisgrenze entschlossen. Entgegen dieser Erwartungen seien die Arbeitspreisgebote indes deutlich über das Niveau vor der Marktumstellung gestiegen. Ursächlich dafür sei, dass der Regelarbeitsmarkt durch ein unerwartet geringes Angebot sowie durch eine hohe Anbieterkonzentration geprägt sei. In dieser Situation stelle die Einführung einer …stelligen technischen Preisobergrenze einen vertretbaren Ausgleich zwischen den Interessen der Bilanzkreisverantwortlichen und der Regelreserveanbieter dar. Die technische Preisobergrenze von … EUR/MWh schütze Bilanzkreisverantwortliche vor unbilligen wirtschaftlichen Härten im Falle unvermeidbarer Prognoseabweichungen. Unangemessene Belastungen der Regelreserveanbieter ergäben sich demgegenüber nicht, da Arbeitspreisgebote bis annähernd … EUR/MWh weiterhin möglich seien und nicht erkennbar sei, dass dies nicht auskömmlich sei. Es bestehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr für das Entstehen hoher Ausgleichsenergiepreise, da die mittleren Arbeitspreise in der Sekundärregelung und der Minutenreserve auch seit dem … deutlich oberhalb von … Euro lägen. Mildere Maßnahmen, die einen gleich wirksamen Schutz der Interessen der Bilanzkreisverantwortlichen gewährleisteten, seien nicht ersichtlich.
15Auf ihren Antrag vom 14.01.2021 wurde die Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 21.01.2021 zu dem Verfahren beigeladen.
16Zur Begründung ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin die formelle und materielle Rechtswidrigkeit der angegriffenen Entscheidung geltend. Diese sei ohne Rechtsgrundlage und in einem Verfahren getroffen worden sei, dass die in der EB-VO sowie im EnWG vorgesehenen Verfahrensregelungen missachte.
17Die Bundesnetzagentur habe das von der EB-VO vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten, indem sie selbst eine eigene Änderung der MfRRA festgelegt habe, statt einen Antrag der Übertragungsnetzbetreiber zu genehmigen. Mangels Antragstellung der Übertragungsnetzbetreiber könne sich die Bundesnetzagentur vorliegend nicht auf Art. 5 Abs. 4 lit. c) in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO stützen. Dies führe nicht nur zur materiellen, sondern auch zur formellen Rechtswidrigkeit des Beschlusses. Art. 5 EB-VO enthalte eine klare Zuständigkeitsverteilung zwischen Übertragungsnetzbetreibern als Urheber der Modalitäten oder Methoden und der für die Prüfung und Genehmigung zuständigen Regulierungsbehörden. Auch für Änderungen sehe die EB-VO keine andere Zuständigkeitsverteilung und kein abgekürztes Verfahren vor. Die Auslegung von Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO, wonach die Regulierungsbehörden Änderungen der von ihnen genehmigten Modalitäten oder Methoden vorschlagen können, ergebe, dass die Bundesnetzagentur nicht befugt sei, sich selbst Änderungen vorzuschlagen und diese anschließend zu genehmigen. Vielmehr müssten die Regulierungsbehörden den Übertragungsnetzbetreibern „vorschlagen“, Änderungen zu erarbeiten, um diese anschließend zu konsultieren und genehmigen zu lassen. Dieses Verständnis folge aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 S. 1 und 2 EB-VO sowie der Systematik und Ratio der EB-VO.
18Darüber hinaus sei der Beschluss auch formell rechtswidrig, weil die Änderung der MfRRA nicht zuvor konsultiert worden sei. Dieses Vorgehen verstoße sowohl gegen Art. 6 Abs. 3 S. 2 EB-VO als auch gegen § 67 Abs. 2 EnWG, wonach die Bundesnetzagentur vor der Entscheidung über die Änderung den beteiligten Wirtschaftskreisen Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen. Das Verfahren widerspreche damit eklatant den einschlägigen unionsrechtlichen und nationalen Transparenz- und Konsultationserfordernissen. Die Bundesnetzagentur habe zudem die Verfahrenseinleitung nicht veröffentlicht und damit gegen die Vorgabe des § 74 S. 1 EnWG verstoßen.
19Die materielle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses folge daraus, dass für die Absenkung der Preisobergrenze keine Ermächtigung existiere und diese Anordnung gegen materielle Vorgaben des Unionsrechts verstoße. Die Bundesnetzagentur könne sich nicht auf Art. 5 Abs. 4 lit. c) in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 lit. a) EB-VO stützen. Die EB-VO verleihe der Regulierungsbehörde keine Gestaltungskompetenz, sondern nur eine Genehmigungskompetenz. Die Übertragungsnetzbetreiber sollten im Rahmen der unionsrechtlichen Vorgaben selbst das Verfahren zur Ausschreibung von Regelarbeit bestimmen können, das die Regulierungsbehörde lediglich auf Rechtmäßigkeit prüfen und genehmigen könne. Auch bei Änderungen der genehmigten MfRRA verbleibe der Gestaltungsauftrag bei den Übertragungsnetzbetreibern. Die Bundesnetzagentur habe die ihr eingeräumten Kompetenzen überschritten, denn eine Genehmigung setze einen – bei den Marktteilnehmern konsultierten – Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber voraus, der im Streitfall fehle.
20Die Entscheidung der Bundesnetzagentur könne auch nicht als Teilgenehmigung und Neubescheidung des ursprünglichen Antrags ausgelegt werden, da ein solcher Regelungswille dort nicht zum Ausdruck komme.
21Die Bundesnetzagentur könne die Festlegung der niedrigeren Preisgrenze auch nicht auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 StromNZV in Verbindung mit § 29 Abs. 1 EnWG stützen. Die nationale Festlegungskompetenz nach den §§ 27 StromNZV, 29 EnWG werde von dem unionsrechtlichen Genehmigungsverfahren der EB-VO verdrängt und die Bundesnetzagentur auf eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt. Dies gelte in gleicher Weise für Änderungen der MfRRA.
22Unabhängig davon, dass es bereits an einer Festlegungsbefugnis fehle, verstoße der Beschluss gegen die Vorgabe des Art. 10 VO (EU) 2019/943, wonach eine marktregulierende Preisgrenze für den Regelarbeitsmarkt unzulässig sei. Dass die Verordnung nicht auf Preisgrenzen, sondern auf eine freie Preisbildung auf den Energiemärkten und insbesondere für den Regelarbeitsmarkt abziele, ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 S. 1, 2 VO (EU) 2019/943 sowie aus den Erwägungsgründen und den Vorschriften der Elektrizitätsbinnenmarktverordnung. Die Bundesnetzagentur könne sich nicht darauf berufen, dass sie lediglich eine zulässige technische Preisgrenze bestimmt habe, denn eine solche dürfe gerade nicht – wie die Absenkung der Preisgrenze im Streitfall - zum Ziel haben, in die freie Preisbildung einzugreifen. Auch wenn der Begriff der technischen Preisgrenze nicht legaldefiniert sei, ergebe die Auslegung, dass eine solche Preisgrenze nicht materiell in den Markt eingreifen solle und nicht so festgesetzt werden dürfe, dass sie wertsetzend wirke und an Stelle der Preisbildung nach Angebot und Nachfrage trete. Insbesondere dürfe eine technische Preisgrenze nicht festlegen, welcher Regelarbeitspreis angemessen wäre. Aus Art. 10 Abs. 2 VO (EU) 2019/943 ergebe sich das grundlegende Prinzip, dass die Preisgrenze nicht dazu dienen dürfe, in die wettbewerbliche Preisbildung einzugreifen. Die Vorgaben in Art. 10 VO (EU) 2019/943 sollten es vielmehr ermöglichen, den Vorgang der Gebotsabgabe zu begrenzen, zum Beispiel durch eine bestimmte Anzahl von Eingabefeldern. Auch die Bundesnetzagentur habe in dem Beschluss vom 02.10.2019 den Verzicht auf jegliche Preisgrenzen unter Hinweis darauf abgelehnt, dass ohne technische Begrenzung die Erstellung einer der maschinellen Weiterverarbeitung dienenden Eingabemaske nicht vorstellbar sei.
23Aus Art. 30 Abs. 2 EB-VO, wonach die technischen Preisgrenzen dazu dienten, die effiziente Funktionsweise sicherzustellen, folge zudem, dass es nicht um den Schutz einzelner Marktteilnehmer vor hohen Preisen gehe. Dementsprechend habe ACER in der Entscheidung zum europäischen Regelarbeitsmarkt eine Preisobergrenze von … EUR mit der Begründung gebilligt, dass dadurch nicht in die Preisbildung eingegriffen werde.
24Bei der neu festgelegten Preisobergrenze handele es sich nicht um eine technische, sondern um eine marktregulierende Preisgrenze, denn sie greife bestimmungsgemäß in die freie Preisbildung auf dem Regelarbeitsmarkt ein und solle ausweislich der Beschlussgründe zum Schutz der Bilanzkreisverantwortlichen hohe Regelarbeitspreise verhindern. Insbesondere die Erwägungen der Bundesnetzagentur, wonach Arbeitspreisgebote bis … EUR auskömmlich seien und der Markt für Bieter weiterhin attraktiv bleibe, offenbarten die Absicht, die Frage der Angemessenheit der Preise nicht mehr dem Markt zu überlassen.
25Die angegriffene Entscheidung beruhe schließlich auch auf einer unrichtigen Tatsachenbewertung. Zu keinem Zeitpunkt habe eine Explosion der Regelreservekosten oder der Ausgleichsenergiepreise gedroht. Die Absicht der Bundesnetzagentur, die Bilanzkreisverantwortlichen vor existenzbedrohenden Ausgleichsenergiepreisen zu schützen, sei von der fundamental falschen Annahme getragen, dass es im Regelarbeitsmarkt zu einem ruinösen Preisanstieg gekommen sei. Trotz der unstreitig hohen Preisspitzen und einem punktuell sehr hohen regelzonenübergreifenden einheitlichen Bilanzausgleichsenergiepreis bewege sich das Gesamtkosten- und Preisniveau im üblichen Rahmen. Dies sei auf die extrem geringe Abrufquote der hochpreisigen Regelarbeitsgebote zurückzuführen. Die Arbeitspreisgebote seien wiederum deshalb so hoch, weil die Abrufwahrscheinlichkeit so gering sei. Dadurch stehe in der Kalkulation der Anbieter ein sicherer Erlös in alternativen Märkten, insbesondere im Intra-Day-Markt, einem nur sehr unwahrscheinlichen Erlös am Regelarbeitsmarkt gegenüber. Wenn bereits der Zuschlag im Regelarbeitsmarkt die Kapazität binde, aber erst der Abruf die Vergütung auslöse, führe dies zu hohen Opportunitätskosten. Während die Bundesnetzagentur die Gefahr explodierender Kosten für Bilanzkreisverantwortliche überschätze, unterschätze sie den Effekt, den die geringe Abrufwahrscheinlichkeit auf die Höhe der Opportunitätskosten habe. Zu Unrecht gehe die Bundesnetzagentur des Weiteren davon aus, dass im Regelleistungsmarkt erfolgreiche Bieter ihre Opportunitätskosten bereits verdient hätten und nicht schutzwürdig darin seien, sie nochmals über den Regelarbeitspreis zu verdienen. Hierbei verkenne sie, dass nach dem aktuellen Marktdesign auch die im Regelleistungsmarkt erfolgreichen Bieter dieselben Opportunitäten im Intra-Day-Markt hätten, weil erst mit dem Zuschlag im Regelarbeitsmarkt die Kapazität endgültig dem Intra-Day-Markt entzogen werde. Deshalb würden die entsprechenden Opportunitätskosten erst im Regelarbeitsmarkt eingepreist.
26Im Hinblick auf das Preisniveau am Regelarbeitsmarkt sei entgegen der Annahmen der Bundesnetzagentur festzustellen, dass hohe Gebotspreise ohne Wirkung auf die Kosten für Regelreserve geblieben seien, sondern nur zu seltenen, aber extremen Preisspitzen beim Bilanzausgleichsenergiepreis geführt hätten. Diese rechtfertigten nicht die Herabsetzung der Preisgrenze, sondern könnten allenfalls die Frage aufwerfen, ob die Kosten für Regelreserve anders als bisher alloziert werden sollten. Die Preisspitzen müssten zugelassen werden, weil sie im aktuellen Marktsystem angelegt seien.
27Die Bundesnetzagentur bewerte auch die Situation am … falsch. So gehe sie bereits zu Unrecht davon aus, dass es nicht selten zum Abruf von … MW Sekundärregelung komme. Im Gegenteil seien im Zeitraum vom … bis zum … nur in rund … % aller Viertelstunden mehr als … MW Regelarbeit abgerufen worden. Zudem verkenne die Bundesnetzagentur, dass sich an diesem Tag auf dem Großhandelsmarkt die zweithöchsten Preise des Jahres … gebildet hätten.
28Soweit die Bundesnetzagentur die „hohen Regelarbeitspreise“ auf eine hohe Marktkonzentration zurückführe, sei darauf hinzuweisen, dass hohe Gebotspreise auch ohne Marktkonzentration allein aufgrund des Marktdesigns aufträten. Auch wenn die Marktkonzentration im Regelarbeitsmarkt hoch und die Marktliquidität unbefriedigend seien, rechtfertigten diese Aspekte einen Eingriff in die freie Preisbildung nicht. Ökonomisch gesehen führe der Eingriff vielmehr dazu, dass der Markteintritt noch unattraktiver sei.
29Des Weiteren sei es entgegen der Einschätzung der Bundesnetzagentur nicht belegt, dass die nunmehr eingeführte Preisobergrenze eine wirtschaftlich sinnvolle Gebotskalkulation nicht verhindere. Vielmehr führten hohe Preise im Intraday-Markt, wie sie sich im Juli bis September …. eingestellt hätten, zu einem Überschreiten der Marke von … EUR/MWh.
30Die Beschwerdeführerin beantragt,
31den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 16.12.2020 zur Änderung der Modalitäten für Regelreserveanbieter (MfRRA) gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission vom 23.11.2017 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem, Az. BK6-20-370, aufzuheben.
32Die Bundesnetzagentur beantragt,
33die Beschwerde zurückzuweisen.
34Die Bundesnetzagentur verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe als formell und materiell rechtmäßig. Ihr habe ein eigenes Initiativrecht für Änderungen der MfRRA zugestanden, das sie durch Herabsetzung der Preisobergrenze ausgeübt habe. Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO gewähre ihr als zuständiger Regulierungsbehörde ein eigenes Vorschlagsrecht für Änderungen der im Verfahren nach Art. 5 Abs. 2, 3 und 4 EB-VO genehmigten Modalitäten oder Methoden. Zugleich obliege ihr die Genehmigung eines solchen Vorschlags nach Art. 6 Abs. 3 S. 2 EB-VO. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut, der Systematik sowie der Ratio der Vorschrift. Weder die deutsche noch die englische Sprachfassung sähen vor, dass eine nationale Regulierungsbehörde ein Änderungsverlangen an die Übertragungsnetzbetreiber richten müsse und nur diese den Vorschlag in den Genehmigungsprozess einbringen könnten. Die Regelungstechnik, beiden Akteuren in gleicher Weise ein Änderungsverlangen zu ermöglichen, spreche entscheidend gegen die Auslegung der Beschwerdeführerin. Anderenfalls hätte es genügt, ein Änderungsverlangen der Regulierungsbehörde gegenüber den Übertragungs-netzbetreibern zu regeln.
35Grundsätzlich sehe die EB-VO vor, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Modalitäten oder Methoden entwickelten und der zuständigen Regulierungsbehörde zur Genehmigung vorlegten. Im Regelfall trete die Festlegungsbefugnis der Bundesnetzagentur dahinter zurück. Eine punktuelle Änderungsbefugnis, wie Art. 6 Abs. 3 EB-VO sie gewähre, stehe dieser Systematik jedoch nicht entgegen. Auch die ACER-VO (VO (EU) 2019/942) sehe ein eigenes Änderungsrecht für ACER sowie für die nationalen Regulierungsbehörden vor, die damit ganz wesentlich Einfluss auf den Gegenstand des Genehmigungsverfahrens nähmen.
36Das eigene Initiativrecht der Bundesnetzagentur entspreche schließlich auch dem Sinn und Zweck der Regelung des Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO, indem es dem Bedürfnis Rechnung trage, das Funktionieren der Märkte nicht allein den Übertragungsnetzbetreibern zu überantworten. Neben der Rechtmäßigkeitskontrolle der von den Übertragungsnetzbetreibern gestellten Anträge gewährleiste das eigene Initiativrecht, dass die Regulierungsbehörde auch dann handlungsfähig sei, wenn ein Antrag der Übertragungsnetzbetreiber unterbleibe. Zudem diene es dazu, rasch erforderliche Anpassungen ohne weitere verfahrensmäßige Verzögerung umzusetzen.
