Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 11 WF 161/12

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Esslingen vom 23.03.2012 - 5 F 8/12 -

abgeändert.

Die Verpflichtung zur Bezahlung monatlicher Raten auf die Verfahrenskosten wird von 115.- EUR auf

monatlich 15.- EUR

herabgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Antragstellers

zurückgewiesen.

Von der Erhebung einer Beschwerdegebühr wird abgesehen.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten sind getrenntlebende Eheleute, das Scheidungsverfahren ist seit Januar 2012 rechtshängig.
Der Antragsteller ist als ... abhängig beschäftigt. Er arbeitete im monatlichen Durchschnitt der Monate November 2010 bis Oktober 2011, für welche Gehaltsbescheinigungen vorliegen, 193 Stunden und erzielt ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.162.- EUR. Er bezahlt Kindesunterhalt für 2 Kinder, welche im Haushalt der Antragsgegnerin leben, in Höhe von 712.- EUR.
Die Antragsgegnerin erzielt aus einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Umfang von 155 Arbeitsstunden im Monat und einer versicherungsfreien Tätigkeit im Umfang von 50 Arbeitsstunden im Monat ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.545,98 EUR.
Beide Beteiligte haben tatsächliche Aufwendungen für zusätzliche Altersvorsorge, welche den Pauschalbetrag von 4 % aus dem Bruttoeinkommen übersteigen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass seine Tätigkeit vom Umfang her überobligatorisch sei und das Entgelt für die geleisteten Überstunden lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen seien.
Er beantragt Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Inanspruchnahme der Antragsgegnerin auf Trennungsunterhalt in Höhe von 166.- EUR monatlich ab Januar 2012.
Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen. Sie beruft sich ihrerseits auf die Erzielung eines Einkommens, welches dasjenige übersteigt, welches sie bei vollschichtiger Ausübung ihrer Haupttätigkeit erhalten würde. Außerdem ist sie der Auffassung, dass angesichts der lediglich wegen der Bezahlung von Kindesunterhalt sich rechnerisch ergebenden Bedürftigkeit ihre Betreuungstätigkeit ausnahmsweise zu materialisieren sei.
Das Familiengericht hat dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe im Umfang eines monatlichen Unterhaltsanspruchs von 68.- EUR bewilligt und die Bezahlung von monatlichen Raten in Höhe von 115.- EUR auf die Verfahrenskosten angeordnet.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen ursprünglichen Antrag weiter und wendet sich gegen die Höhe der festgesetzten Raten.
II.
10 
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere auch rechtzeitig eingelegt. Der Beschluss des Familiengerichts vom 23.03.2012 wurde dem Antragsteller am 11.07.2012 zugestellt, sein Rechtsmittel ging am 18.07.2012 ein, somit innerhalb der Monatsfrist der §§ 113 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3 FamFG.
11 
In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch lediglich insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Höhe der Ratenzahlung richtet.
12 
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für einen monatlichen Unterhaltsanspruch von über 68.- EUR monatlich hinaus konnte der Antragsteller dagegen nicht darlegen, §§ 113 FamFG, 114 ZPO.
13 
Zu recht hat das Familiengericht das Einkommen des Antragstellers in vollem Umfang in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich seine Tätigkeit wegen des Umfangs der abgeleisteten Überstunden als überobligationsmäßig darstellt oder nicht, da sie sich im Rahmen der Unterhaltsberechnung jedenfalls am Umfang der Arbeitsleistung der von ihm in Anspruch genommenen Antragsgegnerin messen lassen muss, die neben der Betreuung von 2 Kindern im Alter von 12 und 15 Jahren in einer Haupt- und einer Nebentätigkeit nochmals 12 Stunden mehr pro Monat arbeitet als er. Durch die Annahme des Familiengerichts, die Einkünfte beider Beteiligter nicht als unzumutbar anzusehen, kann deshalb allenfalls die Antragsgegnerin, nicht jedoch der Antragsteller beschwert sein.
14 
Zutreffend ist das Familiengericht auch davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bei höherem Erwerbseinkommen des Anspruchstellers allein dadurch entstehen kann, dass sich sein Einkommen durch den Vorwegabzug eines geschuldeten Kindesunterhalts vermindert. Kindesunterhalt als Barunterhalt stellt in der Unterhaltsberechnung einen Abzugsposten vom Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils dar, ohne dass es darauf ankommen kann, ob dieser vom ehegattenunterhaltsberechtigten oder -verpflichteten Elternteil zu bezahlen ist. Abzugsposten ist aber nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nur der Barunterhalt, der vom anderen Elternteil geleistete Betreuungsunterhalt unterliegt dagegen in keinem Fall einer Materialisierung. Unangemessene Ergebnisse können über die Prüfung der Zumutbarkeit der Erzielung von Erwerbseinkünften neben der Kindererziehung vermieden werden (hierzu zuletzt BGH FamRZ 2012, 1040). Nach dem Grundsatz der Halbteilung kann in diesen Fällen der Tatbestand des § 1573 Abs. 2 BGB nicht verneint werden (so auch OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 1565; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Maier, 8. Aufl. 2011, Kap. 6, Rn. 532; aA OLG Thüringen FamRZ 2004, 1207; Palandt/Brudermüller, BGB, 71. Aufl. 2012, § 1573 Rn. 15; differenzierend Wendl/Bömelburg, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, § 4, Rn. 319, Ablehnung eines Einsatzzeitpunktes, wenn der Anspruch erst lange Zeit nach der Scheidung erstmals geltend gemacht wird).
15 
Soweit das Familiengericht die Prüfung der Frage, ob der geringfügige Einkommensunterschied überhaupt auszugleichen ist (hierzu näher Palandt/Brudermüller aaO, § 1573 Rn. 15; Wendl/Bömelburg aaO, § 4 Rn. 322; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Maier aaO, Kap. 6 Rn. 533), nicht bei der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe geprüft hat, sondern dem Hauptsacheverfahren vorbehalten hat, beschwert den Antragsteller nicht.
16 
Die Höhe der auf die Verfahrenskosten zu bezahlenden Raten reduziert sich von monatlich 115.- EUR auf monatlich 15.- EUR, da das Familiengericht bei im Übrigen zutreffender und auch nicht angegriffener Berechnung versehentlich die Abzüge für betriebliche Altersvorsorge und vermögenswirksame Leistungen von insgesamt 260,13 EUR nicht berücksichtigt hat. Wird weiterhin noch die im Beschwerdeverfahren nachgewiesene Mieterhöhung von 13.- EUR einberechnet, verbleibt lediglich noch ein für Verfahrenskosten einzusetzendes Einkommen von 48.- EUR.
17 
Gemäß §§ 113 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO findet eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren nicht statt.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen