Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 8 U 143/15

Tenor

1. Der Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2017 wird von Amts wegen wie folgt geändert:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und den Vergleich wird auf „bis 9.000,00 EUR“ festgesetzt.

2. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
Die Entscheidung ergeht von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG und beruht auf folgenden Erwägungen:
Die Parteien bilden, da ihnen ein - subjektives öffentliches(Vgl. von Proff, in: Staudinger, BGB, 2015, § 741 Rn. 155; Schmidt, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 741 Rn. 13) - Recht gemeinschaftlich zusteht, eine Gemeinschaft im Sinne des § 741 BGB. Dieses subjektive öffentliche Recht besteht darin, das Parken auf der B-Straße in Karlsruhe in der Zeit von 20.00 Uhr bis 7.00 Uhr „unter sich“ zu regeln, und resultiert aus der den Anliegern der B-Straße 1989 von der Stadt Karlsruhe im Zuge der Umwidmung der B-Straße von einer Gemeindestraße für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 StrG) in einen beschränkt öffentlichen Fuß- und Radweg (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b und c StrG) erteilten wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnis (vgl. Amtsblatt der Stadt Karlsruhe vom 7. Januar 1989, Seite IV). Eine wegerechtliche Sondernutzungserlaubnis gewährt ihrem Inhaber eine subjektive Rechtsposition bezüglich der Nutzung des Straßenraums; soweit die Erlaubnis reicht, verleiht sie dem Inhaber die Befugnis, den Straßenraum nach seinen Bedürfnissen zu gestalten(Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. September 1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, S. 1099 f.; Sauthoff, NVwZ 1990, S. 223 <227>). Das schließt hier die rechtliche Gestaltung durch entsprechende Beschlussfassung nach § 745 Abs. 1 und 3 BGB mit ein.
Nach dem Vortrag der Kläger befinden sich am Rand der B-Straße im öffentlichen Verkehrsraum elf Parkplätze; zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hatte der Beklagte acht oder neun Fahrzeuge dort stehen(Vgl. Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 20. Juli 2015, Seite 3). Daraus und aus dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht von den Klägern gestellten Antrag, das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts zu ändern und den Beklagten zu verurteilen,
es ... zu unterlassen, in der B-Straße in Karlsruhe während der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 7.00 Uhr mehr als zwei Kraftfahrzeuge zu parken, ...
ergibt sich zum einen, dass über das Nutzungsrecht an neun Parkplätzen gestritten worden ist, und zum anderen, dass sich der Streit auf die Zeit von 20.00 Uhr bis 7.00 Uhr - mithin auf elf Stunden pro Tag - beschränkt hat.
Der Beklagte hat in erster Instanz(Schriftsatz vom 22. Juli 2015, Seite 1) den monatlichen Nutzungswert der elf in der B-Straße vorhandenen Parkplätze mit „EUR 550,00“ angegeben. Da sich ein Nutzungswert nicht centgenau ermitteln lässt, ein Nutzungswert von 50,00 EUR pro Parkplatz und Monat jedoch realistisch erscheint, legt ihn der Senat nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO als Ausgangspunkt der Streitwertfestsetzung zugrunde.
Soweit der Beklagte nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. Dezember 2017 vorgetragen hat, dass Stellplätze in der Nähe der B-Straße für weniger als 50,00 EUR pro Monat zu bekommen seien, ist dies für die Streitwertfestsetzung nicht entscheidend. Der Charakter der B-Straße - nach den von keiner Partei angegriffenen Feststellungen im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Urteils des Landgerichts vom 14. August 2015 „ein Jugendstilensemble in der westlichen Innenstadt von Karlsruhe“ -, der geschützte Raum - nachts ist die zweiflügelige Toranlage geschlossen - und die unmittelbare Nähe der Parkplätze zu den Wohnanlagen - „Parkplatz vor der Haustür“ - rechtfertigen es auch weiterhin, von einem Wert von 50,00 EUR auszugehen. Dieser Wert ist erforderlich, aber auch ausreichend, um das Interesse der Kläger am Streitgegenstand sachgerecht zu erfassen. Auf das Interesse des Beklagten kommt es für die Streitwertbestimmung nicht an(Vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 2 Rn. 13 und 15).
§ 41 GKG, welcher den Gegenstandswert auf das einjährige Entgelt begrenzt, ist nicht einschlägig, weil weder das „Bestehen“ oder die „Dauer“ noch die „Beendigung“ des Nutzungsverhältnisses im Streit stehen. Einer entsprechenden Anwendung steht der Charakter der Vorschrift als soziale Schutzvorschrift(Vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juni 1967 - V ZR 75/66 -, NJW 1967, S. 2263 f.) - die Vorschrift dient vorwiegend sozialen Erwägungen(Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, § 41 Rn. 2 beglm.w.N.) - entgegen, weil die Parteien, allesamt Anlieger der B-Straße in Karlsruhe, dieses sozialen Schutzes nicht bedürfen. Maßgebend ist vielmehr, da das Sondernutzungsrecht den Parteien wiederkehrende Nutzungen vermittelt, der dreieinhalbfache Jahreswert gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 9 ZPO.
Somit ergibt sich ein Wert von 50,00 EUR x 9 x 11/24 x 12 x 3,5 = 8.662,50 EUR. Da Gebührensprünge bei 8.000,00 EUR und 9.000,00 EUR liegen und der Wert, wie ausgeführt, nicht centgenau bestimmt werden kann, ergibt sich als rechtens eine Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren und den Vergleich auf „bis 9.000,00 EUR“.

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