Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (1. Senat für Familiensachen) - 13 UF 605/14

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Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 22.07.2014 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten, welche diese selbst tragen.

3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.550 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die am 28.09.1995 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde auf den am 09.11.2010 zugestellten Scheidungsantrag durch am 22.07.2014 verkündeten Beschluss geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde u.a. dahingehend geregelt, dass im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, der weiteren Beteiligten zu 1), zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 9.887,50 € bei der Versorgungsausgleichskasse, der weiteren Beteiligten zu 4), begründet und die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation verpflichtet wurde, diesen Betrag an die Versorgungsausgleichskasse zu zahlen. Des Weiteren heißt es, dass damit das bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost [VAP], der weiteren Beteiligten zu 3), unmittelbar bestehende, jedoch ruhende Anrecht auf Versicherungsrente ebenfalls ausgeglichen ist. Hintergrund hierfür ist eine Ruhensregelung nach § 33 Abs. 2 VAPS im Falle des Bestehens einer sog. Parallelverpflichtung nach § 77 Abs. 1 VAPS.

2

Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er macht geltend, dass der gesamte, in der Auskunft der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation vom 05.09.2011 mit einem ehezeitanteiligen Kapitalwert (Barwert) von 26.040,42 € angegebene Betrag der Versorgung der Antragstellerin hälftig auszugleichen sei. Andernfalls sei der Halbteilungsgrundsatz verletzt. Auch sehe § 58a VAPS für die Durchführung des Versorgungsausgleichs keine Anrechnungsbestimmung (eines ruhenden Anrechts) vor.

3

Hilfsweise begehrt der Antragsgegner, den Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung der Antragstellerin insgesamt dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten. Denn Anrechnungsregelungen könnten erst korrekt berücksichtigt werden, wenn im Leistungsfall die tatsächliche Entwicklung der einzelnen Versorgungsbausteine feststehe.

4

Der Senat hat die übrigen betroffenen Beteiligten angehört und eine schriftliche Entscheidung angekündigt. Die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation ist dem Rechtsmittel entgegen getreten. Insoweit wird auf Bl. 354 ff. d. HA. verwiesen.

II.

5

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg. Das Familiengericht hat die zutreffenden Beträge ausgeglichen.

1.

6

Gemäß § 1 Abs. 1 VersAusglG sind die jeweils erworbenen Ehezeitanteile hälftig auszugleichen. Über die betriebliche Altersversorgung der Antragstellerin hat die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation u.a. mit Schriftsätzen vom 05.09.2011 (Bl. 73 ff. d.A. VA) und vom 15.11.2013 (Bl. 123 ff. d. HA.) Auskunft erteilt.

7

Danach geht die Beschwerde zunächst zutreffend davon aus, dass die Versorgung der Antragstellerin grundsätzlich aus drei Elementen besteht. Einerseits existiert ein Anrecht auf Leistungen der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation nach dem Tarifvertrag über die betriebliche Zusatzversorgung vom 08.12.2000. Dieses Anrecht setzt sich zusammen aus einer Bausteinsumme (1. Element) und - zwecks Besitzstandswahrung hinsichtlich einer bestehenden VAP-Versorgung - einem zum 31.12.2000 einmalig gutgeschriebenen VAP-Grundbaustein (Ziff. 14.3. VersO; 2. Element). Die ehezeitanteiligen Kapitalwerte (Barwerte) belaufen sich dabei auf 12.283 € bzw. 7.492 € (Bl. 151 d. HA.). Als drittes Element, hier mit einem ehezeitanteiligen Kapitalwert (Barwert) von 6.265,42 € (Bl. 132, 151 d. HA.), kommt hinzu die grundsätzlich fortbestehende VAP-Rente aus der zu 31.12.2000 beendeten VAP-Pflichtversicherung (Bl. 85 f. d.A. VA).