37Sie habe zudem rechtmäßig von einer Konsultation abgesehen. Da die EB-VO keine Regelung für eilbedürftige Verfahren enthalte, bestehe eine Regelungslücke, die vorliegend nach §§ 56 Abs. 1 S. 3, 67 Abs. 2 EnWG zu schließen gewesen sei. Danach sei das Absehen von einer Konsultation auf der Grundlage von § 67 Abs. 2 EnWG in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG und der Verzicht auf eine Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftskreise ausnahmsweise gerechtfertigt gewesen, weil Gefahr im Verzug bestanden habe und eine sofortige Entscheidung geboten gewesen sei. Es habe eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für das Abrufen ähnlich hoher Gebote wie am … vorgelegen, weil diese Regelarbeitspreise nicht auf eine Ausnahmesituation zurückzuführen gewesen seien. Somit habe die akute Gefahr von Ausgleichsenergiepreisen existenzbedrohenden Ausmaßes für die Bilanz-kreisverantwortlichen bestanden. Zudem sei zu befürchten gewesen, dass eine Konsultation das Auftreten und Eindringen hoher Arbeitspreise in die Merit-Order weiter verstärkt und die Abrufwahrscheinlichkeit dieser Preise noch erhöht hätte. Wäre die Einführung einer Preisobergrenze konsultiert worden, hätte der Anreiz bestanden, in der verbleibenden Zeit bis zu ihrer Einführung mittels extremer Gebotsstrategien im Falle eines Abrufs noch möglichst oft hohe Gewinne zu realisieren.
38Der Beschluss sei auch materiell rechtmäßig. Die materiellen Voraussetzungen für die Festlegung einer Preisobergrenze nach Art. 30 Abs. 2 S. 1 EB-VO seien erfüllt. Zwar gelte die Norm, die Höchst- und Mindestregelarbeitspreise für den Fall ermögliche, dass technische Preisgrenzen für eine effiziente Funktionsweise des Marktes erforderlich seien, für den nationalen Regelarbeitsmarkt nicht unmittelbar. Jedoch ließen sich ihre Wertungen aufgrund der Ähnlichkeit des Marktdesigns übertragen. Bei der streitgegenständlichen Preisgrenze handle es sich um eine technische Preisgrenze. Dieser Begriff erfasse entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht allein den „Vorgang der Gebotsabgabe“. Die Bestimmung einer Preisobergrenze im Sinne des Art. 30 Abs. 2 S. 1 EB-VO stehe nicht im Widerspruch zu Art. 10 Abs. 1 VO (EU) 2019/943, wonach technische Preisgrenzen von der dort normierten Untersagung von Preisgrenzen ausgenommen seien. Die festgelegte Preisobergrenze sei auch für eine effiziente Funktionsweise des Marktes erforderlich, da vor ihrer Einführung im Regelarbeitsmarkt eine ineffiziente Marktfunktion zu beobachten gewesen sei. In einem funktionierenden Markt entstünden hohe Preise in Knappheitssituationen. Im Regelarbeitsmarkt seien hohe Preise indes nicht auf Knappheitssituationen zurückzuführen, was sich daran zeige, dass extrem hohe Arbeitsgebote auch in Zeiten niedriger bzw. gewöhnlicher Börsenpreise abgegeben und bezuschlagt worden seien. Das Auftreten hoher Preise indiziere die mangelnde Funktionsfähigkeit des Marktes, deren Ursachen in der hohen Anbieterkonzentration – wie sie auch die Betrachtung der Werte des Herfindahl-Hirschmann-Index zeige – bei zugleich geringer Liquidität zu suchen seien.
39Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Sie habe sowohl ihr Aufgreif- als auch ihr Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Preisobergrenze sei geeignet und erforderlich, um Bilanzkreisverantwortliche vor enormen, durch sie nicht beeinflussbaren Risiken zu schützen. Sie sei auch angemessen, da die finanziellen Einbußen, die Anbieter von Regelenergie gegebenenfalls hinnehmen müssten, nicht außer Verhältnis zu der Verhinderung existenzbedrohender Ausgleichsenergiepreise stünden. Insbesondere seien die Regelreserveanbieter nach wie vor in der Lage, ihre Gebote auskömmlich zu kalkulieren und mit Gewinn am Regelarbeitsmarkt teilzunehmen.
40Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
41II. Unter dem 08.11.2021 hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Mit Beschluss vom 18.11.2021 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der Beschwerde befristet bis zur Anhängigkeit eines Rechtsmittelverfahrens vor dem Bundesgerichtshof angeordnet.
42B.
43Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.
44I. Die Beschwerde gegen den Beschluss zur Änderung der Modalitäten für Regelreserveanbieter ist zulässig, insbesondere ist sie als Anfechtungsbeschwerde statthaft, §§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 84 Abs. 2 EnWG. Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdebefugt. Sie ist als Beigeladene Beteiligte des Verwaltungsverfahren i.S.d. § 75 Abs. 2 EnWG und als Anbieterin von Kraftwerkskapazitäten durch die Herabsetzung der Preisgrenze für Regelarbeitsgebote auf +/- … EUR/MWh materiell beschwert.
45II. Die Beschwerde ist auch begründet.
461. Es fehlt an einer Ermächtigungsgrundlage für die von der Bundesnetzagentur durch den angegriffenen Beschluss vorgenommene einseitige Änderung der genehmigten MfRRA durch die Etablierung einer regulatorischen anstelle der dort vorgesehenen technischen Preisobergrenze.
471.1. Indem durch Ziffer 1. der angegriffenen Festlegung § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA dahingehend geändert wird, dass der Arbeitspreis bis zur Höhe von … EUR/MWh begrenzt wird, hat die Bundesnetzagentur trotz der Bezeichnung als „technisch“ eine in die Preisbildung eingreifende und damit regulatorische Preisobergrenze eingeführt.
48Eine ausschließlich technisch wirkende Preisgrenze dient durch Vorgaben für die Gebotslegung der Steuerung des Auktionsverfahrens. Die Begrenzung der Höhe möglicher Gebote knüpft nicht an den Marktwert des gehandelten Gutes an, sondern an die Verarbeitbarkeit im Auktionsprozess. Im Unterschied zu einer in diesem Sinne technischen Preisgrenze wirkt die streitgegenständliche Obergrenze nach der ausdrücklichen Zielsetzung wertsetzend und tritt an die Stelle der Preisbildung nach Angebot und Nachfrage. Ausweislich der Begründung der angegriffenen Festlegung ging es der Bundesnetzagentur vor dem Hintergrund der Geschehnisse am … um die Einführung einer zum Schutz der Bilanzkreisverantwortlichen notwendigen und zugleich angemessenen – im Sinne von „auskömmlichen“ – Preisobergrenze. Technische Aspekte, etwa die Notwendigkeit, eine elektronische Weiterverarbeitung der Gebote zu ermöglichen, haben bei der Einführung der streitgegenständlichen Obergrenze dagegen keine Rolle gespielt. Mit der Einführung der Preisobergrenze sollten hohe Gebotspreise effektiv verhindert werden. Das Preisniveau sollte sich nicht mehr durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergeben, sondern durch eine Angemessenheitsgrenze gedeckelt werden.
49Damit kommt der streitgegenständlichen Preisobergrenze auch in der Bewertung durch die Bundesnetzagentur eine vollständig andere Funktion zu als der ursprünglich in § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA vorgesehenen Preisgrenze. In der Teilgenehmigung vom 02.10.2019 kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Bundesnetzagentur die vorgeschlagene Preisgrenze als - technische - Begrenzung der Gebotsmöglichkeiten angesehen und eine solche im Hinblick auf die Gewährleistung der maschinellen Weiterverarbeitung und der endlichen Verarbeitungskapazitäten für notwendig gehalten hat. Wörtlich stellt die Bundesnetzagentur in der Genehmigung darauf ab, dass „ohne jegliche technische Begrenzung die Erstellung einer der maschinellen Weiterverarbeitung dienenden Eingabemaske nicht vorstellbar“ sei und verweist bezüglich der Zulässigkeit einer solchen technischen Preisgrenze auf Art. 30 Abs. 2 EB-VO. Aus den Gründen der Teilgenehmigung geht des Weiteren deutlich hervor, dass mit der Einführung der von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagenen Preisgrenze kein wirksames Preislimit gesetzt werden sollte. Die Erwartung war vielmehr, dass hohe Arbeitspreise nicht gänzlich ausgeschlossen sein würden, sondern unter entstehendem Wettbewerbsdruck aus wettbewerblichen Gründen niedrig bleiben würden. Im Unterschied dazu soll die nunmehr streitgegenständliche Preisobergrenze unmittelbar auf die Bildung der Arbeitspreise einwirken, indem die freie Preisbildung durch vorgegebene Preisfenster begrenzt wird. Der Umstand, dass die Bundesnetzagentur die Preisgrenze nach wie vor als „technisch“ etikettiert, steht dieser Einordnung nicht entgegen, denn es kommt insoweit nicht auf deren Bezeichnung, sondern auf deren Wirkung an.
