Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 11 Wx 12/05

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 04. Januar 2005 - 11 T 360/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten zu 2 und 3 haben zwei gemeinsame Kinder, den am 20.12.1998 geborenen Beteiligten zu 1 sowie das am 24.12.2000 geborene Kind J. Zum Zeitpunkt der Geburt dieser Kinder waren die Beteiligten zu 2 und 3 nicht verheiratet; die Beteiligte zu 2, die Mutter der Kinder, war Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge. Der Beteiligte zu 1 erhielt den Namen der Mutter „B.“. Dem nachgeborenen Kind erteilte die Mutter mit Zustimmung des Vaters, dem Beteiligten zu 3, dessen Namen „S.“.
Am 13.08.2003 haben die Beteiligten zu 2 und 3 geheiratet, ohne einen Ehenamen zu bestimmen. Sie wurden dabei über die Möglichkeit belehrt, den Kindesnamen neu zu bestimmen, erklärten jedoch, hiervon keinen Gebrauch machen zu wollen.
Der Standesbeamte der Beteiligten zu 4 hat am 05.03.2004 in das Geburtenbuch betreffend den Beteiligten zu 1 einen Randvermerk eingetragen, wonach dieser mit Wirkung vom 13.08.2003 den Geburtsnamen „S.“ trage. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 2 und 3, diesen Randvermerk zu streichen, zurückgewiesen. Auf ihre sofortige Beschwerde hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Standesbeamten angewiesen, den Randvermerk zu löschen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4, mit der sie die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung begehrt.
II.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 4 ist gemäß §§ 48, 49 PStG, 27, 29 FGG zulässig. In der Sache hat es keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung nimmt rechtsfehlerfrei an, dass sich der Geburtsname des Beteiligten zu 1 anlässlich der Heirat seiner Eltern weder durch eine Neubestimmung noch von Gesetzes wegen geändert hat.
1. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben durch ihre Heirat gemäß § 1626 a Abs. 1 Nr. 2 BGB die gemeinsame Sorge über ihre beiden Kinder begründet. Gemäß § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB wurde ihnen dadurch grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, den Namen ihrer Kinder binnen 3 Monaten neu zu bestimmen. Diese Norm ermöglicht den Eltern eines Kindes eine autonome Namensbestimmung, wenn sie sich zum gemeinsamen Sorgerecht zusammenfinden; sie sollen nachträglich die Wahlmöglichkeit erhalten, die § 1617 Abs. 1 BGB geboten hätte, wenn sie schon zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes die elterliche Sorge gemeinsam inne gehabt hätten.
In der Literatur wird allerdings überwiegend die Ansicht vertreten, dass diese Wahlmöglichkeit enger zu fassen ist, als es der Gesetzeswortlaut erfordern würde. Eine Neubestimmung des Kindesnamens soll nach dieser Ansicht letztlich nur in Betracht kommen, wenn das Kind einen Namen nach § 1617 a Abs. 1 BGB führt (Staudinger/Coester, BGB, § 1617 b Rdnr. 4; Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht, § 1617 b Rdnr. 6). Danach soll für eine Neubestimmung des Namens eines Kindes kein Raum sein, wenn ihm gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB mit dessen Zustimmung der Name des nicht sorgeberechtigten Elternteils erteilt worden ist; eine „Rückbenennung“ auf den Namen des zuvor allein sorgeberechtigten Elternteils soll nicht möglich sein (Lipp/Wagenitz § 1617 b Rdnr. 7; Henrich/Wagenitz/Bornhofen, Deutsches Namensrecht, § 1617 b Rdnr. 19; Staudinger/Coester, § 1617 b Rdnr. 7; Münchner Kommentar/von Sachsen Gessaphe, BGB, 4. Auflage, § 1617 b Rdnr. 7; a. A. Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Auflage, § 1617 b Rdnr. 3).
Nach dieser Rechtsansicht hätten die Beteiligten zu 2 und 3 anlässlich ihrer Heirat nur den Namen ihres erstgeborenen Kindes, des Beteiligten zu 1, gemäß § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB neu bestimmen können, während ihnen diese Möglichkeit hinsichtlich des nachgeborenen Kindes J., das gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB den Namen des damals nicht sorgeberechtigten Vaters erhalten hat, verwehrt gewesen wäre. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben jedoch von der Möglichkeit einer Neubestimmung keinen Gebrauch gemacht, sondern sogar ausdrücklich erklärt, ihren Kindern deren bisherige Namen erhalten zu wollen.
