Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 10 U 228/07

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen zum Geschäftszeichen 5 O 263/07 vom 02.11.2007 aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, es bis zum 14.03.1999 zu unterlassen, Montagen durchzuführen von

- abrollbaren und starren Rauchschürzen nach EN 12101

- Rauchschutzabschlüssen nach DIN 18095

- Flexiblen Feuerschutzabschlüssen

- Förderanlagenabschlüssen mit zugehörigen Steuerungs- und Notstromanlagen

- Brandschutzsektionaltoren.

3. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff.2 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR oder eine Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren gegen ihn festgesetzt wird.

4. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin EUR 1.379,80 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.06.2007 zu zahlen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 10 % und der Beklagte 90 %. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 56.500 EUR vorläufig vollstreckbar.

7. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: in 1.Instanz: insg. 58.500 EUR, in 2. Instanz: insg. 51.000 EUR

Gründe

Die Parteien streiten über den Umfang eines Wettbewerbsverbotes.
Die Klägerin ist als Unternehmen im Bereich der Entwicklung, Herstellung und Montage von abrollbaren und starren Rauchschürzen, Rauchschutzabschlüssen sowie Feuerschutzabschlüssen und Förderanlagenabschlüssen bundesweit tätig. Der Beklagte war bis zum Jahre 1999 Arbeitnehmer der Klägerin. Im Jahre 1999 machte er sich in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich der Montage selbstständig und war in den Folgejahren ausschließlich für die Klägerin bzw. deren Tochterunternehmen tätig, obwohl ihm dies von der Klägerin zunächst nicht zwingend vorgegeben war.
Im November 2005 beschäftigte der Beklagte neben seiner Ehefrau, die im Büro tätig war, in seinem Unternehmen zwei Elektriker. Zumindest einen Teil der von der Klägerin beauftragten Arbeiten konnte der Beklagte, der den Beruf des Schlossers erlernt hat, nur unter Einschaltung eines seiner Elektriker bewältigen. Er war in seiner Zeiteinteilung frei und wurde auftragsbezogen bezahlt. In dieser Situation schlossen die Parteien am 21.11.2005 auf Initiative der Klägerin eine Vereinbarung mit auszugweise folgendem Inhalt:
I.
Der Subunternehmer ist für X ständig in nachfolgenden Bereichen tätig:
Montage von
- abrollbaren und flexiblen Rauchschürzen nach EN 12101
- Rauchschutzabschlüssen nach DIN 18095
- Flexiblen Feuerschutzabschlüssen
- Förderanlagenabschlüssen mit zugehörigen Steuerungs- und Notstromanlagen
10 
- Brandschutzsektionaltoren
II.
11 
Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien ein umfassendes Wettbewerbsverbot. Der Subunternehmer darf Montagen der oben genannten Produkte ausschließlich für X durchführen. Jegliche Tätigkeit für Mitbewerber von X betreffend die oben genannten Produkte sind ausdrücklich untersagt.
III.
12 
Die Vereinbarung … endet, wenn X oder der Subunternehmer schriftlich gegenüber dem jeweiligen anderen Vertragspartner verbindlich erklärt, zukünftig keine Aufträge mehr für die Montage der oben genannten Gegenstände zu erteilen bzw. annehmen zu wollen.
13 
Das Wettbewerbsverbot gilt dann nachvertraglich für weitere zwei Jahre ab Zugang dieser schriftlichen Erklärung.
IV.
14 
Im Falle der Zuwiderhandlung des Subunternehmers gegen das oben genannte Wettbewerbsverbot steht X ein Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 5.000 EUR für jeden nachgewiesenen Einzelfall zu. ..
15 
Der Beklagte trennte sich im August 2005 und August 2006 jeweils von einem seiner Mitarbeiter. Als ihm die Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2007 mitteilte, dass keine Aufträge mehr erteilt würden, war er, abgesehen von der Bürotätigkeit seiner Ehefrau, allein tätig. Der Beklagte ließ über seine Bevollmächtigten mitteilen, dass er sich an das Wettbewerbsverbot nur bei Zahlung einer Karenzentschädigung halten werde.
16 