501.2. Die Bundesnetzagentur hat die streitgegenständliche Preisobergrenze mittels der angegriffenen Festlegung eingeführt, ohne dass ein entsprechender Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber vorlag und ohne dass die beabsichtigte Änderung der MfRRA konsultiert worden ist. Die eigentliche Herabsetzung der Preisobergrenze erfolgte mittels der in Tenorziffer 1. der Festlegung vorgenommenen Änderung des § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA, die Vollziehung durch die in Tenorziffer 2. enthaltene entsprechende Anweisung an die Übertragungsnetzbetreiber, die Preisobergrenze unverzüglich umzusetzen. Die Vorgaben der EB-VO sehen eine solche einseitige Änderung der von den Übertragungsnetzbetreibern erarbeiteten, konsultierten und genehmigten Modalitäten durch die nationale Regulierungsbehörde indes nicht vor.
511.2.1. Soweit die Bundesnetzagentur sich in der streitgegenständlichen Festlegung auf Art. 5 Abs. 4 lit. c in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 lit. a EB-VO berufen hat, ergibt sich daraus zwar eine Ermächtigung zur Genehmigung der von den Übertragungsnetzbetreibern entwickelten Modalitäten oder Methoden, nicht aber eine einseitige Festlegungs- oder Änderungskompetenz.
52Mit der Zuweisung der Genehmigungskompetenz ist, wovon die Bundesnetzagentur in der Teilgenehmigung vom 02.10.2019 zu Recht ausgegangen ist, eine Beschränkung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle des unterbreiteten Vorschlags verbunden. Der Auftrag zur inhaltlichen Gestaltung wird demgegenüber den Übertragungsnetzbetreibern erteilt. Der Senat hat im Hinblick auf diese Rollen- und Funktionszuordnung schon in der Entscheidung vom 22.01.2020 (VI-3 Kart 747/19 [V]) darauf hingewiesen, dass der Gestaltungsauftrag leer liefe, wenn die Bundesnetzagentur zu einer umfassenden Zweckmäßigkeitskontrolle aufgerufen wäre, inklusive einer Ersetzungsbefugnis weniger gut geeigneter durch nach Auffassung der Regulierungsbehörde besser geeigneter Modalitäten oder Methoden.
53Im Rahmen ihrer Genehmigungskompetenz ist die Bundesnetzagentur zur Rechtmäßigkeitskontrolle der von den Übertragungsnetzbetreibern entwickelten Vorschläge aufgerufen. Die von diesen vorgeschlagene Preisobergrenze hat die Bundesnetzagentur in der Teilgenehmigung vom 02.10.2019 ausdrücklich gebilligt und als rechtmäßig anerkannt. Art. 5 Abs. 4 EB-VO ermächtigt die Bundesnetzagentur nicht, diese Genehmigung im Nachgang auf der Grundlage veränderter Erkenntnisse einseitig abzuändern. Die Bundesnetzagentur kann demnach nicht mit dem Argument gehört werden, dass sie zu der Setzung der Preisobergrenze schon deswegen berechtigt gewesen sei, weil sie diese im Genehmigungsverfahren ohnehin hätte vorgeben können. Insoweit kann dahinstehen, ob Art. 5 Abs. 4 EB-VO die Regulierungsbehörde ermächtigt, als rechtswidrig erkannte Elemente vorgeschlagener Modalitäten oder Methoden durch rechtmäßige zu ersetzen und ob eine solche Ersetzungsbefugnis als Annex zur Genehmigungskompetenz auch nach erfolgter Genehmigung besteht und zur Ersetzung genehmigter, aber rechtswidriger Modalitäten oder Methoden durch rechtmäßige Alternativen ermächtigt. Dass sich die in § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA vorgesehene Preisgrenze als rechtswidrig erwiesen hat, hat die Bundesnetzagentur bereits nicht geltend gemacht und dies ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr ist aus den Gründen der Teilgenehmigung davon auszugehen, dass die ursprünglich vorgesehene Preisgrenze rechtmäßig ist. Selbst wenn sich die technische Preisgrenze gemäß § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA jedoch als rechtswidrig erweisen würde, handelt es sich bei der nunmehr festgesetzten regulatorischen Preisobergrenze nicht um die einzig rechtmäßige Alternative. Es ist nicht feststellbar, dass eine Preisbildung im Regelarbeitsmarkt nur bis zu einer Obergrenze von … EUR/MWh rechtmäßig erfolgen kann und die streitgegenständliche Preisobergrenze zwingend ist. Die Bundesnetzagentur hält die Etablierung der regulatorisch wirkenden Preisobergrenze dementsprechend auch nicht für rechtlich geboten. Ihre Absicht, die Bilanzkreisverantwortlichen vor zu hohen und potentiell existenzbedrohenden Ausgleichsenergiepreisen zu schützen, basiert vielmehr auf Zweck-mäßigkeitsüberlegungen. Die einseitige Ersetzung einer rechtmäßigen und genehmigten Vorgabe in den von den Übertragungsnetzbetreibern entwickelten Modalitäten oder Methoden durch eine als zweckmäßiger erkannte Regelung kann somit nicht aus der nach Art. 5 Abs. 4 EB-VO begründeten, auf eine Rechtsprüfung beschränkten Genehmigungskompetenz abgeleitet werden.
541.2.2. Soweit nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO Änderungen auf Veranlassung der Regulierungshörde möglich sind, folgt daraus nicht deren Kompetenz, selbständig und einseitig eine inhaltlich weitreichende Änderung der MfRRA vorzunehmen.
55Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur gewährt Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO der nationalen Regulierungsbehörde nicht das Recht, von ihr für notwendig gehaltene Änderungen der im Verfahren nach Art. 5 Abs. 2, 3 und 4 EB-VO genehmigten Modalitäten oder Methoden zu genehmigen und diese somit einseitig gestaltend festlegen zu können. Zutreffend bezeichnet die Bundesnetzagentur in ihrer Beschwerdeerwiderung die ihr im Zusammenhang mit Änderungen der genehmigten MfRRA zustehende Kompetenz als „Initiativrecht“. Sie geht jedoch fehl in der Annahme, dass mit diesem Initiativrecht eine gestaltende Änderungs- bzw. Festlegungsbefugnis im Hinblick auf die genehmigten MfRRA verbunden ist. Eine solche Kompetenz räumen die Vorgaben der EB-VO der Bundesnetzagentur als nationaler Regulierungsbehörde schon nach ihrem Wortlaut nicht ein. Auch systematische Erwägungen sowie eine Auslegung der einschlägigen Vorschriften nach ihrem Sinn und Zweck stützen die Annahme, dass die Bundesnetzagentur zu der von ihr vorgenommenen inhaltlichen Abänderung der genehmigten MfRRA nicht ermächtigt war.
561.2.2.1. Die für das Verfahren und Vorgehen bei Änderungen der Modalitäten oder Methoden für Regelreserveanbieter maßgeblichen Vorgaben enthält Art. 6 EB-VO. Während Abs. 1 das Verfahren bei Änderungswünschen der Regulierungsbehörde(n) vor Genehmigung regelt, bezieht sich Abs. 3 auf Änderungsbegehren, die bereits genehmigte Modalitäten oder Methoden betreffen. Danach können „die für die Entwicklung eines Vorschlags für Modalitäten oder Methoden zuständigen ÜNB oder die Regulierungsbehörde, die gemäß Art. 5 Abs. 2, 3 und 4 für ihre Annahme zuständig sind, Änderungen dieser Modalitäten oder Methoden vorschlagen“.
57Zwar sieht Art. 6 Abs. 3 S. 2 EB-VO nicht ausdrücklich vor, dass die Regulierungsbehörde ihr Änderungsverlangen an die Übertragungsnetzbetreiber zu richten hat, damit diese sodann einen Änderungsvorschlag erarbeiten. Ebenso wenig ergibt sich aber, dass die Regulierungsbehörde den von ihr identifizierten Änderungsbedarf vorschlagen und genehmigen kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die Übertragungsnetzbetreiber die vorgeschlagene Änderung aufgreifen, modifizieren oder ablehnen. Ein solcher Übergang der Gestaltungsaufgabe von den Übertragungsnetzbetreibern auf die Regulierungsbehörde(n) ist weder ausdrücklich geregelt noch stünde er mit der Formulierung und Terminologie im Einklang. In der Sache würde es sich dabei nicht um ein Initiativrecht handeln, sondern um ein Eingriffs- oder Durchgriffsrecht zur inhaltlichen Umgestaltung der genehmigten MfRRA.