2. Der Name des Beteiligten zu 1 hat sich durch die Heirat seiner Eltern, der Beteiligten zu 2 und 3, auch nicht kraft Gesetzes geändert.
a) Nach § 1617 b Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB gilt der Name, den die Eltern nach Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge bestimmen, auch für ihre weiteren Kinder, wodurch die Namenseinheit der Geschwister gefördert wird. Dies führt zu einer Einschränkung des Bestimmungsrechtes gemäß § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die Eltern bereits vor der Begründung der gemeinschaftlichen Sorge für ein Kind autonome Namensbestimmungen für dessen Geschwister getroffen haben. In der Literatur wird daher angenommen, dass eine entsprechende Bindungswirkung eintritt, wenn die Eltern bereits vorher nach § 1617 BGB oder nach § 1617 b Abs. 1 BGB eine gemeinsame Namenswahl getroffen haben (Lipp/Wagenitz, § 1617 b Rdnr. 12; Münchner Kommentar/von Sachsen Gessaphe, § 1617 b Rdnr. 13; Staudinger/Coester, § 1617 b Rdnr. 14). Dies soll im Fall entsprechender Bindungswirkung sogar dazu führen, dass der Name des nachgeborenen Kindes sich kraft Gesetzes in den des vor geborenen Kindes ändert, auch wenn die Eltern ihr Neubestimmungsrecht nicht ausüben, sofern das Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (in diesem Sinne Münchner Kommentar/von Sachsen Gessaphe a.a.O.  und Staudinger/Coester a.a.O.; ablehnend jedoch Bamberger/Roth, BGB, § 1617 b Rdnr. 6): Eine entsprechende Bindungswirkung für den Namen nachgeborener Geschwister soll nach der Rechtsprechung auch dadurch eintreten, dass die Eltern es bei der früheren Begründung der gemeinschaftlichen Sorge für ein vor geborenes Kind unterlassen haben, dessen Namen nach § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB neu zu bestimmen (BayObLG FamRZ 2001, 856).
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b) Ob dem zu folgen ist, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden. Denn eine gemeinschaftliche Namensbestimmung der Eltern gemäß § 1617 oder § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB ist vorliegend nicht erfolgt. Die Beteiligte zu 4 stützt sich daher auf die Tatsache, dass die Mutter des Beteiligten zu 1 (der gemäß § 1617 a Abs. 1 BGB ihren Namen erhalten hatte) seinem nachgeborenen Bruder gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB den Namen des Vaters erteilt hat, und vertritt die Ansicht, damit müsse nach Begründung der gemeinschaftlichen Sorge kraft Gesetzes auch der Beteiligte zu 1 den Namen seines jüngeren Bruders erhalten.
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Der Senat teilt diese Ansicht jedoch nicht. Bestimmen Eltern den Namen eines Kindes gemäß § 1617 oder § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB, treffen sie eine gemeinsame Entscheidung im Rahmen gemeinschaftlicher elterlicher Sorge. Damit ist eine Namenserteilung gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB nicht vergleichbar: Hier trifft der allein sorgeberechtigte Elternteil eine autonome Entscheidung. Das Erfordernis der Zustimmung des anderen Elternteils dient lediglich dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes an seinem Namen (Münchner Kommentar/von Sachsen Gessaphe, § 1617 a Rdnr. 25; Bamberger/Roth § 1617 a Rdnr. 5). Das durch die Regelung des § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB gestützte Interesse an einer Namenseinheit der Geschwister erfordert es nicht, der für den jüngeren Bruder des Beteiligten zu 1 erfolgten Namenserteilung gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB gegen den Willen der nunmehr gemeinsam sorgeberechtigten Eltern die Wirkung einer gesetzlichen Änderung des Namens des Beteiligten zu 1 beizulegen. Dabei ist zu beachten, dass der Grundsatz der Namenseinheit der Geschwister im geltenden Namensrecht nicht uneingeschränkt Geltung beansprucht, sondern zu Gunsten anderer Interessen - etwa der Namenskontinuität des Kindes, aber auch der familienautonomen Gestaltungsfreiheit bzw. elterlicher Dispositionsmacht - vielfach zurück tritt. Ein generelles Prinzip der Namenseinheit von Geschwistern, hinter dem alle gegenläufigen Interessen zurückzutreten hätten, enthält das Gesetz gerade nicht und wird auch durch § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB nicht angeordnet (vgl. nur Staudinger/Coester § 1617 Rdnr. 36 ff.). Dies hat zur Folge, dass in Zweifelsfällen der Gesichtspunkt familienautonomer Gestaltungsfreiheit ausschlaggebende Bedeutung erlangt (zutreffend Staudinger/Coester a.a.O. Rdnr. 36). Die Eltern des Beteiligten zu 1 konnten daher eine Neubestimmung seines Namens unterlassen mit der Folge, dass er den Namen seiner Mutter behält.
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3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

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