Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (10. Zivilsenat) - 10 U 1008/16


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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 28. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit der durch die Klägerin geltend gemachten Rückabwicklung eines Leibrentenversicherungsvertrages, den die Parteien im Jahr 2008 abgeschlossen haben und gegen den die Klägerin am 05.11.2015 den Widerspruch erklärte (vgl. Anlage K 3, Bl. 14 GA).

2

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung seines Urteils ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Prämien und Nutzungen zu, da keine rechtsgrundlose Leistung der Klägerin vorliege, da der zwischenzeitlich gekündigte und 2014 abgewickelte Vertrag nicht durch einen wirksamen Widerruf der Klägerin erloschen sei. Denn die Widerspruchsbelehrung (vgl. Anlage BLD 3, Bl. 47 GA) sei ordnungsgemäß gewesen und habe dem Versicherungsnehmer gut verständlich alle erforderlichen Informationen zum Widerspruchsrecht vermittelt.

3

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung und beantragt nunmehr,

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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.992,28 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.597,46 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

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3. hilfsweise,

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die Beklagte zu verurteilen,

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a. in prüfbarer und - soweit für die Prüfung erforderlich - belegter Form darüber Auskunft zu erteilen, wie sich die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals und der Rückkaufswert im Sinne der versprochenen Leistungen darstellen und mit welchen Abschlusskosten und mit welchem Stornoabzug die Beklagte die Auszahlungsbeträge für den abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag belastet hat;

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b. die von der Beklagten erteilten Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen;

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c. gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides Statt zu versichern und

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d. zur Zahlung eines Betrages in einer nach der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit;

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des Weiteren beantragt die Klägerin,

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die Sache gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV dem EuGH mit folgender Fragestellung vorzulegen:

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1. Sind Art. 31 Abs. 1 und Anhang II. A der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie 92/96 EWG bzw. Art. 36 Abs. 1 und Anhang III. A der konsolidierten Lebensversicherungsrichtlinie 2002/83/EG dahin auszulegen, dass diese Vorschriften einer Regelung - wie § 5 a Abs. 1 VVG a. F. - entgegenstehen, nach der ein Versicherungsnehmer die vorgeschriebenen vorvertraglichen Informationen erst nach Abgabe einer Willenserklärung und somit erst nach seiner Wahl eines Versicherers erhält?

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2. Falls die erste Frage zu bejahen ist, ist das unionsrechtliche Verbot des Rechtsmissbrauchs dahin auszulegen, dass einem Versicherungsnehmer bei nicht rechtzeitiger Übermittlung der Verbraucherinformationen nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften - wie § 242 BGB - wegen widersprüchlichen Verhaltens die Berufung auf die Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags versagt werden darf, weil er den Vertrag jahrelang durchgeführt hat, oder verstößt ein solcher Ausschluss gegen Sinn und Zweck der vorvertraglichen Informationspflichten (Art. 31 Abs. 1 und Anhang II. der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie Art. 92/96 EWG bzw. Art. 36 Abs. 1 und Anhang III. A der konsolidierten Lebensversicherungs-Richtlinie 2002/93/EG) sowie die praktische Wirksamkeit des Rücktrittsrechts (Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Lebensversicherungs-Richtlinie 90/619 bzw. Art. 35 Abs. 1 der konsolidierten Lebensversicherungsrichtlinie 2002/83/EG)?

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

19

Die Berufung ist nicht begründet.

20

Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 16. Juni 2017 (Bl. 267 ff. GA) darauf hingewiesen, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erforderten sowie dass eine mündliche Verhandlung nicht geboten sei.

21

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 02.11.2017 (Bl. 290 f. d. A.) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Ausführungen geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

22

Die Klägerin beschränkt sich mit ihrer Argumentation darauf auszuführen, dass es sich vorliegend nicht um einen Fall handele, der nach § 522 Abs. 2 ZPO zu behandeln sei, da die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 5 a VVG auf das neue VVG nicht anwendbar sei. Insbesondere sei der notwendige Zeitpunkt der Belehrung noch nicht höchstrichterlich geklärt. Konkrete Angriffe gegen die Ausführungen des Senats, wie im Hinweisbeschluss vom 16. Juni 2017 (Bl. 267 ff. GA) dargelegt, werden von der Berufung nicht geführt.

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Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 16. Juni 2017 (Bl. 267 ff. GA) ausgeführt, sieht der Senat nicht die Notwendigkeit der Vorlage des Falles an den Europäischen Gerichtshof in Bezug auf die Frage der Vereinbarkeit des Policenmodells mit den europarechtlichen Bestimmungen.

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Der Fall hat auch keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil der vorliegende Leibrentenversicherungsvertrag unter der Ägide des VVG 2008 nach dem Antragsmodell und gerade nicht nach dem Policenmodell zustande gekommen ist. Zu den Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung hat der BGH bereits in zahlreichen Entscheidungen Stellung genommen. Eine Revisionszulassung ist daher nicht angezeigt.

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Die Berufung der Klägerin war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 19.000,00 € festgesetzt.

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