58In Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO wird die Zuständigkeit für die Entwicklung eines Vorschlags für Modalitäten oder Methoden eindeutig den Übertragungsnetzbetreibern zugeordnet, während die Zuständigkeit für die Annahme, d.h. die Genehmigung, den Regulierungsbehörden zugewiesen wird. Wären die Übertragungsnetzbetreiber für die Entwicklung eines Anpassungsvorschlags im Falle einer regulierungsbehördlich vorgeschlagenen Änderung genehmigter MfRRA nicht zuständig, sondern obläge die inhaltliche Entwicklung eines Änderungsvorschlags allein auch der für die Genehmigung zuständigen Regulierungsbehörde, ergäbe die in Satz 1 vorgenommene grundsätzliche Zuordnung der Zuständigkeiten keinen Sinn. Es ist kein Grund ersichtlich, diese Zuständigkeits- und Rollenbeschreibung aufzunehmen, wenn sie in der einzigen klärungsbedürftigen Konstellation, nämlich bei einem Änderungsbegehren der Regulierungsbehörde(n), nicht eingriffe. Dass die Übertragungsnetzbetreiber bei einem von ihnen identifizierten Änderungsbedarf für die Gestaltung und Ausarbeitung des Änderungsvorschlags zuständig sind, versteht sich von selbst und bedarf nicht der Klarstellung. Wäre die Gestaltungskompetenz im Falle eines von der Regulierungsbehörde ausgehenden Änderungswunsches dagegen abweichend von der Zuständigkeit für die Entwicklung der ursprünglichen Methoden oder Modalitäten der Regulierungsbehörde zugeordnet, wäre eine klarstellende ausdrückliche Anordnung zu erwarten gewesen. Mangels einer solchen legt die Formulierung in Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO somit nahe, dass für Änderungen der Methoden oder Modalitäten keine abweichende Zuständigkeitsbestimmung getroffen wurde und Änderungsbegehren betreffend bereits genehmigte Modalitäten und Methoden demselben Regime unterworfen werden wie die ursprünglich entwickelten Vorschläge der Übertragungsnetzbetreiber.
59Die Analyse der Terminologie der englischen Sprachfassung ergibt zudem, dass dort begrifflich zwischen dem von den Übertragungsnetzbetreibern oder der Regulierungsbehörde ausgehenden Änderungsverlangen („request for amendments“) und dem auf das Änderungsverlangen hin ausgearbeiteten konkreten Änderungsvorschlag („proposals for amendments“) differenziert wird. Diese terminologische Differenzierung fehlt in der deutschen Sprachfassung, in der der Begriff „vorschlagen“ in Satz 1 und Satz 2 doppelt Verwendung findet und sowohl das Änderungsverlangen wie auch den Änderungsvorschlag bezeichnet. In der englischen Sprachfassung wird somit schon begrifflich verdeutlicht, dass es sich um unterschiedliche Vorgänge handelt. Indem der Begriff „proposal“ sowohl für die von den Übertragungsnetzbetreibern zu entwickelnden Methoden oder Modalitäten als auch im Hinblick auf die Vorschläge für die an diesen vorzunehmenden Änderungen Verwendung findet, wird deutlich, dass es sich in beiden Fällen um eine Gestaltungsaufgabe der Übertragungsnetzbetreiber handelt. Die Kontinuität der Terminologie entspricht der Zuständigkeitsverteilung und den Kompetenzen in der Sache. Die Übertragungsnetzbetreiber sind für die Erarbeitung sowohl der ursprünglichen Methoden oder Modalitäten als auch für die Erarbeitung der an ihnen vorzunehmenden Änderungen zuständig („responsible for developing a proposal for terms and conditions or methodologies …“) / „proposal for amendments to the terms and conditions or methodologies“). Die Auffassung der Bundesnetzagentur, aus dem Recht, ein Änderungsverlangen zu stellen („request for amendments“), folge zugleich die Befugnis, dieses selbständig und ohne Beteiligung der Übertragungsnetzbetreiber in einen konkreten Änderungsvorschlag umzusetzen („proposal for amendments“) ist mit der differenzierten Terminologie der englischen Sprachfassung nicht vereinbar.
60Die Argumentation der Bundesnetzagentur, wonach die Regelungstechnik, die beiden Akteuren in gleicher Weise ein Änderungsverlangen ermögliche, dagegen spreche, dass Änderungsverlangen der Regulierungsbehörde an die Übertragungs-netzbetreiber zu richten seien, geht fehl. Entgegen der Auffassung der Bundes-netzagentur war es erforderlich, klarzustellen, dass im Hinblick auf schon genehmigte Methoden und Modalitäten beide Akteure Änderungsbedarf anmelden können. Die Annahme, die Übertragungsnetzbetreiber dürften eigene Vorschläge „ohnehin“ zur Genehmigung anmelden, verkennt den Regelungsbedarf für die Zeit nach Erteilung der Genehmigung der Ursprungsvorschläge.
611.2.2.2. Auch systematische Erwägungen sprechen gegen das Verständnis der Bundesnetzagentur, wonach die Regulierungsbehörde - sich selbst - eine Änderung genehmigter Methoden oder Modalitäten vorschlagen und diese zugleich genehmigen kann. Ein solches einseitiges und einstufiges Eingriffs- und Durchgriffsrecht in die genehmigte Fassung der MfRRA lässt sich mit der den Übertragungsnetzbetreibern unionsrechtlich grundsätzlich zugewiesenen Gestaltungshoheit nicht vereinbaren. Die Zuweisung der Gestaltungsaufgabe an die Übertragungsnetzbetreiber ist das durchgehende Leitprinzip der EB-VO. Bereits in den Überschriften der Art. 4, 5 und 6 EB-VO ist die Rede von Modalitäten oder Methoden der Übertragungsnetzbetreiber. Gemäß Artikel 4 und 5 EB-VO sind die Übertragungsnetzbetreiber die für die Erarbeitung der Modalitäten oder Methoden zuständigen und verantwortlichen Urheber. Gemäß Art. 4 Abs. 1 EB-VO entwickeln die Übertragungsnetzbetreiber die erforderlichen Modalitäten oder Methoden und legen sie gemäß Art. 37 der Richtlinie 209/72/EG den zuständigen Regulierungsbehörden zur Genehmigung vor. Art. 5 EB-VO trifft Regelungen für die Erteilung der Genehmigung und nimmt in Abs. 1 eine Abgrenzung der Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche der Übertragungsnetzbetreiber und der Regulierungsbehörden vor. Danach „entwickeln“ die Übertragungsnetzbetreiber die Modalitäten oder Methoden, die der Genehmigung jeder zuständigen Regulierungsbehörde bedürfen. In Art. 7 EB-VO werden die Übertragungsnetzbetreiber ausdrücklich als für die Festlegung der Modalitäten oder Methoden zuständig bezeichnet, in Art. 10 Abs. 1 EB-VO als zuständig für die Einreichung von Vorschlägen oder deren Änderung. Daraus ergibt sich, dass die Zuständigkeit für die Erarbeitung von Vorschlägen und Änderungsbegehren grundsätzlich und in jeder Phase des Prozesses bei den Übertragungsnetzbetreibern liegt. In der EB-VO ist ein Wechsel der Zuständigkeit nicht vorgesehen, vielmehr findet sich kein Hinweis, dass die Gestaltungshoheit nach der ersten Genehmigung durch die Regulierungsbehörde auf diese übergeht.
