Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Zivilsenat) - 2 Wx 54/12
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrenspflegers gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Quedlinburg vom 16.07.2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 16,65 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
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Das Amtsgericht - Nachlassgericht - hat mit Beschluss vom 04.06.2012 den Dipl.-Museologen P. N. zum Verfahrenspfleger mit dem Aufgabenkreis: „Vertretung der unbekannten Erben innerhalb des Vergütungsfestsetzungsverfahrens, Antrag des Nachlasspflegers vom 30.05.2012“ bestellt und zugleich festgestellt, dass der Verfahrenspfleger das Amt berufsmäßig ausübt. Mit Schreiben vom 14.06.2012 teilte der Verfahrenspfleger dem Nachlassgericht mit, dass er keine Gründe festgestellt habe, welche einer Zustimmung zu der Kostennote des Nachlasspflegers vom 30.05.2012 hinderlich seien.
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Der Verfahrenspfleger hat dem Nachlassgericht in einem weiteren Schreiben vom 14.06.2012 eine Vergütung in Höhe von 33,50 EUR zzgl. Umsatzsteuer für seine einstündige Tätigkeit in Rechnung gestellt. Mit Beschluss vom 16.07.2012 ist von der Rechtspflegerin der dem Verfahrenspfleger für seine Tätigkeit aus der Staatskasse zu erstattende Anspruch auf 23,21 EUR – nämlich eine Vergütung von 19,50 EUR sowie 19 % USt. von 3,71 EUR - festgesetzt worden. Die Rechtspflegerin hat zugleich die Beschwerde zugelassen.
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Hiergegen hat der Verfahrenspfleger mit Schreiben vom 20.07.2012, das noch am selben Tag beim Amtsgericht eingegangen ist, „Erinnerung“ eingelegt. Er hält die Zuerkennung eines Stundensatzes von 33,50 EUR für berechtigt, da er aufgrund seiner insgesamt 14-jährigen Tätigkeit als Nachlasspfleger besondere Kenntnisse erworben habe.
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Die Rechtspflegerin hat das Schreiben des Verfahrenspflegers vom 20.07.2012 als Beschwerde aufgefasst, der Beschwerde in ihrer Verfügung vom 10.08.2012 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die Beschwerde des Verfahrenspflegers ist gemäß §§ 59, 61 Abs. 2 FamFG statthaft, weil das Gericht des ersten Rechtszugs sie in seinem Beschluss vom 16.07.2012 ausdrücklich zugelassen hat. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
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Das Nachlassgericht hat die Vergütung des Verfahrenspflegers zu Recht auf 23,21 EUR festgesetzt. Der von ihm zu beanspruchende Stundensatz beträgt 19,50 EUR (netto) und nicht, wie von ihm selbst geltend gemacht, 33,50 EUR.
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1. Die Vergütung der angeordneten Verfahrenspflegschaft richtet sich nach §§ 277 Abs. 2 S. 2, 168 Abs. 1 FamFG i. V. m. §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 u. 2 des Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetzes (VBVG). Der Grundbetrag der Vergütung beträgt, wenn die Verfahrenspflegschaft – wie im vorliegenden Fall – berufsmäßig geführt wird, gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 VBVG für jede Stunde der für die Pflegschaft aufgewandten und erforderlichen Zeit 19,50 EUR.
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2. Gründe für die Bewilligung eines erhöhten Stundensatzes von 33,50 EUR liegen nicht vor.
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a) Verfügt der Verfahrenspfleger über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, erhöht sich der Stundensatz auf 25 EUR, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind (§ 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VBVG), und auf 33,50 EUR (§ 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG), wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
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b) Nach § 3 Abs. 1 VBVG ist der für die Vergütung eines Verfahrenspflegers maßgebliche Stundensatz vom Gesetzgeber nach der Qualifikation des Pflegers in einer typisierenden dreistufigen Skala verbindlich festgelegt. Im Interesse einer problemlosen Handhabbarkeit wird in § 3 Abs. 1 VBVG die Qualifikation des Pflegers von der Art seiner Ausbildung abhängig gemacht. Eine Vergütung mit dem nach § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG erhöhten Stundensatz erhält ein Pfleger daher nur, wenn er die Fachkenntnisse, die für die Durchführung der Pflegschaft nutzbar sind, durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat (BGH, Beschluss v. 04.04.2012 - Az.: XII ZB 447/11 -, NJW-RR 2012, 774 ff., Rdn. 15, für die insofern gleichlautende Vorschrift des § 4 Abs. 1 VBVG).
