Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 8 W 46/12

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. November 2011, Az. F 5 UR III 589/2010, wird

zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 3.000 EUR

Gründe

 
I.
Mit Beschluss vom 21. November 2011 hat das Amtsgericht auf die Zweifelsvorlage der Beteiligten Z. 3 den Antrag der Antragsteller auf Nachbeurkundung der am 12. April 2010 in ..., USA, geborenen Betroffenen abgelehnt.
Gegen die am 13. Dezember 2011 zugestellte Entscheidung haben die Antragsteller durch ihren Verfahrensbevollmächtigten am 30./31. Dezember 2011 Beschwerde eingelegt und zu deren Begründung Akteneinsicht erbeten. Mit Schreiben vom 5. Januar 2012 wurden die Akten am 11. Januar 2012 übersandt und mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten am 20. Januar 2012 zurückgegeben.
Im Einzelnen wird zur Sachverhaltsdarstellung auf den Beschluss vom 21. November 2011, die Zweifelsvorlage vom 6. Juli 2010 und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Das Amtsgericht hat nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 25. Januar 2012 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 49 Abs. 2, 51 Abs. 1 S. 1 PStG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Die angekündigte Beschwerdebegründung (§ 65 Abs. 1 FamFG) wurde in angemessener Zeit nicht nachgereicht. Bei einer in Aussicht gestellten oder vorbehaltenen Beschwerdebegründung bedarf es nicht der Setzung einer Begründungsfrist nach § 65 Abs. 2 FamFG. Aus Gründen des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist das Gericht jedoch gehalten mit seiner Entscheidung eine angemessene Zeit zu warten, selbst wenn eine Beschwerdebegründung nicht für erforderlich erachtet oder die Sache für entscheidungsreif gehalten wird. Die Dauer der Wartefrist beträgt regelmäßig zwei Wochen ab Eingang der Beschwerde bis zum Erlass der Entscheidung (BGH, Beschluss vom 24. September 2009, Az. IX ZB 285/08, in juris; BGH NZI 2010, 998; Sternal in Keidel, FamFG, 17. Auflage 2011, § 65 FamFG Rn. 7; je m.w.N.). Sternal sieht dabei ein Zuwarten von 2-3 Wochen als angemessen, aber auch ausreichend an. Abgestellt auf den Eingang der Beschwerde am 30. Dezember 2011 wäre eine Wartefrist von drei Wochen am 20. Januar 2012 verstrichen gewesen und auf den Zugang der Akten am 3. Februar 2012, wobei die Akteneinsicht keine weiteren Erkenntnisse lieferte, als sie bereits den Beschwerdeführern bekannt waren.
In der Sache selbst wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem Beschluss des Amtsgerichts vom 21. November 2011 Bezug genommen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt.
Lediglich als ergänzend und vertiefend werden die Antragsteller auf die vom Standesamt und den Gerichten zu beachtende Gesetzes- und Rechtslage hingewiesen:
Die Betroffenen sind in den USA geboren. Ein Antrag auf Beurkundung ihrer Geburt im Geburtenregister nach § 36 Abs. 1 S. 1 PStG setzt voraus, dass sie deutsche Staatsangehörige im Zeitpunkt der Antragstellung sind. In Betracht kommt lediglich der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt (§§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 S. 1 StAG). Dann müssten die Betroffenen von den Beschwerdeführern abstammen. Insoweit unterliegt gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dieser befindet sich in Deutschland, so dass sich die Abstammung (Mutterschaft und Vaterschaft) der beiden Betroffenen nach deutschem Recht bestimmt. Für die Mutterschaft ist § 1591 BGB maßgebend. Danach ist Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat.
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Bis zum 1. Juli 1998 gab es keine spezielle die Mutterschaft regelnde Norm - und zwar in der Vorstellung, die gebärende Frau sei natürlich auch die genetische Mutter des Kindes. Erst seit die moderne Fortpflanzungsmedizin eine Aufspaltung von genetischer und Tragemutterschaft ermöglicht, stellt sich für diese Fälle die Frage der "richtigen" Mutter. Der Gesetzgeber hat sich im KindRG zum einen gegen eine doppelte oder gespaltene Mutterschaft und bei der Wahl zwischen genetischer und gebärender Mutter für die Letztere entschieden. § 1591 BGB will eine gespaltene Mutterschaft vermeiden und die deutsche Rechtsordnung verwirft sie auch sonst: § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 Embryonenschutzgesetz verbieten die medizinische Assistenz bei Ei- und Embryonenspende und §§ 13c und d Adoptionsvermittlungsgesetz untersagen die Vermittlung einer Leihmutter, die nach einem Embryonentransfer ein genetisch nicht eigenes