8

Die Leistungsverpflichtung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost [VAP] ruht gemäß § 33 Abs. 2 VAPS allerdings insoweit, als der Leistungsberechtigte aufgrund einer Parallelverpflichtung laufende oder kapitalisierte Versorgungs- oder versorgungsähnliche Bezüge nach den Regelungen des Betriebsrentengesetzes erhält. Eine solche Parallelverpflichtung besteht vorliegend unstreitig durch das Anrecht der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 1). Das bedeutet, die Antragstellerin erhält im Versorgungsfall Leistungen aus der VAP-Pflichtversicherung (3. Element) nur dann und insoweit, als diese nicht durch Leistungen aus dem VAP-Grundbaustein (2. Element) ihrer Versorgung bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation erfüllt werden. Zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes muss sich diese Beschränkung bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs auch auf den Antragsgegner erstrecken. Die Ruhensregelung nach § 33 Abs. 2 VAPS muss somit auch gegenüber dem Antragsgegner zur Anwendung kommen.

2.

9

Zutreffend könnte in diesem Zusammenhang allerdings der Einwand des Antragsgegners sein, wonach der Umfang und die Auswirkungen derartiger Anrechnungsregelungen konkret erst im Leistungsfall bestimmt werden können. Denn erst dann steht die tatsächliche Entwicklung der einzelnen Versorgungsbausteine genau fest.

10

Dieser Einwand berücksichtigt jedoch nicht ausreichend, dass die betroffenen Versorgungen der Antragstellerin vorliegend extern auszugleichen sind, §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG. Folge einer jeden externen Teilung ist aber gerade, dass das extern neu zu begründende Anrecht in seiner Ausgestaltung und künftigen Entwicklung von der auszugleichenden Versorgung abgekoppelt wird. § 15 VersAusglG schreibt hier lediglich Mindeststandards der Zielversorgung vor. Eine Anrechnungs- und/oder Ruhensregelung kann daher im Wege der externen Teilung - anders als nach §§ 10 Abs. 3, 11 Abs. 3 VersAusglG bei der internen Teilung - grundsätzlich nicht mitübernommen werden.

11

Demgemäß sieht es der Senat mit dem Familiengericht und der weiteren Beteiligten zu 1) als erforderlich an, im Fall der externen Teilung Umfang und Auswirkungen der Ruhensregelung nach § 33 Abs. 2 VAPS bereits bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichswerts zu berücksichtigen. Dabei erscheint es unbedenklich, auf die zum Ende der Ehezeit bestehenden Werte abzustellen.

3.

12

Der ehezeitanteilige Kapitalwert (Barwert) des VAP-Grundbausteins belief sich hier auf 7.492 €. Er war damit höher als der nur 6.265,42 € betragende ehezeitanteilige Kapitalwert (Barwert) der (alten) VAP-Rente. Das hat zur Folge, dass die Ruhensregelung nach § 33 Abs. 2 VAPS bezogen auf das Ende der Ehezeit vollumfänglich zur Anwendung gelangt. Ein Ausgleichswert der VAP-Rente (3. Element) ist demnach bei Durchführung der externen Teilung nicht zusätzlich zu übertragen. Denn auch der Antragstellerin steht dieser Wert nach §§ 33 Abs. 2, 77 Abs. 1 VAPS jetzt nicht zusätzlich neben dem in der Versorgung der weiteren Beteiligten zu 1) enthaltenen VAP-Grundbaustein zu.

13

Letztgenannter Umstand ist u.a. in der Versorgungsausgleichsauskunft der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation 05.09.2011 nicht durchgehend zutreffend berücksichtigt. Denn der dort mit einem Kapitalwert (Barwert) von 26.040,42 € angegebene Ehezeitanteil (Bl. 75 d.A. VA) beruht auf einer Addition der Werte aller drei der vorgenannten Versorgungselemente. Demgegenüber ist der Wert der (alten) VAP-Rente (3. Element) nach §§ 33 Abs. 2, 77 Abs. 1 VAPS nur dann und insoweit maßgeblich, als nicht Leistungen in gleicher Höhe aus der Parallelverpflichtung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation erbracht werden. Über die der Ruhensregelung unterworfene VAP-Rente ist folglich auch am 10.06.2011 isoliert Auskunft erteilt worden (Bl. 132 f. d. HA.). Aus der Versorgungsausgleichsauskunft vom 05.09.2011 hätte der Wert der VAP-Rente folglich eliminiert werden müssen. Dies ist dort lediglich zutreffend beim mit 9.887,50 € (1/2 x (26.040,42 € - 6.265,42 €)) vorgeschlagenen Ausgleichswert geschehen (Bl. 75 d.A. VA., 151 d. HA.).

