Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (4. Senat für Familiensachen) - 13 WF 202/07

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragssteller gegen den die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 17. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerde-verfahrens zu tragen.

Gründe

1

Die zulässige sofortige Beschwerde war zurückzuweisen. Das Amtsgericht hat zu Recht den Antrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO abgelehnt.

I.

2

Das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch den Kreis …, hat aufgrund bewilligter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz als Antragssteller im vereinfachten Unterhaltsverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meldorf vom 05. Oktober 2001 einen Unterhaltstitel für 3 Kinder erlangt. Der Tenor lautet für alle drei Kinder, darunter die zwei Beschwerdeführer, auf jeweils 100% des Regelbetrages der 2. Altersstufe nach § 1 RegelbetragsVO.

3

Mit Schreiben vom 15. Februar 2007 hat der Kreis … dem Amtsgericht Meldorf mitgeteilt, dass mit Ablauf des 30. November 2006 die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen eingestellt wurde und beantragt, die Vollstreckungsklausel auf den Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis 30. November 2006 zu begrenzen. Ab dem 01.Dezember 2006 hat der Kreis … auf Ansprüche aus dem Unterhaltstitel verzichtet. Die vollstreckbare Ausfertigung hat der Kreis …. zurückgegeben.

4

Die Vollstreckungsklausel auf der neu erteilten vollstreckbaren Ausfertigung wurde antragsgemäß geändert.

5

Mit Schreiben vom 13. August 2007 hat der Kreis … als Beistand gemäß § 1712 BGB für die Beschwerdeführer beantragt, dem jeweiligen Kind eine zur Zwangsvollstreckung geeignete Teilausfertigung zu erteilen.

6

Das Amtsgericht hat die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel unter Verweis auf die Entscheidung des Senats vom 24.05.2004 - 13 WF 69/04 - abgelehnt.

II.

7

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde war zurückzuweisen. Der Senat bleibt bei seiner im Beschluss vom 24. Mai 2004 - 13 WF 69/04 - geäußerten Rechtsauffassung.

8

Der mit dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meldorf vom 05. Oktober 2001 festgestellte Unterhaltstitel ist weder direkt noch analog § 727 ZPO auf die Antragssteller umzuschreiben.

9

1. Eine Rechtsnachfolgeklausel ist gemäß § 727 ZPO nur zu erteilen, wenn der Antragssteller Rechtsnachfolger des Gläubigers gerade im Hinblick auf die titulierte Forderung geworden ist. Die titulierten Unterhaltsansprüche sind nicht vom Land Schleswig-Holstein auf die Antragssteller übergegangen.

10

Das Land Schleswig-Holstein hat mit Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 05. Oktober 2001 nur einen Titel über Unterhaltsansprüche erhalten, die zukünftig gemäß § 7 Abs. 1 UVG infolge von Unterhaltsvorschussleistungen von den Antragsstellern auf das Land übergehen werden. Tituliert wird in solchen Verfahren ein aufschiebend bedingter Forderungsübergang (so auch: OLG Stuttgart, Beschluss vom 04. Mai 2005, FamRZ 2006, 1769 und OLG Köln, Beschluss vom 06. Februar 2002, FamRZ 2003, 107 und zur Rechtslage nach der alten Fassung des § 91 BSHG: BGH NJW 1992, 1624).

11

Diese Bedingung hat das Amtsgericht Meldorf zwar nicht in den Tenor aufgenommen (grundsätzlich für eine Verpflichtung zur Aufnahme: OLG Köln, a.a.O und OLG Stuttgart a.a.O.; a.A.: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Februar 2004, FamRZ 2004, 1796), der Tenor ist aber vor dem Hintergrund des Unterhaltsvorschussgesetzes dementsprechend auszulegen.

12

Der Träger der Unterhaltsvorschusskasse darf gemäß § 7 Abs. 4 UVG nur zukünftige Ansprüche geltend machen, wenn und soweit sie gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf ihn übergehen werden.

