Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 3 Kart 103/21
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten der Bundesnetzagentur trägt die Beschwerdeführerin.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf … Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
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G r ü n d e :
2A.
3Die Beschwerdeführerin ist eine der vier deutschen Strom-Übertragungsnetzbetreiber. Am 29.06.2018 beantragte sie bei der Bundesnetzagentur die Anpassung der Erlösobergrenzen der Kalenderjahre 2019 bis 2021 gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a ARegV nach Maßgabe von § 5 ARegV, wobei sie am 05.12.2018 die erzielbaren Erlöse korrigierte und am 10.05.2019 die Ist-Kapitalkosten aus Investitionsmaßnahmen aktualisierte.
4Mit Schreiben vom 10.05.2019 beantragten alle vier Übertragungsnetzbetreiber gegenüber der Bundesnetzagentur „die Erstattung von Personalkosten gemäß Artikel 75 Abs. 1 CACM Guideline 1222/2015, Artikel 58 FCA Guideline 2016/1719, Artikel 8 Balancing Guideline 2017/2195 sowie Artikel 9 Abs. 1 SO Guideline 2017/1485, die im Rahmen unserer europäischen Mitarbeit in europäischen Initiativen bzw. Projekten in den Jahren 2017-2020 angefallen bzw. zu erwarten sind“ und verwiesen auf im Rahmen der europäischen Marktintegration und durch die fortschreitende Implementierungsphase der Netzwerkkodizes hinzugekommene zusätzliche Aufgaben bzw. Anforderungen. Zudem korrigierte die Beschwerdeführerin ihren Antrag nach § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a ARegV i.V.m. § 5 ARegV mit Schreiben vom 30.06.2020 dahingehend, dass Personalkosten für europäische Initiativen und Aktivitäten in Höhe von … Euro im Rahmen des Regulierungskontos aus den vorstehend genannten europäischen Vorschriften zu berücksichtigen seien und verwies zu den Hintergründen auf das Schreiben vom 10.05.2019. Infolge eines internen Berechnungsfehlers setzte sie dabei die von ihr errechnete Differenz dieser Personalkosten zu denen des Basisjahrs 2016 und nicht zu denen des für die zweite Regulierungsperiode einschlägigen Basisjahrs 2011 an.
5Den Übertragungsnetzbetreibern wurden in den vergangenen Jahren durch die nachstehend im Einzelnen aufgeführten europäischen Leitlinien und Netzkodizes (im Folgenden auch: EU-Verordnungen) zahlreiche neue Aufgaben auferlegt, die seit dem Jahr 2016 die Einstellung neuer Mitarbeiter erforderten:
6- Verordnung (EU) 2015/1222 der Kommission vom 24.07.2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement (CACM-VO),
7- Verordnung (EU) 2016/1719 der Kommission vom 26.09.2016 zur Festlegung einer Leitlinie für die Vergabe langfristiger Kapazität (FCA-VO),
8- Verordnung (EU) 2017/1485 der Kommission vom 02.08.2017 zur Festlegung einer Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb (SO-VO),
9- Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission vom 23.11.2017 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem (EB-VO),
10- Verordnung (EU) 2016/631 der Kommission vom 14.04.2016 zur Festlegung eines Netzkodex mit Netzanschlussbestimmungen für Stromerzeuger (NC RfG),
11- Verordnung (EU) 2016/1388 der Kommission vom 17.08.2016 zur Festlegung eines Netzkodex für den Lastanschluss (NC DCC),
12- Verordnung (EU) 2016/1447 der Kommission vom 26.08.2016 zur Festlegung eines Netzkodex mit Netzanschlussbestimmungen für Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungssysteme und nichtsynchrone Stromerzeugungsanlagen mit Gleichstromanbindung (NC HVDC),
13- Verordnung (EU) 2017/2196 der Kommission vom 24.11.2017 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes (NC ER).
14In Art. 75 CACM-VO, Art. 58 FCA-VO, Art. 8 EB-VO, Art. 9 SO-VO, Art. 8 NC ER, Art. 9 NC RfG, Art. 7 NC HVDC, Art. 8 NC DCC finden sich - im Wortlaut teilweise unterschiedliche - Vorgaben zur Deckung der aufgrund der Verpflichtungen aus der jeweiligen Verordnung angefallenen Kosten.
15Durch Beschlüsse vom 21.10.2011 (u.a. Az. BK6-10-204) legte die Bundesnetzagentur das Verfahren der Mitarbeit und die Beteiligung der Beschwerdeführerin bzw. der anderen Übertragungsnetzbetreiber an Projekten der europäischen Initiativen sowie die Bedingungen für die Anerkennung der sich hieraus ergebenden Kosten entsprechend der „Freiwilligen Selbstverpflichtung nach § 11 Abs. 2 ARegV der deutschen Übertragungsnetzbetreiber für den Umgang mit den sich aus der Mitarbeit in Europäischen Initiativen ergebenden Kosten“ (im Folgenden: FSV KEI) rückwirkend seit dem 01.01.2011 als wirksam verfahrensreguliert i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 4 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4 ARegV fest. Nach der FSV KEI (dort S. 5, Bl. 73 VV) werden Personalkosten der deutschen Übertragungsnetzbetreiber von der freiwilligen Selbstverpflichtung nicht berücksichtigt, da diese bereits in der Erlösobergrenze enthalten sind.
16Nachdem sie die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 02.02.2021 zu ihrem Antrag nach § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a i.V.m. § 5 ARegV angehört und die Beschwerdeführerin hierauf mit Schreiben vom 24.02.2021 Stellung genommen hatte, hat die Bundesnetzagentur durch Beschluss vom 31.05.2021 den Regulierungskontosaldo für das Jahr 2017 sowie die Verteilung der Zu- und Abschläge auf die kalenderjährlichen Erlösobergrenzen der Jahre 2019 bis 2021 gemäß Anlage 1 des Beschlusses genehmigt und den Antrag im Übrigen, insbesondere bezogen auf die hier geltend gemachten Personalkosten für europäische Initiativen und Aktivitäten, abgelehnt. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, bei diesen Personalmehraufwendungen handele es sich nicht um dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 4 ARegV und ein Ansatz etwaiger Mehraufwendungen in der Erlösobergrenze des Kalenderjahres 2017 sei demnach unzulässig. Die Vorgabe, dass die „als angemessen, effizient angefallen und verhältnismäßig eingestuften Kosten“ nach den Vorgaben der zuständigen Regulierungsbehörden zeitnah durch Netzentgelte oder andere geeignete Mechanismen gedeckt würden, erfordere kein Abweichen von der Erstattung effizienter Kosten durch die in den Mitgliedsstaaten geltende Methodik, in Deutschland der Anreizregulierung.
17Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde.
18Sie ist der Ansicht, die Beschwerde sei auch mit Blick auf die Personalkosten zulässig, die den bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Betrag in Höhe von … Euro überstiegen. Sie habe unstreitig fristgerecht die Anpassung der Erlösobergrenzen und die Anpassung der Personalkosten beantragt. Weder aus der Anreizregulierungsverordnung noch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-gerichts folge die Unzulässigkeit der Erweiterung des Antragsgegenstand. Eine solche sei zudem mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach §§ 82, 83 EnWG unvereinbar. Es sei treuwidrig, wenn sich die Bundesnetzagentur auf die Unzulässigkeit der Erweiterung des Antragsgegenstands berufe, da sie den Antrag dem Grunde nach abgelehnt habe und ihr der Berechnungsfehler aufgefallen wäre, wenn sie den Antrag entsprechend ihren Pflichten aus den EU-Verordnungen geprüft hätte.