Die Klägerin hatte in erster Instanz zunächst u.a. die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 EUR mit der Behauptung einer Verletzung des Wettbewerbsverbotes geltend gemacht. Sie hat diesen Antrag nach durch den Beklagten erfolgter Erwiderung noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Klägerin hatte außerdem vom Beklagten Auskunft über seit dem 21.11.2005 im Bereich des Wettbewerbsverbots zugunsten Dritter durchgeführter Tätigkeiten begehrt. Nachdem die Parteien diesen Anspruch übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Klägerin zuletzt die Unterlassung der im Vertrag vom November 2005 benannten Tätigkeiten bis 14.03.2009 bei Androhung von Ordnungshaft, die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit einer vom Beklagten zur im Zeitraum des Wettbewerbsverbotes getätigten Drittgeschäfte und die Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten aus einem Streitwert von 55.000 EUR, davon 50.000 EUR für das Wettbewerbsverbot und 5000 EUR für die Vertragsstrafe, begehrt. Widerklagend hat der Beklagte die Herausgabe eines Lasersverlangt. Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien war in 1. Instanz die Wirksamkeit der Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes.
17 
Das Landgericht hat den Widerklagantrag nach entsprechendem Anerkenntnis der Klägerin zugesprochen und die Klage abgewiesen. Das Wettbewerbsverbot sei unverbindlich, soweit es für die Zeit von zwei Jahren nach Beendigung der Geschäftsbeziehung vereinbart war. Die Unwirksamkeit ergebe sich über § 74 Abs.2 HGB aus der Tatsache, dass die Vereinbarung keine Pflicht einer Entschädigungszahlung für die Dauer des Verbots gegenüber dem Beklagten enthalten habe.
18 
§ 74 Abs.2 HGB sei nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2003, 1864) und des BAG (NJW 1998, 99 f.) anwendbar auf den Beklagten, der Subunternehmer, wie ein freier Mitarbeiter einzustufen und von der Klägerin wirtschaftlich abhängig und deshalb schutzwürdig sei. Der Beklagte habe nämlich bei Abschluss der Vereinbarung und danach ausschließlich für die Klägerin und deren Tochterunternehmen gearbeitet. Anzahl und Umfang der Aufträge seien so gewesen, dass der Beklagte seine Arbeit vollschichtig für diese Firmen habe ausüben müssen. Er hätte keine Zeit gehabt, daneben für andere Unternehmen tätig zu werden. Zur Berufsausübung in Form eines selbstständigen kleinen Unternehmens sei es nur gekommen wegen des Outsourcing durch die Klägerin. Dass die Vergütung pro Auftrag gezahlt worden sei, sei unerheblich. Die Ausübung der Berufstätigkeit sei ihm möglich gewesen, weil er in der Montage der streitgegenständlichen speziellen Anlagen besondere Kenntnisse erworben gehabt habe. Diese würden das Potential darstellen, das ihm auch nach Beendigung der Geschäftsbeziehung zum Verdienen des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehe. Das Verbot, dieses Potential zu nutzen, schränke die beruflichen Möglichkeiten des Beklagten stark ein und belaste ihn in einem nicht entschädigungslos hinzunehmenden Maße.
19 
Gegen dieses Urteil hinsichtlich der Klage richtet sich die Berufung der Klägerin.
20 
Fehlerhaft wende das Landgericht Entscheidungen, die zu freien Mitarbeitern ergangen seien, auf den Beklagten an. Es habe sich in den entschiedenen Fällen um Einzelpersonen gehandelt, die in arbeitnehmerähnlicher Weise ausschließlich für ein Unternehmen tätig waren, wenn auch bei relativ freier Gestaltung der Arbeitszeit und der eingesetzten Arbeitsmittel. Dagegen sei der Betrieb des Beklagten ein Unternehmen. Schon die Firmierung des Beklagten zeige, dass dieser geplant gehabt habe, sich generell im Bereich der Montage von Brandschutzanlagen und Industriemontagen selbstständig zu machen. Der Beklagte habe Werbemaßnahmen im Internet platziert und mit der Klägerin als Referenzunternehmen geworben. Das Unternehmen des Beklagten sei seit der Gründung auf einen größeren Kundenkreis ausgelegt. Er habe sein eigenes Leistungspotential durch den Einsatz weiterer angestellter Mitarbeiter vervielfältigt. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, durch die Akquisition weiterer Mitarbeiter auch vom Unterlassungsgebot nicht betroffene Montageleistungen durchzuführen. Dies sei dem Beklagten auch weiterhin möglich.
21 
Die vereinbarten Unterlassungsansprüche seien nicht unüblich. Die Klägerin bewege sich auf einem sehr engen Markt mit nur einer Handvoll Anbietern. Die Klägerin sei bundesweit führend und der Beklagte habe durch die Klägerin entsprechende Einblicke in Betriebsgeheimnisse erhalten und Spezialfertigkeiten vermittelt bekommen. Die Klägerin habe feststellen müssen, dass Mitbewerber versuchten, sich über von der Klägerin gebundene Subunternehmer Einblick zu verschaffen.
