Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht - 3 U 28/11

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 13. Januar 2011, Geschäfts-Nr. 327 O 218/10, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Januar 2011 und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert der Berufungsinstanz wird auf insgesamt € 138.000,00 festgesetzt. Davon entfallen € 120.000,00 auf den Unterlassungs-, € 6.000,00 auf den Auskunfts- und € 12.000,00 auf den Schadensersatzfeststellungantrag.

Gründe

A.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Kennzeichen-, Wettbewerbs- und Vertragsrecht auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

2

Vorliegend wendet sie sich dagegen, dass die Beklagte die Kennzeichnung „Peek & Cloppenburg“ in einem Werbebeileger („petra Style-Guide“) verwendet hat, der im März 2010 der bundesweit erschienenen Zeitschrift „petra“ beigelegt worden ist. Gegenstand des begehrten Verbots ist allein die Verbreitung dieser Werbung im sog. „Wirtschaftsraum NORD“.

3

Bei den Parteien handelt es sich um zwei rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen, die seit mehreren Jahrzehnten unter der gleichlautenden Unternehmensbezeichnung „Peek & Cloppenburg KG“ über verschiedene Filialen den Einzelhandel mit Bekleidung betreiben. Zwischen den Parteien besteht eine im Jahr 1992 bestätigte Übereinkunft aus dem Jahr 1990, nach der das Bundesgebiet in zwei Wirtschaftsräume aufgeteilt ist, - die sog. Wirtschaftsräume NORD und SÜD - und keine der Parteien am Standort der jeweils anderen Partei Bekleidungshäuser eröffnet (Anlagen K 3 und K 4). Der sog. Wirtschaftsraum SÜD ist in der Berufungsinstanz auch als Wirtschaftsraum WEST und in den zur Akte gereichten Landkarten als „P+C W.“ bezeichnet worden (vgl. Anlagen K 3 und K 4).

4

Auf der Grundlage der vorgenannten Vereinbarung unterhält in jedem Wirtschaftsraum stets nur eine der Parteien Bekleidungshäuser unter der Bezeichnung "Peek & Cloppenburg". Die Parteien streiten u.a. darum, ob und inwieweit dieser Vereinbarung weitergehende Regelungen zur Verwendung der Unternehmensbezeichnung „Peek & Cloppenburg“ zu entnehmen sind.

5

Die Klägerin, die ihren Sitz in Hamburg hat, ist mit ihren Bekleidungshäusern im sog. Wirtschaftsraum NORD vertreten, der Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern (hinsichtlich der Ausdehnung in der Berufungsinstanz streitig), Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Ost-Westfalen (mit Münster, Bielefeld und Paderborn), Nord-Hessen, Nord-Sachsen-Anhalt und Ost-Sachsen (mit Dresden und Chemnitz) tätig. Die Beklagte, die ihren Sitz in Düsseldorf hat, betreibt ihre Bekleidungshäuser in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen (mit Ausnahme von Ost-Westfalen), Süd-Hessen, Süd-Sachsen-Anhalt, Sachsen (im Westen) und Thüringen (sog. Wirtschaftsraum SÜD).

6

Die Parteien nehmen jeweils für sich in Anspruch, an der Bezeichnung "Peek & Cloppenburg" die älteren Rechte zu haben.

7

Die Parteien haben für ihre Bekleidungshäuser ganz überwiegend unabhängig und getrennt geworben. Lediglich von 1996 bis zum Februar 2000 haben sie gemeinsam bundesweit Werbung in überregionalen Zeitschriften und Zeitungen geschaltet, und zwar insgesamt 21 gemeinsame überregionale Beilagen und weitere Beilagen, in denen mit bekannten Persönlichkeiten für das Angebot der Parteien geworben wurde.

8

Nachdem die werbliche Zusammenarbeit der Parteien im Februar 2000 mit einer Werbekampagne ihr Ende gefunden hatte, setzte die Beklagte diese Werbeaktivitäten allein fort, und zwar auch mit bundesweiter Werbung. Dies monierte die Klägerin gegenüber der Beklagten. Sie führte aus, dass die bundesweit beworbenen Waren auch in den Filialen der Klägerin nachgefragt würden. Da die Klägerin diese Artikel entweder gar nicht oder zu anderen Preisen anbiete, komme es bei ihren Kunden zu erheblichen Irritationen, die das Vertrauen dieser Kunden zur Klägerin und zu ihrem Angebot äußerst negativ beeinflussten. Zudem hätten die Parteien den Schwerpunkt ihres jeweiligen Warensortiments inzwischen deutlich unterschiedlich gesetzt. Die Beklagte setze auf Testimonials und Celebrities, was für das Image und die Kernzielgruppe der Klägerin eher schädlich als nützlich sei (Anlage K 6). Der Vorschlag der Beklagten, zukünftig auf der Vorder- und Rückseite der Printwerbung jeweils die Angabe „Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf“ zu verwenden und die einzelnen Kaufhäuser der Beklagten namentlich aufzuführen (Anlage K 7), genügte der Klägerin jedoch nicht. Sie verlangte, dass die Beklagte gänzlich davon absehe, ihre Werbung im Gebiet der Bekleidungshäuser der Klägerin (Wirtschaftsraum NORD) zu verbreiten (Anlage K 8).

9

In der Folgezeit beanstandete die Klägerin zahlreiche bundesweite Werbemaßnahmen der Beklagten, die in den Wirtschaftsraum NORD hineinreichten, was im Lauf der Jahre zu diversen Rechtsstreitigkeiten und Entscheidungen verschiedener Landgericht, Oberlandesgerichte und des BGH geführt hat.

10

Im März 2010 verwendete die Beklagte die Bezeichnung „Peek & Cloppenburg“ in einem 35-seitigen Werbebeileger, den sie in der bundesweit erschienenen Zeitschrift „petra“ unter der Bezeichnung „petra Style-Guide“ veröffentlichen ließ (vgl. Original des Werbebeilegers, das der Akte des vor dem Landgericht Hamburg geführten einstweiligen Verfügungsverfahren, Az. 327 O 126/10 = Berufungsverfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, Az. 3 U 180/11, entnommen worden ist). Der Beileger war nicht in die Zeitschrift „petra“ eingeheftet und zugleich höher und schmaler als die Zeitschrift selbst. Die Klägerin beanstandet die Kennzeichenverwendung in diesem Beileger in seiner Gesamtheit.

11

Die Frontseite des Beilegers trägt die Überschrift „petra Style-Guide“ mit der Unterzeile „powered by Peek & Cloppenburg*“. Im unteren Bereich der Seite findet sich ein schwarz umrandeter Kasten bei gleich bleibendem Hintergrund, der den folgenden Text enthält:

12

*ES GIBT ZWEI UNABHÄNGIGE UNTERNEHMEN Peek & Cloppenburg
MIT IHREN HAUPTSITZEN IN DÜSSELDORF UND HAMBURG. DIES
IST EINE INFORMATION DER PEEK & CLOPPENBURG KG DÜSSELDORF.
STANDORTE FINDEN SIE UNTER WWW.PEEK-CLOPPENBURG.DE.

