Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 18 UF 38/16

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Teilanerkenntnisbeschluss des Amtsgerichts Balingen - Familiengericht - 3 F 206/11 vom 19.2.2016

aufgehoben

und

das Verfahren an das Familiengericht

zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Der Beschwerdewert wird auf 75.618,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen einen Teilanerkenntnisbeschluss in der Folgesache Güterrecht in einem Scheidungsverbundverfahren.
Die seit 1992 verheirateten und seit Juli 2010 getrennt lebenden Eheleute streiten in diesem seit 5.8.2011 rechtshängigen Scheidungsverbundverfahren unter anderem über die Folgesachen Hausrat und Zugewinnausgleich. Mit Schriftsatz vom 25.1.2016 hat der Antragsgegner ein Teilanerkenntnis hinsichtlich einer Zugewinnausgleichsforderung aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 11.3.2015 (Ziffer 1 Seite 7, Bl. 804 Sonderheft Zugewinn) abgegeben.
In der Folge stellte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15.2.2016 (Bl. 996 a.a.O.) einen Erweiterungsantrag auf einen Zugewinnausgleich in Höhe von insgesamt 101.484,10 EUR.
Mit dem angefochtenen Teilanerkenntnisbeschluss hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, „der Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 75.617,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses zu bezahlen.“
Am 22.2.2016 focht der Antragsgegner das Anerkenntnis vom 25.1.2016 zunächst wegen Irrtums und im Übrigen wegen arglistiger Täuschung an. Demgegenüber beantragte die Antragstellerin zunächst die Anbringung der Vollstreckungsklausel auf den Teilanerkenntnisbeschluss.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Teilanerkenntnisbeschluss entgegen §§ 142, 137 FamFG erlassen wurde und daher gesetzeswidrig ist. Durch die rechtlich nicht vorgesehene isolierte Entscheidung habe das Gericht der Antragstellerin einen Vollstreckungstitel verschafft.
Der Antragsgegner beantragt daher, in Abänderung des Teilanerkenntnisbeschlusses vom 19.2.2016 diesen aufzuheben.
Auch die Antragstellerin tritt der Beschwerde nicht entgegen. Sie ist ebenfalls der Auffassung, dass der versehentlich ergangene Teilanerkenntnisbeschluss gegen das Gebot der einheitlichen Verbundentscheidung verstoße, wenngleich er inhaltlich korrekt sei und die Zahlungsverpflichtung erst ab Rechtskraft der Entscheidung ausgesprochen sei. Der fehlerhafte Beschluss sei jedoch unzulässig, daher aufzuheben und an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Nach Auffassung der Antragstellerin sei der Antragsgegner durch den Teilanerkenntnisbeschluss jedoch nicht belastet oder beschwert.
Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß §§ 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Möglichkeit hingewiesen.
II.
10 
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet und führt gemäß §§ 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG in entsprechender Anwendung zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Ausgangsgericht, da das Familiengericht einen verfahrensrechtlich unzulässigen Teilbeschluss gefasst hat (vgl. Keidel-Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 69 RZ 14 a).
1.
11 
Der Antragsgegner ist beschwerdeberechtigt gemäß § 59 Abs. 1 FamFG, da hier auch ein dem Beschwerdeführer zustehendes materielles Recht und nicht nur eine Verletzung von Verfahrensrechten durch Erlass des unzulässigen Teilbeschlusses vorliegt (vgl. Keidel-Meyer-Holz a.a.O. § 59 RZ 6 und 7). Zwar wird der Teilanerkenntnisbeschluss in der Folgesache Zugewinnausgleich gemäß § 148 FamFG nicht vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs wirksam und ist damit auch noch nicht gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 FamFG vollstreckbar, jedoch ist die angefochtene Entscheidung in ihrer Tenorierung insoweit missverständlich, wie sie auch der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zeigt. Die Tenorierung des angefochtenen Beschlusses unter Ziffer 1 lässt sich auch dahingehend auslegen, dass der Zusatz „ab Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses“ sich lediglich auf den Zinsausspruch bezieht, so dass entgegen §§ 148, 120 Abs. 2 Satz 1 FamFG im Rahmen dieser - wenn auch abwegigen - Auslegung eine sofortige Vollstreckung möglich erscheint. Der Senat ist daher auch von einer materiellen Beschwer des Antragsgegners durch den Teilanerkenntnisbeschluss, und nicht nur von einer Verletzung von Verfahrensvorschriften ausgegangen.
2.
12 
Aus §§ 142 Abs. 1 i.V.m. 137 Abs. 1 FamFG folgt, dass ohne die Abtrennung eines Verbundverfahrens nach § 140 FamFG Teilentscheidungen nicht zulässig sind (Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 5. Aufl., § 142 RZ 4; BGH FamRZ 2008, 2268). Liegt dagegen eine fehlerhafte Verbundentscheidung vor, weil eine unzulässige Teilentscheidung getroffen wurde, so hat das Beschwerdegericht die Entscheidung der ersten Instanz aufzuheben und das Verfahren antragsgemäß zur Herstellung des Verbunds an dieses zurückzuweisen. Insoweit liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinn des §§ 117 Abs. 2 i.V.m. 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor (Musielak/Borth a.a.O. § 142 RZ 9). Dies ist jedenfalls dann sinnvoll, wenn bei dem Familiengericht noch eine Verbundentscheidung wie hier erreicht werden kann (Keidel-Weber a.a.O. § 142 RZ 4) und das Familiengericht noch keine umfassende Entscheidung über die Sache im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG getroffen hat (Keidel-Sternal a.a.O. § 69 RZ 14a). Selbst wenn aus der für die Frage der Sachentscheidung maßgeblichen Sicht des Ausgangsgerichts (vgl. MüKo FamFG-Fischer, 2. Aufl. § 69 RZ 40) eine Sachentscheidung bereits getroffen sein sollte, liegen hier auch die Voraussetzungen einer Zurückverweisung gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG vor, da jedenfalls die Antragstellerin in ihrer Beschwerdeerwiderung (dort Seite 2) die Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht beantragt. Der in der Literatur geführte Streit, ob in diesem Fall grundsätzlich ein Zurückverweisungsantrag notwendig (so wohl MüKo/FamFG-Fischer a.a.O.) und jedenfalls dann in Ehe- und Familienstreitsachen gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, 538 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 2 Satz 3 ZPO entbehrlich ist oder nicht (vgl. Keidel-Sternal a.a.O.), kann daher dahingestellt bleiben. Das Verfahren war somit gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG zurückzuverweisen.
13 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 150 FamFG, 20 Abs. 1 FamGKG.

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