22 
Der Kläger beantragt nach Rücknahme eines Antrages auf Versicherung der Richtigkeit einer Auskunft an Eides statt zuletzt:
23 
Auf die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen zum Geschäftszeichen 5 O 263/07 vom 02.11.2007 abgeändert und
24 
1. a) der Beklagte verurteilt, es bis zum 14.03.1999 zu unterlassen, Montagen von
25 
- abrollbaren und starren Rauchschürzen nach EN 12101
26 
- Rauchschutzabschlüssen nach DIN 18095
27 
- Flexiblen Feuerschutzabschlüssen
28 
- Förderanlagenabschlüssen mit zugehörigen Steuerungs- und Notstromanlagen
29 
- Brandschutzsektionaltoren
30 
durchzuführen.
31 
b) dem Beklagten angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR oder eine Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren gegen ihn festgesetzt wird;
32 
2. der Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von EUR 1.479,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit em 28.06.2007 zu zahlen.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
die Berufung zurückzuweisen.
35 
Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen würden zu der Erkenntnis führen, dass der Beklagte als Subunternehmer tätig gewesen sei und die Stellung eines freien Mitarbeiters gehabt habe. Als solcher sei er schutzbedürftig.
II.
36 
Die Berufung ist zulässig und hinsichtlich des zuletzt gestellten Klagantrages Ziff.1 vollumfänglich, hinsichtlich des zuletzt gestellten Klagantrages Ziff.2 teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart.
37 
1. Das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot unterfällt nicht der Regelung des § 74 Abs.2 HGB. Die Vorschrift ist auch nicht analog anwendbar.
38 
(a) § 74 HGB statuiert für das Verhältnis zwischen Prinzipal und Handlungsgehilfen die Unverbindlichkeit eines vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, wenn der Prinzipal sich nicht verpflichtet, für die Dauer des Verbotes eine Entschädigung in gesetzlich näher bestimmter Höhe zu bezahlen. Obwohl die Regelung eigentlich nur für den Handlungsgehilfen, also nach § 59 HGB für denjenigen gilt, der in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienste gegen Entgelt angestellt ist, wird sie allgemein auf Arbeitnehmer angewandt. Wegen der Vergleichbarkeit des Schutzbedürfnisses gilt § 74 Abs.2 HGB darüber hinaus analog für einen freien Mitarbeiter, sofern dieser wirtschaftlich bzw. sozial abhängig ist (BAG, NJW 1998, 99 ff; BGH, NJW 2003, 1864 f.). Dagegen wäre es zu weitgehend, jedweden Subunternehmer als arbeitnehmerähnlich einzustufen und dem Schutzbereich des § 74 HGB zu unterstellen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Bearb. Schaub, 2007, Kap. 390, § 74, Rz.8; Campos-Nave, Karenzentschädigungspflicht bei der Verwendung von Kundenschutzklauseln, NJW 2003, 3322/3324; Boecken in Ebenroth/Boujong u.a., Kommentar zu § 74 HGB, 2.A., 2008, § 74, Rd.Nr.7/8).
39 
(b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der als Subunternehmer für die Klägerin tätig gewesene Beklagte nicht entsprechend einem wirtschaftlich abhängigen freien Mitarbeiter zu behandeln. Er stand zur Klägerin in keinem Abhängigkeitsverhältnis, das eine einem kaufmännischen Angestellten im Sinne des 74 Abs.2 HGB vergleichbare Schutzbedürftigkeit begründet (dazu BGH, NJW 2003, 1864 f.).
40 
(aa) Der Begriff des „freien Mitarbeiters“ ist letztlich orientiert an einer Vergleichbarkeit zum Arbeitnehmer. Die Einstufung als Arbeitsverhältnis hängt maßgeblich davon ab, ob die Leistung persönlich zu erbringen ist, wenn auch die Berechtigung, die vertragliche Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, ein Arbeitsverhältnis nicht von vornherein ausschließt. Die Pflicht zur persönlichen Erbringung ist ein typisches Merkmal des Arbeitsverhältnisses im Sinne einer Auslegungsregel. Nach § 613 BGB hat nämlich der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarungen, wonach die Dienstleistungen nicht persönlich zu erbringen sein sollen, sind in Arbeitsverträgen selten. Ist der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, steht ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht. Ein Arbeitsverhältnis trotz Einschaltung Dritter kommt zumindest in Betracht, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel und die Leistungserbringung durch einen Dritten eine seltene Ausnahme darstellt, die das Gesamtbild der Tätigkeit nicht nennenswert verändert. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt dann lediglich eines von mehreren im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu berücksichtigendes Anzeichen dar (BAG, NZA 1998, 364 ff). Ist dagegen die Leistungserbringung durch Dritte nahe liegend und gut realisierbar, dann besteht damit für den Vertragspartner ein Gestaltungsspielraum, der mit dem Status eines Arbeitnehmers nicht vereinbar ist und daher der Einordnung des Beschäftigungsvertrages als Arbeitsverhältnis entgegensteht (BAG, NJW 1999, 648 ff).
41 
§ 12a TVG erweitert den Schutz des TVG auf arbeitnehmerähnliche Personen über die Definition dieser Personen als einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig und stellt dabei maßgeblich auf die Pflicht ab, die Leistung im wesentlichen persönlich zu erbringen (Franzen in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8.A., 2008, § 12a TVG, Rz. 7).
42 
Der BGH formulierte zwar in der Entscheidung (NJW 2003, 1864 ff.), an der sich das Landgericht orientierte, hinsichtlich eines „Subunternehmers“, was darauf hindeuten könnte, dass er davon ausging, dass eine Unternehmensstruktur mit mehreren Mitarbeitern nicht schädlich sein könnte. Aus dem weiteren Inhalt der Entscheidung wird jedoch deutlich, dass im konkreten Fall die Stellung des Klägers als freier Mitarbeiter nicht streitig war und somit gerade wegen seiner Einstufung als wirtschaftlich abhängiger freier Arbeitnehmer § 74 Abs.2 HGB zur Anwendung kam.
43 
(bb) Nach diesen Regeln ist der Beklagte nicht als einem freien Mitarbeiter gleichstehend einzuordnen.
44 
Im Zeitpunkt der Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes hatte er, seine im Büro tätige Ehefrau mitgerechnet, 3 Arbeitnehmer. Dabei war die Beschäftigung zumindest eines Arbeitnehmers auch aus Sicht der Klägerin notwendig, um überhaupt alle üblicherweise im Rahmen der Zusammenarbeit anfallenden Tätigkeiten erledigen zu können. Die Parteien gingen also übereinstimmend im Vertragszeitpunkt von der nicht durch den Beklagten persönlich zu erbringenden Leistungspflicht aus. Vielmehr sollte und durfte der Beklagte von ihm geschultes Personal für die gegenüber der Klägerin geschuldeten Tätigkeiten einsetzen (insoweit anders der vom OLG Köln im Verfahren 27 U 19/04 mit Urteil vom 23.02.2005 entschiedene Sachverhalt). Dem Beklagten war es nicht verboten, insbesondere durch die Einstellung weiterer Arbeitnehmer auch Tätigkeiten für andere Unternehmen außerhalb des vom Wettbewerbsverbot umfassten Bereichs auszuführen. Der Beklagte wurde auftragsbezogen bezahlt und war in der zeitlichen und räumlichen Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Er war nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden (insoweit anders die Fälle BGH NJW 2003, aaO, OLG Düsseldorf, NJW-RR 2005, 119 ff) und nicht einem Arbeitnehmer mit gleitenden Arbeitszeiten gleichgestellt (ebenfalls anders in BGH, NJW 2003, aaO.). Der Beklagte stellte keinen Ein-Mann-Betrieb dar, der mit seiner Person stand und fiel und dem es nicht möglich gewesen wäre, den eigenen Ausfall durch anderweitige Geschäftstätigkeit zu kompensieren (zu einem solchen Fall OLG München, NJW-RR 1998, 393 ff). Der Beklagte hat vielmehr im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat u.a. erklärt, dass er seinen Betrieb regional strukturiert gehabt habe und die Betriebstätigkeit in den sog. Neuen Bundesländern allein durch die Mitarbeiter ausgeführt worden sei. Diese Kriterien bedeuten in der Gesamtschau, obwohl der Beklagte mit seinem Unternehmen damals faktisch, wenn auch nicht verpflichtend, nur für die Klägerin tätig war, eine derart freie Arbeits- und Verantwortungsstruktur, dass von einer Arbeitnehmerähnlichkeit nicht mehr gesprochen werden kann.
45 
Allein die Formulierung im Vertrag, dass der Beklagte „ständig“ für die Klägerin tätig sei, weist nicht in eine andere Richtung. Sie erklärt nur die Art der Zusammenarbeit und stellt die Rechtfertigung für die Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes dar.
