1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 28.5.2004 abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1691,70 EUR nebst 4% Zinsen aus jeweils 156,09 EUR seit dem 5.11.1999, 5.12.1999, 5.1.2000 und 5.2.2000 sowie 8% Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1067,34 EUR seit dem 15.8.2003 zu zahlen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin aus dem Mietvertrag vom 19.10./22.10.1992 ein Anspruch in Höhe von 1074,14 EUR nicht zusteht.
Die weitergehende Klage und Widerklage werden als unbegründet abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner 86%, die Klägerin 14% zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
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| Gegenstand des Rechtsstreits sind restliche Ansprüche aus einem gewerblichen Mietverhältnis. |
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| Die Parteien hatten am 19.10./22.10.1992 einen auf 10 Jahre befristeten Mietvertrag abgeschlossen. Der Vertrag wurde zum 01.10.1993 in Vollzug gesetzt. Die Beklagten hatten die Räume im Einverständnis mit der Klägerin an die Firma d. untervermietet. Diese kündigte 1998 den Untermietvertrag auf Ende Oktober 1999. Am 08.02./18.01.2000 vermietete die Klägerin ihrerseits der Firma d. nicht nur die von den Beklagten zunächst in Untermiete angemieteten Räume mit Rückwirkung ab dem 01.11.1999, sondern weitere im klägerischen Anwesen befindliche Flächen zu einem etwas niedrigeren qm-Preis. Streitgegenständlich sind die von der Klägerin errechnete Differenz der betreffenden Mietzinsansprüche in Höhe von monatlich EUR 156,09 + 16 % MwSt für die Zeit von November 1999 bis Oktober 2003 sowie rückständige Nebenkosten für die Zeit vom 01.01. bis 31.10.1999. |
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| Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. |
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| Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt und die negative Feststellungswiderklage als unbegründet abgewiesen. |
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| Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholen und vertiefen. |
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| Sie rügen, das Landgericht habe sich über die unstreitige Tatsache hinweggesetzt, dass das Mietverhältnis zum 31.10.1999 einvernehmlich aufgehoben worden sei. Seine Annahme, die Parteien hätten auch nach dem 31.10. über eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses verhandelt, sei eine bloße Vermutung. Tatsächlich habe lediglich die Klägerin, vertreten durch den Zeugen Streit, versucht, insoweit in Verhandlungen einzutreten. |
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| Außerdem wenden sie ein, ihnen sei mit Wirkung ab dem 01.11.1999 der Gebrauch der Räume infolge deren Vermietung an die Firma d. entzogen worden, weshalb sie von der Entrichtung des Mietzinses ganz befreit seien (§ 541 BGB a.F., § 536 Abs. 3 BGB n.F., im Folgenden jeweils nur § 536 Abs. 3 n.F.). |
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| Der Wegfall der Zahlungsverpflichtung ergebe sich im Übrigen auch aus § 552 S. 3 BGB a.F., § 537 Abs. 2 BGB n.F (im Folgenden nur § 537 Abs. 2 BGB n.F.). Zu Unrecht habe ihnen das Landgericht eine schwere Vertragsverletzung vorgehalten und die Entlastung durch § 537 Abs. 2 BGB nach § 242 BGB verwehrt. Bis zur Aufhebung des Mietvertrages Ende Oktober 1999 seien sie nämlich vertragstreu gewesen und hätten die Miete bezahlt. Danach seien sie von einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung ausgegangen. Ohne ihre Entlassung aus dem Mietvertrag wäre es der Klägerin nicht möglich gewesen, Umbaumaßnahmen vorzunehmen und die streitgegenständliche Mietfläche von rund 200 m² im dritten Obergeschoss des Hauses mit einer weiteren Fläche im selben Geschoss zu einer großen Gewerbeeinheit zusammenzulegen und zusammen mit einer weiteren Gewerbefläche im ersten Obergeschoss zu vermieten. Die Vertragsauflösung habe der Klägerin also einen erheblichen Vermögensvorteil gebracht, der den behaupteten Schaden weitaus überwiege. |
