Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 16 UF 195/15

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 16.07.2015 die Beschwerdegegnerin verpflichtet, an den Beschwerdeführer 6.571,44 EUR zu zahlen und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 6.000 EUR seit dem 20.04.2013 und aus weiteren 571,44 EUR seit 15.05.2014.

2. Von den Kosten beider Instanzen trägt die Beschwerdegegnerin 43 %, der Beschwerdeführer trägt 57 %.

3. Beschwerdewert: 14.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Beschwerde des Antragstellers richtet sich gegen den Beschluss des Familiengerichts Bad Saulgau vom 16.7.2015, durch den sein Antrag zurückgewiesen wurde. Der Antragsteller begehrt Schadensersatz von der Antragsgegnerin, mit der er bis zur Ehescheidung am 25.03.2013 fast 20 Jahre lang verheiratet war. Er wirft ihr vor, sein Fahrzeug rechtswidrig verkauft zu haben.
Am 08.06.2010 kaufte der Beschwerdeführer für 19.300 EUR ein neuwertiges Cabrio der Marke Mazda MX5 mit Sonderlackierung, 126 PS, Schaltgetriebe und einer Fahrleistung von 4.000 km. In den Fahrzeugpapieren war er als Halter genannt. Auch die Versicherung des Fahrzeugs lief auf seinen Namen. Zur Finanzierung nahmen die Beteiligten gemeinsam bei der Santander Consumer Bank einen Kredit über 4.700 EUR auf. Der Rest wurde durch Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens der Marke Opel Meriva und durch 10.000 EUR Bargeld finanziert.
Im September 2011 zog die Antragsgegnerin aus der im Miteigentum der Eheleute stehenden Eigentumswohnung aus, in der der Antragsteller und der 1994 geborene Sohn M. verblieben. Nach der Trennung benutzten die Antragsgegnerin das Cabrio und der Antragsteller einen geleasten PKW der Marke VW Caddy. Der Antragsteller führte nämlich nach der Trennung die Pizzeria weiter, in der er als Koch arbeitete. Die Antragsgegnerin war Konzessionsinhaberin und bis zur Trennung im Service tätig.
Im Januar 2013 besuchte die Antragsgegnerin den Sohn M. in der ehemaligen Ehewohnung und entnahm bei dieser Gelegenheit die restlichen Fahrzeugpapiere aus dem Safe. Am 27.02.3013 verkaufte sie das Auto für 12.000 EUR. Der Antragsteller erfuhr vom Verkauf über die Versicherung, die ihm nicht verbrauchte Beiträge für die Zeit ab 01.03.2013 zurückerstattete. Er forderte seine Frau mit Rechtsanwaltsschreiben vom 03.04.2013 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 14.000 EUR, 20 EUR Mahnkosten und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 EUR auf.
Durch den angegriffenen Beschluss hat das Familiengericht, das Herrn B., den derzeitigen Partner der Antragsgegnerin, und M. N., den Sohn der Beteiligten, als Zeugen gehört hat, den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Der Antragsteller habe nicht bewiesen, dass die Antragsgegnerin durch den Verkauf des PKWs sein Eigentum verletzt habe. Nach § 1006 BGB werde vermutet, dass die Antragsgegnerin beim Verkauf Alleineigentümerin gewesen sei. Dass der Antragsteller als Halter des Fahrzeuges eingetragen war und bis zur Wegnahme auch den Kraftfahrzeugbrief besessen habe, reiche nicht auch, die Eigentumsvermutung zu widerlegen. Die Eigentumslage sei im Zeitpunkt der Veräußerung ungeklärt gewesen.
