Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 2 W 52/18

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldners wird der Beschluss der Vorsitzenden der 44. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 01. August 2018 (Az.: 44 O 34/16 KfH), soweit gegen den Vollstreckungsschuldner gerichtet,

a u f g e h o b e n.

Der gegen den Vollstreckungsschuldner gerichtete Ordnungsmittelantrag wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Beschluss der Vorsitzenden der 44. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 01. August 2018 (Az.: 44 O 34/16 KfH) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Auslagen der Vollstreckungsgläubigerin tragen diese und die Vollstreckungsschuldnerin je die Hälfte.

Die außergerichtlichen Auslagen des Vollstreckungsschuldners trägt die Vollstreckungsgläubigerin.

Die außergerichtlichen Auslagen der Vollstreckungsschuldnerin trägt diese selbst.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Streitwert für beide Rechtszüge 60.000,- EUR, davon im Streitverhältnis der Vollstreckungsgläubigerin zu jedem der Vollstreckungsschuldner 30.000,- EUR.

Gründe

 
I.
A
Die Vollstreckungsschuldner wenden sich mit ihren sofortigen Beschwerden dagegen, dass das Landgericht durch Beschluss vom 01. August 2018 auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin vom 23. Mai 2018, dem sie unter dem 11. Juli 2018 entgegengetreten waren, gegen sie wegen Verstößen gegen die Verbote aus den Ziffern 4 und 7 des Tenors des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2017 Ordnungsmittel festgesetzt hat, nämlich gegen jeden von beiden zwei Ordnungsgelder in Höhe von je 15.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft.
Das Landgericht führt aus:
In der Email vom 17. Januar 2018 (G 2) und in der Broschüre „Medizinstudium im Ausland 2018“ (G 4) hatten die Schuldner den verbotenen kerngleiche Aussagen gewerblich verbreitet. Die gegenüber den verbotenen Äußerungen vorgenommenen Änderungen änderten die Aussagen nicht. Aus Seite 6 und 10 des Urteils ergäben sich die Gründe für die Verbote.
Wegen der weiteren Gründe der landgerichtlichen Entscheidung, auch zur Höhe des Ordnungsgeldes, nimmt der Senat Bezug auf diese, um Wiederholungen zu vermeiden.
Die Kosten hat das Landgericht den Schuldnern als Gesamtschuldner auferlegt, den Streitwert auf 50.000,- EUR festgesetzt.
B
Gegen diesen ihnen am 09. August 2018 zugestellten Beschluss haben die Vollstreckungsschuldner, bei Gericht eingehend per Telefax am 23. August 2018, sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, das gegen sie verhängte Ordnungsgeld jeweils deutlich herabzusetzen, wobei sie eine Reduzierung um mindestens die Hälfte erstreben. Sie führen aus:
Das Gericht übersehe, dass es sich bei dem Schuldner Ziffer 2 um eine Privatperson handele und nicht um ein Unternehmen. Er müsse die Vertragsstrafe aus eigener Tasche bezahlen, weshalb es unbillig sei, sie gegen ihn in gleicher Höhe festzusetzen wie gegen das Unternehmen. Er habe die Verstöße nicht selbst begangen, insbesondere stamme die Nachricht vom 17. Januar 2017 nicht von ihm, sondern von einer Mitarbeiterin. Auch liege kein identischer Verstoß vor, sondern die Schuldnerin Ziffer 2 habe die Angaben in dem Glauben abgeändert, damit dem Verbot zu entsprechen. Gehe man von einem Verstoß aus, sei das Verschulden gering. Außerdem liege ein Erstverstoß vor.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin Ziffer 1 seien unberücksichtigt geblieben. Sie habe 2015 und 2016 jeweils einen Verlust im mittleren bzw. im unteren sechsstelligen Eurobereich erwirtschaftet.
C
Die Vollstreckungsgläubigerin ist der Beschwerde, Zurückweisung beantragend, entgegengetreten:
10 
Der Schuldner sei nicht Privatperson, sondern geschäftsführender Gesellschafter der Schuldnerin. Er stelle sich selbst im Internet als erfolgreichen Jungunternehmer dar.
11 
Die Schuldnerin stelle ihre wirtschaftliche Situation falsch dar. Es gebe eine S.-Gruppe, die Umsätze in Millionenhöhe erziele.
12 
Die Verstöße seien auch nicht nur leicht fahrlässig begangen. Hier seien nur marginale Textänderungen vorgenommen worden. Auch das weitere Vorgehen zeige, dass die Schuldner nicht gewillt seien, sich an die Verbote zu halten.
D
13 
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 04. Oktober 2018 dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
14 
Die sofortigen Beschwerden beider Vollstreckungsschuldner, es handelt sich um je eigenständige Rechtsmittel, da gegen jeden von ihnen gesondert Ordnungsmittel festgesetzt wurden, sind zulässig.
III.
15 
Die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldners (Schuldners Ziffer 2) ist begründet und führt zur Zurückweisung des gegen ihn gerichteten Ordnungsmittelantrages.