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| Hinsichtlich der geltend gemachten Mietnebenkosten berufen die Beklagten sich auf Verwirkung, weil sie die Abrechnung erst mit der Klagerhebung erhalten hätten. Sie seien, auch weil sie ihrer Untermieterin abrechnungspflichtig gewesen seien, davon ausgegangen, zur Nachzahlung nicht verpflichtet zu sein. Dementsprechend hätten sie insoweit keine Rücklagen gebildet. |
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| Die Beklagten stellen folgenden Antrag: |
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| I. Das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 28.05.2004 wird aufgehoben. |
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| II. Die Klage wird abgewiesen. |
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| III. Auf die negative Feststellungswiderklage wird festgestellt, dass der Klägerin auch der weitere Anspruch von EUR 7.785,87 aus dem Mietvertrag zwischen den Parteien über gewerblich zu nutzende Räume in R., B. Straße …, vom 22.10.1992 nicht zusteht. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. |
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| Die Berufung ist zulässig, überwiegend jedoch nicht begründet, weil die Parteien das Mietverhältnis nicht einverständlich zum 31.10.1999 aufgehoben haben und die Beklagten auch nicht nach § 537 Abs. 2 BGB von der Pflicht zur Zahlung des Mietzinses frei geworden sind. |
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| 1. Entgegen der Auffassung der Beklagten war und ist die von ihnen behauptete einvernehmliche Vertragsaufhebung zum 31.10.1999 nicht unstreitig. Vielmehr hat sich die Klägerin die Darstellung des Beklagten Ziffer 1 im Vorprozess zu Eigen gemacht, wonach es zu einem solchen Mietaufhebungsvertrag nicht gekommen sei. |
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| Die Beklagten haben, obwohl ihnen insoweit die Behauptungs- und Beweislast obliegt und sie das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen hat, für ihre hiervon abweichende Darstellung keinen Beweis angetreten. |
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| Eine ausdrückliche schriftliche oder mündliche Vereinbarung, das Mietverhältnis vorzeitig aufzulösen, tragen sie nicht vor. |
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| Die von ihnen vorgetragenen Umstände rechtfertigen ebenso wenig die Annahme entsprechender konkludenter Erklärungen. |
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| Richtig ist zwar, dass die Klägerin mit dem Anfang Januar 2000 geschlossenen Vertrag nicht nur die von den Beklagten angemietete Fläche, sondern eine insgesamt auf das Dreifache vergrößerte Gewerbefläche an die Firma d. vermietet hat. Hierfür war es jedoch aus Sicht der Beteiligten nicht erforderlich, zuvor die Beklagten aus ihrer mietvertraglichen Verpflichtung zu entlassen. Die Klägerin ließ nämlich im Einverständnis der Beklagten bereits im Januar 1999, nachdem die Firma d. den Untermietvertrag gekündigt hatte, nach einem "Nach"mieter suchen. Unstreitig erteilten beide Beklagte dem Vater der Klägerin, dem Zeugen S., am 11.01.1999 schriftlich nicht nur die Vollmacht, das von ihnen angemietete Objekt für die Beklagten unterzuvermieten, sondern auch die Berechtigung, sie "einseitig aus dem Mietverhältnis zu entlassen und einen selbständigen Hauptmietvertrag mit möglichen Interessenten im eigenen Namen abzuschließen“. Dass diese Vollmacht nach ihrem Vortrag entgegen dem Wortlaut der Urkunde nur auf die Vermietung der Räume an das Arbeitsamt beschränkt sein sollte und sich dieses Projekt Ende 1999 zerschlug, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. In ihrem Interesse lag es nämlich, das von ihnen noch fest auf fast 4 Jahre gemietete Objekt im Anschluss an den auslaufenden, mit der Firma d. geschlossenen Untermietvertrag weiter zu vermieten. Dass sie selbst damals erstmals in die Räumlichkeiten einziehen wollten, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Dementsprechend haben sich die Beklagten in der Berufungsbegründung auch ausdrücklich und zustimmend auf den Vortrag der Klägerin bezogen, wonach sie mit der Vermietung einverstanden gewesen seien. Da die Beklagten mit der weiteren Verwertung des Mietobjekts einverstanden waren und hieran im Sinne einer "Schadensminderung" sogar ein erhebliches Interesse hatten, konnte die Klägerin, auch ohne die Beklagten zuvor aus dem Mietvertrag zu entlassen, selbst mit dem Nachmieter einen Vertrag abschließen. Ohnehin wirkt das Verbot der Doppelvermietung nicht dinglich. |
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| Da die Klägerin im Einverständnis mit den Beklagten handelte, musste sie - auch ohne vorzeitige Vertragsaufhebung - etwaige Regressansprüche nach § 536 Abs. 3 BGB nicht befürchten. |
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| Deshalb hatte die Klägerin, für die beklagten Rechtsanwälte erkennbar, kein Interesse, die Beklagten ohne gleichzeitige Einigung über eine Abstandszahlung vorzeitig aus dem Mietvertrag zu entlassen. Die bestrittene Rückgabe der Schlüssel rechtfertigt deshalb, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Annahme einer Vertragsaufhebung nicht. |
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| Der Senat kann somit unterstellen, dass die Beklagten mit ihrer vorzeitigen Entlassung einverstanden waren. Eine vertragliche Einigung hierüber ist jedoch nicht zustande gekommen, weil die Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend die Annahme des Vertragsangebots der Beklagten erklärt hat. |
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| 2. Die Beklagten sind auch nicht nach § 537 Abs. 2 BGB von der Verpflichtung zur Entrichtung der Miete befreit. Bei Überlassung der Mietsache an einen Dritten erlischt der gesamte Mietzinsanspruch entgegen der genannten Bestimmung dann nämlich nicht, wenn es dem Mieter wegen der besonderen Fallgestaltung des Einzelfalles nach Treu und Glauben versagt ist, sich hierauf zu berufen (BGHZ 122, 163). Eine typische Fallkonstellation derart rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist der vorzeitige Auszug des Mieters bei gleichzeitiger Einstellung der Mietzinszahlung. Hier wie auch in dem Falle, dass der Mieter die angemietete Räumlichkeit gar nicht bezieht und auch nicht bezahlt, liegt ein schwerer Vertragsbruch vor, der es dem selbst vertragsbrüchigen Mieter verwehrt, aus einem Verhalten seines sonst vertragstreuen Vermieters ein Recht abzuleiten, das er selbst erst durch sein rechtswidriges Verhalten herbeigeführt hat (BGH NJW 2000,1105). Allerdings beschränkt sich die Anwendbarkeit der Regeln von Treu und Glauben nicht auf derartige, von schwerem Vertragsbruch gekennzeichnete Situationen. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles. Die Beklagten verhalten sich vorliegend insoweit treuwidrig, als sie einerseits den Zeugen Streit im Interesse der Schadensminderung bevollmächtigt haben, mit einem etwaigen Nachmieter einen Mietvertrag abzuschließen, andererseits den Abschluss eines entsprechenden Vertrages als Entzug des Gebrauchs im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB werten. Damit setzen sie sich zu ihrem eigenen Verhalten in unzulässigen Widerspruch (vgl. hierzu BGH NJW 1983, 749; NJW 1982, 376; KGR 2000, 236, 238; im Ergebnis wie hier Staudinger/Emmerich [März 2003] § 537 Rdnr. 33). |
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| Dass der Zeuge S., dessen Verschulden sich die Klägerin gegebenenfalls anrechnen lassen müsste, unter Hintanstellung der Interessen der Beklagten mit der Firma d. einen nicht marktüblichen Preis vereinbart hätte, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. |