Der Beschwerdeführer beantragt,
die Beschwerdegegnerin zu verpflichten,
1. an den Beschwerdeführer 14.000 EUR zu zahlen zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz daraus seit dem 20.04.2013 sowie 20 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten,
2. an den Beschwerdeführer 899,40 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz daraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Er führt zur Begründung seiner Beschwerde aus:
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- Der Antragsteller sei Alleineigentümer des Fahrzeuges gewesen. Es obliege der Antragsgegnerin im Rahmen der sekundären Behauptungslast, die Umstände ihres Eigentumserwerbes darzulegen. Die Ausführungen der Antragsgegnerin, das Fahrzeug sei nur aus steuerlichen Gründen auf den Beschwerdeführer zugelassen worden und sie habe es während der Ehe alleine genutzt, seien nicht ausreichend. Die Antragsgegnerin selbst habe im Termin angegeben, der Antragsteller habe immer die Autos gekauft und sich um diese gekümmert. Sie habe nicht gesagt, er habe den Mazda für sie gekauft oder sei nur zum Schein als Erwerber aufgetreten.
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- Die Wegnahme der Fahrzeugpapiere sei eigenmächtig und daher widerrechtlich erfolgt. Der Antragsgegner habe sich zu diesem Zeitpunkt in der Klinik befunden.
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- Der Sohn M. N. habe als Zeuge das Vorbringen seines Vaters zum Kauf und der Benutzung des Cabrios sowie zu den Umständen der Wegnahme des Fahrzeugbriefes und der Fahrzeugschlüssel voll bestätigt.
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- Die Bestimmung des § 1006 BGB könne sich dann nicht zu Gunsten des Besitzers einer Sache auswirken, wenn dieser seinen Eigentumserwerb nicht aus dem Besitz ableite, sondern aus anderen Gründen, hier aus einem Kaufgeschäft.
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Persönlich angehört hatte der Antragsteller gegenüber dem Familiengericht am 20.11.2014 angegeben, der Mazda sei ebenso wie der Opel Meriva sein Auto gewesen. Seine Frau habe den Mazda manchmal benutzt. Sie habe nach der Trennung den Fahrzeugbrief aus der Wohnung einfach mitgenommen. Er habe keine Anzeige erstattet, da er das nicht gewollt habe. Die Baranzahlung in Höhe von 10.000 EUR sei von seinem Geld erfolgt, das er sich angespart habe. Die Darlehensraten seien vom gemeinsamen Konto abgebucht worden. Mit Schriftsatz vom 03.03.2015 wurde eine Bestätigung der in XY wohnenden Schwester des Antragstellers vorgelegt, nach der diese ihrem Bruder im Mai 2010 10.000 EUR und im April 2013 2000 EUR im bar gegeben habe.
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Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung des Familiengerichts und trägt vor:
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- Sie sei von Anfang an Eigentümerin des Cabrios gewesen. Der Antragsteller sei lediglich aus steuerlichen Gründen im Fahrzeugbrief eingetragen und das Fahrzeug auf seinen Namen versichert worden. Eigentümerin sollte die Antragsgegnerin sein, was sich bereits aus dem Umstand ergebe, dass sie im Besitz des Fahrzeugbriefes gewesen sei.
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- Das Fahrzeug sei nicht vom Antragsteller finanziert worden. Die Bareinzahlung in Höhe von 10.000 EUR und die Zahlung der Darlehensraten seien aus dem Gewerbebetrieb der Antragsgegnerin erbracht worden.
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- Die Antragsgegnerin habe das Fahrzeug ausschließlich zum privaten Gebrauch benutzt. Der zweisitzige offene Roadster sei weder vom Antragsteller noch als Familienfahrzeug benutzt worden.
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- Es werde vorsorglich bestritten, dass das Fahrzeug für mindestens 14.000 EUR hätte verkauft werden können.
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Bei ihrer persönlichen Anhörung durch das Familiengericht hat die Antragsgegnerin am 08.01.2015 ausgesagt, ihr geschiedener Mann habe das Auto für sie und von ihrem Geld gekauft. Sie habe den Mazda dann verkaufen müssen, um Schulden zurückzahlen zu können. Sie habe den Fahrzeugbrief aus der im Miteigentum stehenden Wohnung geholt, als sich ihr Mann in der Psychiatrie befunden habe. Sie habe ihm auch gesagt, dass sie den Fahrzeugbrief genommen habe. In der Beschwerdeinstanz hat die Antragsgegnerin mitteilen lassen, sie sei mittellos und werde eine eventuelle Forderung des Antragstellers nicht bezahlen können.