13

Im Inneren des Beilegers befindet sich neben den Abbildungen verschiedener Bekleidungsstücke verschiedentlich der Hinweis „gesehen bei P&C Düsseldorf“. In der Mitte des Beilegers findet sich ein doppelseitiger Artikel mit dem Titel „Hollywood Stories“, bestehend aus einem redaktionellen Beitrag, der sich mit dem „Shooting zur neuen Imagekampagne der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf“ befasst. Rechts unten auf der Doppelseite findet sich in einem gesonderten Kasten wiederum der vorstehend aufgeführte Text.

14

Gegen diese Werbung erwirkte die Klägerin die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 8. März 2010, Az. 327 O 126/10, mit welcher der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist,

15

die Kennzeichnung „Peek & Cloppenburg“ in Beiheftern zu Zeitschriften erscheinen zu lassen,

16

wenn dies wie in der Anlage 1 zu diesem Antrag geschieht und

17

wenn die Zeitschriften in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ostsachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg, vertrieben werden.

(vgl. Anlage K 1).

18

Bei der mit der einstweiligen Verfügung verbundenen Anlage 1 handelte es sich um Farbkopien des Deckblatts der Zeitschrift „petra“, März 2010, sowie des Deckblatts und der Seiten 18, 19 und 35 des Beilegers „petra Style-Guide“.

19

Auf den Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung vom 8. März 2010 mit Urteil vom 22. September 2011 aufgehoben und den auch ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin zunächst Berufung eingelegt, Az. 3 U 180/11. Den diesbezüglichen Rechtsstreit haben die Parteien inzwischen übereinstimmend für erledigt erklärt und sich hinsichtlich der Kosten verglichen.

20

Mit dem hiesigen Verfahren verfolgt die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch, nebst Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsbegehren in der Hauptsache weiter.

21

Die Klägerin hat ausgeführt, dass ihr mit den bundesweit verbreiteten Glamour-Werbekampagnen der Beklagten ein Marketing-Image aufgezwungen werde, das sie nicht wolle. Sie werde auf diese Weise in ihrem eigenen Marketing-Konzept, das wesentlich klassischer, bürgerlicher und „down to earth“ ausgerichtet sei, eingeschränkt. Damit werde ihr jegliches Selbstbestimmungsrecht im Bereich der Werbung genommen. Die Werbung der Beklagten führe zu einer erheblichen Störung der Klägerin im Wirtschaftsraum NORD. Sie führe zu Enttäuschung und Frustration der durch die Werbung angelockten Kunden, wenn die durch die Beklagte beworbene Ware in den Bekleidungshäusern der Klägerin nicht vorrätig sei. Dies führe zum Nachteil der Klägerin auch zu einem erheblichen Vertrauensverlust der Kundschaft (Anlage K 17).

22

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die auch im norddeutschen Raum erschienene Werbung die zwischen den Parteien im Hinblick auf ihre Unternehmensbezeichnungen bestehende Gleichgewichtslage gestört. Die Klägerin hat die Werbung der Beklagten hilfsweise auch als irreführend beanstandet und höchst hilfsweise geltend gemacht, die Beklagte habe mit der Werbung gegen die zuletzt in den Jahren 1990/1992 vertraglich vereinbarte Aufteilung der Wirtschaftsräume NORD und SÜD (Anlagen K 3 und K 4) verstoßen.

23

Die Klägerin hält die in dem streitgegenständlichen Beileger abgedruckten Hinweise auf das Bestehen zweier unterschiedlicher unter der Bezeichnung „Peek & Cloppenburg“ tätigen Unternehmen für unzureichend. Die Hinweise seien zu unauffällig, um den Verkehr darüber aufzuklären, dass die Werbung sich auf ein von ihr - der Klägerin - zu unterscheidendes Unternehmen beziehe. Der Verkehr sei daran gewöhnt, die Firmierung „Peek & Cloppenburg“ nicht zu hinterfragen. Er nehme vielmehr an, dass es sich um ein einheitliches Unternehmen handele. Der hinsichtlich der einzelnen Standorte der Beklagten verwendete Verweis auf die Webseite der Beklagten sei unzureichend.

24

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte zur Nutzung ihres Firmennamens „Peek & Cloppenburg“ im Wirtschaftsraum NORD überhaupt nicht berechtigt sei. Für die Beklagte bestehe auch keine objektive Notwendigkeit, Werbung in überregionalen Medien zu betreiben.

25

Nach dem Recht der Gleichnamigen dürfe die Beklagte den jahrzehntelang eingehaltenen Status quo nicht einseitig verändern.

26

Die Klägerin hat weiter ausgeführt, dass der streitgegenständliche Werbebeileger irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG und § 5 Abs. 2 UWG sei. Es bestehe die Gefahr einer Herkunftstäuschung, bzw. eine Verwechslungsgefahr mit dem Kennzeichen der Klägerin (Anlage K 16). Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Erwägungen des BGH aus dem zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 30. März 2010, Az. I ZR 174/07 (Anlage B0), nicht übertragbar seien. Die dortigen Ausführungen bezögen sich nur auf das werbliche Auftreten im Internet.

27

Im Hinblick auf die Vereinbarung zur Gebietsaufteilung aus den Jahren 1990/1992 (Anlagen K 3 und K 4) hat sie ausgeführt, dass sich aus dieser Vereinbarung (auch) ein wechselseitiges Werbeverbot in dem Wirtschaftsraum des jeweils anderen ergebe. Es sei in sich widersprüchlich, wenn der Verkauf von Bekleidungsstücken jeweils - unstreitig - nur in den festgelegten Wirtschaftsräumen stattfinden dürfe, die Werbung für diesen Vertrieb aber abweichend davon überall zulässig sein solle. Die Vereinbarung enthalte ein Verbot jeglicher Nutzung der Unternehmenskennzeichen „Peek & Cloppenburg“ und „P&C“ außerhalb des vertraglich zuerkannten jeweils eigenen Wirtschaftsraums.

28

Die Klägerin hat beantragt,

29

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

30

zu unterlassen, die Kennzeichnung „Peek & Cloppenburg“ in Beiheftern zu Zeitschriften erscheinen zu lassen,

31

wenn dies wie in der Anlage 1 zu diesem Antrag geschieht und

32

wenn die Zeitschriften in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ostsachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg, vertrieben werden;

33

II. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, über den Umfang der gemäß Ziffer I. geschalteten Beihefter durch Bekanntgabe der Zeitschriften und/oder Zeitungen, in denen diese Beihefter erschienenen sind, der Zeitpunkte, zu denen diese Beihefter erschienenen sind, der Auflagenhöhe der jeweiligen Zeitschriften, deren Verbreitungsgebiete und Bekanntgabe der Umsatzzahlen vor und nach Schaltung der Beihefter gemäß Ziffer I., jeweils durch Übergabe eines geordneten Verzeichnisses;

34

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den entstanden und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und zwar hinsichtlich der Handlungen gemäß Ziffer I.

