Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 10 U 149/04

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 29. September 2004 - 5 O 151/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Streitwert: EUR 76.137,92.

Gründe

I. Der Kläger, der selbständiger Kaufmann ist, macht Verdienstausfall in Höhe von EUR 76.317,92 nebst Zinsen geltend. Er wurde bei einem Verkehrsunfall am 03.07.2001 durch Verschulden des Fahrers eines bei der Beklagten versicherten Sattelzuges verletzt. Die Haftung der Beklagten zu 100 % für die Folgen dieses Unfalls ist unstreitig. Die Parteien streiten über Ausmaß und Dauer der unfallbedingten Verletzungen des Klägers und ob diese Verdienstausfall in Form von entgangenem Gewinn zur Folge hatten. Vorprozessual hatten die Parteien einvernehmlich ein Sachverständigengutachten zur Frage der unfallbedingten Beschwerden und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten von Prof. Dr. E. , Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik H., vom 22.05.2003 verwiesen (Anlagenheft LG Kläger).
Das Landgericht hat die Klage insgesamt mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe den geltend gemachten Schaden nicht schlüssig dargelegt; die für eine richterliche Schätzung der unfallunabhängigen Entwicklung des Gewinns erforderlichen Anknüpfungstatsachen seien nicht ausreichend dargelegt, so dass auch die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht komme. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 29.09.2004 (I 79-87) verwiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlich gestellten Antrag in vollem Umfang weiter verfolgt. Er rügt, dass das Landgericht keinerlei Hinweise zu einer weiteren Substantiierungspflicht gegeben habe und trägt - teilweise neu - vor, seine Tätigkeit in den beiden von ihm in M. betriebenen Verkaufsgeschäften bestehe im Wesentlichen im Einkauf und etwa zu 1/4 in der Mithilfe im Verkauf. Während seiner unfallbedingten Verletzung sei ihm die Einkaufstätigkeit nicht möglich gewesen; auch im Verkauf habe sich ein teilweiser Ausfall seinerseits bemerkbar gemacht. Saisonale Besonderheit, etwa jahreszeitliche Einflüsse, bestünden zwar, dürften aber deshalb, weil vorliegend ein längerer Ausfallzeitraum zugrunde zu legen sei, zu vernachlässigen sein. Der Unfall habe bei ihm eine Erwerbsunfähigkeit verursacht, die für sechs Monate 100 % betragen habe und für weitere sechs Monate 70 %.
Aus der Umsatzentwicklung der Jahre 1999 bis 2003 sei ein mehr oder weniger kontinuierlicher Umsatzrückgang im Umfang von etwa 20 % von einem Jahr auf das nächste festzustellen. Das korrespondiere in etwa auch mit dem Gewinnrückgang in den Jahren 1998 bis 2001. Im Verhältnis der Jahre 2001 zu 2002 habe sich dies dahingehend geändert, dass bei einem Umsatzrückgang von wiederum etwa 20 % ein Gewinnrückgang von mehr als 50 % festzustellen sei. Daraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass sich das Unfallereignis vom 03.07.2001 erst zum Ende des Jahres 2001 und im Wesentlichen im Jahre 2002 ausgewirkt habe. Andere Einflüsse, die zu dem Gewinneinbruch im Jahr 2002 geführt haben, seien nicht erkennbar. Lasse man den 20 %igen Umsatzrückgang außer Betracht, ergebe sich im Jahre 2001 ein Verlust von EUR 8.594,51 und im Jahre 2002 ein solcher von EUR 37.531,24; mithin für die Jahre 2001 und 2002 insgesamt EUR 46.125,75. Diese Berechnung werde aber nur als zusätzliche Hilfsberechnung angestellt, in erster Linie werde die in erster Instanz angestellte Schadensberechnung aufrecht erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 29.09.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 76.137,92 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und rügt den neuen Sachvortrag als verspätet. Im Übrigen bestreitet sie diesen mit Nichtwissen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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II. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie hat aber keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gem. §§ 7, 11 StVG, 3 PflVG, 249, 252 BGB auf Ersatz des geltend gemachten Verdienstausfalls in Form von entgangenem Gewinn in Höhe von EUR 76.137, 92 nebst Zinsen.
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1. Zwar umfasst der zu ersetzende Schaden des bei einem Verkehrsunfall Verletzten grundsätzlich gemäß §§ 249, 252 S.1 BGB auch den entgangenen Gewinn, wobei § 252 S. 2 BGB dem Geschädigten eine Beweiserleichterung dahingehend verschafft, dass als entgangen der Gewinn gilt -wenn dieser nicht konkret berechnet wird-, der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Allerdings ist auch im Rahmen der Schadensermittlung auf dieser Grundlage eine völlig abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens nicht zulässig, insbesondere reicht der Verweis auf eine prozentuale abstrakte Erwerbsminderung nicht aus (BGH VersR 1991, 179). Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt nämlich nicht bereits der Wegfall der Arbeitskraft als solcher, sondern erst die negative Auswirkung des Ausfalls der Arbeitsleistung im Vermögen des Verletzten einen Schaden im haftungsrechtlichen Sinne dar, so dass es darauf ankommt, ob sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit als konkreter Verlust in der Vermögensbilanz ausgewirkt hat (BGH NJW RR 1992, 852). Zwar gilt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schadensereignis und Schaden wie auch hinsichtlich der Höhe des Schadens im Einzelnen nicht der strenge Beweismaßstab des § 286 ZPO, sondern kommt dem Geschädigten die (weitere) Beweiserleichterung nach § 287 ZPO zugute. Es bedarf aber trotzdem der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für den entstandenen Schaden (BGH VersR 1998, 772, 773), wobei es Sache des Geschädigten ist, möglichst konkret vorzutragen, wie sich voraussichtlich die geschäftliche Situation seines Unternehmens und die Gewinnlage ohne den Unfall entwickelt hätte (Wussow/Dressler, Unfallhaftpflichtrecht 15. Aufl. Kap. 33 Rn. 4).
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2. Der Kläger hat nicht zur erforderlichen Überzeugung des Senats die Umstände dargelegt und in den Grenzen des § 287 ZPO bewiesen, aus denen sich ein betragsmäßig fassbarer unfallbedingter Gewinnentgang ergibt. Der Vortrag des Klägers reicht weder für eine Schadensschätzung noch für die Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens aus.
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a) Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der Kläger nur drei Monate zu 100% in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert war, weitere drei Monate zu 30% und nochmals weitere 6 Monate zu 10%. Mit seiner mit der Berufung -teilweise abweichend vom erstinstanzlichen Vortrag- aufgestellten Behauptung, er sei als Folge des Unfalls sechs Monate zu 100 % erwerbsunfähig gewesen und weitere sechs Monate zu mindestens 70 %, kann der Kläger nicht gehört werden, da es sich zum Teil um neuen, nicht berücksichtigungsfähigen Vortrag handelt, im übrigen der Kläger nicht substantiiert vorgetragen und für eine Beweiserhebung keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen geliefert hat.
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Wie der Kläger selbst in der Klagschrift vorgetragen hat, wurde im Einvernehmen der Parteien ein medizinisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E. zur Frage der Kausalität des Unfallereignisses vom 03. Juli 2001 für die bei dem Kläger eingetretenen und zur Arbeitsunfähigkeit führenden Beschwerden eingeholt. Dieses Gutachten darf der Senat daher ebenso wie das Landgericht urkundlich verwerten. Der Kläger beruft sich jedenfalls teilweise auf den Inhalt dieses Gutachtens und hat konkret nichts dazu vorgetragen, dass und weshalb dieses Gutachten unzureichend sein soll (vgl. BGH NJW 1983, 121,122).
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Prof. Dr. E. führt in seinem Gutachten -ohne dass dies vom Kläger in irgendeinem Punkte beanstandet wird- aus, dass der Kläger sich bei dem Unfall eine leichtgradige Zerrung der Halswirbelsäule zugezogen habe, ohne strukturelle Verletzungen der Wirbelkörper oder der begleitenden Weichteilstrukturen. Nicht auszuschließen sei zusätzlich eine geringgradige Zerrung der Lendenwirbelsäule. Durch die zeitliche Nähe zu einer vorausgegangenen Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule sei eine vorübergehende Verschlimmerung der subjektiven Beschwerdesymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule und des linken Beines möglicherweise eingetreten, auch wenn das Unfallereignis keine strukturellen Verletzungen im Bereich der Lendenwirbelsäule verursacht habe (S. 26 des Gutachtens vom 22.05.2003, Anl.h.LG Kläger). Der Sachverständige weist weiter auf degenerative Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule hin (S. 27 des genannten Gutachtens). Durch vorbestehende Schäden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule habe eine verlängerte Beeinträchtigung als Unfallfolge vorgelegen. Somit ergebe sich folgende, zeitlich gestaffelte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE): 100 % für drei Monate nach dem Unfallereignis, 30 % für sechs Monate nach dem Unfallereignis und 10 % für 12 Monate nach dem Unfallereignis ( S. 27 des Gutachtens).
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Mit der Klagschrift hat der Kläger (lediglich) den zweiten Zeitraum beanstandet, für den er ebenfalls eine MdE von 100 % statt der vom Sachverständigen angegebenen 30 % behauptet. Auch in der Berufungsinstanz wird für diesen Zeitraum eine 100%ige MdE behauptet (Schriftsatz vom 26.04.05, II 101). Allerdings fehlte bereits erstinstanzlich eine Darlegung, weshalb der Kläger von der Einschätzung des Sachverständigen abweichen will und aus welchen Gründen dem Gutachten von Prof. Dr. E. nicht gefolgt werden könne. Die sachverständigen Feststellungen zu den unfallbedingten Beeinträchtigungen und Beschwerden des Klägers als solchen wurden in keiner Weise angegriffen. Der Kläger setzte sich auch nicht mit dem Ergänzungsgutachten von Prof. Dr. E. vom 16.09.2003 (Anlagenheft Beklagter LG B 4) auseinander, in dem dieser -wohl nachdem der Kläger Einwendungen im Hinblick auf das erste Gutachten erhoben hatte- (nochmals) ausgeführt hat, bei dem Unfallereignis habe es sich nicht um ein schweres gehandelt, da weder der Airbag ausgelöst wurde noch Schäden am Innenraum des PKW verursacht wurden und auch die primäre Symptomatik nicht kongruent mit einer schweren Verletzung der Wirbelsäule sei. Das Unfallereignis habe zu einer Zerrung der Halswirbelsäule und möglicherweise zu einer geringgradigen Zerrung der Lendenwirbelsäule geführt. Die Zerrung habe auf eine vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen, u.a. wegen degenerativer Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie wegen Zustands nach Bandscheibenoperation im Juni 2001. Wegen dieser Vorschäden im Bereich der Wirbelsäule sei eine vorübergehende schmerzhafte Verschlechterung des Gesundheitszustandes sowohl im Bereich der Hals- als auch im Bereich der Brustwirbelsäule denkbar, wenngleich das Unfallereignis nicht geeignet gewesen sei, zu strukturellen Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule und insbesondere der Lendenwirbelsäule zu führen. Dieser vorübergehenden Verschlechterung der Beschwerdesymptomatik durch das Unfallereignis sei im ersten Gutachten durch die zeitlich gestaffelte MdE Rechnung getragen worden (vgl. Gutachten vom 16.09.2003, S. 3, 4). Der Sachverständige blieb somit in Kenntnis der vom Kläger erhobenen Einwendungen bei seiner Einschätzung des jeweiligen Grades der MdE. In der Berufungsinstanz wird substantiierter Vortrag, der sich mit den beiden Gutachten von Prof.Dr. E. auseinandersetzt, ebenfalls nicht erbracht.
