Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 20 U 135/18
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.09.2018 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
I.
2Die Klägerin nimmt als Bezugsberechtigte die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungsleistung aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung in Anspruch.
3Der Versicherungsnehmer schloss Ende 1986 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit der Beklagten ab und bestimmte ein widerrufliches Bezugsrecht zugunsten der Klägerin, die seine Patentochter ist. Nach einer zwischenzeitlichen Heirat widerrief der Versicherungsnehmer das Bezugsrecht und bestellte ein solches zugunsten seiner Ehefrau. Nachdem die Ehe gescheitert war, widerrief er auch das Bezugsrecht seiner Ehefrau und bestellte schließlich ein widerrufliches Bezugsrecht zugunsten der „Erben laut Testament“.
4Im November 2016 starb der Versicherungsnehmer. Nach seinem Tod wurde eine Nachlasspflegerin bestellt, die mit Schreiben vom 20.12.2016 gegenüber der Beklagten den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebotes widerrief. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte noch keinen Kontakt zur Klägerin aufgenommen.
5Es existiert ein „Testament“, nach dessen maschinenschriftlich abgefasstem Text die Klägerin zur Alleinerbin bestimmt wird, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die darauf ebenfalls vorhandene Unterschrift vom Versicherungsnehmer stammt. Gesetzliche Erbin nach dem Versicherungsnehmer ist Frau K.
6Die Klägerin ist, der Auffassung, es sei unabhängig von der Formwirksamkeit des „Testaments“ zu ihren Gunsten ein wirksames Bezugsrecht bestimmt worden. Dieses sei mit dem Tod des Versicherungsnehmers unwiderruflich geworden, so dass sie die Auszahlung der Versicherungsleistung an sich beanspruchen könne, deren Höhe mit 54.026,- € zwischen den Parteien unstreitig ist.
7Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob das „Testament“ vom Versicherungsnehmer stamme. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei die Geltendmachung des klägerischen Anspruchs gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Im Verhältnis zur tatsächlichen Erbin fehle es an einem Rechtsgrund, der die Klägerin dazu berechtigen würde, die Versicherungssumme zu behalten. Aufgrund des Umstandes, dass die Leistung sogleich an die Erbin auszukehren sei, stehe der Geltendmachung der „dolo-agit“-Grundsatz entgegen, was vorliegend ausnahmsweise trotz der Tatsache gelte, dass die „Rückgewähr“ nicht an die Beklagte, sondern an einen Dritten – nämlich die Erbin – zu erfolgen habe.
8Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (GA 76 ff.).
9Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie ist weiterhin der Ansicht, aufgrund der gebotenen strikten Trennung zwischen dem Valuta- und dem Deckungsverhältnis könne die Beklagte der Klägerin einen Mangel im Valutaverhältnis nicht entgegen halten. Wegen der Berufungsbegründung im Einzelnen wird verwiesen auf den Schriftsatz des Beklagten vom 03.12.2018 (GA 112 ff.).
10Die Klägerin beantragt in Abänderung des angefochtenen Urteils,
11die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 54.026,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2017, hilfsweise seit dem 03.08.2017 zu zahlen,
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16Der Senat hat durch Beschluss vom 02.01.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar stehe der Klägerin der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung materiell-rechtlich zu. Dessen Geltendmachung verstoße jedoch im vorliegenden Fall gegen § 242 BGB. Da der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer Treuepflichten habe, müsse er ausnahmsweise dem Bezugsberechtigten einen Mängel im Valutaverhältnis entgegen halten können, wenn dieser offenkundig ist. Dies sei hier der Fall, weil zwischen den Parteien unstreitig sei, dass das Schenkungsangebot aufgrund des Widerrufs des entsprechenden Auftrags seitens der Nachlasspflegerin nicht mehr an die Beklagte übermittelt worden sei. Mithin könne ein Schenkungsvertrag von Vornherein nicht wirksam zustande gekommen sein. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom 02.01.2019 (GA 122 ff.) verwiesen.
