Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 20 UF 169/19

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Pforzheim vom 28.08.2019, erlassen am 30.08.2019, Az. 5 F 218/19 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Der Beschwerdeverfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die beteiligten Eltern streiten darüber, wem das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung des gemeinsamen Kindes R. J., geboren am ..., übertragen soll.
Am 13.10.2017 haben die Beteiligten eine gemeinsame Sorgerechtserklärung hinsichtlich des Kindes abgegeben. R. hat seinen Lebensmittelpunkt bei der Antragstellerin. Diese ist bei der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft L. im Studiengang Pflegepädagogik eingeschrieben. Der Antragsgegner hat regelmäßigen Umgang mit R. Der Antragsgegner ist in Vollzeittätigkeit im Schichtdienst beschäftigt bei der Firma P.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sie dringend auf eine Kinderbetreuung am Montag, Mittwoch und Donnerstag von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr angewiesen sei. In diesem Zeitraum sei sie an der Hochschule und könne die Betreuung für R. nicht selbst übernehmen. Sie benötige daher eine Zustimmung des Vaters für den Antrag auf Förderung der Kindertagespflege und den Tagespflegevertrag. Die Eingewöhnungsphase an die Tagesmutter solle am 27.08.2019 starten.
Der Antragsgegner hat sich darauf berufen, dass er im Schichtdienst ohnehin alle zwei Wochen am Montag, Mittwoch und Donnerstagvormittag Hause sei. Er könne in dieser Zeit die Betreuung selbst übernehmen. In der anderen Woche könne seine Mutter die Betreuung sicherstellen, die mehrere Kinder großgezogen habe und bei der sich die regelmäßig Kinder aufhielten. Eine Tagesmutter sei für R. nicht geeignet, da dieser sehr introvertiert sei und mit anderen Personen Schwierigkeiten habe. Darüber hinaus sei nicht sicher, ob die Tagesmutter auch ausreichend qualifiziert sei. Der Umgang funktioniere regelmäßig. So habe er R. immer am Donnerstag und am Sonntag.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht Pforzheim die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung des Kindes R. durch eine Tagesmutter der Antragstellerin zur alleinigen Entscheidung übertragen sowie festgestellt, dass die Kindesmutter auch berechtigt ist, alle damit im Zusammenhang stehenden Fragen alleine zu entscheiden. Nach Auffassung des Amtsgerichts ist der Antrag der Antragstellerin gemäß § 1628 BGB zulässig und begründet. Nach Abwägung aller Aspekte sei die Alleinentscheidungsbefugnis ihr zu übertragen. R. habe seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter. Diese übernehme die Pflege und Erziehung des Kindes. In der Zeit, in der das Kind nicht zum Umgang beim Vater sei, trage die Mutter auch die Verantwortung für die Betreuung. Sie sei daher auch berechtigt, die Betreuung durch dritte Personen und auch durch eine Tagesmutter sicherzustellen. Die Antragstellerin könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass die Betreuung durch den Kindesvater oder dessen Mutter übernommen werde. Hierzu sei sie im Hinblick darauf, dass es mit den Großeltern in Erziehungsfragen immer zu unterschiedlichen Auffassungen kommen und die Erziehungsentscheidung der Eltern daher unterlaufen werden könne, nicht verpflichtet. Bei einer Betreuung durch den Vater sei seine Verlässlichkeit nicht sichergestellt. Im Ergebnis sei es ihm vorbehalten, seinen Umgang weiter auszudehnen, so dass gegebenenfalls dann auch die Betreuung durch die Tagesmutter zurückgeschraubt werden könne. Im Hinblick darauf, dass die Tagesmutter durch den Kinderschutzbund organisiert worden sei, spreche auch nichts gegen deren Qualifikation. Darüber hinaus entspreche es dem Kindeswohl, dass R. in einem Alter von nahezu zwei Jahren auch in Kontakt mit anderen Kindern und anderen Personen komme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 31.08.2019 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 05.09.2019, beim Amtsgericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt. In seiner Beschwerdebegründung stellt der Antragsgegner den Widerantrag, die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung des Kindes R. ihm zur alleinigen Entscheidung zu übertragen sowie auszusprechen, dass der Kindesvater berechtigt ist, alle damit im Zusammenhang stehenden Fragen alleine zu entscheiden.
Zur Begründung der Beschwerde trägt der Antragsgegner vor, er habe sich bereits im März/April 2018, als die Kindesmutter aus der gemeinsamen Wohnung zu ihrer Mutter gezogen sei, bereit erklärt, seine Arbeitstätigkeit zu reduzieren und einzustellen, um das Kind zu betreuen. Dazu sei er nach wie vor in der Lage und gewillt. Der Arbeitgeber sei bereit, ihn zu beurlauben oder in Teilzeit zu beschäftigen. An den besagten drei Tagen könne er dann das Kind tagsüber betreuen und Spätschicht arbeiten und die Kindesmutter könne an der Hochschule studieren. Er habe eine enge Beziehung zu dem Kind. Er merke, dass das Kind unter Trennungsängsten leide und gehe auch davon aus, dass mit Rücksicht auf das Alter ein Schaden durch die Fremdbetreuung des Kindes entstehen werde. Die Verlustängste seien über das Maß hinaus ausgeprägt. Das Kind wolle schlichtweg nicht zu Dritten und Fremden. Eine fremde Tagesmutter kenne das Kind nicht, diese sei „familienfremd“ und im Übrigen würden dadurch Kosten entstehen, die durch die Eigenbetreuung des eigenen Vaters bzw. dessen Eltern vermieden werden könnten. Wegen des nachfolgenden, vertiefenden Vorbringens des Antragsgegners wird auf die Schriftsätze vom 15.11.2019, vom 06.12.2019 und vom 19.12.2019 verwiesen.
Die Antragstellerin verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung und trägt vor, sie müsse davon ausgehen, dass das Motiv des Antragsgegners (und seiner Familie) nicht R.s individuelle Situation darstelle. Als Eltern von R. seien beide radikal religiös, fundamentalistisch christlich erzogen worden. Sie hätten beide weder einen Kindergarten noch eine ähnliche Einrichtung besucht. Die Distanz von der Durchschnittsgesellschaft und so wenig Kontakt wie möglich zu Andersgläubigen habe in dieser Gemeinschaft höchste Priorität. In der Erörterung vor dem Amtsgericht am 20.08.2019 habe der Vater bestätigt, dass er ein Misstrauen gegenüber Kinderbetreuung, dem Kinder- und Jugendamt, Beratungsstellen, Pädagogen und sämtlichen Institutionen und Berufsgruppen hege. An einem dringend nahegelegten Beratungsangebot als Eltern habe der Vater kein Interesse gezeigt. Auch habe er abgelehnt, die Tagesmutter an einem ihm mitgeteilten ersten Termin kennenzulernen. In ihrem ersten Semester habe sie nur selten die Hochschule besuchen können und nachts lernen müssen. Die einzige Zuverlässigkeit sehe sie in einer Tagesmutter. Ansonsten seien ihr Studium und die Zukunftsperspektiven für ihren Sohn bedroht. Dieser habe sich bereits gut bei seiner Tagesmutter eingelebt und fühle sich dort wohl. Er sei ein geselliges und fröhliches Kleinkind. Die von dem Vater beschriebene Bindungsproblematik und die Verlustängste bestünden lediglich zwischen ihm und seinem Sohn. Den Grund sehe sie mitunter darin, dass der Vater am Anfang sehr unregelmäßig Kontakt zu seinem Sohn aufgenommen habe. Sie sehe eine Gefahr in den ideologischen Ansichten des Vaters und seiner Familie für das Wohlergehen des Kindes. Der Vater teile ihr offen mit, dass er alles in seiner Macht stehende tun werde, um seinen Sohn in der religiösen Gemeinschaft aufwachsen zu sehen.
Der Senat hat für das Kind R. einen Verfahrensbeistand bestellt und die Verfahrensbeiständin sowie das Jugendamt um Vorlage aktueller Berichte gebeten. Aus den Berichten der Verfahrensbeiständin geht hervor, dass R. sich in der Tagesbetreuung gut eingelebt hat und sich wohlfühlt. Er spiele gerne mit einem Mädchen und gehe gerne mit dem Hund der Tagesmutter spazieren. Am 18.12.2019 hat auch der Antragsgegner einen Besuch bei der Tagesmutter durchgeführt und hierüber im Schriftsatz vom 19.12.2019 berichtet.
10 
Mit Verfügung vom 03.12.2019 hat der Senat Hinweise erteilt und die Absicht bekannt gegeben, ohne nochmalige persönliche Anhörung der Beteiligten zu entscheiden, § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG.
II.
11 
Die Beschwerde ist unbegründet. Dies gilt insbesondere auch für den Widerantrag, die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung des Kindes R. dem Antragsgegner alleine zu übertragen. Vielmehr hat das Amtsgericht zu Recht die Entscheidungsbefugnis einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Fragen der Antragstellerin allein übertragen.
1.
12 
Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so kann gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB derjenige Elternteil, bei dem das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, in Angelegenheiten des täglichen Lebens sorgerechtliche Entscheidungen allein treffen. Handelt es sich dagegen um Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, so ist gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB das gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich. Bei Streitigkeiten über einzelne Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung ist auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung gemäß § 1628 Satz 1 BGB durch das Familiengericht einem Elternteil allein zu übertragen.
2.
13 
Die Frage der Unterbringung des gemeinsamen Kindes R. bei einer Tagesmutter an drei Werktagen in der Woche für jeweils 6 Stunden ist – einschließlich der Eingehung eines darauf gerichteten Betreuungsvertrages (vgl. VG Köln FamRZ 2014, 55 Rn. 20, juris) - eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Dies hat das Amtsgericht – wenn auch ohne nähere Begründung – im Ergebnis zu Recht angenommen.
14 
Gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB sind Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Im Umkehrschluss dazu sind Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung diejenigen, die nicht diesen Anforderungen entsprechen. Maßgeblich ist eine an den Belangen des Kindes orientierte objektive Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der sozialen Bedeutung des Entscheidungsgegenstands, wobei auch die Erziehungsvorstellungen der Eltern von Bedeutung sein können (vgl. Palandt/Götz, BGB, 79. Auflage, § 1687 BGB Rn. 4; BeckOK BGB/Veit, 52. Ed. 1.11.2019, BGB § 1687 Rn. 16; Bundestags-Drucksache 13/8511, 67).
15 
Entscheidungen darüber, ob, ab welchem Alter und für wie lange das Kind eine Kindereinrichtung besuchen soll, sind für die weitere kindliche Entwicklung grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung (OLGR Brandenburg 2004, 440 Rn. 5, juris; BeckOGK/Mehrle, 01.11.2018, BGB § 1687 Rn. 44; Palandt/Götz, aaO § 1687 BGB Rn. 4). Die auswärtige Fremdbetreuung durch eine Tagesmutter im zeitlichen Umfang von drei Tagen in der Woche für jeweils 6 Stunden bringt – nicht anders als die Unterbringung in einer größeren Kindertageseinrichtung – für das Kind regelmäßig eine erhebliche und für seine Entwicklung bedeutsame Veränderung des Tagesablaufes mit sich. Dies gilt insbesondere angesichts der – wie hier – im Rahmen einer solchen Betreuung regelmäßig stattfindenden Begegnungen auch mit anderen Kindern. Diese spielen, wie sich auch aus der Stellungnahme des Jugendamts ergibt, für die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung des Kindes eine wichtige Rolle.
16 
Die erhebliche Bedeutung der Entscheidung über die Betreuung von R. während der studiumsbedingten Abwesenheit der Mutter an drei Wochentagen ergibt sich auch bei Einbeziehung der Erziehungsvorstellungen beider Eltern. Diese unterscheiden sich offenbar gerade in der Frage, ob die Betreuung überhaupt oder in erster Linie durch ein Mitglied aus dem engeren oder weiteren Familienkreis erfolgen soll oder auch einem hierzu nicht gehörigen Dritten überlassen werden kann, stark, wobei dieser Unterschiedlichkeit zumindest teilweise besondere weltanschauliche und religiöse Prägungen zugrunde liegen. Letzteres ergibt sich unter anderem aus der Beschwerdeerwiderung der Antragstellerin mit dem Hinweis auf die Erziehung beider Kindeseltern in der freievangelischen Pfingstgemeinde, von der Antragstellerin gekennzeichnet als „radikal religiös“ und „fundamentalistisch christlich“, bei der „die Distanz von der Durchschnittsgesellschaft und so wenig Kontakt wie möglich zu Andersgläubigen ... höchste Priorität“ habe. Dass eine solche, religiös geprägte Einstellung zumindest in der Familie des Antragsgegners verankert ist und bei der Auseinandersetzung der Beteiligten über die Betreuung von R. eine maßgebliche Rolle spielt, wird in seiner persönlichen Stellungnahme im Schriftsatz vom 15.11.2019 von dem Antragsgegner nicht in Abrede gestellt, sondern letztlich bestätigt, während die Antragstellerin selbst einer solchen, auch aus der eigenen Erziehung bekannten, Haltung im Hinblick auf ihr Kind ersichtlich kritisch gegenüber steht.
3.
17 
Da sich die Eltern, obwohl sie sich darum bemüht haben (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2019, 1697 Rn. 23, juris), über die Angelegenheit von erheblicher Bedeutung nicht einigen können, ist aufgrund des Antrags der Antragstellerin gemäß § 1628 Satz 1 BGB eine familiengerichtliche Entscheidung notwendig. Maßgebendes Entscheidungskriterium ist gemäß § 1697 a BGB das Kindeswohl. Das Gericht hat die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, dessen Vorschlag unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BGH FamRZ 2017,119 Rn. 9 f. mwN; KG Berlin FamRZ 2018, 502 Rn. 14, juris).
18 
Die Entscheidung des Amtsgerichts, die Entscheidungsbefugnis für eine Betreuung von R. durch eine Tagesmutter der Antragstellerin alleine zu übertragen sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Fragen alleine zu entscheiden, ist zutreffend. Sie entspricht dem Wohl des Kindes am besten.
19 
Auch der Senat sieht einen wesentlichen Gesichtspunkt im Rahmen der Abwägung darin, dass R. bei der Mutter seinen Lebensmittelpunkt hat und sie die Betreuung und Erziehung des Kindes übernimmt. Es erscheint – ebenso wie nach der gesetzgeberischen Wertung bei einer Angelegenheit des täglichen Lebens (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB) - vorzugswürdig, ihr als Hauptbezugsperson die Entscheidung darüber zuzuweisen, ob sie das erst zweijährige Kind in den Zeiten, in denen sie durch ihr Studium verhindert ist, zeitweise in die Betreuung einer hierzu geeigneten anderen Person gibt, wie auch, diese Person auszuwählen. Hingegen wären bei einer Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Vater die Erziehungsvorstellungen der Mutter als Hauptbezugsperson erheblich in Frage gestellt. Insbesondere möchte die Antragstellerin ersichtlich gerade keine Abschottung des Kindes dergestalt, dass es ausschließlich durch Familienmitglieder (den Vater selbst oder seine Eltern) betreut wird und in diesem Rahmen bis auf Weiteres keinen Kontakt zu anderen Kindern und Bezugspersonen hat. Hinzu kommt der Aspekt der Zuverlässigkeit, den die Mutter bei der von ihr ausgesuchten Tagesmutter als besser gewahrt ansieht. Würden diese Erziehungsvorstellungen der Mutter als Hauptbezugsperson des Kindes durch eine Übertragung des alleinigen Entscheidungsrechts auf den Vater in Frage gestellt, könnte dies nicht ohne nachteilige Auswirkungen auf das Kind selbst bleiben. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund der derzeit, zuletzt auch von der Verfahrensbeiständin bestätigten, schlechten und streitanfälligen Kommunikation zwischen den Kindeseltern. Andererseits ist der Antragsgegner darauf zu verweisen, dass er in den Zeiten seines aktuell zweimaligen Umgangs pro Woche mit R. – die, worauf schon das Amtsgericht hingewiesen hat, künftig möglicherweise ausgedehnt werden können - frei ist, seine Vaterrolle auszufüllen und in diesem Rahmen auch die tatsächliche Betreuung des Kindes nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
20 
Dass die Tagesbetreuung selbst negative Auswirkungen auf das inzwischen zwei Jahre alte Kind haben wird, ist nicht ersichtlich. Das Jugendamt weist in seiner insoweit überzeugenden Stellungnahme gegenüber dem Senat darauf hin, dass Kinder in dieser Entwicklungsphase sich immer mehr über andere Kinder bewusst werden und es mögen, mit anderen Kindern zusammen zu sein und zusammen zu spielen. Auch könne man nicht davon ausgehen, dass eine angemessene Tagesbetreuung eine negative Wirkung auf die Entwicklung der Kinder habe. Nach neuen entwicklungstheoretischen Ansätzen bedingten sich die Wirkung der Fremdbetreuung und die Wirkungen der Familie gegenseitig und sollten daher nicht getrennt voneinander betrachtet werden.
21 
Gründe in der Person der von der Antragstellerin ins Auge gefassten und mittlerweile beauftragten Tagesmutter geben keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung. Die Vorbehalte des Antragsgegners gegen ihre Qualifikation entbehren, wie auch die Stellungnahme der Verfahrensbeiständin und des Jugendamtes bestätigen, einer nachvollziehbaren Grundlage. Die Tagesmutter ist durch den Kinderschutzbund vermittelt worden. Ausweislich der Ausführungen im Schriftsatz vom 19.12.2019 hat sich der Antragsgegner inzwischen auch selbst einen, offenbar eher positiv ausgefallenen persönlichen Eindruck von der Person der Tagesmutter und dem sich dort für R. bietenden Umfeld verschaffen können.
4.
22 
Das gemäß § 49 FamFG für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche dringende Bedürfnis ergibt sich aus der Notwendigkeit der - inzwischen mit dem Studiensemester der Antragstellerin bereits begonnenen - Tagesbetreuung.
5.
23 
Der Senat kann gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne nochmalige Anhörung der Beteiligten und mündliche Erörterung entscheiden, nachdem diese Verfahrenshandlungen bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden und auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
6.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
25 
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 40, 41, 45 FamGKG.

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