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Für die nächsten sechs Monate ab 03.01.2002 hatte der Kläger in der Klagschrift ausgeführt, insoweit könne zur Vermeidung einer weiteren Auseinandersetzung dem Gutachten vom 22. Mai 2003 gefolgt werden, wonach er noch zu (mindestens) 10 % erwerbsgemindert gewesen sei (vgl. I 11). An diesen 10 % orientierte sich auch die vom Kläger aufgestellte Berechnung des Schadens (vgl. S.7 der Klagschrift, I 13).
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Soweit nunmehr mit Schriftsatz vom 26.04.2005 (II 99) - nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist - ausgeführt wird, nach Ablauf der ersten sechs Monate sei der Kläger für weitere sechs Monate überwiegend (mindestens 70 %) erwerbsunfähig gewesen, handelt es sich um neuen Vortrag, der in der Berufungsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 531 Abs.2 ZPO). Im Übrigen ist der Vortrag unsubstantiiert. Es fehlt auch jetzt jegliche Auseinandersetzung mit den beiden Gutachten von Prof. Dr. E. . Der Kläger beschränkt sich darauf, eine höhere MdE zu behaupten und beruft sich insoweit ausschließlich auf seinen Hausarzt (II 99), mit dessen Argumentation sich Prof. Dr. E. bereits in seinem Ergänzungsgutachten auseinandergesetzt hat (vgl. Anlagenheft LG Beklagter B 4, S. 2).
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Der Senat schätzt nach alledem auf der Grundlage des Gutachtens von Prof.Dr. E. , dass nach einer - unstreitigen - 100 %igen MdE für drei Monate für weitere drei Monate eine solche von 30 % und für weitere 6 Monate eine solche von 10 % bestand (§ 287 ZPO).
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b) Der Kläger hat erstinstanzlich keine ausreichende Schätzungsgrundlage geliefert, die es dem Senat ermöglichen würde, einen bei ihm eingetretenen Gewinnrückgang zu schätzen, der auf unfallbedingte Verletzungen zurückzuführen ist, die die oben aufgezeigte MdE zur Folge hatten. Insoweit kann auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils unter 1 a, b (I 85/87) verwiesen werden, wonach substantiierter Vortrag, der eine Schätzung des unfallbedingten Gewinnentganges erlauben würde, fehlt und eine abstrakte Berechnung des Durchschnittsgewinns der letzten drei Jahre, der dann für den jeweiligen Zeitraum und den jeweiligen Grad der MdE zugrundegelegt wird, nicht ausreichend ist. Dem schließt der Senat sich an.
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Soweit der Kläger in zweiter Instanz neuen Tatsachenvortrag erbringt, kann dieser nicht berücksichtigt werden (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO). Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf einen fehlenden gerichtlichen Hinweis berufen, der die Verspätung unter Umständen entschuldigen könnte. Die Beklagte hatte bereits in der Klagerwiderung (Schriftsatz vom 09.08.2004 S. 5, I 39) auf die Unschlüssigkeit des Vortrags zum Verdienstausfall hingewiesen und die einschlägige Rechtsprechung zitiert. Dem Kläger wurde vom Gericht aufgegeben, zu diesem Schriftsatz Stellung zu nehmen (I 29). In dem darauf folgenden Schriftsatz stellte der Kläger wiederum ausschließlich auf den durchschnittlichen Gewinn der letzten drei Jahre vor dem Unfall ab und teilte „vorsorglich“ lediglich nun auch noch den Gewinn für die Jahre 2001 und 2002 mit, wobei er bezüglich des Jahres 2002 selbst darauf hinwies, dass es zusätzlich aufgrund der schwachen Konjunktur zu einem Umsatz- und Gewinnrückgang gekommen sei (I 63,65). In der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2004 wies der Beklagtenvertreter nochmals darauf hin, dass keine Anhaltspunkte für die Höhe eines Verdienstausfallschadens vorliegen (I 75). Bei dieser Sachlage bedurfte es, jedenfalls im Anwaltsprozess, keines zusätzlichen gerichtlichen Hinweises (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 139 Rn. 6, 14 a).