19Die Bundesnetzagentur hätte den Regulierungskontosaldo unter Berücksichtigung der ihr, der Beschwerdeführerin, entstandenen Personalmehrkosten genehmigen müssen. Die EU-Verordnungen enthielten jeweils konkrete Vorgaben zur Kostendeckung, so dass sich ihr Anspruch auf Anpassung der Erlösobergrenzen direkt aus diesen ergebe. Tatbestandlich setzten die EU-Verordnungen jeweils voraus, dass Kosten im Zusammenhang mit den bzw. aufgrund der den Übertragungsnetzbetreibern auferlegten Verpflichtungen aus diesen EU-Verordnungen entstanden seien. Hierzu zählten auch die hier streitgegenständlichen Personalmehrkosten, die kausal auf der Umsetzung der Verpflichtungen aus den EU-Verordnungen beruhten und zudem der Höhe nach angemessen, effizient und verhältnismäßig seien. Insoweit bestünden auch keine Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen (Personal-)Kosten. Die rechtsfolgenseitig vorgesehene - teilweise sogar „zeitnahe“ - Kostendeckung erfordere eine Anpassung der Erlösobergrenzen während der laufenden Regulierungsperiode, da andernfalls bereits angefallene Kosten nicht berücksichtigt würden. Eine Auslegung des Begriffs der „Kostendeckung“ ergebe, dass eine Berücksichtigung der Personalkosten allein nach dem Basisjahrprinzip nicht ausreichend sei. Schon vom Wortlaut her müsse eine finanzielle Absicherung und Übernahme aller kausaler Kosten erfolgen, was nicht der Fall sei, wenn eine Berücksichtigung der angefallenen Kosten nur im Basisjahr erfolge und ein Teil der angefallenen Kosten für bis zu 7 Jahre (2017 bis 2023) „ungedeckt“ bliebe. Zudem dienten die EU-Verordnungen ebenso wie die Richtlinie 2009/72/EG (Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie) und die Verordnung (EG) 714/2009 der Harmonisierung des Energiebinnenmarkts und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Gewährleistung erschwinglicher Energiepreise. Diese Ziele könnten nur erreicht werden, wenn die den Marktteilnehmern auferlegten Verpflichtungen ohne finanzielle Schwierigkeiten und Benachteiligungen umgesetzt werden könnten. Es müssten Anreize für eine bestmögliche Erfüllung der europäischen Vorgaben gesetzt werden, nicht dazu, möglichst wenig in den Personalbedarf zu investieren. Auch die Erwägungsgründe des NC RfG, des NC HVDC und des NC DCC sähen vor, dass die Regulierungsbehörden die Kosten, die den Netzbetreibern bei der Anwendung dieser Verordnungen tatsächlich entstanden seien, in angemessenem Umfang berücksichtigten. Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16.07.2020 (C-771/18) verhalte sich nur zu der Frage, ob bestimmte Arten von Kosten von den Netzentgelten gedeckt werden müssten bzw. zum Verbot einer Weitergabe bestimmter Kostenarten, nicht aber dazu, ob wie hier im Rahmen der Netzentgeltregulierung bereits anerkannte Kostenarten auch dann zu berücksichtigen seien, wenn diese Kosten nach dem Basisjahr anfielen und vom Budgetprinzip nicht erfasst würden.
20Angesichts der konkreten und detaillierten Vorgaben zur Kostendeckung komme es auf die zusätzliche Anwendung der nationalen Vorgaben, insbesondere diejenige der Anreizregulierungsverordnung, nicht an. Soweit die EU-Verordnungen vorsähen, dass eine Deckung der Kosten „nach den Vorgaben der nationalen Regulierungsbehörden“ zu erfolgen habe, handele es sich dabei lediglich um einen Rechtsfolgenverweis des europäischen Gesetzgebers, wie aus einer systematischen Auslegung des Verweises folge, der als Rechtsgrundverweis überflüssig wäre. Auch der bereits aufgezeigte Sinn und Zweck der Kostenregelung spreche für einen Rechtsfolgenverweis. Im Streitfall liege eine Kollision zwischen den Kostenregelungen in den EU-Vorgaben und den nationalen Vorschriften zur Erlösobergrenzenanpassung vor, in der das EU-Recht vorrangig sei, das eine klare und unbedingte Verpflichtung zur Kostendeckung begründe. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe das Vorliegen eines detaillierten normativen Rahmens auf Unionsebene für die europäischen Richtlinien bereits bestätigt, nichts anderes müsse auf Verordnungsebene gelten.
21Hilfsweise seien die streitgegenständlichen Personalmehrkosten als nicht beeinflussbare Kostenanteile nach § 11 Abs. 2 S. 4 ARegV anzuerkennen, weil diese Kosten einer wirksamen Verfahrensregulierung unterlägen. Die Einstellung zusätzlichen Personals unterfalle dem der Verfahrensregulierung unterliegenden Bereich, da sie insgesamt auf Grundlage der Verordnung (EG) 714/2009 erfolge. Der FSV KEI komme angesichts der tatsächlichen Entwicklungen seit dem Jahr 2011 keine Sperrwirkung zu. Aufgrund der konkreten Vorgaben der EU-Verordnungen habe sie einen Anspruch auf materielle Bereichsregulierung durch vollziehbare Entscheidung der Bundesnetzagentur und anschließende formelle Festlegung nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 ARegV hinsichtlich der angefallenen Personalkosten, wobei das Ermessen der Bundesnetzagentur aufgrund der innerstaatlichen Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Interpretation faktisch sowohl hinsichtlich des Aufgriffs- als auch des Entschließungsermessens auf null reduziert sei. Insoweit hätte die Bundesnetzagentur den Sachverhalt von Amts wegen aufklären und tätig werden müssen, spätestens mit ihrem korrigierten Antrag vom 30.06.2020, den die Bundesnetzagentur in einen Antrag auf Einleitung eines Festlegungsverfahrens hätte umdeuten oder jedenfalls einen Hinweis auf das Erfordernis eines solchen Antrags hätte erteilen müssen. Es handele sich bei der Verfahrensregulierung und der materiellen Bereichsregulierung um das einzige verbliebene geeignete Mittel, um Personalmehraufwendungen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile zu berücksichtigen. Die Abwicklung über das Regulierungskonto oder eine Berücksichtigung der Personalmehraufwendungen über die Härtefallregelung stellten im Vergleich zur Verfahrensregulierung kein geeignetes Mittel dar. Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen personalkostenrelevanten Bereichen ergäben sich weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene.
22Die Beschwerdeführerin behauptet, dass sich der Mehrbedarf an Vollbeschäftigungsäquivalenten (im Folgenden: FTE) im Kalenderjahr 2017 im Vergleich zum Basisjahr 2011 insgesamt auf 16,1 FTE belaufen habe, woraus zusätzliche Personalkosten in Höhe von … Euro resultierten, und trägt hierzu näher vor. Sie ist der Ansicht, dass es der Bundesnetzagentur angesichts ihrer substantiierten Darlegungen möglich gewesen wäre, eine Prüfung der Effizienz der Kosten vorzunehmen, die ihr obliege und die sie bislang verweigert habe.
23Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
241. die Bundesnetzagentur zu verpflichten, die Genehmigung des Regulierungskontosaldos 2017 und die Verteilung durch Zu- und Abschläge auf die Erlösobergrenzen der Kalenderjahre 2019 bis 2021 vom 31.05.2021 dahingehend abzuändern, dass die Personalkosten der Beschwerdeführerin für europäische Initiativen bzw. Projekte in Höhe von … Euro im Regulierungskonto der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden;
252. hilfsweise zu Ziffer 1.,
26die Bundesnetzagentur zu verpflichten, bezüglich der Personalkosten der Beschwerdeführerin für europäische Initiativen bzw. Projekte eine Verfahrensregulierung nach § 11 Abs. 3 S. 2 und S. 4 ARegV zu erlassen und diese Personalkosten ohne Zeitverzug als verfahrensreguliert nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 ARegV festzustellen;
273. hilfsweise zu Ziffer 2.,
28die Bundesnetzagentur zu verpflichten, die Genehmigung des Regulierungskontosaldos 2017 und die Verteilung durch Zu- und Abschläge auf die Erlösobergrenzen der Kalenderjahre 2019 bis 2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
29Die Bundesnetzagentur beantragt,
30die Beschwerde zurückzuweisen.
31Die Bundesnetzagentur ist der Ansicht, die Beschwerdeführerin sei nur in Höhe eines Betrags von … Euro beschwerdebefugt, da sie nur diesen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geltend gemacht habe. Des Weiteren habe sie in ihren Antragsschreiben nur Art. 75 Abs. 1 CACM-VO, Art. 58 FCA-VO, Art. 8 EB-VO und Art. 9 Abs. 1 SO-VO als Anspruchsgrundlagen benannt und die dazugehörigen Lebenssachverhalte dargelegt. Da die Geltendmachung eines eigenen Rechtsanspruchs Zulässigkeitsvoraussetzung für die Verpflichtungsbeschwerde sei, sei jedenfalls nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens eine Erweiterung des Antragsgegenstands nicht möglich. Dies folge für das Genehmigungsverfahren nach § 5 ARegV ergänzend aus dem entsprechenden Fachrecht, da nach § 5 Abs. 4 S. 1 ARegV der Antrag neben dem ermittelten Saldo die der Anpassung zugrundeliegenden Daten enthalten müsse. Zudem liefe das Erfordernis einer fristgerechten Antragstellung gemäß § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a, S. 3 ARegV leer, wenn der Netzbetreiber durch eine Beschwerde die Genehmigung des Regulierungskontos „offen“ halten könne.
32Die Beschwerde sei aber auch unbegründet, da die von ihr vorgenommene Kürzung rechtmäßig sei. Der von der Beschwerdeführerin verlangte „Quasi-Vollkostenersatz“, d.h. die ungeschmälerte Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten, stehe nicht im Einklang mit dem EU-Recht, da er einen wesentlichen Teil der EU-Vorschriften außer Acht lasse.
33Dass ein Vollkostenansatz von den einschlägigen Vorgaben in den EU-Verordnungen nicht gemeint sei, folge schon daraus, dass jeweils nur die angemessenen, verhältnismäßigen und effizienten Kosten „gedeckt“ werden sollten. Die Kostenvorschriften seien methodenoffen und verlangten lediglich eine kostenorientierte bzw. -reflektierende Betrachtung. Zudem sähen die EU-Vorgaben eine Kostendeckung „nach den Vorgaben der zuständigen Regulierungsbehörde“ vor, teilweise sogar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG. In den Erwägungsgründen des NC RfG, NC HVDC und NC DCC würde zudem jeweils die durch die nationale Regulierungsbehörde festzulegende Methode der Entgeltbildung adressiert. Die unterschiedlichen Vorgaben des EU-Rechts vereinten kosten- und effizienzbasierte Ansätze, die sich ergänzten, nicht gegenseitig ausschlössen. Die Sichtweise der Beschwerdeführerin verkenne, dass die EU-Verordnungen die in der Richtlinie 2009/72/EG vorgegebenen Kriterien, zu denen auch das in Art. 37 Abs. 8 vorgegebene Ziel der (Kosten-)Effizienzsteigerung zähle, das im Budgetprinzip der Anreizregulierungsverordnung zum Tragen komme, konkretisierten. Dies entspreche auch der EU-Normenhierarchie. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 16.07.2020, C-771/19) folge, dass die Vorschriften zur Berücksichtigung einzelner Kostenkategorien in den Netznutzungsentgelten nicht forderten, dass die nationale Regulierungsbehörde bei der Berechnung der Netzzugangsentgelte sämtliche den Netzbetreibern entstandenen Kosten (der Höhe nach) zu berücksichtigen hätte. Wenn „sämtliche“ bzw. „alle“ Kosten einer Kostenkategorie adressiert wären, ergebe sich dies vielmehr eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift, wie etwa Art. 8 Abs. 4 EB-VO zeige. Falsch sei die Aussage der Beschwerdeführerin, ihre Kosten würden gar nicht anerkannt. Das Basisjahr- bzw. Budgetprinzip führe gerade zu einer Entkoppelung von Kosten und Erlösen. Über- und Unterdeckungen seien ihm immanent, die Netzbetreiber könnten jedoch - bei einer typisierenden Gesamtbetrachtung - ihre Kosten finanzieren. Dies geschehe auch zeitnah. Der kostenscharfe Ansatz der Beschwerdeführerin würde in diesem Zusammenhang zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den verschiedenen Kostenkategorien führen, wie gerade das Beispiel der Personalkosten zeige, die sowohl unter die tatsächlichen Kosten i.S.d. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) 714/2009 als auch unter die „Kosten im Zusammenhang mit den in den Artikeln 4 bis 12 genannten Tätigkeiten des ENTSO (Strom)“ i.S.d. Art. 11 der Verordnung (EG) 714/2009 fielen. Im Übrigen dürfte bereits durch die Erarbeitung der EU-Verordnungen erheblicher Personalaufwand im Jahr 2016 entstanden und als aufwandsgleiche Kosten im Basisjahr anerkannt worden sein. Zudem dürfte der Aufwand der Übertragungsnetzbetreiber vor Inkrafttreten der EU-Verordnungen nicht unter die dortigen Kostenvorschriften fallen, sondern nur nach anderen Vorschriften (etwa Art. 11 der Verordnung (EG) 714/2009) erstattungsfähig sein.
34Die Ziele der Verordnung (EG) 714/2009 könnten dem Gerichtshof der Europäischen Union zufolge erreicht werden, ohne dass Netzzugangsentgelte sämtliche den Netzbetreibern tatsächlich entstandenen Kosten widerspiegelten. Die Vorschrift zur Berücksichtigung einzelner Kostenkategorien sei auch bei ihrer Sichtweise nicht obsolet. Sinn und Zweck der streitgegenständlichen Kostenregelungen würden prägnant in den Erwägungsgründen des NC RfT, NC HVDC und des NC DCC zusammengefasst. Die Berücksichtigung von Kosten in „angemessenem Umfang“ und „nach den Vorgaben der Regulierungsbehörde“ sei durch die Vorgaben der nationalen Anreizregulierung sichergestellt. Erwägungsgrund (1) der Richtlinie 2009/72/EG umfasse ausdrücklich die Erzielung von Effizienzgewinnen und wettbewerbsfähigen Preisen. Die Nichtberücksichtigung des - den fehlenden Wettbewerb auf den Energienetzmärkten simulierenden - Effizienzkritieriums bei der Mitarbeit an europäischen Initiativen sei weder mit Erwägungsgrund (1) der Richtlinie 2009/82/EG noch mit Erwägungsgrund (7) der Verordnung (EG) 714/2009 in Einklang zu bringen.
35Hiervon unabhängig stehe die Berücksichtigung von Personalkosten über das Budgetprinzip im Einklang mit den europäischen Vorgaben. Einen Zielkonflikt zwischen nationaler Anreizregulierung und den europäischen Vorschriften hinsichtlich der (Kosten-)Effizienz bzw. Kostendeckung gebe es wie dargelegt nicht. Zudem habe der Bundesgerichtshof die Vereinbarkeit des Budgetprinzips mit höherrangigem nationalen und EU-Recht in seiner Rechtsprechung zum Kapitalkostenaufschlag bereits bestätigt.