4.

14

In dieser Herangehensweise sieht sich der Senat durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Auch dieser hat in seiner Entscheidung zur Behandlung der betrieblichen Altersversorgung bei der Deutschen Post AG ausgeführt, dass aus Gründen des Bestandsschutzes in der Gesamtbetriebsrente die unverfallbare (alte) Versicherungsrente bei der VAP mit enthalten ist, diese jedoch nach § 33 Abs. 2 VAPS ruht. Damit besteht die Gesamtbetriebsrente aus dem Besitzstand der alten VAP-Zusatzversorgung und der Differenz dieses Anteils zu der aus den gesamten Beschäftigungszeiten ermittelten Betriebsrente (vgl. BGH FamRZ 2007, 23, 24).

15

Zwar hat der Bundesgerichtshof anschließend nicht die ruhende VAP-Rente unberücksichtigt gelassen. Vielmehr hat er gerade umgekehrt die alte VAP-Rente in den Versorgungsausgleich eingestellt und deren Anteil sodann von der ebenfalls im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden neuen Gesamtbetriebsrente abgezogen. Grund hierfür war allerdings der seinerzeit nach altem Recht noch grundsätzlich durchzuführende Einmalausgleich. Dieser wäre aufgrund der unterschiedlichen Dynamik der alten VAP-Rente einerseits und der neuen Betriebsrente andererseits (vgl. BGH FamRZ 2007, 23, 24 f.) verfälscht worden, wären die ruhende VAP-Rente nicht und die neue Betriebsrente hingegen vollständig in die Ausgleichsbilanz eingestellt worden.

16

Die dort der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach altem Recht geschuldete Vorgehensweise ändert allerdings nichts an der grundsätzlichen Handhabung. Auch der Bundesgerichtshof hat den Wert der alten VAP-Rente und den zwecks Wahrung des Besitzstandes aus eben dieser bisherigen Versorgung in die neue Betriebsrente eingestellten Teilwert insgesamt nur einmal im Versorgungsausgleich berücksichtigt und ausgeglichen (vgl. BGH FamRZ 2007, 23, 24).

5.

17

Der Antragsgegner kann auch nicht einwenden, dass sich aus § 58a VAPS keine Anrechnungsbestimmung ergebe. Denn § 58a VAPS regelt lediglich, wie ein Ausgleich der (alten) VAP-Rente durchzuführen ist. Als Vorfrage ist jedoch zunächst zu klären, ob dieses Anrecht überhaupt auszugleichen ist oder ob ein Ausgleich infolge eines aktuell nicht vorliegenden Falls der Ausfallhaftung zu unterbleiben hat. Dies bestimmt sich wiederum nach §§ 33 Abs. 2, 77 Abs. 1 VAPS.

18

Eine zukünftige unterschiedliche Entwicklung der Versorgungsleistung aus dem VAP-Grundbau- stein (2. Element) und des hierzu subsidiären Anrechts der Antragstellerin aus der zum 31.12.2000 beendeten VAP-Pflichtversicherung (3. Element) führt schließlich weder zur Rechtfertigung noch zum Erfordernis des Vorbehalts eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. Dies gilt sowohl allein in Bezug auf die VAP-Rente (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2013, 1663) als auch - wie mit der Beschwerde hilfsweise beantragt - hinsichtlich aller drei Elemente der betrieblichen Altersversorgung der Antragstellerin. Denn vorliegend ist kein der in § 19 Abs. 2 VersAusglG enumerativ genannten Sachverhalte gegeben. Aus dem gleichen Grund kann der schuldrechtliche Versorgungsausgleich auch nicht zum Schutz vor einer Zahlungsunfähigkeit der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation zeitlich begrenzt bis zur erfolgreichen Abwicklung der externen Teilung vorbehalten werden (a.A. wohl OLG Hamm FamRZ 2013, 1663). Die zukünftige Entwicklung eines Anrechts kann vielmehr allein im Wege einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung Berücksichtigung finden. Des setzt allerdings zusätzlich voraus, dass auch die übrigen Voraussetzungen der §§ 225 f. FamFG erfüllt sind.

6.

19

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84 Abs.1, 150 Abs. 3 FamFG; die Wertfestsetzung folgt aus §§ 40, 50 Abs. 1 FamGKG.

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