35

Die Beklagte hat beantragt,

36

die Klage abzuweisen.

37

Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Klage unbegründet sei. Sie hat die Ansicht vertreten, dass aus den bereits vorliegenden gerichtlichen Entscheidungen folge, dass es allein darauf ankomme, ob die Werbung für den aufmerksamen Durchschnittsverbraucher ausreichend deutlich erkennen lasse, von welchem Peek & Cloppenburg-Unternehmen sie stamme. Auf die Frage, welches Unternehmen prioritätsältere Rechte an der Kennzeichnung „Peek & Cloppenburg“ habe, komme es hingegen nicht an.

38

Sie hat weiter ausgeführt, dass der von ihr in dem streitgegenständlichen Werbebeileger verwendete Aufklärungshinweis, in dem erläutert werde, dass es zwei unabhängige Unternehmen „Peek & Cloppenburg“ gebe, und dass die vorliegende Information von der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf stamme, ausreichend sei. Die Schrift des Hinweistextes sei ohne Mühe lesbar und der Hinweistext selbst sei kurz und klar.

39

Der Beileger werde vom Publikum auch nicht als ein redaktioneller Teil der Zeitschrift „petra“ aufgefasst, da er der Zeitschrift als loses Extra-Heft beigefügt sei. Das Unternehmenskennzeichen werde auch nicht blickfangmäßig eingesetzt. Zudem erkenne der Leser auf einen Blick, dass es sich bei der Werbebeilage insgesamt um ein von der Beklagten gesponsertes Heft handelt, wie die Angabe „powered by“ unmittelbar erkennen lasse.

40

Die Beklagte hat - wie auch in den vorangegangenen Verfahren - bestritten, dass mit der Vereinbarung über die Wirtschaftsräume NORD und SÜD eine echte Gebietsaufteilung vereinbart worden sei. Eine solche Vereinbarung wäre kartellrechtswidrig. Zwischen den Parteien habe lediglich ein Konsens über die Wirtschaftsräume bestanden, in denen die Parteien unter ihrer Firmenbezeichnung „Peek & Cloppenburg“ Bekleidungshäuser hätten betreiben dürfen. Eine Vereinbarung über einen generellen Verzicht auf die Verwendung der eigenen Firmierung im Gebiet des jeweils anderen sei hingegen nicht getroffen worden.

41

Das Landgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 13. Januar 2011, Az. 327 O 218/10, abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte alles Erforderliche und Zumutbare getan habe, um der bei einer Ausdehnung des räumlichen Tätigkeitsgebiets unvermeidlichen Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegen zu wirken. Dies sei in der streitgegenständlichen Werbung mit den ausdrücklich erfolgten Hinweisen hinreichend geschehen.

42

Gegen die Klagabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

43

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

44

Ergänzend führt sie aus, dass das Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass es allein die Beklagte gewesen sei, die die Gleichgewichtslage wesentlich verändert habe.

45

Entgegen der Ansicht des Landgerichts stehe der Beklagten kein schutzwürdiges Interesse an einer bundesweiten Werbung zu. Zudem seien die Interessen der Verbraucher, insbesondere das Interesse, nicht getäuscht zu werden, unberücksichtigt geblieben. Gleiches gelte hinsichtlich des Interesses der Klägerin, die nicht hinnehmen müsse, dass ihre Kunden im Wirtschaftraum NORD mit fremder Werbung konfrontiert würden, die sie fälschlich der Klägerin zurechneten.

46

Das Landgericht habe einseitig die Interessen der Beklagten beachtet, nicht jedoch die erforderliche umfassende Interessenabwägung vorgenommen. Dabei seien auf Seiten der Klägerin die lange Dauer der ungestörten Benutzung von rund 24 Jahren, der mit 80,9% überragende Bekanntheitsgrad der klägerischen Kennzeichnung (Anlage K 14), der damit verbundene überragende materielle Besitzstand der Klägerin und der hohe Grad der Werbe- und Kommunikationsfunktion des klägerischen Kennzeichens im Wirtschaftsraum NORD zu berücksichtigen. Darüber hinaus seien auch der Charakter des klägerischen Kennzeichens „Peek & Cloppenburg“ als besonders einprägsamer Name und der Umstand zu beachten, dass die Printwerbung der Beklagten besonders verletzungsintensiv sei (Anlage K 17). Weiter sei zu berücksichtigten, dass für die Beklagte keine Notwendigkeit einer Werbung im Wirtschaftsraum NORD bestehe. Vielmehr handele es sich um unnötige Werbeaufwendungen, die nicht zu einem Verkaufserfolg der Beklagten führten (Anlage K 17 und 26).

47

Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, dass der verwendete Aufklärungstext unzureichend sei. Zum einen habe die Beklagte bereits ihrer Firmierung einen unterscheidungskräftigen Zusatz beifügen müssen. Zum anderen sei der verwendete Aufklärungstext sowohl optisch als auch inhaltlich unzureichend.

48

Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestünden die geltend gemachten Ansprüche auch auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage. Im Rahmen der Prüfung von § 5 Abs. 2 UWG müssten kennzeichenrechtliche Wertungen außer Betracht bleiben. Zudem stelle die streitgegenständliche Werbung der Beklagten einen Verstoß gegen die vertragliche Vereinbarung der Parteien dar. Auch die Verwendung des Kennzeichens „Peek & Cloppenburg“ in der streitgegenständlichen Werbung habe eine Benutzung dargestellt, die von den Parteien außerhalb des eigenen Wirtschaftsraums nicht erwünscht gewesen sei.

49

Den erstmals in der Berufungsinstanz erfolgten Vortrag der Beklagten, wonach das Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern nur teilweise zum Wirtschaftsraum NORD, im Übrigen jedoch zum Wirtschaftsraum SÜD gehöre, rügt die Klägerin als verspätet. Zudem bestreitet sie dieses Vorbringen und führt unter Beweisantritt aus, dass - anders als in der Landkarte vom 6. April 1990 eingezeichnet (Anlage K 3) - das gesamte Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern nach dem jahrzehntelang gelebten Verständnis der Parteien zum Wirtschaftsraum NORD der Klägerin gehöre. Davon sei auch die Beklagte in den von ihr betriebenen Aktivverfahren gegen die Klägerin ausgegangen (Anlagen K 39 bis K 44). Sie, die Klägerin sei mit ihren Werbemaßnahmen seit der Wiedervereinigung überall im Wirtschaftsraum NORD, auch in ganz Mecklenburg-Vorpommern aufgetreten. Die Beklagte hingegen habe ganz Mecklenburg-Vorpommern von ihren Adwords-Kampagnen ausgenommen, seitdem sie diese auf den Wirtschaftsraum SÜD aussteuere.