36Es bestehe auch kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erlass einer Verfahrensregulierung, da die normative Anreizregulierung bereits die Vorgaben des EU-Rechts erfülle. Zudem stehe die FSV KEI der begehrten Verfahrensregulierung entgegen. Die Entstehung von Personalkosten sei des Weiteren in hohem Maße beeinflussbar und könne schon deshalb nicht einer „umfassenden“ Verfahrensregulierung i.S.d. § 11 Abs. 2 Nr. 4 ARegV zugeführt werden. Es stellten sich erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen personalkostenrelevanten Bereichen. Dies gelte auf nationaler Ebene mit Blick auf Personalzusatzkosten, die mit einem t-2-Verzug in die Erlösobergrenze einflössen. Auf europäischer Ebene seien nicht alle in den europäischen Netzkodizes genannten Kosten neu und Personalkosten insoweit bereits über das Basisjahrprinzip in den Erlösobergrenzen enthalten. Systematisch und prozessual sei die Geltendmachung eines Anspruchs auf Verfahrensregulierung im Rahmen einer Beschwerde gegen die Genehmigung des Regulierungskontos falsch verortet.
37Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.
38B.
39Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
40I. Die Beschwerde ist mit dem Hauptbeschwerdeantrag allerdings zulässig.
411. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 78 Abs. 1 EnWG vorgesehenen Monatsfrist erhoben worden. Ausweislich der als Anlage BF 12 (Bl. 157 GA) vorgelegten Kopie der Postzustellungsurkunde ist der angefochtene Beschluss vom 16.07.2021 der Beschwerdeführerin am 18.06.2021 zugestellt worden, so dass die Beschwerdeeinlegung am 16.07.2021 fristgemäß erfolgt ist.
422. Die Verpflichtungsbeschwerde gemäß § 75 Abs. 3 EnWG ist des Weiteren statthaft, da der Antrag auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist.
433. Die Sachurteilsvoraussetzung des Antragserfordernisses liegt ebenfalls vor.
44Die Verpflichtungsbeschwerde ist dann einschlägig, wenn die Regulierungsbehörde eine beantragte Entscheidung durch eine das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung nach § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG abgelehnt hat (Boos in: Theobald/Kühling, Energierecht, 115. EL, § 75 EnWG Rn. 47; vgl. auch Pietzcker/Marsch in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 42. EL, § 42 VwGO Rn. 96 m.w.N.). Wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung ist es zunächst Sache der Verwaltung, sich mit (vermeintlichen) Ansprüchen des Einzelnen zu befassen (BVerwG, Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11/94, NJW 1996, 1977, 1978; Schmidt-Kötters in: BeckOK VwGO, 61. Edition, § 42 VwGO Rn. 56 m.w.N.). Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geht entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur nicht über das Begehren, das bereits Gegenstand des Antrags der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren war, hinaus, so dass es im Beschwerdeverfahren nicht teilweise an dem erforderlichen erfolglosen Antrag an die Bundesnetzagentur fehlt.
45a) Der Antrag der Beschwerdeführerin nach § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a i.V.m. § 5 ARegV war dahingehend auszulegen, dass er sich nicht ausschließlich auf die Berücksichtigung der Personalmehrkosten erstreckte, die der Beschwerdeführerin in Umsetzung der im Antragsschreiben zitierten Leitlinien entstanden sind, sondern vielmehr auf sämtliche durch die Mitarbeit in „europäischen Initiativen bzw. Projekten“ im Jahr 2017 entstandenen Kosten. Zwar sind im Antragsschreiben vom 30.06.2020 (Anlage BF 8) und auch in dem darin ausdrücklich in Bezug genommenen Antragsschreiben sämtlicher Übertragungsnetzbetreiber vom 10.05.2019 (Anlage BF 6) nur die Vorgaben zur Kostendeckung in den Leitlinien (Art. 75 Abs. 1 CACM-VO, Art. 58 FCA-VO, Art. 8 EB-VO und Art. 9 Abs. 1 SO-VO) zitiert, nicht auch die korrespondierenden und teilweise inhaltsgleichen Vorgaben in den entsprechenden Netzkodizes. Es wird jedoch aus beiden Schreiben deutlich, dass es der Beschwerdeführerin bzw. sämtlichen Übertragungsnetzbetreibern um die Berücksichtigung der Personalkosten für europäische Initiativen bzw. Projekte im Regulierungskonto insgesamt geht. Die darin enthaltenen Ausführungen zu den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der beantragten Berücksichtigung (zunehmender Mehraufwand und „Kostendeckungsprinzip“) beanspruchen unterschiedslos für alle EU-Verordnungen Geltung. Zudem heißt es im Schreiben vom 10.05.2019, auf das im Antrag der Beschwerdeführerin vom 30.06.2020 gerade wegen der Hintergründe der gestiegenen Personalkosten ausdrücklich verwiesen wird, dass „seit 2016, durch die fortschreitende Implementierungsphase der Netzwerkkodizes, zusätzliche Anforderungen, wie vor allem Aufgaben zur Entwicklung von geeigneten Methodiken, hinzugekommen (sind)“. Um diesen zusätzlichen Aufgaben gerecht zu werden, hätten seit 2016 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden müssen. Der Antrag auf Berücksichtigung von Kosten erstreckt sich damit ersichtlich auch auf solche Kosten, die aufgrund der Implementierung bzw. Umsetzung der Netzkodizes entstanden sind, da es sonst der diesbezüglichen Ausführungen nicht bedurft hätte.
46b) Unschädlich ist mit Blick auf das Antragserfordernis auch, dass der Beschwerdeführerin ein Fehler bei der Berechnung der Mehrkosten infolge einer Vergleichsbetrachtung mit dem falschen Basisjahr unterlaufen ist, den sie erst im Beschwerdeverfahren korrigiert hat. Zwar konkretisiert § 5 Abs. 4 ARegV den Inhalt des Antrags nach § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a, S. 3 ARegV dahingehend, dass der Antrag neben dem ermittelten Saldo die der Anpassung zugrunde liegenden Daten enthalten muss. Ziel dieser detaillierten Vorgabe ist es aber, die Bewegungen auf dem Regulierungskonto für die genehmigende Regulierungsbehörde transparent darzustellen (BR-Drs. 296/16, S. 32), was keine abschließende Festlegung des Regulierungskontosaldos der Höhe nach erfordert. Eine Präklusionswirkung, die die Anpassung fehlerhafter Daten oder die Aktualisierungen von Daten nach Ablauf der Antragsfrist ausschließen würde, ist mit der fristgemäßen Antragstellung deshalb nicht verbunden und entspricht im Übrigen auch nicht der regulierungsbehördlichen Praxis.
47II. Die Beschwerde bleibt mit dem Hauptbeschwerdeantrag jedoch in der Sache ohne Erfolg.
481. Der mit dem Hauptbeschwerdeantrag geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist unbegründet, da die Bundesnetzagentur im angefochtenen Beschluss zu Recht davon abgesehen hat, die Personalmehrkosten für europäische Initiativen bzw. Projekte im Regulierungskonto der Beschwerdeführerin für das Jahr 2017 zu berücksichtigen. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für eine Anpassung der Erlösobergrenze aufgrund der streitgegenständlichen Kosten.
49a) Nach den einschlägigen Vorgaben der Anreizregulierungsverordnung können die streitgegenständlichen Personalkosten nicht im Regulierungskonto berücksichtigt werden bzw. sonst Gegenstand einer antragsunabhängigen Anpassung von Erlösobergrenzen sein, wovon auch die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend ausgehen.
50Die Beschwerdeführerin begehrt mit dem Hauptantrag eine antragsgebundene Anpassung der Erlösobergrenzen der Kalenderjahr 2019 bis 2021 gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a ARegV nach Maßgabe von § 5 ARegV aufgrund des hierfür fristgemäß nach § 4 Abs. 4 S. 3 ARegV gestellten Antrags. In § 4 Abs. 3 bis 5 ARegV sind die Fälle der nachträglichen Anpassung der Erlösobergrenze abschließend geregelt, so dass insbesondere nachträgliche Änderungen der Erlösobergrenze durch die Regulierungsbehörden auf Grundlage von § 29 Abs. 2 EnWG grundsätzlich ausgeschlossen sind (Meinzenbach in: BerlK-EnR, 4. Aufl., § 4 ARegV Rn. 15 m.w.N.).