62Die Zulässigkeit einer einseitigen Änderung der MfRRA lässt sich entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur auch nicht aus dem Vergleich zwischen Art. 6 Abs.1 S. 1 und Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO ableiten. Insbesondere belegt dieser Vergleich nicht, dass der Verordnungsgeber bewusst auf eine Vorlage der Änderungsvorschläge der Regulierungsbehörde an die Übertragungsnetzbetreiber verzichtet hat. Art. 6 Abs.1 betrifft Änderungswünsche der Regulierungsbehörde vor Genehmigung und regelt damit einen anderen Sachverhalt. Da die Methoden und Modalitäten von den Übertragungsnetzbetreibern zu entwickeln und in das Genehmigungsverfahren einzubringen sind, ist es zwingend, dass sie auch zu einer von der Regulierungsbehörde für erforderlich gehaltenen Änderung dieser Vorschläge aufzufordern sind. Die in Abs. 1 S. 1 vorgesehene Vorgehensweise für den Fall, dass die Regulierungsbehörde die zur Genehmigung vorgelegten Methoden oder Modalitäten für änderungsbedürftig hält, wäre überflüssig und würde keinerlei Sinn ergeben, wenn die Regulierungsbehörde berechtigt wäre, nach Genehmigung der ursprünglichen Vorschläge der Übertragungsnetzbetreiber einseitig jedwede Änderung vorzunehmen. Soweit Art. 6 Abs. 1 S. 1 EB-VO den Übertragungs-netzbetreibern die Aufgabe zuweist, einen den Änderungswunsch der Regulierungsbehörde aufgreifenden Vorschlag zu unterbreiten, entspricht dies der auch für die Entwicklung der Ausgangsmethoden oder -modalitäten vorgesehenen Rollen- und Aufgabenzuweisung. Es bestehen keine Anhaltspunkte, davon im Falle bereits genehmigter Methoden oder Modalitäten abzuweichen, denn dies würde zu einer Entwertung der Rolle der Übertragungsnetzbetreiber nach Genehmigung der Ausgangsmethoden - oder - modalitäten führen.
631.2.2.3. Die Ausführungen der Bundesnetzagentur zur Ratio des Art. 6 Abs. 3 S. 1 EB-VO vermögen nicht zu überzeugen. Die grundsätzlich in der EB-VO angelegte Aufgaben- und Rollenverteilung zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den nationalen Regulierungsbehörden bedingt, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Beschaffung der Regelreserve selbst ausgestalten sollen. Die Argumentation der Bundesnetzagentur, eine Regelungstechnik, nach der die Regulierungsbehörde eigene Änderungsvorschläge zunächst den Übertragungsnetzbetreibern übergeben müsse, um sie sich sodann zur Genehmigung vorlegen zu lassen, sei nicht sinnvoll, verkennt, dass die nationale Regulierungsbehörde auf die Genehmigung eines entsprechenden Vorschlags beschränkt ist. Mit der Zuweisung der Genehmigungskompetenz ist – darauf hat die Bundesnetzagentur in den Gründen der Teilgenehmigung vom 02.10.2019 zutreffend abgestellt – eine Beschränkung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle verbunden. Ist der unterbreitete Vorschlag rechtmäßig, erfolgt seine Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Soweit die Regulierungsbehörde eine Änderung für erforderlich hält, obliegt es allein den Übertragungsnetzbetreibern, diese Zielvorgabe inhaltlich durch die Entwicklung und Formulierung einer Umsetzungsmöglichkeit zu erreichen. Hält der auf ein Änderungsbegehren entwickelte Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber einer Rechtmäßigkeitskontrolle stand, ist die Regulierungsbehörde auf dessen Genehmigung beschränkt. Da die Annahme der Bundesnetzagentur, ein Änderungsverlangen inhaltlich ohnehin umsetzen zu können, fehlt geht, trifft auch ihre Schlussfolgerung nicht zu, wonach die Befassung der Übertragungsnetzbetreiber und die an sie gerichtete Aufforderung, das Änderungsbegehren in einen Vorschlag umzusetzen, unnötig formalistisch sei.
641.2.3. Die Bundesnetzagentur kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine Eintrittsbefugnis in die Gestaltungshoheit der Übertragungsnetzbetreiber bestanden habe. Die Gestaltungsaufgabe ist weder wegen Eilbedürftigkeit bzw. Gefahr im Verzug auf die Bundesnetzagentur übergegangen, noch weil die Übertragungsnetzbetreiber ihrer Gestaltungsaufgabe nicht nachgekommen sind.
651.2.3.1. Unabhängig davon, dass es an einer Ermächtigung der Regulierungsbehörde, zur Abwendung einer Gefahr oder bei Bejahung eines Eilbedürfnisses anstelle der Übertragungsnetzbetreiber tätig zu werden, in den Vorgaben der EB-VO fehlt, wäre im Wege einer solchen – gegebenenfalls durch Rückgriff auf nationale Rechtsinstitute zu konstruierenden – Eilanordnungsbefugnis allenfalls eine vorläufige Anordnung möglich. Im Streitfall hat die Bundesnetzagentur indes die in § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA vorgesehene Preisgrenze dauerhaft durch eine die Preisbildung erheblich beeinflussende, regulatorische Preisobergrenze ersetzt.
661.2.3.2. Soweit die Bundesnetzagentur in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich geltend gemacht hat, die nationale Regulierungsbehörde müsse für den Fall, dass die Übertragungsnetzbetreiber ihren diesbezüglichen Aufgaben nicht nachkämen bzw. sich weigerten, einem Änderungsverlangen Folge zu leisten, die Gestaltungsaufgabe an sich ziehen können, um Fehlentwicklungen wirksam begegnen zu können, rechtfertigt auch dies die Bejahung einer Ermächtigung für das streitgegenständliche behördliche Vorgehen nicht.
67Es kann dahinstehen, ob die Bundesnetzagentur gegenüber Übertragungsnetzbetreibern, die auf ein an sie gerichtetes Änderungsverlangen nicht durch Vorlage eines entsprechenden Vorschlags reagieren und untätig bleiben bzw. sich der Umsetzung in einen entsprechenden Vorschlag ausdrücklich verweigern, Aufsichtsmaßnahmen nach § 65 EnWG ergreifen oder die Gestaltungsaufgabe unmittelbar an sich ziehen könnte, denn eine solche Fallgestaltung kann der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen und protokollierten Erklärungen der Bundesnetzagentur im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht feststellen. Eine Eintrittsbefugnis der nationalen Regulierungsbehörde in die Gestaltungshoheit der Übertragungsnetzbetreiber würde zunächst voraussetzen, dass diese die Erfüllung ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten unmissverständlich verweigern. Dies setzt wiederum eine eindeutige Aufforderung der Regulierungsbehörde an die vermeintlich oder tatsächlich passiven Übertragungsnetzbetreiber voraus, gegebenenfalls verbunden mit einer Fristsetzung, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Weder im Beschluss noch in der Beschwerdeerwiderung hat die Bundesnetzagentur dargetan, dass sie vor Erlass der streitgegenständlichen Festlegung überhaupt ein entsprechendes Änderungsverlangen an die Übertragungsnetzbetreiber gerichtet hat und diese eine Befassung verweigert hätten.
68Soweit die Bundesnetzagentur in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, die Übertragungsnetzbetreiber hätten „sich mit einer Antragstellung im Hinblick auf eine Herabsetzung der Preisobergrenze schwer getan“, kann daraus nicht gefolgert werden, dass die Bundesnetzagentur die Übertragungsnetzbetreiber aufgefordert hat, einen Vorschlag betreffend das Änderungsbegehren zu unterbreiten. Die Ausführungen lassen vielmehr durchaus den Schluss zu, dass die Bundesnetzagentur den Übertragungsnetzbetreibern die beabsichtigte Etablierung der Preisobergrenze als beschlossene Entscheidung präsentiert hat. Zudem kann aus dieser erkennbar wertenden Einschätzung und Beurteilung der Bundesnetzagentur nicht auf eine generelle Verweigerungshaltung der Übertragungsnetzbetreiber geschlossen werden, das Änderungsbegehren der Bundesnetzagentur, eine Preisobergrenze von … EUR/MWh einzuführen, in einen eigenen Vorschlag umzusetzen. Auf der Grundlage der Einlassungen in der mündlichen Verhandlung lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass die Übertragungsnetzbetreiber sich der Erfüllung der ihnen zugewiesenen Gestaltungsaufgabe aktiv durch ausdrückliche Verweigerung oder durch Passivität entzogen haben. Die Darstellung der Bundesnetzagentur, wonach die Übertragungsnetzbetreiber nicht ausdrücklich einverstanden gewesen seien, aber auch keine Gegenvorstellung erhoben hätten, lässt ohne weiteres die Interpretation zu, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Einführung einer Preisobergrenze von … EUR/MWh nicht für erforderlich hielten und nicht die Absicht hatten, diese Anregung in einem entsprechenden Änderungsvorschlag umzusetzen. Eine solche inhaltlich kritische oder ablehnende Haltung gegenüber dem Vorschlag, eine Preisobergrenze in Höhe von … EUR/MWh zu etablieren, stellt indes keine Weigerung dar, die ihnen obliegende Aufgabe zu erfüllen, Änderungsverlangen aufzugreifen und mittels eines eigenen Vorschlags umzusetzen. Stimmen die Übertragungsnetzbetreiber einem Änderungsbegehren der nationalen Regulierungsbehörde inhaltlich nicht vollständig zu und unterbreiten sie einen eigenen, sachlich abweichenden Vorschlag, ist dieser – wie voranstehend ausgeführt – von der nationalen Regulierungsbehörde auf seine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Eine Verpflichtung der Übertragungsnetzbetreiber, die Modalitäten oder Methoden anweisungsgemäß so zu gestalten, wie die nationale Regulierungsbehörde sie für zweckmäßig hält, besteht hingegen nicht, so dass eine ablehnende Haltung nicht gleichzusetzen ist mit der Verweigerung, die Gestaltungsaufgabe auszufüllen.