17Die Klägerin hat sich gegen die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gewandt. Die Sichtweise des Senats verletze das Gebot der strikten Trennung von Valuta- und Deckungsverhältnis und führe zu einer Missachtung des Dispositionsrechts des (verstorbenen) Versicherungsnehmers. Der Versicherer sei nicht zur Entscheidung berufen, wem die Leistung aufgrund des Valutaverhältnisses letztlich zustehe; er müsse aufgrund des unwiderruflich erworbenen Bezugsrechts an die Klägerin auszahlen. Im Übrigen stehe keineswegs sicher fest, dass es zu der vom Senat befürchteten Rückabwicklung im Dreieck kommen müsse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 15.03.2019 (GA 136 ff.) verwiesen.
18Durch weiteren Beschluss vom 20.03.2019 hat der Senat darauf hingewiesen, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls vorliegend sicher zu erwarten sei, dass entweder die Nachlasspflegerin oder die Erbin einen ihr zustehenden Anspruch auf Auskehr der Versicherungsleistung auch geltend machen werde. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf den Beschluss des Senat vom 20.03.2019 (eGA 319 ff.). Dagegen hat sich die Klägerin inhaltlich nicht mehr gewandt.
19II.
20Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
21Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
22Die Berufungsangriffe der Klägerin, wie sie sich aus der Berufungsbegründung vom 03.12.2018 (GA 112 ff.), der Stellungnahme der Klägerin vom 15.03.2019 (GA 136 ff.) zum Senatshinweis vom 02.01.2019 und dem Schriftsatz der Klägerin vom 09.04.2019 auf den weiteren Hinweis des Senats vom 20.03.2019 ergeben, greifen nicht durch.
231.
24Zwar steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch aus Auszahlung der Versicherungssumme materiell-rechtlich zu. Denn mit dem Eintritt des Versicherungsfalls – hier also dem Tod des Erblassers – steht der Anspruch auf die Versicherungsleistung endgültig und unwiderruflich dem Bezugsberechtigten zu (Prölss/Martin-Schneider, VVG, 30. Aufl. 2018, § 159 Rn. 17 m.w.N.).
252.
26Der Senat ist aber mit dem Landgericht der Ansicht, dass die Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin im vorliegenden Fall treuwidrig ist und gegen § 242 BGB verstößt.
27a)
28Zwar ist bei der Einräumung eines Bezugsrechts – wie bei jedem Vertrag zugunsten Dritter – grundsätzlich das Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer unabhängig von dem zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten bestehenden Valutaverhältnis. Ob, wann und in welchem Umfang der Bezugsberechtigte den Anspruch gegen den Versicherer erwirbt, beurteilt sich nach dem Deckungsverhältnis, während das Valutaverhältnis allein für die Frage entscheidend ist, ob der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer letztlich behalten darf (Prölss/Martin-Schneider, a.a.O., § 159 Rn. 26). Mängel im Valutaverhältnis sind für das Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer regelmäßig ohne Belang (BGH, Urteil vom 01.04.1987 – IVa ZR 26/86, NJW 1987, 3131). Fehlt im Valutaverhältnis ein wirksames Schuldverhältnis, muss der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer oder dessen Rechtsnachfolger gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB herausgeben; die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung findet also in diesem Verhältnis statt.
29b)
30Das Vorstehende bedeutet aber nicht, dass nicht ausnahmsweise die Geltendmachung des dem Bezugsberechtigten eingeräumten Anspruchs gegen den Versicherer treuwidrig und daher unzulässig sein könnte.
31aa)
32Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Begrenzung (BGH, Urteil vom 16.02.2005 – IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, juris Rn. 25). Welche Anforderungen sich im Einzelfall aus diesem in § 242 BGB verankerten Prinzip ergeben, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Umstände des Falles entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis beteiligter Personen zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 04.07.2018 – IV ZR 297/16, VersR 2018, 1130, juris Rn. 28).
33Eine in der Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe des Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liegt in der Ausübung eines Rechts ohne schutzwürdiges Eigeninteresse (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 242 Rn. 50). Insbesondere fehlt ein schutzwürdiges Interesse, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzufordern wäre (BGH, Urteil vom 21.12.1989 – X ZR 30/89, BGHZ 110, 33, juris Rn. 20).