51Bei den Personalkosten aus europäischen Initiativen bzw. Projekten handelt es sich nicht um von § 4 Abs. 3 bis 5 ARegV erfasste Kosten. Insbesondere handelt es sich nicht um dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile, so dass ein Ansatz etwaiger Mehraufwendungen in der Erlösobergrenze des Kalenderjahres 2017 über das Regulierungskonto nach § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a i.V.m. § 5 ARegV, wonach Differenzen bei dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 bis 6, 8, 13 und 15 bis 18 sowie Abs. 5 ARegV nachgetragen werden können, ausgeschlossen ist. Auch eine Berücksichtigung im Rahmen einer unternehmensautonomen Anpassung nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ARegV, die bei sonstigen dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteilen gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 bis 3 ARegV vorgesehen ist, kommt deshalb nicht in Betracht.
52Personalkosten sind nicht von der abschließenden (hierzu ausführlich Meinzenbach in: BerlK-EnR, 4. Aufl., § 21a EnWG Rn. 195 ff.; Säcker/Sasse in: BerlK-EnR, 4. Aufl., § 11 Rn. 15 m.w.N.) Aufzählung der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile umfasst. Dauerhaft nicht beeinflussbare Personalkosten sind nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 9 ARegV nur die sog. Personalzusatzkosten (Kosten und Erlöse aus betrieblichen und tarifvertraglichen Vereinbarungen zu Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen, soweit diese in der Zeit vor dem 31.12.2016 abgeschlossen worden sind). Die streitgegenständlichen Personalkosten unterfallen auch nicht § 11 Abs. 2 S. 2 und 4 ARegV, was voraussetzen würde, dass sie einer wirksamen Verfahrensregulierung unterliegen. Nach der FSV KEI als einzig in Betracht kommender freiwilliger Selbstverpflichtung, die zu einer Festlegung von Kosten als wirksam verfahrensreguliert geführt hat, sind Personalkosten der deutschen Übertragungsnetzbetreiber gerade nicht zu berücksichtigen.
53Damit unterfallen die streitgegenständlichen Kosten als beeinflussbarer Kostenanteil im Regelungsgefüge der Anreizregulierungsverordnung dem sog. Budgetprinzip (auch als Basisjahr- oder Fotojahrprinzip bezeichnet). Diese Kosten finden in den Kosten des Basisjahrs (jeweils drei Jahre vor Beginn der jeweiligen Regulierungsperiode), dem sog. Ausgangsniveau, Berücksichtigung, auf dessen Grundlage die Erlösobergrenzen für die einzelnen Jahre der Regulierungsperiode festgelegt werden, ohne dass es unterjährig zu einer Anpassung kommt. Den Netzbetreibern wird insoweit durch die jährliche Erlösobergrenze ein Budget zur Verfügung gestellt, wobei es zu einer zeitlichen Entkoppelung von Kosten und Erlösen kommt (vgl. zur Funktionsweise des Budgetprinzips auch Senat, Beschluss vom 17.03.2020 - VI-3 Kart 166/17 [V], EnWZ 2020, 227 Rn. 44).
54b) Die Beschwerdeführerin hat zudem keinen Anspruch auf Berücksichtigung der streitgegenständlichen Personalmehraufwendungen für europäische Initiativen bzw. Projekte unmittelbar aus den EU-Verordnungen, was im Regelungsgefüge der Anreizregulierungsverordnung durch eine Anpassung der Erlösobergrenzen gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a i.V.m. § 5 Abs. 3 ARegV oder auch § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ARegV umzusetzen wäre.
55Da die Verordnung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV allgemeine Geltung hat, in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, kann ein nicht im nationalen Regulierungsrecht vorgesehener Anspruch auf Berücksichtigung bestimmter Kosten zwar grundsätzlich unmittelbar auf den Regelungsgehalt der EU-Verordnungen gestützt werden. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht. Da die nach nationalem Regulierungsrecht über das sog. Budgetprinzip erfolgende Anerkennung der streitgegenständlichen Kosten den Vorgaben des europäischen Rechts genügt, kommt eine unmittelbar auf europäisches Recht gestützte Berücksichtigung dieser Kosten nicht in Betracht.
56aa) Aus den einschlägigen Vorgaben in den EU-Verordnungen zur Kostendeckung folgt zunächst nicht, dass sämtliche dieser Kosten - jedenfalls soweit sie angemessen, verhältnismäßig und effizient sind - bei der Festsetzung der Netzentgelte zu berücksichtigen sind, was durch das Budgetprinzip aufgrund der diesem immanenten zeitlichen Entkoppelung von Kosten nicht sichergestellt ist. Eine Auslegung der einschlägigen Vorgaben in den EU-Verordnungen zur Kostendeckung nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck (zur Auslegungsmethodik EuGH, Urteil vom 25. Januar 2017 - C-640/15, juris Rn. 21 m.w.N.) ergibt vielmehr, dass die dort aufgeführten Kostenkategorien zwar bei der Berechnung der Netzentgelte zu berücksichtigen sind, dies jedoch nicht zwingend vollumfänglich zu geschehen hat.
57(1) Nach Art. 11 der Verordnung (EG) 714/2009 werden die Kosten im Zusammenhang mit den in den Artikeln 4 bis 12 genannten Tätigkeiten der ENTSO (Strom), zu denen die hier streitgegenständlichen Aktivitäten der Übertragungsnetzbetreiber zählen, von diesen getragen und bei der Entgeltberechnung berücksichtigt. Die Regulierungsbehörden genehmigen diese Kosten nur dann, wenn sie angemessen und verhältnismäßig sind.
58Diese allgemeine Vorgabe wird durch detailliertere Vorgaben zur Kostendeckung in den einzelnen EU-Verordnungen, die auf Grundlage der Verordnung (EG) 714/2009 ergangen sind, ergänzt.
59Art. 75 Abs. 1 CACM-VO sieht Folgendes vor:
60„Die Kosten im Zusammenhang mit den ÜNB gemäß Artikel 8 auferlegten Verpflichtungen (…) werden von den zuständigen Regulierungsbehörden geprüft. Als angemessen, effizient angefallen und verhältnismäßig eingestufte Kosten werden nach den Vorgaben der zuständigen Regulierungsbehörde zeitnah durch Netzentgelte oder andere geeignete Mechanismen gedeckt.“
61Dem entspricht im Wesentlichen Art. 58 Abs. 1 FCA-VO, der lediglich allgemein auf die den Übertragungsnetzbetreibern „durch Verpflichtungen aufgrund dieser Verordnung“ entstandenen Kosten Bezug nimmt, die von „allen Regulierungsbehörden“ geprüft werden.
62In Art. 8 EB-VO heißt es unter anderem:
63„(1) Kosten im Zusammenhang mit Verpflichtungen, die Netzbetreibern oder bestimmten Dritten im Einklang mit dieser Verordnung auferlegt wurden, werden gemäß Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG von den zuständigen Regulierungsbehörden geprüft.
64(2) Kosten, die nach Ansicht der zuständigen Regulierungsbehörde angemessen und verhältnismäßig sind und denen eines effizienten Netzbetreibers entsprechen, werden nach den Vorgaben der zuständigen Regulierungsbehörden durch Netzentgelte und andere geeignete Mechanismen gedeckt.“
65Art. 8 Abs. 1 des NC ER lautet:
66„Die aufgrund von Verpflichtungen aus dieser Verordnung anfallenden Kosten von Netzbetreibern, die einer Netzentgeltregulierung unterliegen, werden von den relevanten Regulierungsbehörden gemäß Artikel 37 der Richtlinie 2009/72/EG geprüft. Kosten, die der Prüfung zufolge angemessen und verhältnismäßig sind und denen eines effizienten Netzbetreibers entsprechen, werden durch Netzentgelte oder andere geeignete Mechanismen gedeckt.“
67Letzterer Vorschrift entsprechen Art. 9 Abs. 1 SO-VO, Art. 9 Abs. 1 NC RfG, Art. 7 Abs. 1 NC HVDC und Art. 8 Abs. 1 NC DCC mit der Maßgabe, dass dort jeweils die Worte „gemäß Artikel 37 der Richtlinie 2009/72/EG“ fehlen.
