Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 11 Wx 72/05

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10. Mai 2005 - 11 T 566/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen und den Antragsgegnern ihre im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft... . Die Anlage, die 1972 errichtet wurde, besteht aus 31 Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage, die eine eigene Teileigentumseinheit bildet. Der Antragsteller ist Eigentümer einer Wohnungseinheit. Außerdem ist er zu 1/3 Bruchteilseigentümer der Tiefgarageneinheit. Für diese besteht eine Nutzungsregelung gem. § 1010 BGB, wonach dem Antragsteller insgesamt 6 der laut Plan ausgewiesenen 18 Stellplätze (nämlich die Stellplätze Nr. 13 -Nr. 18) zur Nutzung zugewiesen sind.
Einige dieser Stellplätze -der Antragsteller behauptet, es handele sich um insgesamt 5 -sind nur eingeschränkt nutzbar, weil sich auf der vor ihnen befindlichen Verkehrsfläche Stützsäulen befinden. Der Antragsteller ist der Ansicht, die betreffenden Stützsäulen seien in den maßgeblichen Bau- und Aufteilungsplänen nicht enthalten gewesen. Der tatsächliche, schon seit über 30 Jahren bestehende, Zustand habe zur Folge, dass die Gemeinschaft ihre öffentlich-rechtliche Verpflichtung zum Nachweis einer ausreichenden Anzahl von Stellplätzen nicht erfülle. Letztlich sei das gemeinschaftliche Eigentum zu keinem Zeitpunkt plangerecht und mangelfrei erstellt worden. Er habe somit gegen die übrigen Miteigentümer einen Anspruch auf erstmalige mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums. Hieraus folge, dass ihm die Gemeinschaft 5 ordnungsgemäß benutzbare Stellplätze verschaffen oder hilfsweise einen angemessenen Ausgleich gewähren müsse.
Der Antragsteller hat, soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch von Interesse, beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, im Rahmen der erstmaligen mangelfreien Herstellung ihm 5 bestimmungsgemäß und ordnungsgemäß benutzbare Stellplätze zu verschaffen, hilfsweise einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Amts- und Landgericht haben diesen Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen Antrag weiter verfolgt.
II.
Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig. In der Sache hat es keinen Erfolg.
1. Die Tiefgarage des Anwesens steht nicht im Eigentum aller Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft. An den einzelnen Stellplätzen der Tiefgarage besteht auch kein Sondereigentum. Nach der Teilungserklärung vom 9.4.1970 bildet die Tiefgarage vielmehr eine eigene Teileigentumseinheit. Das Sondereigentum an dieser Teileigentumseinheit steht mehreren Miteigentümern zu. Diese Miteigentümer sind Bruchteilseigentümer, deren Rechtsverhältnis untereinander sich nach §§ 741 ff., 1008 ff. BGB richtet. Die Bruchteilseigentümer der Tiefgarageneinheit haben untereinander eine Vereinbarung über die Verwaltung und Benutzung der Tiefgarage geschlossen, die gem. § 1010 BGB als Beschränkung des Eigentumsrechts in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen worden ist. Die rechtlichen Regeln innerhalb dieser Bruchteilsgemeinschaft folgen somit nicht dem WEG und den sonstigen Vereinbarungen der Wohnungseigentümer (vgl. nur Staudinger/Rapp § 5 WEG Rn. 14; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 1 Rn. 18). Da die Eigentümer der Garageneinheit ausdrücklich eine Regelung gem. §§ 745, 746 BGB getroffen haben, die gem. § 1010 Abs. 1 BGB im Grundbuch eingetragen ist, kann offen bleiben, ob es ihnen möglich gewesen wäre, den Gebrauch der Sondereigentumseinheit auch nach § 15 Abs. 1 WEG zu regeln (vgl. hierzu BayObLG NJW-RR 1994, 1427; ablehnend Staudinger/Rapp § 3 WEG Rn. 20).