50

Die Klägerin beantragt zuletzt,

51

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Januar 2011, Az. 327 O 218/10, abzuändern und

52

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

53

zu unterlassen, die Kennzeichnung „Peek & Cloppenburg“ in Beiheftern zu Zeitschriften erscheinen zu lassen,

54

wenn dies wie in der Anlage 1 zu diesem Antrag gemäß dem Beihefter „petra Style-Guide“ zur Zeitschrift „petra“ vom März 2010 geschieht,

55

und wenn die Zeitschriften in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ostsachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg, vertrieben werden;

56

II. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, über den Umfang der gemäß Ziffer I. geschalteten Beihefter durch Bekanntgabe der Zeitschriften und/oder Zeitungen, in denen diese Beihefter erschienenen sind, der Zeitpunkte, zu denen diese Beihefter erschienenen sind, der Auflagenhöhe der jeweiligen Zeitschriften, deren Verbreitungsgebiete, jeweils durch Übergabe eines geordneten Verzeichnisses;

57

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den entstanden und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und zwar hinsichtlich der Handlungen gemäß Ziffer I..

58

Die Beklagte beantragt,

59

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

60

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags und unter Heranziehung der mittlerweile vorliegenden einschlägigen BGH-Rechtsprechung.

61

Sie führt erneut aus, dass sie ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an bundesweiter Imagewerbung der vorliegenden Art habe. Zudem ist sie weiterhin der Ansicht, dass die verwendeten Aufklärungshinweise ausreichend seien.

62

Darüber hinaus trägt die Beklagte mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018, dort insbesondere Seiten 8 und 9 (eingeblendete Landkarte), erstmals vor, dass das Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern nach den Vereinbarungen der Parteien nur teilweise zum Wirtschaftsraum NORD gehöre. Das ergebe sich aus der als Anlage K 3 vorgelegten Landkarte vom 6. April 1990, in der die Parteien die jeweiligen Wirtschaftsräume farblich markiert hätten. Danach gehöre zum Wirtschaftsraum NORD der Klägerin nur der nord-westliche Teil Mecklenburg-Vorpommerns, der in etwa dem Großraum Schwerin/Rostock entspreche. Der süd-östliche Teil Mecklenburg-Vorpommerns, der dem Großraum Neubrandenburg entspreche, gehöre hingegen zum Wirtschaftsraum SÜD der Beklagten (Anlage K 3). Die Beklagte bestreitet den Vortrag der Klägerin dazu, dass nach dem jahrzehntelang gelebten Verständnis der Parteien, das Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern vollen Umfangs zum Wirtschaftraum NORD gehöre.

63

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 24. Mai 2018 Bezug genommen.

B.

64

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

65

Es gilt das Recht der Gleichnamigen. Den durch das Recht der Gleichnamigen aufgestellten Anforderungen hat die Beklagte durch die hier in Rede stehenden Hinweise in unmittelbarer Nähe zur Unternehmenskennzeichnung Genüge getan und damit in ausreichendem Maße einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr zwischen den Parteien entgegengewirkt. Daher steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, und zwar weder aus §§ 5 Abs. 1 und 2, 15 Abs. 2 und 4 MarkenG (dazu nachfolgend unter 2.), noch aus §§ 8, 3, 5 Abs.1 S. 2 Nr. 1, 5 Abs. 2 UWG (dazu nachfolgend unter 3.). Der Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus der von der Klägerin behaupteten vertraglichen Vereinbarung der Parteien (dazu nachfolgend unter 4.).

66

Die Annexanträge zu II. und III., gerichtet auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung, sind demzufolge ebenfalls unbegründet (dazu nachfolgend unter 5.).

I.

67

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu I. ist unbegründet.

1.

68

Mit dem Unterlassungsantrag zu I. soll die Beklagte bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt werden,

69

es zu unterlassen, die Kennzeichnung „Peek & Cloppenburg“ in Beiheftern zu Zeitschriften erscheinen zu lassen,

70

wenn dies wie in der Anlage 1 zu diesem Antrag gemäß dem Beihefter „petra Style-Guide“ zur Zeitschrift „petra“ vom März 2010 geschieht,

71

und wenn die Zeitschriften in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ostsachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg, vertrieben werden.

72

Der Unterlassungsantrag ist in der zuletzt gestellten Fassung hinreichend bestimmt.

aa)

73

Zwar liegen hier insoweit drei unterschiedliche Streitgegenstände vor, als die Klägerin aus ihrem Unternehmenskennzeichen sowie wegen eines Verstoßes gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot und auf vertraglicher Grundlage gegen die Beklagte vorgeht. Die Klägerin hat jedoch mit der Berufungsbegründung vom 20. Juni 2011, dort Seite 56, klargestellt, dass sie ihre Ansprüche in erster Linie auf die Rechte aus ihrem Unternehmenskennzeichen, in zweiter Linie auf einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 UWG und zuletzt auf die Abgrenzungsvereinbarung der Parteien stützt.

bb)

74

Zudem ist der Unterlassungsantrag - ausweislich der in der Berufungsverhandlung vom 24. Mai 2018 erfolgten Klarstellung der Klägervertreter - auf die konkrete Verletzungsform gerichtet und somit hinreichend bestimmt.

75

Zwar handelt es sich bei der im Unterlassungsantrag genannten Anlage 1, die diesem Berufungsurteil in verkleinerter Form als Anlage 1 beigefügt ist, nicht um den vollständigen streitgegenständlichen Beileger, sondern um Farbkopien des Deckblatts der Zeitschrift „petra“, März 2010, sowie des Deckblatts und der Seiten 18, 19 und 35 des Beilegers „petra Style-Guide“. Die Klägervertreter haben jedoch klargestellt, dass sie die Verwendung der Angabe „Peek & Cloppenburg“ auf den vorgenannten Seiten des Beilegers im Gesamtzusammenhang des vollständigen Beilegers angreifen. Die Klägervertreter haben weiter klargestellt, dass es sich entgegen der im Unterlassungsantrag gewählten Bezeichnung bei dem „petra Style-Guide“ nicht um einen Beihefter, sondern um einen Beileger handelt.

cc)

76

Gegenstand des Unterlassungsantrags der Klägerin ist das Verbot der vorgenannten Werbung im Bereich des im Antrag definierten Wirtschaftsraums NORD. Soweit die Beklagte die Reichweite des Unterlassungsantrags erstmals in der Berufungsinstanz dahingehend beanstandet, dass Wirtschaftsraum NORD, nach der Vereinbarung der Parteien (Anlagen K 3 und K 4) nicht das gesamte Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns, sondern nur den nord-westlichen Teil, der in etwa dem Großraum Schwerin/Rostock entspreche, nicht jedoch den süd-östlichen Teil, der dem Großraum Neubrandenburg entspreche, umfasse, ist ihr Vorbringen neu und gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zurückzuweisen.

77

Die Klägerin hat erstinstanzlich unbeanstandet vorgebracht, dass der Wirtschaftsraum NORD das gesamte Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern umfasse. Das entsprach - bis dahin - auch dem Prozessvorbringen beider Parteien in den zahlreichen weiteren zwischen ihnen geführten Rechtsstreitigkeiten. Einer näheren Substantiierung dieses Klagvorbringens bedurfte es somit nicht, zumal dieses Vorbringen nicht in Widerspruch zu den als Anlage K 3 und K 4 vorgelegten Kopien der Landkarten vom 6. April 1990 und vom 28. August 1992 steht, denn dort ist das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern schon nicht mit abgebildet.

78

Die in die Seite 9 des Schriftsatzes der Beklagtenvertreter vom 7. Mai 2018 eingeblendete Landkarte und die dort eingezeichnete Gebietsgrenzen bzw. -flächen der Wirtschaftsräume NORD und SÜD könnten zwar für das jetzige Vorbringen der Beklagten sprechen. Die Beklagte hat indes nicht dargetan, warum sie diesen Vortrag nicht bereits in erster Instanz gehalten hat und warum es nicht auf einer Nachlässigkeit beruht, dieses neue Verteidigungsmittel erstmals in der Berufungsinstanz vorzubringen. Der neue Vortrag ist auch nicht deswegen zu berücksichtigen, weil er zwischen den Parteien unstreitig geblieben wäre. Die Klägerin hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass - entgegen den in der Landkarte eingeblendeten Grenzverläufen - das gesamte Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern nach dem jahrzehntelang gelebten Verständnis der Parteien zum Wirtschaftsraum NORD gehöre.

2.

79

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht nach §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2 und 4 MarkenG wegen Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin begründet.

a)

80

Vorliegend ist davon auszugehen, dass beide Parteien an dem Zeichen "Peek & Cloppenburg KG", das sie seit mehreren Jahrzehnten im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung ihrer Unternehmen verwenden, gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 1 MarkenG den Schutz eines Unternehmenskennzeichens erworben haben und dass zwischen ihnen wegen der seit Jahrzehnten unbeanstandet nebeneinander benutzten Unternehmenskennzeichen eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage besteht, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 18; BGH, Urteil vom 31. März 2010, Az. I ZR 174/07, GRUR 2010, 738, Rn. 16 und 20 - Peek & Cloppenburg I).

b)

81

Nach den Grundsätzen des Rechts der Gleichnamigen kann der Inhaber des prioritätsälteren dem Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich erworbenen Besitzstand eingreifen; vielmehr muss er die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden. Der Inhaber des Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 19; BGH, BGH, Urteil vom 14. April 2011, Az. I ZR 41/08, GRUR 2011, 623, Rn. 37 - Peek & Cloppenburg II; BGH, Urteil vom 7. Juli 2011, Az. I ZR 207/08, GRUR 2011, 835, Rn. 16 - Gartencenter Pötschke).

c)

82

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend aufgrund der bundesweiten Werbung der Beklagten von einer Störung der kennzeichenrechtlichen Gleichgewichtslage (dazu nachfolgend aa), und weiter davon auszugehen, dass die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Verbreitung der streitgegenständlichen Werbung im gesamten Bundesgebiet hat (dazu nachfolgend bb). Zudem hat die Beklagte die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (dazu nachfolgend cc).

aa)

83

Die Beklagte hat durch die beanstandete Werbung im gesamten Bundesgebiet, und damit auch im Wirtschaftsraum NORD, unter Verwendung ihres Unternehmenskennzeichens "Peek & Cloppenburg" die Verwechslungsgefahr zu Lasten der Klägerin erhöht und die bestehende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage gestört.

84

Die Erhöhung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG kann sich aus einer Verringerung des Abstands der wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche der Parteien ergeben, etwa aus einer Ausdehnung des sachlichen oder räumlichen Tätigkeitsgebiets der einer Parteien zu Lasten der anderen (vgl. BGH, GRUR 2010, 738, Rn. 22 - Peek & Cloppenburg I). Im Streitfall liegt eine Ausdehnung der Werbemaßnahmen der Beklagten in den Wirtschaftsraum NORD vor, in dem nur die Klägerin Bekleidungshäuser betreibt. Dem allgemeinen Publikum ist nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen nicht bekannt, dass voneinander unabhängige Unternehmen mit der gleichlautenden Bezeichnung "Peek & Cloppenburg" existieren. Die Werbung der Beklagten in überregionalen, auch im Wirtschaftsraum NORD erscheinenden Zeitungen oder Zeitschriften begründet daher die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese Werbung fälschlicherweise der Klägerin zurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 22).

bb)

85

Die Beklagte hat - entgegen der Ansicht der Klägerin - ein schutzwürdiges Interesse an der fraglichen bundesweiten Werbung. Dies liegt auf der Hand. Die Beklagte ist als Handelsunternehmen im Bekleidungsbereich mit Niederlassungen in neun Bundesländern und damit in einem erheblichen Teil Deutschlands tätig. Daraus ergibt sich ein anerkennenswertes Interesse an einer Werbung in Medien, die bundesweit vertrieben werden. Zu den potenziellen Kunden der Beklagten rechnen auch Verbraucher, die im norddeutschen Raum wohnen und zumindest gelegentlich an einen Ort fahren, in dem die Beklagte eine Filiale betreibt. Diese Verkehrskreise muss die Beklagte mit ihrer Werbung erreichen können (vgl. BGH, GRUR-RR 2014, 201, Rn. 23 - Peek & Cloppenburg IV; BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 23). Eine Beschränkung der Werbung auf den räumlichen Tätigkeitsbereich ist bei einem derartigen Unternehmen von vornherein nicht zumutbar (BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az. I ZR 64/11, GRUR-RR 2014, 201, Rn. 20 - Peek & Cloppenburg IV).

86

Zudem kann der Beklagten - ebenso wie umgekehrt der Klägerin - auch deshalb eine Printwerbung wie die vorliegend in Rede stehende nicht untersagt werden, weil sie die Möglichkeit haben muss, Imagewerbung im gesamten Bundesgebiet zu betreiben. Deshalb kommt es schon im Ansatz nicht darauf an, ob in der Zeitschrift - wie die Klägerin behauptet - eine auf die Regionen mit Standorten der Beklagten (Wirtschaftsraum SÜD) beschränkte Werbung grundsätzlich möglich ist (BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az. I ZR 64/11, GRUR-RR 2014, 201, Rn. 23 - Peek & Cloppenburg IV).

87

Auf das von der Klägerin vorgelegte Privatgutachten Dr. Brandmeyer vom Dezember 2004 (Anlage K 17) kommt es danach nicht an. Im Übrigen fehlt es aber auch an hinreichendem Klagvortrag dazu, dass eine Beschränkung der Werbung in derartigen Medien auf den Wirtschaftsraum SÜD, in dem die Beklagte tätig ist, mit vertretbarem Aufwand und ohne Einschränkungen der Wirkung der Werbung möglich ist. Dafür ist nichts ersichtlich.

cc)

88

Die Beklagte hat zudem das Erforderliche und Zumutbare unternommen, um einer Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken.

(1)

89

In der Rechtsprechung des BGH zum Recht der Gleichnamigen ist anerkannt, dass aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu bestimmen ist, was im Einzelfall erforderlich und zumutbar ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu verringern (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 27; BGH, Urteil vom 30. Januar 2008, Az. I ZR 134/05, GRUR 2008, 801, Rn. 25 - Hansen-Bau). Das wird häufig durch unterscheidungskräftige Zusätze zum Unternehmenskennzeichen geschehen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1995, Az. I ZR 24/93, BGHZ 130, 134, 149 - Altenburger Spielkartenfabrik). In geeigneten Fällen können als milderes Mittel aber auch aufklärende Hinweise genügen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 27; BGH, Urteil vom 11. April 2002, Az. I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 - vossius.de).

90

Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine bereits bestehende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage ohne Ausweitung des Tätigkeitsbereichs und Wirkungskreises durch Werbemaßnahmen in bestimmten Medien gestört wird. Der danach erforderliche Hinweis muss hinreichend deutlich machen, welchem Unternehmen die Werbung zuzuordnen ist. Dazu muss er leicht erkennbar, deutlich lesbar, inhaltlich zutreffend, seinem Sinn nach ohne weiteres erfassbar und geeignet sein, dem unzutreffenden Verkehrsverständnis in ausreichendem Maße zu begegnen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 27; BGH, GRUR 2010, 738, Rn. 37 - Peek & Cloppenburg I).

91

Der aufklärende Hinweis muss jedoch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht besonders auffällig gestaltet sein. Er muss in seiner Bedeutung auch nicht der Werbebotschaft selbst entsprechen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 26). Anderenfalls bestünde nämlich die Gefahr, dass die Werbebotschaft durch den aufklärenden Hinweis in den Hintergrund gedrängt würde, was die Beklagte aus Rechtsgründen nicht hinzunehmen braucht (BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az. I ZR 64/11, GRUR-RR 2014, 201, Rn. 30 - Peek & Cloppenburg IV).

(2)

92

Diesen Anforderungen genügt der von der Beklagten in der Werbung angebrachte aufklärende Text.

(2.1)

93

Dieser Text ist leicht erkennbar, deutlich lesbar und in ausreichender Schriftgröße gestaltet. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nicht die Modewerbung mit den abgebildeten Personen und den weiteren Werbetexten. Abzustellen ist vielmehr auf die Angabe der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg".

(2.1.1)

94

Auf dem Deckblatt des streitgegenständlichen Beilegers („petra Style-Guide“) ist die Angabe „powered by Peek & Cloppenburg*“ mit einem Sternchenhinweis versehen. Dieser Sternchenhinweis wird im unteren Seitenbereich des Deckblatts aufgelöst. Dort befindet sich ein schwarz umrandeter Kasten bei gleich bleibendem Hintergrund der den folgenden in Text enthält:

95

*ES GIBT ZWEI UNABHÄNGIGE UNTERNEHMEN Peek & Cloppenburg
MIT IHREN HAUPTSITZEN IN DÜSSELDORF UND HAMBURG. DIES
IST EINE INFORMATION DER PEEK & CLOPPENBURG KG DÜSSELDORF.
STANDORTE FINDEN SIE UNTER WWW.PEEK-CLOPPENBURG.DE.

96

Dieser aufklärende Hinweis ist der Angabe „powered by Peek & Cloppenburg*“ durch den Sternchenhinweis unmittelbar und leicht erkennbar zugeordnet. Die Erkennbarkeit wird durch die schwarze Umrandung und die drucktechnische Hervorhebung der Angabe „Peek & Cloppenburg“ verstärkt. Die Schrift ist ausreichend groß und kontrastreich gestaltet. Durch den Sternchenhinweis zur Angabe "powered by Peek & Cloppenburg" wird der Blick des Lesers der Anzeigen auch unmittelbar auf den kurzgefassten Text gelenkt.

97

Diesem Ergebnis steht nicht das von der Klägerin vorgelegte demoskopische Gutachten der Ipsos GmbH von Juli 2007 entgegen (Anlagen K 13 und K 14). Dieses hat schon eine anders gestaltete Werbung zum Gegenstand und gibt für die Frage, wie der durchschnittliche Leser die vorliegende Werbung auffasst, nichts her. Auf etwaige methodische Mängel des Gutachtens kommt es danach für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an.

(2.1.2)

98

Im Rahmen der doppelseitigen Anzeige wird auf der Seite 18 des Beilegers drucktechnisch hervorgehoben auf eine „Imagekampagne der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf“ Bezug genommen. Im unteren Seitenbereich der gegenüberliegenden Seite 19 des Beilegers befindet sich wiederum ein schwarz umrandeter Kasten bei gleich bleibendem Hintergrund der den folgenden Text enthält:

99

*ES GIBT ZWEI UNABHÄNGIGE UNTERNEHMEN Peek & Cloppenburg
MIT IHREN HAUPTSITZEN IN DÜSSELDORF UND HAMBURG. DIES
IST EINE INFORMATION DER PEEK & CLOPPENBURG KG DÜSSELDORF.
STANDORTE FINDEN SIE UNTER WWW.PEEK-CLOPPENBURG.DE.

100

Dieser aufklärende Hinweis ist der Angabe „Imagekampagne der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf“ zwar nicht durch einen Sternchenhinweis unmittelbar zugeordnet. Er befindet sich jedoch auf derselben Doppelseite 18/19 und ist gut erkennbar. Die aufklärende Angabe befindet sich unmittelbar in Leserichtung des angesprochenen Verkehrs. Die Erkennbarkeit wird durch die schwarze Umrandung und die drucktechnische Hervorhebung der Angabe „Peek & Cloppenburg“ verstärkt. Die Schrift ist wiederum ausreichend groß und kontrastreich gestaltet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr auch diesen aufklärenden Hinweis unmittelbar wahrnimmt.

(2.1.3)

101

Auf der vorletzten Seite des Beilegers, Seite 35, findet sich im Rahmen Händlernachweises („Shopfinder“), verschiedentlich die Angabe „Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf“. Eine gesonderte Aufklärung findet sich dort nicht mehr. Eine solche ist hier jedoch auch nicht erforderlich.