68(2) Dem Wortlaut der vorstehend aufgeführten Vorgaben, der sich auf die allgemeine Nennung der bei der Festsetzung der Netzzugangsentgelte zu berücksichtigenden bzw. zu deckenden Kosten beschränkt, lässt sich nicht entnehmen, dass „alle“ bzw. „sämtliche“ der dort in Bezug genommenen Kosten bei der Berechnung der Netzzugangsentgelte zu berücksichtigen sind (in diesem Sinne zu Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) 714/2009 EuGH, Urteil vom 16.07.2020 - C-771/18, juris Rn. 43). Dies gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber in Art. 8 EB-VO in anderem Zusammenhang ausdrücklich „alle Kosten“ in Bezug nimmt, wenn er in Abs. 4 anordnet, dass alle Kosten, die den Marktteilnehmern durch die Erfüllung der Anforderungen dieser Verordnung entstehen, von diesen Marktteilnehmern getragen werden (vgl. auch die Differenzierung zwischen „costs“ bzw. „coûts“ in Abs. 1 und Abs. 2 und „all costs“ bzw. „tous les coûts“ in Art. 4 in der englischen bzw. französischen Sprachfassung der EB-VO).
69Hinzu kommt, dass die in den EU-Verordnungen vorgesehene Deckung der Kosten nicht vorbehaltlos angeordnet wird, sondern schon nach dem Wortlaut der Vorgaben Einschränkungen unterliegt, indem die zu deckenden Kosten nur solche sind, die angemessen und verhältnismäßig sind und denen eines effizienten Netzbetreibers entsprechen, was zudem von den zuständigen Regulierungsbehörden zu prüfen ist. In Art. 8 Abs. 1 EB-VO und Art. 8 Abs. 1 NC ER wird sogar eine Prüfung gemäß Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG angeordnet und damit der umfangreiche Aufgaben- und Befugniskatalog der nationalen Regulierungsbehörden im Zusammenhang mit der Netzentgeltbildung in Bezug genommen. Zudem erfolgt die Kostendeckung nach Art. 75 Abs. 1 CACM-VO, Art. 58 Abs. 1 FCA-VO und Art. 8 Abs. 2 EB-VO „nach den Vorgaben der zuständigen Regulierungsbehörde“. Wenn dieser keinerlei inhaltlicher Gestaltungsspielraum zukommen würde, was bei einer zwingenden vollumfänglichen Kostenerstattung der Fall wäre, wäre diese Vorgabe obsolet.
70Vor diesem Hintergrund greift der Verweis der Beschwerdeführerin auf das betriebswirtschaftliche Verständnis des Begriffs der Kostendeckung zu kurz. Zwar ist die Vorgabe der „Deckung der einem Bezugsobjekt zugerechneten Kosten durch die durch dieses erwirtschafteten Erlöse“ (so die Definition des Begriffs „Kostendeckung“ in Gabler Wirtschaftslexikon, abrufbar unter htpps://wirtschaftslexikon.gabler.de/defi-nition/kostendeckung-40497, Abruf am 21.07.2022) mit Blick auf die Abbildung der Kosten konkreter als die Vorgabe in Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) 714/2009, wonach Entgelte bestimmte tatsächliche Kosten „widerspiegeln“ müssen (zum weiten Verständnis der bloßen „Kostenreflektion“ Senat, Beschluss vom 16.09.2020 - VI-3 Kart 750/19 [V], EWeRK 2021, 33 Rn. 141). Aber auch die pauschale Anordnung einer Kostendeckung in diesem Sinne trifft keine belastbare Aussage über das „Wie“ der Kostenerstattung, das, wie die aufgezeigten inhaltlichen Einschränkungen nahelegen, Gestaltungsspielräumen der nationalen Regulierungsbehörde unterliegen kann.
71(3) Das bereits im Wortlaut angelegte, im Hinblick auf das „Wie“ der Kostendeckung weite Verständnis der Vorgaben in den EU-Verordnungen wird durch systematische Erwägungen bestätigt.
72(a) Wie vom Gerichtshof der Europäischen Union bereits entschieden, finden sich in Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG genaue materielle Vorgaben zur Ausgestaltung der Netzzugangs- und Tarifierungsmethoden (Urteil vom 02.09.2021 - C-718/18, juris Rn. 120 ff.). Nach dessen Absatz 1 sind die Fernleitungs- und Verteilungstarife bzw. die entsprechenden Berechnungsmethoden anhand transparenter Kriterien zu bestimmen. Nach Absatz 6 lit. a) sind diese Tarife und ihre Berechnungsmethoden sowie die Bedingungen für den Anschluss an und den Zugang zu den nationalen Netzen unter Berücksichtigung der Notwendigkeit zu bestimmen, dass die notwendigen Investitionen in die Netze so vorgenommen werden können, dass die Lebensfähigkeit der Netze gewährleistet ist. Gemäß Absatz 6 lit. b) müssen die Ausgleichsleistungen möglichst wirtschaftlich sein und den Netzbenutzern geeignete Anreize bieten, die Einspeisung und Abnahme von Elektrizität bzw. Gas auszugleichen, sowie auf faire und nicht diskriminierende Weise erbracht und auf objektive Kriterien gestützt werden. Des Weiteren müssen die nationalen Regulierungsbehörden bei der Festsetzung oder Genehmigung der Tarife oder Methoden und der Ausgleichsleistungen sicherstellen, dass für die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber angemessene Anreize geschaffen werden, sowohl kurzfristig als auch langfristig die Effizienz zu steigern, die Marktintegration und die Versorgungssicherheit zu fördern und entsprechende Forschungsarbeiten zu unterstützen (Absatz 8). Außerdem ergibt sich aus Absatz 10, dass solche Tarife und Berechnungsmethoden angemessen sein und in nicht diskriminierender Weise angewandt werden müssen.
73Wie vom Gerichtshof (a.a.O., Rn. 122 f.) weiter entschieden, werden die vorgenannten Kriterien unter anderem durch die Verordnung (EG) 714/2009 konkretisiert, die wiederum durch mehrere Netzkodizes ergänzt wird, die durch Verordnungen der Kommission eingeführt wurden, so dass insgesamt ein detaillierter normativer Rahmen gegeben ist.
74Der Gerichtshof geht mithin von einem einheitlichen normativen Rahmen für die Berücksichtigung von Kosten bei der Entgeltberechnung aus mit der Konsequenz, dass die von den nationalen Regulierungsbehörden zu berücksichtigenden Vorgaben in Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG auch im Rahmen der kostenrechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EG) 714/2009 und der darauf basierenden EU-Verordnungen als sog. tertiärem Unionsrecht zu berücksichtigen sind. Aus den Vorgaben in Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG folgt aber gerade keine allein kostenorientierte Netzentgeltbildung, sondern eine solche, die auch die weiteren dort genannten Ansätze, insbesondere die Schaffung von angemessenen Anreizen zur Effizienzsteigerung, mitberücksichtigt (EuGH, Urteil vom 16.07.2020 - C-771/18, juris Rn. 48 ff.).