691.3.3. Soweit die Übertragungsnetzbetreiber ausweislich der Darstellung der Bundesnetzagentur darauf hingewiesen haben, dass die Setzung der Preisobergrenze in Höhe von … EUR/MWh von der Bundesnetzagentur zu verantworten sei, liegt hierin auch keine die Bundesnetzagentur ermächtigende Übertragung der Gestaltungsaufgabe.
70Unabhängig davon, dass die Vorgaben der EB-VO den Übertragungsnetzbetreibern nicht gestatten, ihre die Entwicklung sowie die Änderung von Modalitäten oder Methoden umfassende Gestaltungsaufgabe auf die nationale Regulierungsbehörde zu delegieren, kann das diesbezügliche Vorbringen der Bundesnetzagentur nicht dahingehend verstanden werden, dass die Übertragungsnetzbetreiber der Bundesnetzagentur die Gestaltungshoheit überantwortet haben. Vielmehr kann der Hinweis auf die „Verantwortung“ der Bundesnetzagentur auch als eine inhaltliche Distanzierung von der beabsichtigten Änderung, zu der sich die Bundesnetzagentur fest entschlossen zeigte, gewertet werden.
711.4. Zu der Etablierung einer marktregulierenden anstelle der in § 38 Abs. 4 (i) der MfRRA enthaltenen technischen Preisobergrenze ist die Bundesnetzagentur schließlich auch nicht durch nationale Rechtsvorschriften ermächtigt.
72Soweit die Bundesnetzagentur die angegriffene Entscheidung auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 StromNZV in Verbindung mit § 29 Abs. 1 EnWG gestützt hat, handelt es sich nicht um eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Änderung der gemäß den Vorgaben der EB-VO entwickelten MfRRA. Dabei kann dahinstehen, ob die Bundesnetzagentur durch §§ 27 Abs. 1 Nr. 2 StromNZV, 29 Abs. 1 EnWG, wonach sie Festlegungen betreffend das Verfahren zur Ausschreibung von Regelenergie erlassen kann, überhaupt zur Etablierung einer regulatorischen Preisobergrenze ermächtigt ist, die als Eingriff in die Preisbildung deutlich über eine Verfahrenssteuerung hinauswirkt. Die dort normierte nationale Festlegungskompetenz wird jedenfalls von dem unionsrechtlich vorgegebenen Verfahren nach der EB-VO verdrängt (vgl. Senat, Beschluss vom 22.01.2020 – VI-3 Kart 757/19 [V]). Dies gilt nicht nur für die Entwicklung, sondern in gleicher Weise für die Änderung genehmigter Modalitäten oder Methoden, so dass auch § 29 Abs. 2 EnWG als taugliche Ermächtigungsgrundlage ausscheidet.
732. Auch wenn die Bundesnetzagentur grundsätzlich dazu ermächtigt wäre, von ihr genehmigte Modalitäten oder Methoden für den Systemausgleich im Sinne der Art. 4, 18 Abs. 1 EB-VO zu ändern, ohne dass ein entsprechender Änderungsvorschlag der Übertragungsnetzbetreiber vorliegt, wäre die Einführung der streitgegenständlichen Obergrenze materiell rechtswidrig.
74Gemäß Art. 10 Abs. 1 VO (EU) 2019/943 können u.a. für den Regelarbeitsmarkt grundsätzlich keine Preisgrenzen bestimmt werden, unbeschadet der technischen Preisgrenzen, die im für den Austausch von Regelarbeit maßgeblichen Zeitbereich festgelegt werden können. Art. 10 Abs. 1 S. 2 VO (EU) 2019/943 in Verbindung mit Art. 30 Abs. 2 EB-VO erlaubt damit die Festlegung einer technischen Preisgrenze für die grenzüberschreitende Beschaffung unter der Voraussetzung, dass die Übertragungsnetzbetreiber eine solche für eine effiziente Funktionsweise des Marktes für erforderlich halten. Es kann dahinstehen, ob sich die Wertungen des Art. 30 Abs. 2 EB-VO – wie die Bundesnetzagentur meint – auf das nationale Beschaffungsregime übertragen lassen. Jedenfalls haben weder die Übertragungsnetzbetreiber noch die Bundesnetzagentur die Erforderlichkeit der Einführung einer nach Art. 30 Abs. 2 EB-VO zulässigen Preisobergrenze festgestellt.
752.1. Nach Art. 30 Abs. 2 S. 1 EB-VO können die Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen des Vorschlags nach Art. 30 Abs. 1 EB-VO einen Vorschlag für harmonisierte Höchst- und Mindestregelarbeitspreise entwickeln, wenn sie feststellen, dass für eine effiziente Funktionsweise des Marktes technische Preisgrenzen erforderlich sind. Die Verwendung des Begriffs der „technischen Preisgrenze“ dürfte entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin der Einführung einer die Preisbildung beeinflussenden Preisobergrenze nicht von vornherein entgegenstehen. Eine rein technisch wirkende Preisgrenze, die nur den Prozess der Gebotsabgabe steuern und keinen Einfluss auf die Preisbildung entfalten soll, beeinflusst die Funktionsweise des Marktes typischerweise nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn unter „Markt“ nicht nur das Gebotsverhalten, sondern das gesamte Marktverhalten verstanden wird, was indes bereits der Begriff des Marktes nahelegt. Dieser bezeichnet das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage nach einem Gut, wodurch sich die Preise für dieses Gut bilden. Da die Einführung „technischer Preisgrenzen“ nach Art. 30 Abs. 2 EB-VO davon abhängt, dass die Übertragungsnetzbetreiber sie als erforderlich für die „effiziente Funktionsweise des Marktes“ ansehen, wird ein Einfluss der Preisgrenze auf den Vorgang dieses Zusammentreffens und damit notwendig zugleich auch auf den Vorgang der Preisbildung unterstellt. Insofern ist eine ausschließlich technisch wirkende Preisgrenze schon nicht geeignet, auf die Funktionsweise des Marktes als Ort, an dem Preise ermittelt werden, einzuwirken. Eine solche nur den technischen Vorgang der Gebotsabgabe beeinflussende Preisgrenze kann demgemäß für die Effizienz der Funktionsweise des Marktes nicht erforderlich werden. Angesichts der eindeutigen Zweckvorgabe für eine von den Übertragungsnetzbetreibern einzuführende Preisgrenze kann die Bezeichnung als „technisch“ nicht im Sinne einer ausschließlich auf den Vorgang der Gebotsabgabe beschränkten Preisgrenze verstanden werden. Allein dass die von der Bundesnetzagentur etablierte Preisobergrenze in die Preisbildung eingreift, dürfte ihrer materiellen Rechtmäßigkeit somit nicht entgegenstehen.
762.2. Im Ergebnis kann diese Frage jedoch dahinstehen, denn weder die Übertragungsnetzbetreiber noch die Bundesnetzagentur haben rechtmäßig festgestellt, dass die streitgegenständliche Preisobergrenze für die effiziente Funktionsweise des Marktes im Sinne des Art. 30 Abs. 2 EB-VO erforderlich ist.
77Dass die Übertragungsnetzbetreiber eine entsprechende Feststellung getroffen oder sich jedenfalls die Feststellungen der Bundesnetzagentur zu Eigen gemacht haben, ist nicht ersichtlich und wird von der Bundesnetzagentur auch nicht vorgetragen. Art. 30 Abs. 2 EB-VO sieht zudem nicht vor, dass die Übertragungsnetzbetreiber ihre diesbezügliche Feststellungs- und Entscheidungskompetenz sowie die Ausübung ihres Beurteilungsspielraums auf die nationalen Regulierungsbehörden delegieren können. Soweit die Übertragungsnetzbetreiber auf den Vorstoß der Bundesnetzagentur mit dem Hinweis reagiert haben, die Preisobergrenze falle dann in deren Verantwortung, ist dies im Übrigen nicht als eine Übertragung ihrer Entscheidungskompetenz zu verstehen, sondern kann ebenso als eine inhaltliche Distanzierung von der beabsichtigten Änderung gewertet werden.