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Der vom Familiengericht als Zeuge vernommene neue Partner der Antragsgegnerin hat angegeben, diese habe seit Anfang Oktober 2011 immer den Mazda gehabt. In den Zeiten, in denen sich das Paar in Italien aufgehalten hätte, wäre das Fahrzeug abgemeldet worden. Bei der Veräußerung des Mazdas habe es keine Probleme gegeben, obwohl der Antragsteller als Eigentümer im Fahrzeugbrief eingetragen gewesen sei. Der Veräußerungserlös habe nicht zur Deckung der Schulden ausgereicht, die bis Juli 2014 von ihm und der Antragsgegnerin gemeinsam zurückgeführt worden seien.
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Der Sohn M. N. bezeugte, sein Vater habe das Fahrzeug häufig in seiner Freizeit benutzt. Es sei dessen Privatfahrzeug gewesen, obwohl auch die Mutter den Mazda gefahren habe. Sie habe aber den Caddy, das Geschäftsfahrzeug, benutzt. Wenn sein Vater für das Restaurant eingekauft habe, sei er mit dem Caddy gefahren. Die Eltern hätten Schlüssel für beide Fahrzeuge besessen. Der Opel Meriva, der beim Kauf des Mazdas in Zahlung gegeben wurde, habe ebenfalls seinem Vater gehört. Nach der Trennung habe der Vater wegen der Einkäufe den Caddy und die Mutter den Mazda benutzt. Auf Vorhalt der Aussage des Zeugen B., die Mutter habe ab Oktober 2011 den Mazda ständig benutzt, gab M. N. an, dies könne nicht sein. Sie habe das Fahrzeug gelegentlich genutzt, wenn sein Vater den Caddy gefahren habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
25 
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
26 
Das Fahrzeug hat sich im Miteigentum der Beteiligten befunden. Deshalb hat die Beschwerdegegnerin durch den vom Beschwerdeführer nicht genehmigten Verkauf dessen Eigentumsrechte verletzt und schuldet ihm Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
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1. Ausschlaggebend ist die Eigentumsvermutung nach § 1568b Abs. 2 BGB, die als die speziellere Norm den § 1006 BGB verdrängt. Für die Besitzschutzvorschriften ist die hM der Auffassung, dass sie neben §§ 1568b, 1361a BGB nicht anwendbar sind, weil letztere die Besitzschutzvorschriften entweder überlagern oder verdrängen (vgl. Johannsen/Henrich/ Götz, Eherecht, 6.0 , § 1361a, Rdnr 43 ff.; Palandt/Brudermüller, BGB; 75.0 , Rdnr. 5 zu § 1568b). Diese Vorschrift sei speziell auf die Situation im Zusammenhang mit der Trennung von Ehegatten ausgerichtet. Das gilt auch für die Miteigentumsvermutung des § 1568b BGB im Verhältnis zur Vermutung nach § 1006 BGB.
28 
§ 1568b BGB betrifft zwar nur die Verteilung von Hausrat nach der Ehescheidung. Hausrat, der während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurde, gilt danach als gemeinsames Eigentum der Ehegatten, es sei denn, das Alleineigentum eines Ehegatten steht fest. Der Ehegatte, der sich auf sein Alleineigentum beruft, muss die Umstände für den Erwerb von Alleineigentum substantiiert vortragen und bestrittenen Vortrag unter Beweis stellen. Während der Ehe angeschaffte Haushaltsgegenstände sind auch nach dem Willen der Eheleute im Zweifel ihr gemeinsames Eigentum (OLG Köln FamRZ 2002, 322).