1.
16 
Bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen ein gerichtliches Unterlassungsgebot (§ 890 ZPO), das sowohl gegen eine juristische Person als auch gegen deren Organ verhängt worden ist, ist ein Ordnungsgeld nur gegen die juristische Person festzusetzen (BGH, Urteil vom 08. Mai 2014 – I ZR 210/12, bei juris Rz. 56 - fishtailparka BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 - I ZB 43/11, GRUR 2012, 541, Rn. 6). Das schuldhafte Handeln des Organs, das der juristischen Person gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, begründet deren Verstoß, gibt aber keinen Anlass, daneben zusätzlich Ordnungsmittel gegen das ebenfalls zu den Titelschuldnern gehörende Organ festzusetzen (BGH, GRUR 2012, 541, Rn. 7; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. März 2017 – 2 W 8/17; Seibel, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl., 2018, § 890 ZPO Rn. 7). Mit dem Sinn und Zweck der Ordnungsmittel, die neben der Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven strafähnlichen Sanktionscharakter haben, ist schwerlich vereinbar, aufgrund der von einer natürlichen Person begangenen Zuwiderhandlung ein und dasselbe Ordnungsmittel gegen mehrere Personen festzusetzen (BGH, GRUR 2012, 541, Rn. 8). Die Einbeziehung des Organs in den Vollstreckungstitel wird dadurch nicht überflüssig, sondern erlangt ihre eigentliche Bedeutung erst, wenn das Handeln des Organs der juristischen Person nicht mehr nach § 31 BGB zurechenbar ist (BGH, GRUR 2012, 541 Rn. 9), was hier aber nicht der Fall ist.
2.
17 
Demnach scheidet eine Ordnungsmittelfestsetzung gegen den Vollstreckungsschuldner für die streitgegenständlichen Verstöße aus. Der Antrag stützt sich auf sein Handeln als Organ der Vollstreckungsschuldnerin.
3.
18 
Dies hat der Senat, da Rechtsfrage, von Amts wegen zu berücksichtigen; der Grundsatz ne ultra petita steht dem, soweit für das Beschwerdeverfahren überhaupt anwendbar (vgl. zur Streitwertbeschwerde OLG München, Beschluss vom 22. Januar 2016 – 19 W 142/16, bei juris Rz. 20), nicht entgegen. Denn die Vollstreckungsschuldner haben zwar den Schwerpunkt ihrer Beschwerdebegründung auf die Höhe des Ordnungsgeldes gelegt, am Rande aber auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt Verstöße gegen die Titelverbote vorlägen, und sie haben die landgerichtliche Entscheidung insgesamt angegriffen.
IV.
19 
Die Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin (Schuldnerin Ziffer 1) ist unbegründet. Das Landgericht hat gegen sie zurecht zwei Ordnungsgelder in Höhe von je 15.000,- EUR und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft gegen das verantwortliche Organ (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 2 W 74/16, bei juris [BVerfG Beschluss vom 09. Mai 2017 - 2 BvR 335/17: Nichtannahme der VB; bei juris]) festgesetzt.
1.
20 
Das Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen steht nicht im Streit.
2.
21 
Die beiden von der Vollstreckungsgläubigerin gerügten Handlungen stellen, wie vom Landgericht zutreffend erkannt und von der Beschwerde auch nur am Rande in Zweifel gezogen, Verstöße gegen die Titelverbote dar. Die Abweichungen gegenüber den Titelverboten sind geringfügig und führen nicht aus der Kerngleichheit der Aussagen hinaus. Der durch die Aussagen beim angesprochenen Verkehr erweckte Eindruck vom Inhalt der angebotenen Leistung und damit der Irrtum bleibt wesensgleich. Gegen die Ausführungen des Landgerichts hierzu ist auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nichts zu erinnern.
3.
22 
Gegen die Höhe der Ordnungsmittel ist nichts zu erinnern. Dem Senat ist, wie die Parteien wissen, aus verschiedenen Verfahren bekannt, dass jede einzelne Studienplatzvermittlung für die Vollstreckungsschuldnerin mit erheblichen Einnahmen verbunden ist. Den Vortrag der Vollstreckungsgläubigerin zur Struktur und zu den Einnahmen der Vollstreckungsschuldnerin hat diese nicht mehr bestritten, und die von ihr vorgetragenen Verluste beziehen sich auf frühere Jahre, auf die für die Entscheidung ohnehin nicht mehr abzustellen ist.
4.
23 
Das Landgericht hat auch nicht verkannt, dass ein Ordnungsmittel auf Antrag für jeden einzelnen Fall einer Zuwiderhandlung festzusetzen und ein Fortsetzungszusammenhang insoweit ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 – I ZB 32/06, MDR 2009, 468, bei juris Rz. 14, m.w.N.)
V.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewertes auf §§ 3 ff. ZPO, wobei ein Wert in Bezug auf jeden Vollstreckungsschuldner gesondert festzusetzen war.
25 
Ein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen