Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 6 W 23/15

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 26.01.2015 wird der Streitwertbeschluss des Landgericht Ravensburg vom 05.02.2015, Aktenzeichen 2 O 258/14,

abgeändert

und der Streitwert auf 27.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger verfolgen mit der Klage verschiedene Feststellungs- und Leistungsanträge nach Widerruf eines mit der beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrages. Die Kläger hatten im September 2009 den Darlehensvertrag Nr. 2206170… über einen Nennbetrag von 164.500,00 EUR unterzeichnet. Da sie der Ansicht waren, dass die dem Darlehensvertrag beigefügt Widerrufsbelehrung unwirksam war, widerriefen sie mit Schreiben vom 08.08.14 diesen Darlehensvertrag gegenüber der Beklagten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Darlehen am 01.07.2014 noch eine offene Darlehensvaluta von 151.488,48 aufwies.
Die Kläger haben folgende Anträge gestellt:
1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Darlehensvertrag mit der Nr.: 2206170… durch den Widerruf der Kläger vom 08.08.2014 beendet worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern auf der Grundlage des Widerrufs vom 08.08.14 eine Endabrechnung zu dem Darlehensvertrag mit der Nr.: 2206170… und dem sich daraus ergebenden Rückgewährschuldverhältnis zu erteilen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nr. 22061700… seit dem 23.08.2014 im Verzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.778,22 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.08.2014 zu bezahlen.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2014 haben sie außerdem hilfsweise beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 1.646,50 EUR zu verurteilen.
Das Verfahren wurde mit Vergleich in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2015 beendet (Bl. 69 d.A.).
Mit Beschluss vom 15.02.2015 hat das Landgericht den Streitwert auf den Betrag der zum Zeitpunkt des Widerrufs noch offenen Nettodarlehensvaluta in Höhe von 151.488,48 EUR festgesetzt.
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Gegen diesen ihr nur formlos zugesandten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.02.2015, bei Gericht eingegangen am 27.02.2015 Streitwertbeschwerde eingelegt, mit dem Ziel, den Streitwert für das Verfahren sowie den in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2015 abgeschlossenen Vergleich auf 41.073,09 EUR festsetzen zu lassen. Zu dieser Summe kommt die Beklagte, wie sie im Schriftsatz vom 05.02.2015 ausführt, indem sie das Interesse der Kläger an der erhobenen Klage
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- nach der nicht zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 25.500,00 EUR,
- zuzüglich der zurückzuzahlenden und von der Darlehensrestvaluta abzuziehenden Wertermittlungskosten i.H.v. 1.646,50 EUR,
- zuzüglich dem durch die Bank zu leistenden Nutzungsersatz auf die Leistungen des Darlehensnehmers i.H.v. 13.926,59 EUR,
- insgesamt also mit: 41.073,09 EUR
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bemisst.
II.
1.
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Auf die zulässige Beschwerde ist der Streitwert wie folgt abzuändern:
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Gemäß § 48 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert nach den Vorschriften der §§ 3 ff. ZPO über den Zuständigkeitsstreitwert, sofern keine spezialgesetzlichen Vorschriften (insbes. §§ 39 ff. GKG) einschlägig sind. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten - wie der vorliegenden - hat das Gericht gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Dabei bedeutet freies Ermessen nicht Willkür, sondern nur, dass bei der Streitwertfestsetzung eine Schätzung zugelassen wird (Hüßtege/Thomas Putzo Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., 2009 § 3 Rdnr. 2). Bei einer Feststellungsklage, ist der Streitwert daher nach dem wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der begehrten Feststellung festzusetzen.
2.
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Danach ist der Streitwert für Klagantrag Ziffer 1 nach dem wirtschaftlichen Interesse zu bestimmen, das die Kläger an der Feststellung haben, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag wirksam durch Widerruf vom 08.08.2014 beendet wurde und sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
16 
Der Streitwert ist nicht, wie vom Landgericht Ravensburg angenommen, in Höhe der noch offenen Darlehensvaluta festzusetzen. Das Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung besteht nicht in Höhe der noch offenen Darlehensvaluta, da Folge der begehrten Feststellung gerade nicht ist, dass diese Darlehensvaluta nicht mehr zurückgezahlt werden muss. Infolge des wirksamen Widerrufs wandelt sich der Darlehensvertrag vielmehr gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB in ein Rückabwicklungsverhältnis um, in dessen Rahmen die noch offene Darlehensvaluta in irgendeiner Form, entweder direkt oder im Wege der Verrechnung mit Gegenansprüchen an die Beklagte zurückzuführen ist.
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Nachdem auch nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist, dass sich bei Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus § 346 BGB ein Saldo zugunsten der Kläger ergibt, kann das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Wirksamkeit des Widerrufs nur darin gesehen werden, dass sie zukünftig von ihrer Verpflichtung befreit sind, bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten.
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Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, ist diese Vorschrift im Rahmen der Schätzung gemäß § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen. Demnach ist bei der Wertfestsetzung auf die im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag noch bis zum Ablauf der Zinsbindung anfallenden Zinsen abzustellen, gemäß § 9 ZPO allerdings durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag begrenzt
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Im vorliegenden Fall erfolgte der Widerruf am 08.08.2014. Eine Zinsbindung mit einem Zinssatz i.H.v. 5,8 % war laut vorliegendem Darlehensvertrag bis zum 30.09.2017, damit noch für weitere 3 Jahre 2 Monate nach Widerruf vereinbart. Im vorliegenden Fall sind daher die bis zum Ende der Zinsbindung angefallenen Zinsen für die Berechnung des Streitwerts maßgeblich. Diese schätzt der Senat auf 27.000,00 EUR.
3.
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Daneben ist für Klagantrag Ziffer 2 kein eigener Streitwert festzusetzen. Die mit Klagantrag Ziffer 2 begehrte Abrechnung des Darlehens aufgrund des erfolgten Widerrufs ist eine vertragliche Folge der im Klagantrag Ziffer 1 begehrten Feststellung. Das wirtschaftliche Interesse der Kläger an dieser Abrechnung entspricht daher dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der in Ziffer 1 begehrten Feststellung. Die beiden Klaganträge sind als wirtschaftlich identisch anzusehen. Bei wirtschaftlicher Identität von zwei Anträgen erfolgt aber keine Zusammenrechnung der Streitwerte gemäß § 5 ZPO, sondern nur die Festsetzung eines einheitlichen Streitwerts. (Thomas Putzo/Hüßtege Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., 2009 § 6 Rdnr. 7).
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Dasselbe gilt für Klagantrag Ziffer 3. Auch dieser dient letztendlich der Durchsetzung des mit Klaganträgen Ziffer 1 und 2 verfolgten wirtschaftlichen Ziels der Kläger. Auch für diesen ist deswegen kein eigener Streitwert festzusetzen.
22 
Klagantrag Ziffer 4 wirkt nicht streitwerterhöhend, weil mit ihm eine Nebenforderung geltend gemacht wird (§ 4 ZPO).
23 
Für den mit Schriftsatz vom 16.12.2014 erhobenen Hilfsantrag ist ebenfalls kein eigener Streitwert festzusetzen, da über diesen Hilfsantrag nicht entschieden wurde (§ 45 GKG).
24 
Ein Mehrwert des Vergleichs ist von den Parteien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.
25 
Es bleibt damit bei einem Gesamtstreitwert von 27.000,00 EUR.
II.
26 
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

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