75Anhaltspunkte dafür, dass die Kostenregelungen in den EU-Verordnungen die Vorgaben der Richtlinie 2009/72/EG als lex specialis außer Kraft setzen sollen, liegen nicht vor. Vielmehr sprechen die bereits in Bezug genommenen inhaltlichen Einschränkungen bei der Anordnung der Kostendeckung gerade dafür, dass die allgemeinen Vorgaben zur Entgeltbildung in Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG auch im Rahmen dieser Vorschriften Beachtung finden sollen. Besonders deutlich wird dies in der Anordnung in Art. 8 Abs. 1 EB-VO und Art. 8 Abs. 1 NC ER, wonach die Kostenprüfung durch die zuständigen Regulierungsbehörden gemäß Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG zu erfolgen hat. Des Weiteren stellt die Anordnung der Kostendeckung „nach den Vorgaben der zuständigen Regulierungsbehörden“ in Art. 75 Abs. 1 CACM-VO, Art. 58 Abs. 1 FCA-VO und Art. 8 Abs. 2 EB-VO eine deutliche Bezugnahme auf die diesen zukommenden Aufgaben und Befugnisse und damit ebenfalls auf Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG dar. Auch der in allen Vorgaben zur Kostendeckung enthaltene gesonderte Prüfauftrag an die nationalen Regulierungsbehörden ist in diesem Sinne zu verstehen. Schließlich wird in Erwägungsgrund (6) des NC RfG, Erwägungsgrund (6) des NC HVDC sowie Erwägungsgrund (5) des NC DCC unmissverständlich auf den der nationalen Regulierungsbehörde durch Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG eröffneten Spielraum bei der Methodik der Netzentgeltberechnung Bezug genommen, wenn es jeweils heißt:
76„Die Regulierungsbehörden sollten die Kosten, die den Netzbetreibern bei der Anwendung dieser Verordnung tatsächlich entstanden sind, in angemessenem Umfang berücksichtigen, wenn sie gemäß Artikel 37 Absätze 1 und 6 der Richtlinie 2009/72/EG und Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 Übertragungs- oder Verteilernetzentgelte oder die entsprechenden Methoden festlegen oder genehmigen oder die Bedingungen für den Anschluss an und den Zugang zu den nationalen Netzen genehmigen.“
77Kosten werden danach also gerade nicht zwingend vollständig, sondern „im angemessenen Umfang“ im Rahmen der Kompetenz der Regulierungsbehörden zur Festlegung und Genehmigung von Netzentgelten bzw. entsprechender Methoden nach Art. 37 Abs. 1 und 6 der Richtlinie 2009/72/EG, zu denen u.a. Art. 37 Abs. 8 der Richtlinie 2009/72/EG weitere inhaltliche Vorgaben enthält, berücksichtigt.
78Da die Vorgaben zur Kostendeckung in den EU-Verordnungen inhaltlich im Wesentlichen korrespondieren und jeweils das Gebot ihrer Berücksichtigung bei der Entgeltermittlung in Art. 11 der Verordnung (EG) 714/2009 konkretisieren, ist schließlich nicht davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber ihnen jeweils einen unterschiedlichen Regelungsgehalt zumessen wollten, so dass die vorstehenden Erwägungen auch auf die anderen einschlägigen Leitlinien und Kodizes übertragbar sind.
79(b) Die Vorgaben in den EU-Verordnungen zur Deckung der aufgrund der Verpflichtungen aus diesen Verordnungen anfallenden Kosten sind bei dem aufgezeigten Verständnis auch nicht obsolet. Ihnen lässt sich nur entnehmen, dass die dort genannten Kategorien von Kosten bei der Berechnung der Netzzugangsentgelte zu berücksichtigen sind, während Kostenkategorien, bezüglich derer die Berücksichtigung bei der Netzentgeltberechnung nicht ausdrücklich angeordnet ist, auch gänzlich unberücksichtigt bleiben können (EuGH, Urteil vom 16.07.2020 - C-771/18, juris Rn. 42 ff., insbesondere Rn. 44, für Kosten, die auf eine Sondersteuer für Übertragungsnetze und eine Abgabe auf Finanztransaktionen entfallen und deren vollständige Nichtberücksichtigung rechtmäßig ist, da sie keine verpflichtend zu berücksichtigenden Kostenkategorien darstellen). Eine Aussage darüber, ob „sämtliche“ dieser Kosten von der nationalen Regulierungsbehörde zu berücksichtigen sind, ist damit nicht verbunden.
80(4) Schließlich rechtfertigen auch teleologische Erwägungen nicht die Annahme, die Anordnung der Kostendeckung in den EU-Verordnungen umfasse die Deckung sämtlicher tatsächlich entstandener Kosten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat vielmehr entschieden, dass die in Art. 1 der Verordnung (EG) 714/2009 festgelegten Ziele, nicht diskriminierende Regeln für den Zugang zu Stromübertragungsnetzen festzulegen und das Entstehen reibungslos funktionierender und transparenter Großhandelsmärkte mit einem hohen Maß an Versorgungssicherheit zu erleichtern, auch wirksam erreicht werden, ohne dass Netzzugangsentgelte sämtliche den Netzbetreibern tatsächlich entstandenen Kosten widerspiegeln müssen (EuGH a.a.O., Rn. 45 ff.). Da diese Feststellung auf die übergeordnete Zielsetzung des Elektrizitätsbinnenmarkts zurückgeht und sich zudem nicht auf bestimmte Kostenkategorien beschränkt, ist sie unmittelbar auf die in Art. 11 der Verordnung (EG) 714/2009 bzw. den EU-Verordnungen aufgeführten Kosten übertragbar.
81Die Argumentation der Beschwerdeführerin, dass die in der Richtlinie 2009/72/EG, der Verordnung (EG) 714/2009 und den EU-Verordnungen genannten Ziele nur erreicht werden könnten, wenn die den Marktteilnehmern auferlegten Verpflichtungen ohne finanzielle Schwierigkeiten und Benachteiligungen umgesetzt werden könnten und es zu Fehlanreizen komme, wenn der Übertragungsnetzbetreiber ein (eigenes) Interesse hätte, eine für ihn wirtschaftlich massiv belastende Umsetzung zu vermeiden, ist abermals zu kurz gegriffen. Sie verkennt, dass sich die unionsrechtlich relevanten Ziele gerade nicht darauf beschränken, den Übertragungsnetzbetreibern durch eine Erstattung sämtlicher Ist-Kosten Anreize zu einer bestmöglichen Erfüllung der europäischen Vorgaben zu setzen. Vielmehr zählen auch die Erreichung von Effizienzgewinnen, wettbewerbsfähigen Preise und höheren Dienstleistungsstandards zu den übergeordneten Zielen, an denen sich die Entgeltbildung zu messen hat.
82(5) Eine Verfahrensaussetzung zwecks Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV vor dem Gerichtshof der Europäischen Union im Hinblick auf die Auslegung von Art. Art. 75 CACM-VO, Art. 58 FCA-VO, Art. 8 EB-VO, Art. 9 SO-VO, Art. 8 NC ER, Art. 9 NC RfG, Art. 7 NC HVDC, und Art. 8 NC DCC ist nicht veranlasst. Die Auslegung der streitgegenständlichen Vorgaben zur Kostendeckung ist unter Berücksichtigung der vorstehend zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs derartig offenkundig, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“, vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1982 - C-283/81, BeckRS 2004, 72919 Rn. 21; Urteil vom 01.10.2015 - C-452/14, BeckRS 2015, 81221, Rn. 43 - Doc Generici m.w.N.).
83bb) Die Berücksichtigung der Personalkosten für europäische Initiativen bzw. Projekte nach den Vorgaben der Anreizregulierungsverordnung als nationalem Regulierungsrecht allein über das sog. Budgetprinzip in den Erlösobergrenzen (i.E. bereits vorstehend unter 1.a)) steht auch im Übrigen im Einklang mit den Anforderungen, die das europäische Recht an die Kostendeckung stellt.
