Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 19 W 41/04

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Gläubiger wird der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 19.05.2004 – 1 O 692/95 – aufgehoben und das Landgericht angewiesen, das Urteil des Landgerichts Freiburg in Abänderung der am 19.02.2004 erteilten, mit folgender Vollstreckungsklausel analog §§ 727, 748 Abs. 2 ZPO zu versehen: „Rechtsanwalt T. M. hat als Kanzleiabwickler des Schuldners W.- R. K. die Zwangsvollstreckung der Gläubiger in das Rechtsanwaltsanderkonto Nr. ... bei der Deutschen Bank zu dulden. Die Rechtsnachfolge ist offenkundig“.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens trägt Rechtsanwalt M.

3. Der Beschwerdewert wird auf 51.129,19 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Gläubiger betreiben aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Freiburg vom 22.03.1996 die Zwangsvollstreckung gegen Rechtsanwalt W.-R. K. Kanzleiabwickler von Rechtsanwalt K. ist Rechtsanwalt T. M. Auf Antrag der Gläubiger unter Vorlage entsprechender Bestätigung der Rechtsanwaltskammer Freiburg vom 27.01.2004 (AS. 217) über die Kanzleiabwicklung durch Rechtsanwalt M. hat das Landgericht Freiburg am 19.02.2004 den Titel „zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen den Rechtsnachfolger des Beklagten, in Bezug auf die Treuhandkonten des Beklagten, Herrn Rechtsanwalt T. M.“ gemäß § 727 ZPO umgeschrieben. Auf die von Rechtsanwalt M. vorgebrachten Einwendungen hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Zwangsvollstreckung aus der am 19.02.2004 erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt.
II.
Die als sofortige Beschwerde zu wertende Erinnerung der Gläubiger (Stöber in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 732 Rdn. 16) ist zulässig und begründet.
Das Landgericht hat zwar mit zutreffender Begründung das Vorliegen einer Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne durch den Kanzleiabwickler Rechtsanwalt M. für den Schuldner Rechtsanwalt K. verneint, zu Unrecht jedoch daraus den Schluss gezogen, damit entfalle gleichzeitig eine Rechtsnachfolge i. S. d. § 727 ZPO. Anerkannt ist nämlich, dass neben dem materiell-rechtlichen Rechtsnachfolger auch die Partei kraft Amtes Rechtsnachfolger i. S. d. § 727 ZPO ist, obwohl sie nur durch die auf sie vom Schuldner übergegangene Verfügungsbefugnis an dessen Stelle tritt (z. B. Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 727 Rdziff. 18 m.w.N.). Dem ist der Kanzleiabwickler i.S.d. § 55 BRAO gleichzustellen (Zöller a.a.O.). Zwar handelt es sich dabei nicht wie beim Insolvenzverwalter um Gesamtnachfolge in der Verfügungsbefugnis, sondern um Einzelnachfolge, insbesondere hinsichtlich der Verwaltung und Verfügung des Treugutes (§§ 55 Abs. 3 Satz 1; 53 Abs. 10, Satz 1 BRAO). Insoweit geht sogar nicht nur die Verfügungsbefugnis, sondern kraft der maßgeblichen Geschäftsbedingungen des Bundesverbandes Deutscher Banken die Inhaberschaft an den Rechten aus dem Anderkonto auf den Abwickler über (Ziff. 13 der Geschäftsbedingungen; AnwBl. 1979, 141).
Die vorliegende Einzelnachfolge in die Rechte aus dem Anderkonto steht einer Titelumschreibung im weitesten Sinne analog § 727 ZPO nicht entgegen. Insbesondere kommt es entgegen der Ansicht des Kanzleiabwicklers nicht darauf an, ob die zu vollstreckende Forderung mit dem verwalteten Treugut in Zusammenhang steht oder das verwaltete Vermögen betrifft (s. hierzu: Zöller a.a.O.). Dies wäre auch nicht Voraussetzung gewesen, hätte noch gegen den Schuldner vollstreckt werden können. Das Anderkonto und die Rechte hieraus sind nämlich aufgrund eines gegen den Treuhänder gerichteten Titels pfändbar, wobei den berechtigten Treugebern hiergegen die Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO zusteht (Stöber Forderungspfändung, 13. Aufl., Rdziff. 402, 404- 406). Die Pfändbarkeit ist im Übrigen ausdrücklich in Ziff 14 der Geschäftsbedingungen für Anderkonten geregelt. Liegen die Voraussetzungen für eine Titelumschreibung im Übrigen vor, widerspräche es der Prozessökonomie, die Gläubiger auf den Klageweg zu verweisen. Da die Verfügungsbefugnis des Kanzleiabwicklers allerdings nur einzelne Gegenstände aus dem Vermögen des Schuldners betrifft, ist die Vollstreckungsklausel analog § 748 Abs. 2 ZPO zur Ermöglichung der Vollstreckung in durch den Kanzleiabwickler verwaltetes Vermögen dahingehend zu ergänzen, dass dieser die Vollstreckung in das Anderkonto, das wegen Ziff. 14 der Geschäftsbedingungen für Anderkonten bestimmt zu bezeichnen ist, zu dulden hat. Die Sachlage ist mit derjenigen des nur bestimmte Gegenstände verwaltenden Testamentsvollstreckers vergleichbar.
Dass Rechtsanwalt M. Kanzleiabwickler des Schuldners ist und dass lediglich ein Anderkonto noch abzuwickeln ist, also der Verwaltung des Abwicklers unterfällt, ist sowohl vom Schuldner als auch vom Abwickler ausdrücklich eingestanden. Für diesen Fall bedarf es des Nachweises durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden i. S. d. § 727 ZPO nicht (Zöller a.a.O. Rdziff.20 m.w.N.). Nachdem auch die Bezeichnung des Kontos durch den Schuldner unbestritten geblieben ist, war auch insoweit kein weiterer Nachweis zu verlangen, zumal dieser Zusatz nicht der Form des Nachweises des § 727 ZPO unterliegt, da das Erfordernis sich allein aus Ziff. 14 der Geschäftsbedingungen für Anderkonten ergibt, im Rahmen des § 727 ZPO jedoch auch eine allgemein umschreibende Formulierung für das Anderkonto ausgereicht hätte, nach der es sich hätte individualisieren lassen (z. B. ... Anderkonto des früheren Rechtsanwalts K. ...). Damit ist die Nachfolge als offenkundig i. S. d. § 727 ZPO zu behandeln (Zöller a.a.O.).
Gemäß § 572 Abs. 3 ZPO war dem Landgericht die Klauselerteilung zu übertragen.
Die Kostenentscheidung wurde gemäß § 91 Abs. 1 ZPO getroffen. Der Beschwerdewert folgt aus § 57 Abs. 3 BRAGO.

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