78Auch wenn die Bundesnetzagentur im Wege einer – von dem erkennenden Senat ausweislich der voranstehenden Ausführungen nicht bejahten – Eintritts- oder Eingriffsbefugnis zu einer einseitigen Änderung der MfRRA ermächtigt gewesen wäre und die in Art. 30 Abs. 2 EB-VO den Übertragungsnetzbetreibern eingeräumte Feststellungs- und Entscheidungskompetenz hätte ausüben dürfen, wäre die streitgegenständliche Preisgrenze indes rechtswidrig festgelegt worden.
79Die Bundesnetzagentur hat sich in dem angegriffenen Beschluss bereits nicht auf Art. 30 Abs. 2 EB-VO gestützt. Feststellungen, dass die Preisobergrenze erforderlich für die effiziente Funktionsweise des Marktes ist, fehlen. Die Beschlussgründe verhalten sich nicht zu der Frage, was unter der von Art. 30 Abs. 2 EB-VO aufgestellten Voraussetzung für die Einführung einer technischen Preisgrenze zu verstehen ist. Vielmehr hat die Bundesnetzagentur die Erforderlichkeit der Preisobergrenze mit der von ihr ausgehenden Schutzwirkung zugunsten der Bilanzkreisverantwortlichen begründet. Dabei hat sie im Wesentlichen darauf abgestellt, dass sich die mit der Einführung des Regelarbeitsmarktes verbundenen Erwartungen – ein Absinken der Arbeitspreise und eine Steigerung der Liquidität – nicht erfüllt hätten und deswegen eine erhebliche Wiederholungsgefahr für das Entstehen hoher Ausgleichsenergiepreise anzunehmen sei. Zwar hat sie neben den dadurch ausgelösten Belastungen der Bilanzkreisverantwortlichen auch in den Blick genommen, dass die aus hohen Arbeitspreisen resultierenden Ausgleichenergiepreisrisiken an den Endkunden weitergegeben werden und dies Auswirkungen auf die volkswirtschaftliche Effizienz des Gesamtsystems habe. Dass die effiziente Funktionsweise des Marktes im Sinne des Art. 30 Abs. 2 EB-VO umstandslos gleichzusetzen ist mit der volkswirtschaftlichen Effizienz des Gesamtsystems, erschließt sich indes nicht und wird weder in den Beschlussgründen noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens dargelegt. Soweit die Bundesnetzagentur die Höhe der streitgegenständlichen Preisgrenze zum einen unter Berücksichtigung des Ziels, Bilanzkreisverantwortliche effektiv vor unbilligen wirtschaftlichen Härten zu schützen, und zum anderen unter Berücksichtigung der Interessen der Regelreserveanbieter an einer auskömmlichen Preisgrenze festgesetzt hat, hat sie einen Bezug zu der Erforderlichkeit dieser Preisgrenze für eine effiziente Funktionsweise des Marktes gleichfalls nicht hergestellt. In den Beschlussgründen fehlt vielmehr jeder Hinweis darauf, dass die Bundesnetzagentur mit der streitgegenständlichen Preisgrenze die eigentlich den Übertragungsnetzbetreibern nach Art. 30 Abs. 2 EB-VO übertragene Feststellungs- und Entscheidungskompetenz ausfüllen und an den materiellen Voraussetzungen dieser Vorschrift ausrichten wollte. Schon dies begründet die materielle Rechtswidrigkeit der Festsetzung.
803. Die angegriffene Entscheidung ist darüber hinaus auch formell rechtswidrig, weil die Änderung der MfRRA entgegen den Vorgaben der Art. 6 Abs. 3 S. 2, 10 EB-VO nicht zuvor konsultiert wurde. Wäre die Bundesnetzagentur berechtigt, die MfRRA einseitig zu ändern, träfe sie in der Konsequenz die eigentlich von den Übertragungsnetzbetreibern zu erfüllende Konsultationspflicht nach Art. 6 Abs. 3 S. 2, 10 EB-VO. Danach haben die Übertragungsnetzbetreiber beabsichtigte Änderungen der MfRRA für einen Monat zu konsultieren und die vorgebrachten Argumente im Rahmen der Begründung ihres Änderungsvorschlags zu würdigen.
81Die Durchführung der Konsultation gemäß Art. 6 Abs. 3 S. 2 in Verbindung mit Art. 10 EB-VO steht nicht im Ermessen der Übertragungsnetzbetreiber oder der Regulierungsbehörde. Die Vorgaben der EB-VO enthalten keinen diesbezüglichen Ausnahmetatbestand.
82Eine Rechtfertigung für das Absehen von der Konsultation lässt sich auch aus den Vorgaben des nationalen Rechts nicht ableiten. Zwar finden die Verfahrensvorschriften des EnWG Anwendung, wenn die Bundesnetzagentur europäische Verordnungen vollzieht. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur hat sie aber durch die Anwendung des § 67 Abs. 2 EnWG in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG nicht eine Regelungslücke geschlossen, die daraus folge, dass die EB-VO kein Eilverfahren vorsehe.
83Die Argumentation der Bundesnetzagentur, die EB-VO regele nur den Regelfall, in dem Anpassungen der MfRRA mit einem Vorlauf von mehreren Monaten vorgenommen würden, nicht aber den Ausnahmefall, in dem der Regulierungsbehörde wegen Gefahr im Verzug eine schnelle Eingriffsmöglichkeit unter Verzicht auf die Durchführung einer Konsultation zustehen müsse, geht fehl. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an dem Befund, die EB-VO weise eine Regelungslücke auf.
84Eine Regelungslücke setzt eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung, voraus (vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 1983, S. 198). Übertragen auf den Streitfall müsste die Europäische Kommission in der EB-VO Eilkonstellationen nicht geregelt haben, die sie geregelt hätte, wenn sie die Regelungsbedürftigkeit erkannt hätte. Schon angesichts der kurzen Konsultationsfrist sowie der Bedeutung, die die EB-VO der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen der Interessenträger einräumt, spricht wenig für die Annahme, die Kommission habe die Regelungsbedürftigkeit von eilbedürftigen Fallgestaltungen schlicht verkannt. Jedenfalls könnte eine solche Regelungslücke in Bezug auf eilbedürftige Sachverhalte allenfalls zu einer Modifikation der Vornahme der Konsultation, etwa durch eine Verkürzung oder ein späteres Nachholen führen. Im Streitfall hat die Bundesnetzagentur hingegen von einer Konsultation gänzlich abgesehen. Dies ist auch im Hinblick auf eine etwaige Eilbedürftigkeit des Einschreitens nicht zu rechtfertigen und führt dazu, dass die Entscheidung in formeller Hinsicht rechtswidrig ist.
85C.
86I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG. Es entspricht der Billigkeit, der unterlegenen Bundesnetzagentur die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Beschwerdeführerin im Hauptsachverfahren
87sowie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen.
88II. Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren bis zum 08.11.2021 hat der Senat gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO und mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten auf … Euro festgesetzt. Der Gegenstandwert hat sich nach Eingang des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes um … erhöht.
89D.
90Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung haben (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG).
91Rechtsmittelbelehrung:
92Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 S. 2, 80 S. 2 EnWG).
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Referenzen
- ZPO § 547 Absolute Revisionsgründe 1x
- 10 VO (EU) 2019/94 2x (nicht zugeordnet)
- § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 84 Abs. 2 EnWG 3x (nicht zugeordnet)
- §§ 27 StromNZV, 29 EnWG 2x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 28 Anhörung Beteiligter 2x
- § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 130a Elektronisches Dokument 1x
- 1 VO (EU) 2019/94 2x (nicht zugeordnet)
- § 29 Abs. 2 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- § 74 S. 1 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- § 90 S. 1 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- § 75 Abs. 2 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- § 67 Abs. 2 EnWG 3x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen 1x
- Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 3 Kart 757/19 1x
- 2 VO (EU) 2019/94 3x (nicht zugeordnet)
- § 29 Abs. 1 EnWG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 56 Abs. 1 S. 3, 67 Abs. 2 EnWG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 546 Begriff der Rechtsverletzung 1x
- § 65 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- 3 Kart 747/19 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 88 Abs. 4 S. 2, 80 S. 2 EnWG 2x (nicht zugeordnet)
- StromNZV § 27 Festlegungen der Regulierungsbehörde 3x
- §§ 27 Abs. 1 Nr. 2 StromNZV, 29 Abs. 1 EnWG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 1x