Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Senat für Familiensachen) - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12

Tenor

Auf die (sofortige) Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 25.09.2012 teilweise abgeändert und wie folgt ergänzt:

Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren zur Vertretung Rechtsanwalt H. aus C. beigeordnet.

Das Beschwerdeverfahren ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht der Antragstellerin für das Verfahren betreffend den schon vor Jahren ausgesetzten und jetzt wieder aufgenommenen Versorgungsausgleich Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

2

Die Beiordnung des Rechtsanwalts H. hat es mangels Schwierigkeit der Sache abgelehnt. Der dagegen eingelegten Beschwerde der Antragstellerin hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.

3

Die zulässige sofortige Beschwerde ist nach §§ 76, 78 FamFG, 114ff ZPO begründet; sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Der Antragstellerin ist Rechtsanwalt H. zur Vertretung beizuordnen.

4

Wie der Senat bereits in dem Verfahren 3 WF 259/12 - Beschluss vom 07.11.2012 - entschieden hat, können Verfahren mit dem Gegenstand Versorgungsausgleich im Tatsächlichen und Rechtlichen nicht nur schwierig, sondern auch höchst kompliziert sein. Das ergibt bereits der Blick auf solche Verfahren, die z.B. den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Falle des Todes eines Beteiligten oder die Frage des Verhältnisses von § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG zum Gegenstand haben.

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Weiter hat der Senat dort ausgeführt: „… Schwierig erweisen sich für die Beteiligten aber auch die sonstigen Verfahren, die sich für den Juristen auf den ersten Blick als einfach und standardmäßig abzuarbeitende Fälle darstellen, bei denen es „nur“ um die interne Teilung in der Ehezeit erworbener gesetzlicher Rentenanwartschaften geht. Denn auch hier zeigen sich im Tatsächlichen und Rechtlichen Schwierigkeiten. Das wird sichtbar einerseits schon an der Vielzahl und dem Umfang der von den Beteiligten auszufüllenden Formulare, wofür die Rentenversicherungsträger im Zusammenhang mit außerhalb von gerichtlichen Verfahren für Rentenzwecke durchzuführenden Kontenklärungen Beratungsstellen für die Bürger zur Verfügung stellen.

6

Schwierigkeiten ergeben sich auch in den Verfahren selbst mit den von den Rentenversicherungsträgern zu den Akten gereichten umfangreichen und für den „ungeübten“ Laien vom Umfang und Inhalt her kaum nachvollziehbaren Berechnungen. Angesichts solcher Schwierigkeiten liegt es nicht fern, dass auch ein bemittelter „ungeübter“ Beteiligter in aller Regel anwaltlichen Rat suchen wird…

7

Mit Rücksicht darauf und mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwaltsbeiordnung in Abstammungsverfahren schätzt der Senat deshalb auch die Verfahren betreffend den Versorgungsausgleich regelmäßig als schwierig ein. Dort hat der BGH ausgeführt:

8

„…Die vorstehenden Gesichtspunkte zeigen, dass es sich bei dem Anfechtungsverfahren um ein vom allgemeinen Zivilprozess stark abweichendes Verfahren eigener Art handelt, das die Beiordnung eines Rechtsanwalts als geboten erscheinen lässt (so zu dem bis August 2009 für die Abstammungsverfahren geltenden § 121 Abs. 2 ZPO Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 Rn. 9; s. auch Senatsbeschluss vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - FamRZ 2010, 1243 Rn. 21; zum neuen Recht noch offen gelassen in Senatsbeschluss BGHZ 186, 70 = FamRZ 2010, 1427 Rn. 19).

9

Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 23. Juni 2010 ausgeführt, dass sich die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung nach den Umständen des Einzelfalles beurteile und die gebotene einzelfallbezogene Prüfung eine Herausbildung von Regeln, nach denen dem mittellosen Beteiligten für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, nur in engen Grenzen zulasse (BGHZ 186, 70 = FamRZ 2010, 1427 Rn. 18). Da sich die Rechtslage im Vaterschaftsanfechtungsverfahren aber regelmäßig als schwierig im Sinne von § 78 Abs. 2 FamFG erweist und sich zu Beginn des Verfahrens nicht sicher einschätzen lässt, welche der vorerwähnten Schwierigkeiten im weiteren Verfahren möglicherweise auftreten werden, sind die vom Senat benannten Grenzen für eine pauschal anzunehmende Erforderlichkeit der Beiordnung gewahrt…(vgl. BGH FamRZ 2012, 1290)…“

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Mit Rücksicht darauf war eine Korrektur der angefochtenen Entscheidung geboten.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 76 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO, Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses nach Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG.


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