102

Denn nach der Rechtsprechung des BGH wird der Leser - auch der flüchtige Leser - eines Beihefters diesen regelmäßig insgesamt durchblättern. Diejenigen Teile des Verkehrs, die anders verfahren, werden im Normalfall zumindest einen der aufklärenden Hinweise am Anfang oder am Ende des Beihefters zur Kenntnis nehmen. Einem etwaigen dann noch verbleibendem Teil der Leser, der nur die Abbildungen auf den Innenseiten des Beihefters ohne aufklärende Hinweise zur Kenntnis nimmt, kommt kein entscheidungserhebliches Gewicht zu (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 65/11, BeckRS 2013, 03991, Rn. 32).

103

Angesichts der deutlichen Hinweise auf dem Deckblatt sowie auf den Seiten 18 und 19 des hier streitgegenständlichen Beilegers ist eine erneute Aufklärung somit nicht erforderlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die notwendige Aufklärung bereits zuvor erfolgt ist.

(2.2)

104

Auch inhaltlich ist der aufklärende Text nicht zu beanstanden. Dem dort verwendeten Begriff der „Information“ entnimmt der angesprochene Verkehr, dass es sich dabei um die vorliegende Werbung handelt. Zudem weist die Beklagte mit dem Hinweis zutreffend darauf hin, dass es zwei Unternehmen mit der Bezeichnung "Peek & Cloppenburg" gibt, die voneinander unabhängig sind, ihre jeweiligen Hauptsitze in Düsseldorf und Hamburg haben und welchem dieser beiden Unternehmen, nämlich der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf, die fragliche Werbung zuzuordnen ist. Der Hinweis ist inhaltlich zutreffend. Sein Sinn ist ohne weiteres zu erfassen. Er ist im gesamten Bundesgebiet geeignet, einer unrichtigen Zuordnung der Werbung zur Klägerin durch die angesprochenen Verkehrskreise entgegenzuwirken (vgl. zu einem nahezu identischen Aufklärungshinweis der Beklagten: BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 31).

105

Für eine ausreichende Aufklärung ist es - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht erforderlich, die einzelnen Standorte der Beklagten bereits unmittelbar im Rahmen der streitgegenständlichen Printwerbung aufzulisten. Insoweit genügt der Verweis auf die näheren Informationen auf der Homepage der Beklagten.

106

Denn die maßgebliche Erhöhung der Verwechslungsgefahr liegt hier in dem Umstand, dass der angesprochene Verkehr nicht erwartet, dass sich hinter der Firmierung „Peek & Cloppenburg“ zwei separate Unternehmen mit identischer Geschäftsbezeichnung verbergen könnten. Diese Fehlvorstellung wird jedoch bereits durch den ausdrücklichen Hinweis auf die Unternehmensverschiedenheit der beiden Unternehmen „Peek & Cloppenburg KG“ mit Sitz in Hamburg und Düsseldorf beseitigt. Somit kann der angesprochene Verbraucher nicht mehr die berechtigte Annahme hegen, die beworbene Ware an jedem Standort in der Bundesrepublik vorzufinden und kaufen zu können. Er erkennt vielmehr, dass er - gegebenenfalls mit Hilfe der angegebenen Internetseite - selbst herausfinden muss und kann, wo die Ware erhältlich ist. Das genügt, um der Erhöhung der Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken.

(4)

107

Entgegen der Ansicht der Klägerin geht die Interessenabwägung auch nicht aus anderen Gründen zu Lasten der Beklagten aus. Dabei kann unterstellt werden, dass die Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" in Alleinstellung besonders einprägsam ist, seit mehr als hundert Jahren im norddeutschen Raum benutzt wird, dort über einen überragenden Bekanntheitsgrad, einen guten Ruf und eine besondere Wertschätzung verfügt und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin durch die zahlreichen Werbekampagnen der Beklagten unter dem schlagwortartigen Zeichen "Peek & Cloppenburg" beeinträchtigt wird. Dies vermag die erforderliche Interessenabwägung aber deshalb nicht zugunsten der Klägerin entscheidend zu beeinflussen, weil diese Faktoren überwiegend bereits die zwischen den Parteien bestehende Gleichgewichtslage kennzeichnen und einer Beeinträchtigung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die aufklärenden Angaben in der Werbung der Beklagten in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR/11, Rn. 33).

(5)

108

Die Klägerin beruft sich zudem auch ohne Erfolg auf die Grundrechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 GG.

109

Zum Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gehört zwar das Recht zur wirtschaftlichen Verwertung der beruflich erbrachten Leistung (BVerfGE 18, 1, 15). Die Berufsfreiheit entfaltet ihre Schutzwirkung aber nur gegenüber solchen Normen oder Akten, die sich entweder unmittelbar auf die Berufstätigkeit beziehen oder zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben (BVerfGE 97, 228, 253 f.). Dagegen geht es im Streitfall um eine allenfalls mittelbar wirkende Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin durch die in Rede stehende Beschränkung der Ansprüche aus ihrem Unternehmenskennzeichen, die dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG nicht unterfällt. Auch ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG liegt nicht vor. Zu dem durch die Eigentumsgarantie grundgesetzlich geschützten Bereich gehört zwar auch das Recht an einem Unternehmenskennzeichen. Dieses Recht steht der Klägerin allerdings nicht schrankenlos zu. Sein Schutzumfang wird erst durch die Bestimmungen des Markengesetzes konkretisiert. Dazu rechnen im Kollisionsfall auch die Vorschriften zum Schutz von Kennzeichenrechten Dritter und die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011, Az. I ZR 41/08, GRUR 2011, 623, Rn. 59 - Peek & Cloppenburg II).

110

Der aufklärende Hinweis ist somit vorliegend ausreichend, um der Erhöhung der Verwechslungsgefahr durch die fragliche Werbung auch im Wirtschaftsraum NORD im erforderlichen Umfang zu begegnen. Somit steht der Klägerin der begehrte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG nicht zu.

3.

111

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1, 5 Abs. 2 UWG wegen irreführender Werbung der Beklagten begründet.

a)

112

Nach § 5 Abs. 2 UWG, der Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umsetzt, ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft. Der Gebrauch einer geschäftlichen Bezeichnung in der Werbung kann danach unzulässig sein, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr mit dem Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers hervorgerufen wird.

b)

113

Wie vorstehend ausgeführt, ist davon auszugehen, dass die Gefahr einer Verwechslung zwischen den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" der Parteien durch die aufklärenden Angaben bei dem ganz überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise ausgeschlossen wird. Soweit es in Einzelfällen gleichwohl zu Verwechslungen zwischen den Unternehmenskennzeichen der Parteien kommen kann, vermag dies einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 UWG nicht zu rechtfertigen.