84(1) Die beanstandete Regulierungspraxis genügt schon deshalb dem Gebot einer Berücksichtigung der Kostenkategorie, wie es aus Art. 11 der Verordnung (EG) 714/2009 bzw. den einschlägigen Vorgaben zur Kostenanerkennung in den EU-Verordnungen folgt (vgl. vorstehend unter b) aa) (3) (b)), weil ein beträchtlicher Teil der der Beschwerdeführerin durch die Teilnahme an europäischen Initiativen bzw. Projekten entstehenden Kosten, die keine Personalkosten sind, als verfahrensregulierte Kosten auf Grundlage der FSV KEI zu einer Erlösobergrenzenanpassung führen. So ist ausweislich der von der Bundesnetzagentur im Verhandlungstermin am 22.06.2022 vorgelegten Übersicht „FSV Kosten europäische Initiativen - Projekte (IST-Kosten)“ (Anlage zum Sitzungsprotokoll, Bl. 202 GA) für das Jahr 2017 bei der Beschwerdeführerin ein Betrag in Höhe von … Euro aufgeführt.
85(2) Hiervon abgesehen wird auch der Personalaufwand für die Erfüllung von Aufgaben nach den EU-Verordnungen durch das Budgetprinzip grundsätzlich - und dies zeitnah - berücksichtigt.
86Dass ein etwaiger Personalmehraufwand, der gegenüber dem Basisjahr entsteht, in den Erlösobergrenzen der Regulierungsperiode keine Berücksichtigung findet, führt nicht dazu, dass die streitgegenständlichen Personalkosten strukturell gänzlich unberücksichtigt blieben. Eine gewisse Pauschalität liegt in der Natur des über die Erlösobergrenze zur Verfügung gestellten Budgets, das - anders als ein kostenscharfer Ansatz - zu Über- und Unterdeckungen führen kann. So wird auch ein gegenüber dem Basisjahr reduzierter Personalaufwand nicht in den einzelnen Erlösobergrenzen nachgetragen. Das Budgetprinzip kann sich mit Blick auf die Deckung der streitgegenständlichen Personalkosten in den einzelnen Regulierungsperioden für die Netzbetreiber damit grundsätzlich sowohl wirtschaftlich vorteilhaft als auch nachteilig auswirken. So kann jedenfalls in der Gesamtbetrachtung aller beeinflussbaren Kosten wegen gegenläufiger Entwicklungen einzelner Positionen der Höhe nach das zur Verfügung gestellte Budget zur Deckung sämtlicher Ist-Kosten auskömmlich sein.
87Das in Art. 75 Abs. 1 CACM-VO und Art. 58 Abs. 1 FCA-VO aufgestellte Gebot einer „zeitnahen“ Kostendeckung wird ebenfalls nicht verletzt, da das durch das Ausgangsniveau determinierte Budget dem Netzbetreiber in den einzelnen Jahren der jeweiligen Regulierungsperiode unmittelbar zur Kostendeckung zur Verfügung steht. Eine strukturelle zeitliche Verzögerung ist damit im Budgetprinzip nicht angelegt.
88(3) Schließlich führt der hier streitgegenständliche Umstand, dass in den Basisjahren der 2. und 3. Regulierungsperiode Personalkosten aus europäischen Initiativen bzw. Projekten nicht (2011) bzw. noch in geringerem Umfang als in den Folgejahren (2016) angefallen und solche Kosten deshalb nicht bzw. nur in geringerem Umfang in den Erlösobergrenzen enthalten sind, nicht zu einem Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben.
89Das anreizregulatorische Budgetprinzip dient dem Zweck der Effizienzsteigerung, dem die nationalen Regulierungsbehörden gemäß Art. 37 Abs. 8 der Richtlinie 2009/72/EG im Rahmen der Entgeltbildung ausdrücklich verpflichtet sind. Dass es andere unionsrechtliche Vorgaben zur Entgeltbildung verletzen würde, ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert geltend gemacht, dass das in Art. 37 Nr. 6 lit. a) der Richtlinie 2009/72/EG aufgestellte Gebot, die Netzentgelte oder ihre Methoden so zu gestalten, dass die notwendigen Investitionen in die Netze so vorgenommen werden können, dass die Lebensfähigkeit der Netze gewährleistet ist, im Streitfall verletzt wäre. Mit Blick auf die im angefochtenen Beschluss ausgewiesenen, im Kalenderjahr 2017 erzielbaren Erlöse der Beschwerdeführerin nach § 4 ARegV in Höhe von … Euro und der Berücksichtigung eines beträchtlichen Anteils von Kosten aus der Mitarbeit in europäischen Initiativen als verfahrensregulierte Kosten ist dies vielmehr fernliegend. Wie vom Bundesgerichtshof bereits entscheiden, lassen sich dem europäischen Recht insoweit keine weitergehenden Anforderungen entnehmen als diejenige, dass die Netzbetreiber - bei einer typisierenden Gesamtbetrachtung - ihre Kosten refinanzieren können und das eingesetzte Kapital angemessen verzinst wird (BGH, Beschluss vom 14.07.2015 - EnVR 6/14, RdE 2015, 463 Rn. 37; Beschluss vom 05.05.2020 - EnVR 59/19, juris Rn. 27, wonach kein Anspruch auf eine Ermöglichung oder den Erhalt positiver Sockeleffekte, die bis zum Ende der 2. Regulierungsperiode durch den regulierungsperiodenbezogenen Budgetansatz bei der Finanzierung von Investitionen entstanden ist, über diesen Zeitraum hinaus besteht).
90III. Es kann dahinstehen, ob der auf Erlass einer Verfahrensregulierung nach § 11 Abs. 3 S. 2, S. 4 ARegV bezüglich der Personalkosten der Beschwerdeführerin aus europäischen Initiativen bzw. Projekten und auf Feststellung dieser Personalkosten ohne Zeitverzug als verfahrensreguliert nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 ARegV gerichtete Hilfsantrag der Beschwerdeführerin zulässig ist, insbesondere ob dem Antragserfordernis als besonderer Sachurteilungsvoraussetzung (vgl. vorstehend unter I.3.) genügt ist. Der Beschwerdeführerin steht aus den bereits dargelegten Gründen ein solcher Anspruch jedenfalls in der Sache nicht zu. Das der Bundesnetzagentur mit Blick auf eine wirksame Verfahrensregulierung zustehende Regulierungsermessen kann schon deshalb nicht auf null reduziert sein, weil die Berücksichtigung sämtlicher Personalkosten aus europäischen Initiativen bzw. Projekten unionsrechtlich nicht vorgegeben und deshalb auch nicht im nationalen Anreizregulierungsrecht durch eine zwingende Einordnung der Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile i.S.d. § 11 Abs. 2 ARegV sicherzustellen ist. Damit kann auch offenbleiben, ob die FSV KEI eine Sperrwirkung mit Blick auf die hier streitgegenständlichen Personalkosten aus europäischen Initiativen bzw. Projekten entfaltet und ob die weiteren Voraussetzungen für eine wirksame Verfahrensregulierung nach § 11 Abs. 3 S. 2 ARegV vorliegen.
91IV. Aus den vorstehenden Erwägungen bleibt auch der äußerst hilfsweise gestellte Bescheidungsantrag in der Sache ohne Erfolg.
92C.
93Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 2 EnWG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.
94D.
95Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitentscheidende Frage der Auslegung der Vorgaben zur Kostentragung in den EU-Verordnungen erhebliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für die Anwendung nationalen Regulierungsrechts und damit grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG hat.
96Rechtsmittelbelehrung:
97Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. Die elektronische Form wird durch die Einreichung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und auf einem zugelassenen elektronischen Übermittlungsweg gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERRV) oder von ihr selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und Übermittlungswegen sowie zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der ERRV in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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- 5 C 11/94 1x (nicht zugeordnet)
- 3 Kart 166/17 1x (nicht zugeordnet)
- 3 Kart 750/19 1x (nicht zugeordnet)