Kind gebären würde. Das Statusrecht trifft in § 1591 BGB für die Fälle Vorkehrungen, in denen eine Eispende entweder verbotswidrig oder im Ausland vorgenommen wurde und schafft nicht nur Klarheit, sondern regelt als Ausnahme von dem auf die Abstammung abstellenden § 1589 BGB, dass nur die Tragemutter im statusrechtlichen Sinn Mutter ist, was übrigens schon vor dem KindRG die herrschende Auffassung war. Grund für die Regelung war die Absicht, dem Kind einen möglichst zweifelsfreien, leicht feststellbaren und dauerhaften Status zu geben, und beabsichtigt ist zudem die Verhinderung von Tragemutterschaften sowie Ei- und Embryonenspenden. Der Gesetzgeber hat zu Gunsten der Tragmutter auch die Erwägung berücksichtigt, während der Schwangerschaft werde das Kind körperlich von der austragenden Frau beeinflusst und es erwachse eine psychische Beziehung, die gewöhnlich die Bereitschaft zu nachgeburtlicher Betreuung und eine Haltung der Verantwortlichkeit gegenüber dem Kind zur Folge habe, was bei der Eispenderin nicht im gleichen Maße der Fall sei.
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Die nach § 1591 BGB bestimmte Mutterschaft begründet auch die über die Mutter vermittelte Verwandt- und Schwägerschaft zu weiteren Personen und der Ehemann der gebärenden Frau gilt gemäß § 1592 Nr. 1 BGB als Vater des Kindes.
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Die Zuordnung des Kindes an die Frau, die es geboren hat, ist endgültig. Bewusst sieht das Gesetz für die Mutterschaft weder ein – nur in Bezug auf die Vaterschaft in den §§ 169 ff. FamFG, §§ 1599-1600c BGB geregeltes – Anfechtungsverfahren vor, noch könnte mit einer Anfechtung – wie beim Vater – eine unrichtige Zuordnung des Kindes beseitigt werden, da die Frau, die das Kind geboren hat, auch dann die Mutter im Sinne des Gesetzes ist, wenn das Kind nicht von ihr abstammt. Der einzige Weg, die genetische Mutter zur Mutter im Rechtssinne zu machen, ist der der Adoption.
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(Umfassend zu den vorstehenden Problemkreisen: E. Hammermann in Erman, BGB, 13. Auflage 2011, § 1591 BGB Rn. 1 ff.; Nickel in JurisPK-BGB, 5. Auflage 2010, § 1591 BGB Rn. 1 ff.; Wellenhofer in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 1591 BGB Rn. 4 ff. bis Rn. 32; Hahn in Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 1. März 2011, § 1591 BGB Rn. 2 ff. bis Rn. 24; Rauscher in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 1591 BGB Rn. 1a ff. bis Rn. 26; je m.w.N.; OLG Koblenz FamRZ 2010, 481, zur rechtlichen Mutter im Sinne des § 1591 BGB, allerdings im Rahmen einer anderen Problematik).
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Danach ist es zur Zeit nicht möglich, dem Antrag vom 2. Mai 2010 auf Beurkundung einer Auslandsgeburt der beiden Betroffenen im Geburtenregister gemäß § 36 PStG mit den Antragstellern als Eltern zu entsprechen.
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Die Betroffenen besitzen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie können sie nicht durch Geburt von den Antragstellern ableiten, da sie rechtlich nicht von diesen abstammen, wobei sich die Vaterschaft nur aus § 1592 Nr. 1 BGB, ("Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist"), ergeben könnte. Mutter ist aber die Leihmutter und nicht die Beschwerdeführerin.
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Hieran ändern auch nichts die Auszüge aus dem Geburtenregister des Bundesstaates Kalifornien, Verwaltungsbezirk ...-, über die Bescheinigung einer Lebendgeburt. Abgesehen davon, dass in einzelnen Bundesstaaten der USA die Leihmutterschaft im Gegensatz zur BRD legalisiert ist (vgl. Wellenhofer, a.a.O., § 1591 BGB Rn. 23, m.w.N.), können diese Urkunden nicht das nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB anzuwendende deutsche Abstammungsrecht außer Kraft setzen und die nach § 36 Abs. 1 S. 1 PStG erforderliche deutsche Staatsangehörigkeit der Betroffenen begründen.
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Die Entscheidung des Amtsgerichts ist demgemäß rechtsfehlerfrei ergangen und die Beschwerde war mit der Kostenfolge von §§ 127 Abs. 2, 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO und § 51 Abs. 1 S. 1 PStG i.V.m. § 84 FamFG als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 127 Abs. 2, 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 KostO.
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Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 1 und 2 FamFG liegen nicht vor.

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