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Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass auch der zweitinstanzliche Vortrag nicht ausreicht, um den geltend gemachten Gewinnentgang hinreichend wahrscheinlich zu machen.
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Der Kläger legt nunmehr Jahresabschlüsse für die Jahre 2000, 2001 und 2002 sowie Gewinnfeststellungsbescheide des Finanzamts für die Jahre 1998, 1999, 2000, 2001 und 2002 vor und behauptet - ohne Nachweis - Umsatzzahlen für die Jahre von 1999 bis 2002, aus denen sich ein stetiger Umsatzrückgang ergebe. Auch das reicht als Schätzungsgrundlage nicht aus. Da - wie oben ausgeführt - von einer 100 %igen Erwerbsunfähigkeit des Klägers nur für das dritte Quartal 2001 ausgegangen werden kann, hätte der Kläger im Einzelnen darlegen müssen, wie sich Umsatz und Gewinn nicht nur pro Kalenderjahr, sondern auch pro Quartal bzw. pro Monat darstellen. Erst das hätte eine Beurteilung erlaubt, inwieweit sich saisonale Schwankungen auswirkten und wo sich der auch vom Kläger eingeräumte konjunkturelle Umsatz- und Gewinnrückgang niederschlug, was im weiteren dann erst den Schluss auf einen eventuellen unfallbedingten Gewinnausfall zugelassen hätte. Darüber hinaus hätte der Kläger näher dazu vortragen müssen, welche Tätigkeiten ihm wegen der unfallbedingten Verletzung - in welcher Zeit und in welchem Umfang - nicht möglich waren, die er sonst zu dieser Zeit und in diesem Umfang ausgeübt hätte. Zudem hätte es eines Eingehens darauf bedurft, ob und wie sich die im Juni 2001, also einen Monat vor dem Unfall, stattgefundene Bandscheibenoperation auf Umsatz und Gewinn der vom Kläger betriebenen Einzelhandelsgeschäfte ausgewirkt hat. Unstreitig bestanden bereits fünf Wochen vor der Operation Beschwerden in Form von Rückenschmerzen mit Ausstrahlungen in das linke Bein. Die Operation bedingte einen stationären Aufenthalt vom 04. bis 11.06.2001 (vgl. S. 5 des Gutachtens Prof. Dr. E. ). Da der Kläger die jährlichen Gewinn- und Umsatzzahlen nicht in der dargelegten Weise weiter aufgeschlüsselt hat, insbesondere auch nicht die Zahlen für das Jahr 2001, ist eine Schätzung nicht möglich, ob und wie sich die Beeinträchtigung des Klägers wegen der Bandscheibenbeschwerden und der deshalb durchgeführten Operation einerseits und wie sich die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit andererseits ausgewirkt hat.
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Weil, wie aufgezeigt, die erforderliche Differenzierung fehlt, ist es dem Senat aufgrund der jetzt mit der Berufung vorgetragenen Zahlen und vorgelegten Unterlagen (Gewinnfeststellungsbescheide für 1998 bis 2002 und Jahresabschlüsse für 2000 bis 2002) nicht möglich, zu schätzen, inwieweit sich die 100 %ige Erwerbsunfähigkeit im dritten Quartal 2001 auf den Gewinn des Klägers ausgewirkt hat.
