Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 11 WF 119/14

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Esslingen vom 04.07.2014 (2 F 482/14) wird

zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe

 
Die Antragstellerin hat als minderjähriges Kind einen Antrag gegen ihren Vater auf Erteilung einer Auskunft über seine Einkünfte aus sämtlichen Einkunftsarten in bestimmten, einzelnen bezeichneten Zeiträumen eingereicht und beantragt für diesen Auskunftsantrag die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Der Antrag auf Auskunftserteilung wird damit begründet, dass die Antragstellerin, bezüglich der die Mutter die alleinige Sorgerechtsinhaberin ist, nicht etwa Unterhalt vom Antragsgegner verlangen möchte, sondern mit der Auskunft einen Schadensersatzanspruch gegen das zuständige Jugendamt vorbereiten möchte, weil dieses die Beistandschaft schlecht erfüllt habe und dabei zu wenig Unterhalt vom Antragsgegner verlangt habe.
Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, dass das Familiengericht sachlich zuständig und das Amtsgericht Esslingen örtlich zuständig sei. Grundlage des Auskunftsanspruches sei § 1605 BGB, daher handle es sich um eine Familiensache. Der Antragsgegner rügt die Unzuständigkeit des Gerichts, weil im Kern eine zivilrechtliche und keine familienrechtliche Streitigkeit vorliege.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 04.07.2014 hat das Familiengericht den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Bei dem geltend gemachten Antrag handle es sich nicht um eine Familiensache, insbesondere liege keine Unterhaltssache vor. Vorbereitende Ansprüche wie Auskunftsansprüche seien nur dann den Familiensachen zuzurechnen, wenn sie einen familienrechtlichen Anspruch vorbereiten würden, hier werde dagegen ein Schadensersatzanspruch vorbereitet.
Gegen diesen Beschluss, der dem Antragsteller am 07.07.2014 zugestellt wurde, legte dieser am 08.07.2014 sofortige Beschwerde ein und beruft sich auf eine Entscheidung des BGH vom 04.12.2013.
Der Antragsgegner beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff ZPO statthaft und zulässig, sie wurde insbesondere fristgerecht eingelegt.
In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.
Mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt, weil es sich bei dem geltend gemachten Anspruch nicht um eine Familiensache handelt. Gemäß § 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GVG sind die Amtsgerichte zuständig für Familiensachen, wobei gemäß § 23b GVG bei den Amtsgerichten Abteilungen für Familiensachen gebildet werden. In § 111 FamFG werden die einzelnen Familiensachen unter den Ziffern 1-11 aufgezählt. Dabei sind unter Ziff. 8 Unterhaltssachen genannt, zu denen grundsätzlich auch Auskunftsansprüche, die einen Unterhaltsanspruch vorbereiten, gehören. Schadensersatzansprüche sind dagegen in dieser Norm nicht erwähnt.
Die seitens des Antragstellers zitierte Entscheidung des BGH (FamRZ 2014, 290) ist nicht geeignet, die Rechtsansicht des Familiengerichts zu erschüttern. Insbesondere geht aus dieser Entscheidung hervor, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht allein daraus, dass der 12. Senat des BGH entschieden hat, zwingend abzuleiten ist, dass es sich bei dem dortigen Streitgegenstand, nämlich einem Schadensersatzanspruch gegen das Jugendamt, um eine Familiensache handelt. Dies ergibt sich einerseits bereits aus dem dortigen Instanzenzug Landgericht-Kammergericht-BGH, andererseits aber auch aus der Begründung der Entscheidung. Danach handelt es sich um einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Zu der hier streitigen Frage, ob ein Auskunftsanspruch, der eine solche Schadensersatzklage erst vorbereiten soll, als Familiensache anzusehen ist, nimmt diese Entscheidung keine Stellung.
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Hierüber hat der BGH bereits im Jahr 1984 (FamRZ 1984, 465) entschieden. Dabei ging es um eine Auskunftserteilung über Versorgungsanwartschaften im Bereich des Versorgungsausgleichs zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruches gegen einen Rechtsanwalt. Der BGH führt aus, dass nach dem damals gültigen Katalog der Familiensachen in § 23b Abs. 1 S. 2 GVG die Nr. 7, die Verfahren erwähnt, die den Versorgungsausgleich betreffen, in Betracht komme. Gleichwohl sei der Auskunftsrechtsstreit keine Familiensache. Ob eine Rechtssache Familiensache sei, hänge von dem Vorbringen ab, mit dem der geltend gemachte Anspruch begründet werde. Im dortigen Verfahren werde die Auskunft nicht zur Durchführung des Versorgungsausgleichs, sondern allein zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruches gegen den damaligen Prozessbevollmächtigten benötigt. Daher gehöre der Rechtsstreit nicht in das familiengerichtliche Verfahren, sondern vor das für allgemeine Zivilsachen zuständige Gericht.
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Entsprechendes gilt auch im hiesigen Verfahren. Durch die Reform des Familienverfahrens ist zwar der Katalog der Familiensachen aus § 23b GVG in § 111 FamFG übernommen worden, wobei einzelne Ziffern zusammengeführt wurden. Neu sind die in Nr. 11 genannten sonstigen Familiensachen, die in § 266 FamFG näher beschrieben werden.
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Aber auch unter Geltung der neuen Vorschrift des §§ 266 FamFG, kann der hiesige Auskunftsantrag nicht als Familiensache angesehen werden. Dort werden zwar gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG Verfahren, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrühren, als Familiensachen bezeichnet, wobei durchaus denkbar wäre, den hiesigen Auskunftsantrag - isoliert betrachtet - hierunter zu subsumieren. Der hier geltend gemachte Auskunftsanspruch kann aber nur im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Schadensersatzanspruch beurteilt werden. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der eigentliche Schadensersatzprozess, den die Antragstellerin beabsichtigt, als Amtshaftungsprozess mit der speziellen Rechtswegzuweisung gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG keine Familiensache darstellt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch Amtshaftungsansprüche oder Anwaltshaftungsansprüche aus familienrechtlichen Mandaten als sonstige Familiensachen den Familiengericht zuweisen wollte. Insbesondere hat auch der BGH in der bereits zitierten Entscheidung aus dem Jahr 2013 (FamRZ 2014, 290) nicht darauf hingewiesen, dass dieser Schadensersatzanspruch als sonstige Familiensache im Sinne des § 266 FamFG anzusehen ist. Dies wäre selbst dann zu erwarten gewesen, wenn das Verfahrens, was anhand des Aktenzeichens des LG Berlin durchaus als möglich erscheint, noch vor Inkrafttreten des FamFG am 01.09.2009 begonnen hat.
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Dann gilt dies aber auch für einen Auskunftsanspruch, der diesen Schadensersatzanspruch erst vorbereiten soll. Dies ergibt sich aus der bereits zitierten Entscheidung des BGH (FamRZ 1984, 465), in der als weitere Begründung für die Verneinung einer Familiensache ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass der Rechtsstreit über den beabsichtigten Schadensersatzanspruch auch keine Familiensache sei.
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Damit liegt ein Zivilverfahren vor, so dass das Familiengericht funktionell unzuständig und das Amtsgericht Esslingen örtlich unzuständig ist, weshalb der beabsichtigte Auskunftsantrag vor dem Familiengericht keine Aussicht auf Erfolg hat und zutreffend daher die begehrte Verfahrenskostenhilfe versagt wurde.

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