Beschluss vom Oberlandesgericht München - 31 Wx 118/18

Tenor

1. Das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Nachlassgericht - vom 19.1.2018 ist durch Antragsrücknahme beendet.

2. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Erblasser ist am 13.6.2017 verstorben, er hinterlässt seine Witwe und zwei Kinder.

Am 15.5.2016 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, in dem er unter anderem eine Testamentsvollstreckung anordnete und den Beteiligten zu 1, den langjährigen Rechtsanwalt des Erblassers für geschäftliche und private Angelegenheiten, als Testamentsvollstrecker ernannte.

Nach dem Tod des Erblassers kam es zum Streit über die Wirksamkeit der angeordneten Testamentsvollstreckung; der Beteiligte zu 1 beantragte mit notarieller Urkunde vom 14.09.2017 die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Das Nachlassgericht kündigte mit Beschluss vom 19.1.2018 die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zugunsten des Beteiligten zu 1 an, dagegen richten sich die eingelegten Beschwerden.

Nach schriftlichem Hinweis des Senats hat der Beteiligte zu 1 den Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses mit Schriftsatz vom 29.01.2019 zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 26.2.2019 beantragen die Beschwerdeführer, dem Beteiligten zu 1 die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

II.

Die Zurücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses im Beschwerdeverfahren durch den Beteiligten zu 1 führt im Hinblick auf die angefochtene Entscheidung des Nachlassgerichts zur Beendigung des Verfahrens (§ 22 Abs. Abs. 1, Abs. 2 FamFG); die bereits ergangene Entscheidung des Nachlassgerichts ist wirkungslos.

1. Gemäß § 2368 BGB hat das Nachlassgericht dem Testamentsvollstrecker auf Antrag ein Zeugnis über die Ernennung zu erteilen, bei diesem Antrag handelt es sich sowohl um einen Sachantrag als auch um einen verfahrenseinleitenden Antrag (vgl. Keidel/Sternal FamFG 19. Auflage <2017> § 23 Rn. 13).

Bis zur (formell) rechtskräftigen Beendigung des entsprechenden Verfahrens ist der Antragsteller berechtigt, diesen zurückzunehmen, § 22 FamFG. Ab dem Erlass einer die Instanz abschließenden Endentscheidung kann ein Antrag nur noch mit Zustimmung der übrigen Beteiligten im Sinne des § 7, die an dem Verfahren beteiligt worden sind, wirksam zurückgenommen werden(§ 22 Abs. 1 S. 2; vgl. Keidel/Sternal, a.a.O. § 22 Rn. 13).

Mit dieser Antragsrücknahme endet das Verfahren; einer Entscheidung des Gerichts bedarf es nicht mehr; dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz (Pabst in: MüKoFamFG, 3. Auflage <2018> § 22 Rn. 12). Deklaratorisch kann jedoch die Wirkungslosigkeit durch Beschluss festgestellt werden, wenn ein Beteiligter dies beantragt (Abs. 2 S. 2) (Pabst, a.a.O.).

Eine Kostenentscheidung ist in einem solchen Fall nicht zwingend erforderlich, kann jedoch gemäß §§ 81 ff FamFG getroffen werden (Pabst, a.a.O. § 22 Rn. 18; Keidel/Sternal, a.a.O., § 22 Rn. 20).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist durch die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses eine zwingende Voraussetzung für dessen Erteilung weggefallen, so dass die Entscheidung des Nachlassgerichts in vorgenannter Weise wirkungslos geworden ist und das Beschwerdeverfahren von Gesetzes wegen beendet ist.

a) In der Sache führt die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu einer Erledigung der Hauptsache (vgl. BayObLGZ 1955, 271/273), die allerdings unter Geltung des FamFG nur unvollkommen und unvollständig geregelt ist: Während

§ 22 FamFG die Folgen der Rücknahme eines Antrages regelt, dabei aber die Erledigung des Verfahrens nicht erfasst, regelt § 62 FamFG die Statthaftigkeit einer Beschwerde nach einer Erledigung der angefochtenen Entscheidung, wobei die Voraussetzungen, unter denen eine Erledigung festgestellt wird, grundsätzlich enger sind als im Zivilprozess.