114

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des BGH ist anerkannt, dass ein Verbot dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012, Az. C-176/11, GRUR Int. 2012, 1032, Rn. 22 - HIT; EuGH, Urteil vom 6. September 2012, Az. C-544/10, GRUR 2012, 1161, Rn. 56 - Deutsches Weintor/Rheinland-Pfalz; BGH, Urteil vom 24.09.2013, Az. I ZR 64/11, GRUR-RR 2014, 201, Rn. 51 - Peek & Cloppenburg IV; BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 45; BGH, Urteil vom 7. November 2002, Az. I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 - Klosterbrauerei). Danach müssen nur gering ins Gewicht fallende Fehlvorstellungen des Verkehrs im Hinblick auf die langjährige redliche Koexistenz der Unternehmenskennzeichen der Parteien und die aufklärenden Zusätze in der beanstandeten Werbung der Beklagten hingenommen werden (vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. September 2011, Az. C-482/09, GRUR 2012, 519, Rn. 79 bis 84 - Budvar/Anheuser Busch). Insoweit sind die Wertungen zum Recht der Gleichnamigen im Kennzeichenrecht auch im Bereich des § 5 Abs. 2 UWG nachzuvollziehen (BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az. I ZR 64/11, GRUR-RR 2014, 201, Rn. 51 - Peek & Cloppenburg IV; BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. I ZR 59/11, BeckRS 2013, 03988, Rn. 45).

115

Soweit die Klägerin letzteres erstinstanzlich unter Hinweis darauf, dass die früher geltende Vorrangthese (Vorrang des Markenrechts gegenüber lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen) nicht mehr im Einklang mit europäischen Recht stehe, in Abrede genommen hat, kommt es auf den angesprochenen Gesichtspunkt nicht an. Denn einerseits bezieht sich die der BGH-Rechtsprechung entnommene Feststellung, die Wertungen zum Recht der Gleichnamigen seien im Kennzeichenrecht auch im Bereich des § 5 Abs. 2 UWG nachzuvollziehen, nicht auf die Frage, ob neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen überhaupt lauterkeitsrechtliche Ansprüche in Betracht kommen, sondern allein auf die notwendige Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Und andererseits ist für die Frage danach, ob eine i.S. des § 5 Abs. 2 UWG bestehende Verwechslungsgefahr mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers besteht, in gleicher Weise das Umfeld der angegriffenen Kennzeichennutzung darauf zu überprüfen, ob es Angaben enthält, die einer solchen Verwechslungsgefahr entgegenwirken. Das ist - wie vorstehend im Zusammenhang mit etwaigen kennzeichenrechtlichen Ansprüchen erörtert - mit Blick auf den hinreichenden und der Kennzeichennutzung eindeutig zugeordneten aufklärenden Hinweis in der angegriffenen Werbung der Fall.

116

Mithin ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot begründet.

4.

117

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß der Beklagten gegen die Gebietsabsprachen der Parteien aus den Jahren 1990/1992 (Anlagen K 3 und K 4).

118

Die Klägerin hat keinen Inhalt der Vereinbarung der Parteien dargetan, aus dem sich ein vertraglicher Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die beanstandete Werbung der Beklagten ergeben könnte.

a)

119

Die Klägerin hat vorgetragen, die Parteien hätten sich in den Jahren 1990 und 1992 darauf geeinigt, dass sie im Verhältnis zum Endverbraucher nur in ihren jeweiligen Wirtschaftsräumen tätig werden. In der Vereinbarung sei es nicht nur um die Zuweisung von Bekleidungshäusern, sondern auch um Werbung gegangen. Die Parteien hätten sich darüber geeinigt, dass in der Werbung das Zeichen „Peek & Cloppenburg“ von der jeweiligen Partei nur in den jeweils eigenen Wirtschaftsräumen genutzt werden sollte. Dazu hat die Klägerin die aus den Anlagen K 3 und K 4 ersichtlichen paraphierten bzw. unterzeichneten Landkarten vorgelegt.

120

Dem Klagvortrag kann jedoch nicht entnommen werden, dass die Parteien eine Einigung auch darüber getroffen hätten, im Einzelhandel mit Bekleidung und Accessoires im jeweils anderen Wirtschaftsraum auch dann nicht werben zu dürfen, wenn die Kennzeichen „Peek & Cloppenburg" und/oder „P&C" in Verbindung mit einem unterscheidungskräftigen Firmenzusatz oder mit einem aufklärenden Hinweis genutzt werden.

121

Die danach vereinbarte Beschränkung der Tätigkeit der Parteien unter den Unternehmenskennzeichen „Peek & Cloppenburg" und/oder „P&C" betrifft daher nach dem Klagvortrag allein die Verwendung der Zeichen in Alleinstellung ohne unterscheidungskräftige Zusätze oder sonst aufklärende Hinweise.

b)

122

Mit diesem von der Klägerin vorgetragenen Inhalt verhält sich die ausdrückliche Vereinbarung der Parteien somit nicht zu Werbemaßnahmen im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet, bei denen - wie im Streitfall - das Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" mit solchen aufklärenden Hinweisen benutzt wird, die eine Verwechslungsgefahr ausräumen oder jedenfalls auf ein nach dem Recht der Gleichnamigen hinzunehmendes Maß mindern.

c)

123

Aber auch, wenn man annähme, der Klagvortrag enthalte - wie nicht - auch die Behauptung, die getroffenen Vereinbarungen hätten zum Inhalt gehabt, dass jegliche werbliche Betätigung der Parteien im jeweils anderen Wirtschaftsraum untersagt sein sollte, solange sie mit einer irgendwie gearteten Verwendung des Kennzeichens „Peek & Cloppenburg“ einhergeht, ergäben sich daraus keine vertraglichen Ansprüche. Denn eine solche Vereinbarung wäre kartellrechtswidrig mit der Folge, dass die - unterstellte - Abgrenzungsvereinbarung, soweit sie auch die vorliegend angegriffene und einen aufklärenden Zusatz enthaltende Werbung erfassen würde, jedenfalls teilweise nichtig wäre (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 30. April 2014, Magazindienst 2015, 729, juris-Rn. 29ff.).

124

Mithin steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu I. nicht zu.

II.

125

Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch - wie vorstehend ausgeführt - unbegründet ist, sind auch die geltend gemachten Annexansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht unbegründet.

III.

126

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

IV.

127

Die Voraussetzungen der Revisionszulassung gemäß § 543 ZPO sind nicht gegeben. Es handelt sich nicht um eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung; sie erschöpft sich vielmehr in der Anwendung gesicherter Grundsätze des Gleichnamigenrechts auf eine individuelle Einzelfallwerbung. Ebenso wenig erfordert die Fortbildung des Rechts und Wahrung der Rechtseinheit eine Zulassung der Revision. Der Senat weicht nicht von den vorliegenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den hier entscheidungserheblichen Fragen ab.

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