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c) Der Senat unterstellt zugunsten des Verfahrenspflegers, dass er über besondere – über ein Grundwissen deutlich hinausgehende – Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Verfahrenspflegschaft – allgemein und im konkreten Fall (vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 VBVG) - nutzbar sind. Er hat diese Kenntnisse jedoch nicht durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben. Der Beteiligte führt den akademischen Grad eines Diplom-Museologen. Dass das Studium der Museumswissenschaft ihn aber in besonderem Maße dazu befähigen würde, die Aufgaben eines Verfahrenspflegers wahrzunehmen, ist weder von ihm behauptet worden noch sonst ersichtlich. Nach Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 S. 2 VBVG ist ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung wegen ihrer Komplexität gleichsam am Rande auch die Vermittlung für die Pflegschaft relevanter Kenntnisse zum Inhalt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass die Ausbildung in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist. Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet und nach Inhalt und Umfang der Ausbildung sichergestellt ist, dass dieses über bloßes Grundwissen deutlich hinausgeht (BGH, Beschluss v. 08.02.2012 – Az.: XII ZB 230/11 -, zitiert nach juris, Rdn. 10, für die insofern gleichlautende Vorschrift des § 4 Abs. 1 VBVG). Diese Voraussetzung erfüllt die Ausbildung als Diplom-Museologe nicht.
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d) Der Beteiligte selbst leitet seine besonderen Kenntnisse vielmehr in erster Linie aus seiner langjährigen Tätigkeit als Nachlass- und Verfahrenspfleger her. Doch sind Fortbildungen, Lebens- und Berufserfahrungen grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden besonderen Kenntnissen i. S. v. § 3 Abs. 1 VBVG anzuerkennen. Denn diese Vorschrift knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach der Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern (BGH, Beschluss v. 04.04.2012 – Az.: XII ZB 447/11 -, a.a.O., Rdn. 22; BGH, Beschluss v. 18.01.2012 – Az.: XII ZB 409/10 -, NJW-RR 2012, 452 f., Rdn. 13, jeweils für die insofern gleichlautende Vorschrift des § 4 Abs. 1 VBVG).
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e) Die abweichenden Vorschriften über die Höhe der Vergütung eines Nachlasspflegers – vgl. §§ 1960, 1915 Abs. 1 S. 2 BGB – gelten für die Vergütung eines Verfahrenspflegers auch dann nicht, wenn sich der dem Verfahrenspfleger übertragene Aufgabenkreis auf die Kontrolle des Handelns eines Nachlasspflegers erstreckt (ausführlich Senat, Beschluss v. 17.04.2012 – Az.: 2 Wx 28/12 -).
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3. Das Nachlassgericht war schließlich auch nicht nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verpflichtet, an dem Stundensatz von 33,50 EUR deshalb festzuhalten, weil es dem Verfahrenspfleger in der Vergangenheit verschiedentlich – so mit Beschlüssen vom 16.06.2011 (Bl. 97 f. d.A.) und vom 13.07.2011 (Bl. 128 f. d.A.) – bereits einen Stundensatz von 33,50 EUR zugebilligt hatte. Es musste vielmehr auf den neu gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag hin erneut das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung prüfen. Nachdem es dabei abweichend von seiner früheren Wertung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beteiligte die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 VBVG nicht erfüllt, war es seine Aufgabe, diese gewonnene bessere Erkenntnis umzusetzen. Der Verfahrenspfleger konnte deshalb nicht davon ausgehen, dass ihm der einmal vergütete Stundensatz auch in Zukunft immer wieder zuerkannt wird. Schließlich musste der Verfahrenspfleger auch schon früher stets damit rechnen, dass der vom Nachlassgericht zugebilligte Stundensatz bei einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht herabgesetzt wird (so BGH, Beschluss v. 08.02.2012 – Az.: XII ZB 230/11 -, a.a.O., Rdn. 15).
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG; der Geschäftswert folgt aus §§ 106 Abs. 1 S. 3, 131 Abs. 4 i. V. m. § 30 KostO.
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Referenzen
- FamFG § 59 Beschwerdeberechtigte 1x
- FamFG § 61 Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde 1x
- FamFG § 277 Vergütung und Aufwendungsersatz des Verfahrenspflegers 1x
- FamFG § 168 Beschluss über Zahlungen des Mündels 1x
- BGB § 1960 Sicherung des Nachlasses; Nachlasspfleger 1x
- BGB § 1915 Anwendung des Vormundschaftsrechts 1x
- FamFG § 84 Rechtsmittelkosten 1x
- § 30 KostO 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 S. 1 VBVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VBVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG 2x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 VBVG 3x (nicht zugeordnet)
- § 4 Abs. 1 VBVG 3x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 2 S. 1 VBVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 S. 2 VBVG 2x (nicht zugeordnet)
- XII ZB 447/11 2x (nicht zugeordnet)
- XII ZB 230/11 2x (nicht zugeordnet)
- XII ZB 409/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2 Wx 28/12 1x (nicht zugeordnet)