46 
An der Stellung des Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass sein Betrieb verkleinert wurde und er im Zeitpunkt des Endes der Zusammenarbeit nur noch seine Ehefrau als Arbeitnehmerin im Büro beschäftigte. Diese faktische Einzeltätigkeit war nämlich auch zu diesem Zeitpunkt keineswegs verpflichtend, vielmehr sogar, wie die Parteien im Verhandlungstermin vor dem Senat übereinstimmend erklärten, hinderlich, weil damit nicht mehr alle Arten von früher üblichen Aufträgen erfüllt werden konnten. Die für den Beklagten weiter bestehende Offenheit in seiner Betriebsorganisation steht der Stellung als freier Mitarbeiter auch für diesen Zeitpunkt entgegen.
47 
2. Das Wettbewerbsverbot ist nicht nichtig nach § 138 BGB.
48 
Nachvertragliche Wettbewerbseinschränkungen sind mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht gemäß § 138 BGB sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um den Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Missbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. Ihre Wirksamkeit hängt davon ab, dass sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten (BGH; NJW 2005, 3061 f.). Das vereinbarte Verbot genügt diesen Anforderungen.
49 
Unstreitig ist die Klägerin auf einem sehr engen Markt tätig und von ihr angewandte Spezialtechniken machen die von ihr beschäftigten Subunternehmer für die Konkurrenz interessant, weil diese durch ihre Arbeit für die Klägerin Einblick in die von der Klägerin angewandten Techniken geben können. In dieser Situation ist es angemessen, wenn sie sich für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung der Zusammenarbeit für die während der Zusammenarbeit konkret durchgeführten Tätigkeiten schützt. Andere Tätigkeiten im Feld seiner Ausbildung bleiben dem Beklagten möglich. Die fehlende örtliche Beschränkung schadet bei dieser Gesamtkonstellation nicht.
50 
3. Der Klagantrag Ziff.1 berücksichtigt korrekt die Zeitdauer von 2 Jahren nach Beendigung der Zusammenarbeit.
51 
4. Die Androhung von Ordnungsmitteln konnte nach § 890 Abs.2 ZPO bereits im Urteil ausgesprochen werden.
52 
5. Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr ist in Höhe von EUR 1379,80 EUR gegeben.
53 
Er ist aus dem Streitwert von EUR 50.000,00 gerechtfertigt. Der Streitwert ist zu orientieren an der höchstmöglichen Karenzentschädigung (Zöller, Kommentar zur ZPO, 26.A., 2007, § 3, Rz. 16, Stichwort Wettbewerbsverbot). Der Beklagte hat den Vortrag der Klägerin, dass der Streitwert mit 50.000 EUR anzusetzen sei, bis zuletzt nicht bestritten, obwohl er durch den Senat auf die Kriterien für die Streitwertfestsetzung hingewiesen worden war. Hinsichtlich des weiteren Betrages von 5000 EUR, den die Klägerin ihrer Streitwertbemessung zugrunde legte, vermochte die Klägerin einen zugrunde liegenden Anspruch wegen Verstoßes des Beklagten gegen das Wettbewerbsverbot nicht nachzuweisen. Sie hat die diesbezügliche Klage zurückgenommen.
54 
Die rechtlichen Probleme rechtfertigen den Ansatz von 1,3 bei der Geschäftsgebühr. Außerdem ist die Pauschale zu berücksichtigen.
III.
55 
1. Die Kostenentscheidung beruht für die erste Instanz auf §§ 269 Abs.3, 91a, 92 ZPO. Da das Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart war, war der übereinstimmend für erledigt erklärte Auskunftsanspruch gegeben. Er wurde im Laufe des Prozesses erfüllt. Dagegen hat die Klägerin die durch den zurückgenommenen Teil der Klage bedingten Kosten zu tragen. Für die zweite Instanz gilt § 92 Abs. 2 Ziff.1 ZPO.
56 
2. Der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegt § 709 ZPO zugrunde.
57 
3. Beim Streitwert wirken die außergerichtlichen Anwaltskosten nicht streitwerterhöhend. Der Auskunftsanspruch erscheint als mit 2.500 EUR angemessen bewertet. Weil er sich auf nicht streitgegenständliche Wettbewerbsverstöße bezog, ist er nicht im Streitwert des Klagantrages Ziff.1 enthalten. Der Antrag auf eidesstattliche Versicherung, der in 2. Instanz zurückgenommen wurde, ist mit 1.000 EUR angemessen bewertet. Im übrigen wird auf die Ausführungen unter II.6 der Gründe dieses Urteils verwiesen.
58 
4. Die Revision war nach § 543 Abs.2 Ziff.2 ZPO zuzulassen.

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