Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 UF 209/05

Gründe

 
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über Trennungsunterhalt in Anspruch.
Die Parteien sind seit Mai 2000 getrennt lebende Eheleute. Hinsichtlich des Trennungsunterhaltes schlossen sie am 26. März 2002 vor dem Amtsgericht Karlsruhe einen Vergleich, nach dem sich der Beklagte verpflichtete, an die Klägerin ab 1. April 2002 monatlich 103 EUR Trennungsunterhalt zu zahlen. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Abänderung des Vergleichs für die Zeit ab Oktober 2002 in Anspruch. In der Berufungsinstanz (während der Berufungserwiderungsfrist) wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe am 22. November 2005 über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2006 den Berufungsantrag mit der Maßgabe verlesen, dass die Berufung im Hinblick auf die Unterbrechung nach § 240 ZPO nur hinsichtlich der Unterhaltsansprüche ab Dezember 2005 weiter verfolgt werde.
II.
Insolvenzforderungen sind nur die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22. November 2005 bereits entstandenen und fällig gewordenen Trennungsunterhaltsansprüche (vgl. BGH FamRZ 2005, 608, 611). Ob eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO auch hinsichtlich der Trennungsunterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist, wird unterschiedlich beurteilt. Überwiegend wird angenommen, dass die Unterbrechung das gesamte Verfahren erfasst (BGH NJW 1966, 51; BGH MDR 2004, 711; MüKo/Feiber, ZPO 2. Aufl., § 240 Rdn. 19; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl., § 240 Rdn. 11; Uhlenbruck, Insolvenzordnung 12. Aufl., § 85 Rdn. 9; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl., § 240 Rdn. 8). Teilweise wird angenommen, dass keine Unterbrechung eingetreten ist, soweit das Verfahren Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft (OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 821, 822). Dies braucht indessen vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden. Soweit davon ausgegangen wird, dass das gesamte Verfahren unterbrochen ist, ist weiter davon auszugehen, dass die Klägerin durch die Änderung ihres Berufungsantrags in der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2006 jedenfalls das Verfahren hinsichtlich der Trennungsunterhaltsansprüche für die Zeit ab Dezember 2005 (konkludent) - trotz § 250 ZPO auch formwirksam (vgl. BGHZ 50, 397, 399/400; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 250 ZPO Rdn. 4) - wieder aufgenommen hat. Da die Klägerin als Gläubigerin nach § 86 InsO sogar gewisse Verfahren, die die Insolvenzmasse betreffen wieder aufnehmen kann, kann sie erst recht Verfahren aufnehmen, die - wie hier nach § 40 InsO - keine Insolvenzforderungen betreffen (so im Ergebnis - "ohne weiteres berechtigt" - auch BGH NJW 1966, 51).
Soweit danach Trennungsunterhaltsforderungen ab Dezember 2005 Gegenstand des Rechtsstreits sind, kam ein Teilurteil nach § 301 ZPO wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in Teil- und Schlussurteil nicht in Betracht (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 301 ZPO Rdn. 7 m.w.N.). Beide Parteien sind zwischenzeitlich (seit 2003 bzw. 2004) arbeitslos, so dass sowohl für den Zeitraum Oktober 2002 bis November 2005 als auch ab Dezember 2005 von Bedeutung sein wird, ob und ggf. in welchem Umfang den Parteien fiktive Einkünfte zuzurechnen sind.
Andererseits erscheint es dem Senat angemessen, das Verfahren hinsichtlich der vom Insolvenzverfahren nicht erfassten Trennungsunterhaltsansprüche (also der Unterhaltsansprüche ab Dezember 2005) unverzüglich fortzuführen und zu diesem Zweck gemäß § 145 ZPO abzutrennen. Ansonsten würde das Verfahren wegen der Unzulässigkeit eines Teilurteils auch wegen dieser vom Insolvenzverfahren nicht erfassten Ansprüche während des Insolvenzverfahrens praktisch ruhen. Es ist der Klägerin aber nach Auffassung des Senats nicht zuzumuten, hinsichtlich ihrer Trennungsunterhaltsansprüche ab Dezember 2005 - die sie nach § 40 InsO nicht im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend machen kann - die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens abzuwarten, das vor allem wegen durchzuführender (anderweitiger) Klageverfahren nach §§ 179 f InsO bis zur Beendigung bzw. Aufhebung nach §§ 200 Abs. 1, 289 Abs. 2 Satz 2 InsO länger dauern kann. Der Senat erachtet daher insoweit eine Abtrennung des Verfahrens nach § 145 ZPO für geboten. Zwar wird dadurch die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht ausgeräumt. Indessen berührt diese Widersprechensgefahr die Zulässigkeit der Verfahrenstrennung nicht. Denn die Zulässigkeit der Trennung nach § 145 ZPO unterliegt nicht den gleichen Einschränkungen wie die Zulässigkeit eines Teilurteils nach § 301 ZPO (vgl. BGH NJW 2003, 2386, 2387).

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