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| Die Klägerin muss sich den etwaigen Vorteil, an die Firma d. nicht nur die von den Beklagten angemietete Gewerbefläche, sondern nach Umbaumaßnahmen eine wesentlich größere Gewerbefläche vermieten zu können, im Verhältnis zu den Beklagten nicht anrechnen lassen. Die Beklagten sind nämlich an dem Vermietungsrisiko der übrigen Flächen nicht beteiligt. Eine Anrechnung der von der Firma d. gezahlten Miete nach § 537 Abs.1 Satz 2 BGB ist nur insoweit gerechtfertigt, als die ursprünglich von den Beklagten angemietete Fläche betroffen ist. Dies hat die Klägerin bei der Berechnung ihrer Forderung berücksichtigt. |
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| Allerdings unterliegt der hiernach gegebene Anspruch nicht der Umsatzsteuer, weil es nicht um eine sonstige Leistung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, geht (vgl. §§ 1, 3 UStG). Ein Leistungsaustausch mit den Beklagten findet nämlich nicht mehr statt (vgl. OLGR Rostock 2002, 228; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdnr. 539). Der Klägerin steht somit nur die Nettodifferenzmiete in Höhe von monatlich 156,09 EUR zu. |
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| 3. Die Beklagten sind von der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses auch nicht nach § 536 Abs. 3 BGB frei geworden, weil ihnen der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache weder zum Teil noch ganz entzogen worden ist. Die Vermietung an einen Nachmieter wurde nämlich in ihrem Einverständnis vorgenommen. |
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| 4. Die Beklagten berufen sich hinsichtlich der Forderung auf Erstattung der restlichen Nebenkosten ohne Erfolg auf den Rechtsgedanken der Verwirkung. Die Versäumung der Abrechnungsfrist durch den Vermieter führt nicht zum Verlust der Ansprüche, die sich aus der Abrechnung ergeben. Der bloße Zeitablauf reicht, auch wenn die Ansprüche über mehrere Jahre nicht geltend gemacht werden, für sich alleine gesehen nicht, den Verwirkungseinwand zu begründen. Wesentlich ist vielmehr, ob der Mieter davon ausgehen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden und ob er im Vertrauen hierauf Dispositionen getroffen hat, so dass die Geltendmachung des Rechts als illoyal und verspätet erscheinen würde (BGH NJW 1984,1684). Die Beklagten haben jedoch keine über den bloßen Zeitablauf hinausgehenden besonderen Umstände vorgetragen, die die Feststellung rechtfertigen könnten, die Klägerin habe die Forderung nicht mehr geltend machen wollen (vgl. BGHZ 91, 62). Dass die Beklagten ihrerseits gegenüber der Firma d. abrechnungspflichtig waren, ist vorliegend schon deshalb ohne Bedeutung, weil auch die Firma d. sich allenfalls auf den Rechtsgedanken der Verwirkung berufen könnte, nicht aber auf die für Wohnraum geltenden kürzeren Abrechnungsfristen. Unerheblich ist, dass die Beklagten für die restlichen Nebenkosten keine Rücklage gebildet haben, weil es sich nicht um völlig unerwartete Nachforderungen handelt, da der Abschlagscharakter der ursprünglichen Zahlung nach dem Vertragsinhalt von vornherein bekannt war (vgl. OLG Köln NJW-RR 1999, 231). |
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| 5. Für die Monate November 1999 bis Februar 2000 stehen der Klägerin somit EUR 624,36 (= 4 Monate x EUR 156,09) zu. Hinzu kommt ein Nebenkostennachzahlungsanspruch in Höhe von EUR 1067,34. Die negative Feststellungswiderklage der Beklagten ist in Höhe von EUR 1074,14 (= 43 x (181,07-156,09)) begründet. Das ist die in der Differenzmiete enthaltene Umsatzsteuer für die restliche Vertragslaufzeit von 43 Monaten. |
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| 6. Die Höhe der geltend gemachten Verzugszinsen bestimmt sich nach § 288 BGB in der vor dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB). |
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| 7. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. |
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