b) Der Senat ist der Ansicht, dass der durch die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses eingetretenden Wirkungslosigkeit der nachlassgerichtlichen Entscheidung (vgl. § 22 Abs. 2 S. 1 FamFG) im Beschwerdeverfahren dadurch Rechnung getragen wird, dass eine Entscheidung in der Hauptsache über die eingelegte Beschwerde unterbleibt, ohne dass auszusprechen wäre, dass die bereits ergangene Entscheidung wirkungslos geworden ist bzw. sich die Hauptsache oder das Rechtsmittel erledigt haben.

aa) Ein Ausspruch, dass die noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Nachlassgerichts wirkungslos (geworden) ist, kommt nicht in Betracht, weil keiner der Verfahrensbeteiligten einen entsprechenden Antrag gestellt hat (vgl. § 22 Abs. 2 S. 2 FamFG).

bb) Der Senat kann aber auch nicht auszusprechen, dass sich das Beschwerdeverfahren erledigt hat. Ein solcher Ausspruch würde nämlich nach Auffassung des Senats den Eindruck erwecken, dass das Beschwerdegericht geprüft hat, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses ursprünglich vorlagen oder nicht. Eine derartige Prüfung ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - im Gegensatz zur streitigen Gerichtsbarkeit bei einseitiger Erledigterklärung - aber vom Gesetz gerade nicht vorgesehen. Dies ergibt sich insbesondere im Umkehrschluss aus § 62 Abs. 1 FamFG, der bei tatsächlich eingetretener Erledigung der Hauptsache einen derartigen Ausspruch gerade nicht vorsieht, vielmehr kann lediglich der Ausspruch erfolgen, dass der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt wurde.

Die insoweit maßgeblichen Gesichtspunkte können im Übrigen hinreichend im Rahmen einer nach § 84 FamFG möglichen Kostenentscheidung berücksichtigt werden.

c) Die gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 FamFG erforderliche Zustimmung der Beschwerdeführer zur Antragsrücknahme wurde konkludent am 26.2.2019 durch den Kostenantrag seitens der Beschwerdeführer erklärt. Dieser Kostenantrag zeigt, dass die Beschwerdeführer kein Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichts haben.

III.

Soweit die Beschwerdeführer ihre Beschwerde umfassend - mithin auch gegen die nachlassgerichtliche Kostenentscheidung - eingelegt hatten, bedeutet die aus der Antragsrücknahme im Hinblick auf die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses resultierende Wirkungslosigkeit der Entscheidung des Nachlassgerichts dazu, dass auch dessen Kostenentscheidung wirkungslos geworden ist. Somit hat das Nachlassgericht in eigener Zuständigkeit über die Kosten des dortigen Verfahrens zu entscheiden, denn die Wirkungslosigkeit der Entscheidung in der Hauptsache erfasst eo ipso auch etwaige Nebenentscheidungen. Eine Entscheidungskompetenz des Senats im Hinblick auf die Kosten erster Instanz besteht nach den vorgenannten Grundsätzen nicht; dies würde auch den Instanzenzug für die Beteiligten unzulässig verkürzen.

IV.

Im Hinblick auf die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahren gilt folgendes:

Gemäß § 83 Abs. 2 FamFG ist bei der Rücknahme des Antrags § 81 FamFG entsprechend anzuwenden.

1. Soweit das Beschwerdeverfahren im vorliegenden Fall ohne Entscheidung in der Sache endet, weil der Antrag zurückgenommen wurde, ist der Senat der Ansicht, dass insoweit die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, wie ansonsten bei einer erfolgreichen Beschwerde, mit der Folge zu behandeln sind, dass solche Kosten nicht anfallen, denn die Beschwerdeführer erreichen durch die von Gesetzes wegen eingetretene Wirkungslosigkeit der nachlassgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis das mit ihrer Beschwerde verfolgte Ziel.

2. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren sieht der Senat keinen Anlass. Der Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wurde zurückgenommen, ohne dass eine abschließende Sachprüfung durch den Senat erfolgt war, so dass im Ergebnis offen geblieben ist, wie eine solche Sachentscheidung ausgefallen wäre. Bei dieser Sachlage erscheint es gerechtfertigt, von der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen. Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 1 seinen Antrag unmittelbar nach einem entsprechenden Hinweis des Senats zurückgenommen.

V.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG)

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