2. Die Tatsache, dass vorliegend verschiedene Eigentümergemeinschaften existieren, deren rechtliche Verhältnisse unterschiedlichen Rechtsregeln unterliegen, hat folgende Konsequenzen:
a) Wer innerhalb der Tiefgarage welche Flächen ausschließlich nutzen darf und in welcher Höhe zu den Kosten der Tiefgarage beitragen muss, folgt verbindlich allein aus der gem. §§ 745, 746 BGB geschlossenen Vereinbarung der Bruchteilseigentümer der Tiefgarage. Da auch der Antragsteller davon ausgeht, dass die Stützsäulen, die sich vor den ihm zugewiesenen Stellplätzen befinden, nicht entfernt werden können, richtet sich sein Interesse in erster Linie auf eine Änderung dieser Vereinbarung. So stellt er sich ausweislich der Begründung der Antragsschrift vor, dass auf der Gemeinschaftsfläche der Tiefgarage Stellplätze geschaffen werden, die ausschließlich ihm zur Nutzung zugewiesen werden; außerdem will er für die -seiner Ansicht nach nicht nutzbaren Stellplätze sich nicht mehr an den Kosten beteiligen. Abgesehen davon, dass der Sachantrag des Antragstellers insoweit nicht hinreichend bestimmt ist, weist die angefochtene Entscheidung zutreffen darauf hin, dass sich ein diesbezüglicher Anspruch des Antragstellers nicht gegen die Antragsgegner des vorliegenden Verfahrens richten kann. Vielmehr muss der Antragsteller insoweit die Bruchteilseigentümer (allein) der Tiefgarageneinheit in Anspruch nehmen. Hierfür wären ggfs. die allgemeinen Prozessgerichte zuständig (BayObLG NJW-RR 1995, 588; Bär-mann/Pick/Merle § 43 Rn. 31).
b) Allerdings beschränkt sich das Rechtsschutzziel des Antragstellers nicht auf Ansprüche gegen die übrigen Bruchteilseigentümer der Tiefgarageneinheit. Er behauptet nämlich, die Tiefgarage sei bereits bei der Errichtung der Anlage im Jahre 1972 planwidrig erstellt worden, indem im Bereich der Gemeinschaftsfläche zusätzliche Stützsäulen eingezogen worden seien, die die Zufahrt zu einzelnen Stellplätzen behindern. Er ist der Ansicht, hieraus folge ein gegen die Gesamtheit der Wohnungseigentümer gerichteter Anspruch auf erstmalige plangerechte und mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums.
Hieran ist zutreffend, dass die erstmalige Herstellung eines mangelfreien und plangerechten Zustandes des Gemeinschaftseigentums bei Planungsfehlern oder von Anfang an vorhandenen Baumängeln, deren Beseitigung vom Bauträger nicht mehr erreicht werden kann, zu den Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) bzw. ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) gehört (vgl. nur BayObLG NZM 1999, 767; BayObLG NJW-RR 1990, 332; Staudinger/Bub § 21 WEG Nr. 185 ff., jeweils m.w.N.). Der Anspruch richtet sich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft in ihrem Bestand. Er steht jedem Wohnungseigentümer zu, gründet sich auf das Eigentum, unterliegt der Verwirkung und Verjährung (KG FGPrax 2003, 12, 13; Senatsbeschluss vom 17.3.2003 -11 Wx 55/02; Staudinger/Bub § 21 WEG Rn. 100) und kann auch von den Bruchteilseigentümern einer Wohn- oder Teileigentumseinheit geltend gemacht werden, wie sich aus § 1011 BGB ergibt (BayObLG NZM 1999, 767).
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Ob ein etwaiger Anspruch der Eigentümer der Tiefgarage auf erstmalige mangelfreie Herstellung angesichts des Zeitablaufs verwirkt ist, was von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, kann letztlich offen bleiben. Denn der einzige Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum, der nach Ansicht des Antragstellers Abhilfe schaffen und deshalb im Grundsatz von der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer geschuldet werden könnte, kommt vorliegend nicht in Betracht, da -wie auch der Antragsteller einräumt -eine Entfernung der störenden Stützsäulen aus statischen Gründen nicht möglich ist. Sollte die Gemeinschaft im übrigen öffentlichrechtlich zur Schaffung weiterer Stellplätze auf ihrem Grundstück verpflichtet sein (vgl. § 37 LBO BW), folgt daraus nicht ein Anspruch des Antragstellers gegen die Gemeinschaft, solche Stellplätze ausschließlich ihm zur Nutzung zuzuweisen. Soweit der Antragsteller für möglich hält, dass der Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung geändert werden müsse, weil auf die Tiefgarage ein zu hoher Kostenanteil entfalle, stünde ein solcher Anspruch, der aus § 242 BGB folgt, der Gemeinschaft der Garageneigentümer zu; für die interne Verteilung der auf die Garageneinheit entfallenden Kosten ist jedoch diese, und nicht die Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer zuständig.
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3. Die angefochtene Entscheidung hat somit im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf Verschaffung weiterer Stellplätze nicht gegen die Antragsgegner geltend machen kann. Ein Anspruch gegen die übrigen Miteigentümer der Tiefgarageneinheit ist nicht Gegenstand des vorliegenden Wohnungseigentumsverfahrens.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es ist angemessen, den Antragsteller auch mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu belasten, nachdem er in der Rechtsbeschwerdeinstanz ohne Erfolg geblieben ist. Der Geschäftswert war nach dem Interesse der Beteiligten festzusetzen (§ 48 Abs. 3 S. 1 WEG), das der Senat in Übereinstimmung mit der unangegriffen gebliebenen Festsetzung der Vorinstanz auf 10.000,00 Euro schätzt.

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