34bb)
35Der Senat tritt dem Oberlandesgericht Saarbrücken (Urteil vom 17.05.2017 – 5 U 35/16, VersR 2018, 149) dahingehend bei, dass nach diesen Grundsätzen eine unzulässige Rechtsausübung auch dann vorliegen kann, wenn die Leistung zwar nicht an den Schuldner (hier: an den Versicherer) zurückzugewähren wäre, aber an einen Dritten (hier: an den oder die Erben des Versicherungsnehmers), dem gegenüber der Schuldner aufgrund eines Vertrages Treue- und Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 1 BGB obliegen.
36(1)
37Es ist anerkannt, dass der Grundsatz der strikten Trennung von Valuta- und Deckungsverhältnis nicht ausnahmslos gilt, sondern in bestimmten Fällen sich auch im Deckungsverhältnis ein Einwand des Rechtsmissbrauchs aus Mängeln im Valutaverhältnis ergeben kann (vgl. für den Einwendungsdurchgriff im Verhältnis zwischen Kreditkarteninhaber und Kartenunternehmen z.B. OLG Köln, Urteil vom 14.11.2001 – 13 U 8/01, NJW-RR 2002, 620, juris Rn. 33).
38Zwar ist der Versicherer grundsätzlich nicht dazu berufen, zu entscheiden, wem letztlich im Valutaverhältnis die Versicherungsleistung zusteht. Jedenfalls dann, wenn ein Mangel im Valutaverhältnis offenkundig ist, muss der Versicherer aber aufgrund der ihm auch gegenüber dem Versicherungsnehmer obliegenden Treuepflichten berechtigt sein, dem Bezugsberechtigten gegenüber die Einrede aus § 242 BGB zu erheben (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.05.2017 – 5 U 35/16, VersR 2018, 149; zustimmend Prölss/Martin-Schneider, a.a.O., § 159 Rn. 32; ebenfalls – mit der ausdrücklichen Beschränkung auf „eindeutige und vom Versicherer unter prozessualen Aspekten beweisbare Fälle“ – Winkens, VersR 2018, 133) . Die Geltendmachung des Anspruchs durch den Bezugsberechtigten erschöpft sich in diesen Fällen in der bloßen Ausübung einer formalen Rechtsposition, obwohl offenkundig ist, dass die Versicherungsleistung nach der Rechtsordnung letztlich dem Versicherungsnehmer zusteht.
39Wann ein Mangel im Valutaverhältnis in diesem Sinne offenkundig ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ist diese Voraussetzung erfüllt. Denn der – zwischen den Parteien auch völlig unstreitige – Mangel des Valutaverhältnisses beruht hier darauf, dass die Nachlasspflegerin gegenüber der Beklagten den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots des Erblassers wirksam und rechtzeitig widerrufen hat, woraufhin die Beklagte das Schenkungsangebot nicht mehr an die Bezugsberechtigte übermittelt hat. Dass ein wirksames Schuldverhältnis, welches im Verhältnis des Erblassers und der Klägerin einen Rechtsgrund bildete, auf andere Art begründet worden wäre, wird von keiner Seite vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Damit war im Valutaverhältnis ein Schenkungsvertrag offenkundig nicht wirksam zustande gekommen.
40(2)
41Entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht wird durch die vorstehende Sichtweise nicht der in der Rechtsprechung des BGH anerkannte Grundsatz durchbrochen, dass beim Vertrag zugunsten Dritter im Falle eines Mangels im Valutaverhältnis die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nicht zwischen dem forderungsberechtigtem Dritten (hier: Bezugsberechtigter) und dem Versprechenden (hier: Versicherer) erfolgt, sondern zwischen Versprechensempfänger (hier: Erblasser) und forderungsberechtigtem Dritten einerseits sowie zwischen Versprechensempfänger und Versprechendem andererseits (vgl. dazu Palandt/Sprau, a.a.O., § 812 Rn. 62).
42Denn die Zuerkennung einer Einrede aus § 242 BGB für den Versicherer führt lediglich dazu, dass es zu einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung „im Dreieck“ im soeben beschriebenen Sinne gar nicht kommen muss.
43Der Einwand der Klägerin im Schriftsatz vom 15.03.2019, zu einer solchen Rückabwicklung „im Dreieck“ müsse es ohnehin „nicht zu 100 % auch tatsächlich“ kommen, führt jedenfalls im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung. Bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls steht fest, dass die Nachlasspflegerin oder die Erbin den ihr zustehenden Anspruch auf Auskehr der Versicherungsleistung geltend machen würde, wenn eine Auszahlung der Versicherungssumme an die Klägerin erfolgte. Auf diese Würdigung hat der Senat die Klägerin durch Beschluss vom 20.03.2019 hingewiesen, wogegen sie sich nicht mehr gewandt hat.