13

Das Unterhaltsvorschussgesetz regelt in seinen § 7 Abs. 1 und 4 UVG keinen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft, bei dem ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend gemacht wird (a.A.: OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Karlsruhe a.a.O.). Die Klage des Trägers der Unterhaltsvorschusskasse ist auf die Ansprüche gerichtet, die in Zukunft gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf ihn übergehen werden und auch nur soweit sie infolge von Leistungen übergehen werden, also auf eigene Ansprüche.

14

Diese Ansprüche entstehen zwar zukünftig in der Person des Kindes, sie können aber vom Träger der Unterhaltsvorschusskasse erst nach dem Übergang geltend gemacht werden.

15

Dies ergibt sich auch aus dem systematischen Zusammenhang von § 7 Abs. 1 UVG mit § 7 Abs. 4 UVG. Die dortige Berechtigung auch zukünftige Unterhaltsansprüche geltend zu machen ist „bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen“ begrenzt. Dem liegt die Vermutung zugrunde, dass auch zukünftig in dieser Höhe Leistungen erbracht und dementsprechend Ansprüche gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf den Träger der Unterhaltsvorschusskasse übergehen werden. Für darüber hinausgehende Unterhaltsansprüche des Kindes ist die Unterhaltsvorschusskasse weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft aktivlegitimiert. Daher schreibt § 646 Abs. 1 Nr. 12 ZPO in diesen Fällen vor, dass der Antragssteller erklären muss, dass der beantragte Unterhalt die Leistungen an oder für das Kind nicht übersteigt.

16

Dementsprechend muss der Träger der Unterhaltsvorschusskasse im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 726 ZPO den Forderungsübergang auch nachweisen (so auch OLG Stuttgart, a.a.O.). Nur so ist der Schuldner vor einer Inanspruchnahme durch das Kind und die Unterhaltsvorschusskasse geschützt.

17

Mit der Erklärung des Kreises, mit dem Ablauf des 30. November 2006 sei die Gewährung von Unterhaltsvorschuss eingestellt worden, konnte die Bedingung des § 7 Abs. 1 UVG im vorliegenden Fall nicht mehr eintreten. Der Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 05. Oktober 2001 ist damit gegenstandslos geworden; des erklärten Verzichtes hätte es nicht mehr bedurft.

18

Die Antragssteller sind mit dem Wegfall der Leistungen nicht Rechtsnachfolger des Trägers der Unterhaltsvorschusskasse in Hinblick auf die titulierten Ansprüche geworden. Sie sind immer Inhaber dieser Unterhaltsansprüche geblieben. Die Unterhaltsansprüche fallen nach Beendigung der Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht in irgendeiner Weise den Kindern wieder zu, sondern sind aufgrund des fehlenden Bedingungseintrittes nach § 7 Abs. 1 UVG nie auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen und damit nie vom Titel erfasst worden.

19

2. Für eine analoge Anwendung des § 727 ZPO bleibt auch keine Raum (so aber: OLG Koblenz, Beschluss vom 29. Mai 2006, FamRZ 2006, 1689). Zwar ist grundsätzlich dem Forderungsgläubiger nach Wegfall der Prozessstandschaft eine Rechtsnachfolgeklausel zu erteilen (vgl. Zöller - Stöber, 26. Aufl. 2007, § 727 Rn. 13 m.w.N.). Diese analoge Anwendung des § 727 ZPO rechtfertigt sich aber vor dem Hintergrund, dass eine vollständige Identität zwischen dem titulierten und dem nunmehr geltend gemachten Anspruch besteht. Dieses ist aber im Falle der Titulierung nach dem UVG nicht der Fall. Es handelt sich zwar um denselben Unterhaltsanspruch; dieser wird aber nur tituliert, soweit er nach § 7 Abs. 1 UVG übergegangen ist. Da aber für den Zeitraum für den die Antragssteller eine Rechtsnachfolgeklausel begehren, gerade keine Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbracht und die Bedingung nicht eingetreten ist und auch nicht mehr eintreten kann, ist der Titel gegenstandslos und für die Antragssteller somit auch wertlos. Die Antragssteller begehren keinen Titel, der Leistungen nach dem UVG voraussetzt, sondern ihren zugrunde liegenden Unterhaltstitel. Der ist aber im Wege der Umschreibung des Titels, der auf Grundlage des UVG erlangt wurde, nicht zu erreichen.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


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