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In noch stärkerem Maße gilt dies für die nachfolgende Zeit. Eine MdE von 30 % im vierten Quartal 2001 bzw. von 10 % im ersten Halbjahr 2002 sagt nichts darüber aus, inwieweit der Kläger nicht in der Lage war, seine Einzelhandelsgeschäfte zu führen. Denn die Höhe des Schadensersatzanspruchs richtet sich grundsätzlich nach dem konkreten Schaden und nicht nach dem medizinisch feststellbaren Grad der MdE. Es hätte deshalb insbesondere auch für den hier erörterten Zeitraum einer detaillierten Schilderung bedurft, welche Tätigkeiten der Kläger unfallbedingt nicht ausüben konnte, die er sonst ausgeübt hätte, wie sich das auf den Geschäftsgang und die Geschäftsentwicklung ausgewirkt hat und welchen Niederschlag das im Jahresabschluss bzw. in der Gewinnfeststellung gehabt hat. An alledem fehlt es, so dass auch für das vierte Quartal 2001 und das erste Halbjahr 2002 eine Schätzung des unfallbedingten entgangenen Gewinns nicht möglich ist und auch hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Erhebung des beantragten betriebswirtschaftlichen Gutachtens nicht vorliegen.
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Der Berechnung, die der Kläger selbst angestellt hat, kann nicht gefolgt werden. Der Kläger hat erstinstanzlich -wie bereits ausgeführt- seinen Schaden völlig abstrakt auf der Grundlage der durchschnittlichen Gewinne der drei Vorjahre berechnet und kam so - vor Abzug des von der Berufsgenossenschaft bezogenen Verletztengeldes- für das zweite Halbjahr 2001 auf EUR 74.995,76 ( 50 % des durchschnittlichen Jahresgewinnes der Vorjahre) und für das erste Halbjahr 2002 auf EUR 7.499,57 (10 % des durchschnittlichen Jahresgewinnes bezogen auf 6 Monate, vgl. I 13). Da er 2001 tatsächlich einen Gewinn von EUR 98.587,81 gemacht hat (vgl. Anlagenheft OLG BK 3), bedeutet das, dass er behauptet, ohne den Unfall hätte er in 2001 einen Gewinn von EUR 173.583,57 erzielt. Dieser Betrag liegt trotz des von dem Kläger selbst eingeräumten kontinuierlichen Umsatz- und Gewinnrückgangs über dem höchsten der in den Vorjahren erzielten Gewinne (1999: EUR 166.451,58). Darauf hat auch das Landgericht in seinem Urteil hingewiesen. Mit der Berufung gibt der Kläger dazu keine Erläuterung, obwohl Anlass bestanden hätte, da er die in 1. Instanz angestellte Schadensberechnung ausdrücklich aufrechterhält (II 53).
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Auch die mit der Berufung aufgestellte „Hilfsberechnung“ wird abstrakt anhand der Umsatz- und Gewinnzahlen für einzelne Jahre vorgenommen, ohne dass die oben aufgezeigten erforderlichen Differenzierungen vorgetragen und berücksichtigt werden. Danach soll 2001 ein - unfallbedingter - Verlust von EUR 8.594,51 eingetreten sein und 2002 ein solcher von EUR 37.531,24 (vgl. Schriftsatz vom 04.01.2005, S. 7, II 53). Bereits diese von der erstinstanzlich angestellten Berechnung extrem abweichenden Zahlen -erstinstanzlich wurde, wie dargelegt, ein unfallbedingter Verlust in 2001 von EUR 74.995,76 und in 2002 von EUR 7.499,57 behauptet - zeigen, wie beliebig die Berechnungen des Klägers sind, weil aussagekräftige Anhaltspunkte für eine unfallbedingte Gewinnminderung nicht dargetan sind und qualifizierte Schätzungsgrundlagen fehlen. Es erscheint zwar nicht ausgeschlossen, dass die unfallbedingte Beeinträchtigung des Klägers im Jahre 2001 insbesondere den Bereich des Einkaufs betraf und sich dann erst im folgenden Jahr, also 2002, ausgewirkt hat mit der Folge, dass 2002 ein höherer Verlust als 2001 eingetreten ist. Es fehlt aber hinreichender Vortrag zu den erforderlichen Anknüpfungstatsachen, so dass eine dahingehende Feststellung und betragsmäßige Schätzung nicht mit dem aufgrund von § 287 ZPO erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit getroffen werden kann. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
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Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht gegeben.

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