Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 5 UF 213/15

Tenor

Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Im streitgegenständlichen Teilbeschluss geht es um die isolierte Zurückweisung eines Antrags auf Auskunftserteilung sowie auf Vorlage von Gehaltsbescheinigungen.
Die drei Antragsteller sind die Kinder des Antragsgegners. Sie leben bei der Mutter. Mit Teil- und Schlussbeschluss vom 24.06.2014 (1 F 331/12) hatte das Familiengericht Lahr den Antragsgegner unter anderem verpflichtet, monatliche Kindesunterhaltsbeträge ab Juli 2014 von 334 EUR, 272 EUR sowie 269 EUR, insgesamt mithin monatlich 875 EUR zu bezahlen. Dabei ist es nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und einer Verbindlichkeit von einem zu berücksichtigenden Einkommen des Antragsgegners von 1.975,57 EUR ausgegangen und hat einen Unterhaltsbedarf der 2. Einkommensstufe nach einer Herabstufung von 356 EUR, 291 EUR und 288 EUR angenommen, aber offenbar wegen der geringeren Anträge nur wie oben angegeben tituliert. Im dortigen Verfahren hatte nach Streit über die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners am 28.04.2014 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der der Antragsgegner zusätzliche Angaben machte und weitere Unterlagen vorlegte. Ihm wurde aufgegeben, noch die Lohnabrechnungen bis Oktober 2013 vorzulegen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 30.04.2014 legte der Antragsgegner die Lohnabrechnungen für die Monate Januar bis Dezember 2013 vor. Daraufhin berechneten die Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 05.05.2014 den Unterhalt noch einmal neu. Mit Beschluss vom 06.05.2014 ordnete das Familiengericht das schriftliche Verfahren an und bestimmte zum Zeitpunkt der letzten Einreichung von Schriftsätzen den 03.06.2014.
Bereits mit Anwaltsschreiben vom 28.07.2014 forderten die Antragsteller den Antragsgegner auf, ab März 2014 die vom Gericht errechneten Unterhaltsbeträge nach der 2. Einkommensstufe (356 EUR, 291 EUR und 288 EUR) zu bezahlen. Nachdem der Antragsgegner dies abgelehnt hatte, forderten die Antragsteller den Antragsgegner mit Anwaltsschreiben vom 22.08.2014 zur Auskunftserteilung auf.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 24.11.2014, eingegangen beim Familiengericht am 26.11.2014, machten die Antragsteller einen Abänderungsantrag in Form eines Stufenantrags geltend. Im Verhandlungstermin vor dem Familiengericht legte der Antragsgegner eine Verdienstabrechnung für Juli 2014 über ein Nettoeinkommen vom 2.240,96 EUR vor.
Mit dem angefochtenen Teilbeschluss hat das Familiengericht die Anträge der Antragsteller auf Auskunftserteilung und Belegvorlage zurückgewiesen. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch bestehe nicht, da die Zweijahresfrist gemäß § 1605 Abs. 2 BGB noch nicht verstrichen sei, diese laufe erst ab dem Schluss der mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Verfahren. Der Teilbeschluss vom 05.11.2015 wurde den Antragstellern am 13.11.2015 zugestellt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 10.12.2015, eingegangen beim Familiengericht per Fax am gleichen Tag, beantragen die Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde. Sie verweisen darauf, dass nach richtiger Ansicht nicht auf den Tag der letzten mündlichen Verhandlung, sondern auf die Erteilung der Auskunft abzustellen sei.
Der Antragsgegner hatte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren ist nicht zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung der Antragsteller keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 114 ZPO).
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Eine Erfolgsaussicht für das beabsichtigte Beschwerdebegehren ist nicht ersichtlich. Zu Recht hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Teilbeschluss eine derzeitige Verpflichtung des Antragsgegners auf Auskunft und Belegvorlage verneint.
11 
Nach § 1605 Abs. 2 BGB kann von einem zum Kindesunterhalt Verpflichteten vor Ablauf von zwei Jahren Auskunft erneut nur dann verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dieser später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat.
12 
Aus der Formulierung im Gesetzestext „Auskunft erneut“ wird teilweise abgeleitet, dass in jedem Fall zeitlich an die frühere Auskunft anzuknüpfen ist. Auf dieser Grundlage wird dann entweder angenommen, es komme auf den Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft an (so OLG Hamm vom 25.08.2004 - 5 WF 329/04, Juris Rn. 1; OLG Schleswig vom 17.05.1983 - 8 WF 84/83, Juris; wohl auch Johannsen/Henrich/Graba/Maier, Familienrecht, 6. Auflage 2015, § 1605 BGB Rn. 8; dieser Zeitpunkt wäre vorliegend im Übrigen wohl ebenfalls weniger als zwei Jahre her). Teilweise wird angenommen, die Frist beginne bereits mit Ablauf des Zeitraums, über den Auskunft erteilt worden ist, da es für die Fristbemessung auf die mögliche Änderung der Verhältnisse ankomme (so Staudinger/Engler, BGB, Neubearbeitung 2000, § 1605 Rn. 54; KG Berlin vom 07.11.2002 - 19 WF 184/02, Juris Rn. 4).
13 
Diese Ansichten sind aber im Einklang mit der überwiegenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung abzulehnen. Vielmehr ist bei gerichtlichen Beschlüssen auf den Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. auf den entsprechenden Zeitpunkt bei schriftlichem Verfahren abzustellen. Der in § 1605 BGB normierte Auskunftsanspruch ist nur ein Hilfsanspruch zum damit verbundenen Zahlungsanspruch. Dieser Anspruch wird durch eine gerichtliche Entscheidung nach der Vorschrift des § 238 FamFG bis zum Eintritt wesentlich veränderter Umstände stabilisiert. Ein Auskunftsverlangen kann in einem solchen Fall nur der Vorbereitung eines Abänderungsantrags dienen. Der Hauptanspruch auf Abänderung des Zahlungsbetrages ist nach § 238 FamFG nur bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zulässig; der Hilfsanspruch auf Auskunft ist demgegenüber zunächst voraussetzungslos, allerdings regelmäßig erst nach Ablauf von zwei Jahren zulässig. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist dies nach aller Erfahrung ein Zeitraum, in dem sich Löhne und Gehälter einerseits und Kosten der Lebenshaltung andererseits nicht in einem Maße veränderten, dass dies zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 238 FamFG führen würde. Auch im Hinblick auf den Auskunftsanspruch soll das prinzipiell unstabile Unterhaltsrechtsverhältnis (häufig ändern sich Einkommensverhältnisse in jedem Monat) dadurch für eine gewisse Zeit stabilisiert werden (vgl. OLG Karlsruhe vom 07.06.1991 - 2 A WF 52/91, Juris Rn. 11 f. m.w.N.; OLG München vom 16.10.2009 - 2 WF 1575/09, Juris Rn. 13; ebenso wie hier auch Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Auflage 2016, § 1605 Rn. 11; MünchKommBGB/Born, 6. Auflage 2012, § 1605 Rn. 10; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 1 Rn. 1172; OLG Düsseldorf 04.07.2005 - II-2 UF 249/04, Juris Rn. 10; OLG Hamburg vom 24.09.1984 - 12 WF 123/84 U, Juris).
14 
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Stabilisierung des Unterhaltsrechtsverhältnisses kann aber nur erreicht werden, wenn an den eindeutig bestimmbaren Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung und nicht an das materiell-rechtlich zu beurteilende Kriterium der Auskunftserteilung angeknüpft wird. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall, in dem die erneute Auskunft nur wenige Wochen nach Zustellung des Unterhaltsbeschlusses verlangt worden ist. Wie in der Praxis eher häufig, liegt hier im vorangegangenen Verfahren trotz der umfangreichen Ermittlungen des Gerichts zu den aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine idealtypische umfassende Auskunft des Antragsgegners in einem Schriftstück vor, sondern vielmehr verschiedene Erklärungen und Belegvorlagen, die sich zudem auf sehr unterschiedliche Zeiträume beziehen. Es widerspricht der gesetzgeberischen Intention einer zeitweisen Stabilisierung des Unterhaltsrechtsverhältnisses, wenn im Folgeverfahren zunächst umfänglich geprüft werden müsste, ob, wann und für welchen Zeitraum die im Vorverfahren erfolgten Erklärungen des Unterhaltsschuldners als Auskunft zu werten sind. Noch deutlicher wird dies, wenn in einem vorangegangenen Verfahren überhaupt keine Auskunft erteilt worden ist. Dann könnte die Rechtskraft des Unterhaltstitels unmittelbar in Frage gestellt werden.
15 
Da der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bereits aus diesem Grund ohne Aussicht auf Erfolg ist, kommt es nicht darauf an, ob nicht außerdem auch noch Mutwillen anzunehmen wäre. Ein Beteiligter, der das Verfahren selbst finanzieren müsste, würde die vorliegende Beschwerde möglicherweise bereits deshalb nicht einlegen, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners in einem Maße verändert hätten, das zu einer Abänderung berechtigen würde.

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