29 
Vorliegend kann § 1568b BGB nicht unmittelbar angewandt werden, da wegen des Verkaufs kein Haushaltsgegenstand mehr vorhanden ist, der verteilt werden könnte. In derartigen Fällen ist kein Raum für das Haushaltssacheverfahren. Der von einem Ehegatten zu vertretende Untergang des Haushaltsgegenstandes kann aber nicht zum Fortfall der Eigentumsvermutung im nachfolgenden Schadensersatzverfahren führen. Die Eigentumsvermutung des § 1568b Abs. 2 BGB wirkt fort und findet im Verfahren auf Schadensersatz entsprechende Anwendung.
30 
2. Bei dem umstrittenen PKW handelt es sich um Hausrat. Zum Hausrat gehören alle beweglichen Gegenstände, die für die gesamte Lebensführung der Familie bestimmt sind und daher nicht dem persönlichen Gebrauch nur eines Gatten dienen. Ein Pkw gehört dann zum Hausrat, wenn er kraft gemeinsamer Zweckbestimmung der Ehegatten ganz oder überwiegend dem ehelichen und familiären Zusammenleben dient (BGH FamRZ 1991, 43, 49), Gibt es in einer Familie nur einen Pkw, liegt die Zuordnung zum Haushalt nahe (Brudermüller FamRZ 2006, 1157, 1161; Düsseldorf MDR 2007, 663). Allein der Umstand, dass ein Ehegatte einen Haushaltsgegenstand gekauft hat, reicht für die Widerlegung der Vermutung nicht aus. Bei bestehender Lebensgemeinschaft erwirbt er einen Haushaltsgegenstand grundsätzlich mit der stillschweigenden Bestimmung, gemeinschaftliches Eigentum zu begründen. Dementsprechend übereignet ein Verkäufer an den, „den es angeht”, also an beide Eheleute (vgl. P. Blank in: Erman BGB, Kommentar, 1568b BGB, Rn 13).
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Im hier zu entscheidenden Fall haben die Beteiligten das Cabrio während ihres Zusammenlebens gemeinsam benutzt. Es war das einzige Familienfahrzeug. Der geleaste PKW der Marke Caddy diente geschäftlichen Zwecken, insbesondere zum Transport von Materialien für die Pizzeria. Aus diesem Grund wurde er auch nach der Trennung vom Beschwerdeführer benutzt, der die Pizzeria fortgeführt hat. Der Kredit wurde unstreitig aus den gemeinsamen Mitteln zurückgeführt. Der Senat ist auch überzeugt, dass die Finanzierung der Baranzahlung aus gemeinsamem Vermögen erfolgt ist. Der Vortrag des Beschwerdeführers ist insoweit widersprüchlich und nicht überzeugend.
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3. Die Beschwerdegegnerin hat das Cabrio für 12.000 EUR verkauft. Der Senat geht daher davon aus, dass sich der Verkaufspreis und der Wert des Fahrzeuges decken. Es sind keine Anhaltspunkte vorhanden, dass das Fahrzeug verschleudert wurde. Zudem entspricht der Verkaufspreis dem Mittelwert nach der Schwacke-Liste (= 12.200 EUR aus 11.250 EUR und 13.350 EUR). Der Senat schätzt daher den Schaden, der dem Beschwerdeführer durch den unberechtigten Verkauf des Fahrzeuges entstanden ist, auf 6.000 EUR.
33 
4. Die Anwaltskosten als Folge der vorgerichtlichen Geltendmachung sind ebenfalls als Schaden nach § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Bei einem Streitwert von 6.000 EUR fallen an:
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1,30 Geschäftsgebühr    
460,20 EUR
Auslagenpauschale
20,00 EUR
19% Umsatzsteuer
91,24 EUR
insgesamt
571,44 EUR
35 
Für den Ersatz eines pauschalen Aufwands des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Vorbereitung des gerichtlichen Verfahrens gibt es im vorliegenden Fall keine Grundlage.
III.
36 
Es bestand keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

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