44(3)
45Der Senat vermag der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz vom 15.03.2019, die Anwendung von § 242 BGB führe zu einer „Missachtung des Dispositionsrechts“ des Versicherungsnehmers, nicht zu folgen. Selbst wenn die Klägerin die Versicherungsleistung zunächst für sich beanspruchen könnte, wäre sie aus den dargelegten Gründen dem bereicherungsrechtlichen Anspruch der Erbin ausgesetzt und müsste die Versicherungsleistung an diese auskehren. Die Anwendung von § 242 BGB führt lediglich dazu, dass die Klägerin eine nur formal bestehende Rechtsposition nicht ausnutzen kann; an der vom Gesetz letztlich gewollten Zuordnung der Vermögenspositionen ändert sie nichts. Der Versicherungsnehmer hat eben gerade keine Disposition getroffen, welche der Klägerin einen kondiktionsfesten Anspruch auf die Versicherungsleistung verschafft hätte. Dies ist aber nicht Folge der Anwendung von § 242 BGB auf den vorliegenden Fall, sondern des Umstandes, dass der Versicherungsnehmer nicht zu Lebzeiten einen wirksamen Schenkungsvertrag mit der Klägerin schloss.
46(4)
47Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.07.2018 (IV ZR 297/16, VersR 2018, 1130). Dort ist entschieden worden, dass die Geltendmachung eines Anspruchs auf Auszahlung der Versicherungsleistung durch den Versicherungsnehmer auch dann nicht treuwidrig ist, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs bereits offenkundig ist, dass der Versicherungsnehmer den Betrag letztlich an den Versicherten wird auskehren müssen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof angeführt, dass es bei einer Versicherung für fremde Rechnung dem gesetzlichen Regelfall entspreche, dass der Versicherungsnehmer die erhaltene Versicherungsleistung an den Versicherten auskehren muss; die Einstufung der Geltendmachung des Anspruchs durch den Versicherungsnehmer als treuwidrig stünde im Widerspruch zu der Entscheidung des Gesetzgebers, die Verfügungsbefugnis über Rechte aus dem Versicherungsvertrag gerade dem Versicherungsnehmer zuzuordnen (a.a.O., juris Rn. 31).
48Damit ist die hier zu entscheidende Konstellation aber nicht vergleichbar, und zwar schon unabhängig von – dort möglicherweise relevanten – Besonderheiten der Stellung eines Insolvenzverwalters.
49Es entspricht schon nicht dem gesetzlichen Regelfall, dass der Bezugsberechtigte die erhaltene Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer oder dessen Rechtsnachfolger auskehren muss. Eine solche Pflicht besteht vielmehr wie dargelegt nur bei Mängeln im Valutaverhältnis. Zudem existiert auch keine ausdrückliche gesetzgeberische Grundentscheidung dahingehend, dass dem Bezugsberechtigten stets die Geltendmachung seines Anspruchs erlaubt sein müsse und eine Beschränkung aus § 242 BGB nicht in Betracht komme. Eine solche Grundentscheidung kann insbesondere nicht aus dem Umstand gefolgert werden, dass der Bezugsberechtigte wie dargelegt mit dem Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die Versicherungsleistung endgültig und unwiderruflich erwirbt. Denn daraus folgt lediglich, dass der Anspruch materiell-rechtlich dem Bezugsberechtigten zusteht; das trifft aber in allen Fällen zu, in denen die Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs mit der Erwägung als treuwidrig angesehen wird, dass dem Gläubiger ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehlt.
50III.
51Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses unmittelbar aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 5 U 35/16 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis 1x
- Urteil vom Bundesgerichtshof (4. Zivilsenat) - IV ZR 297/16 1x
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 10x
- IV ZR 297/16 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 1x
- Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 5 U 35/16 1x
- ZPO § 794 Weitere Vollstreckungstitel 1x
- X ZR 30/89 1x (nicht zugeordnet)
- 13 U 8/01 1x (nicht zugeordnet)
- IV ZR 18/04 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss 1x