Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 O 14/07

Gründe

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Die am 05. Januar 2007 per Telefax fristgerecht (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhobene Beschwerde gegen den am 27. Dezember 2006 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2006, mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren VG Schwerin – 3 A 1710/06 – abgelehnt worden ist, bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Aussichten der Rechtsverfolgung (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO) abgelehnt, da die Klage gegen den Steuerbescheid vom 5. September 2005 wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist und dem Kläger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO gewährt werden kann. Es hat zutreffend angenommen, der Kläger habe nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 10. August 2006 und Eingang seiner Klageschrift bei Gericht am Mittwoch, dem 13. September 2006 seinen Antrag auf Wiedereinsetzung wegen dieser Fristüberschreitung entgegen § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, der Mitteilung in der gerichtlichen Eingangsverfügung über den Zeitpunkt der Klageerhebung, gestellt. Dem Beschwerdevorbringen, wonach in der Eingangsverfügung vom 15. September 2006 als Tag des Einganges der Klage der "15.08.2006" genannt worden sei und der Kläger damit keine korrekte Kenntnis von dem Zeitpunkt des Einganges seiner Klage vom 30. August 2006 erhalten habe, ist nicht zu folgen: Dem Kläger ist in der genannten gerichtlichen Erstverfügung als Datum des Klageeinganges nicht der 15.08.2006, sondern der 13.08.2006 genannt worden. Trotz dieser gleichwohl unrichtigen Bezeichnung des Tages, an dem die Klage tatsächlich eingegangen war (13. September 2006), hat für den Kläger am 27. September 2006 (Zugang der Erstverfügung) die zweiwöchige Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu laufen begonnen, so dass der am 28. November 2006 bei Gericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag des Klägers verfristet war und ohne Erfolg bleibt:

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Der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter haben am 27. September 2006 von der Fristversäumung Kenntnis erhalten oder hätten zumindest Kenntnis erhalten können. Liegen Umstände vor, die zu Zweifeln führen, ob die Rechtsmittelfrist eingehalten worden ist, oder hätten dem Kläger auf Grund solcher Umstände Zweifel kommen müssen, so beginnt die Wiedereinsetzungsfrist spätestens in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem durch Nachfragen Gewissheit über die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels hätte erlangt werden können. Der Prozessbeteiligte bzw. sein Bevollmächtigter müssen bei einem entsprechenden Anlass von sich aus zum "Wegfall des Hindernisses" beitragen und entsprechende, zumutbare Anstrengungen unternehmen. Hinreichender Anlass in diesem Sinne besteht, wenn das gerichtliche Schreiben, das über den Eingang einer Klageschrift informiert, aus sich heraus so aussagekräftig ist, dass sich Zweifel bei bloßer Lektüre aufdrängen müssen. Dann kann von einer vermeidbaren Gleichgültigkeit gesprochen werden, falls solche sich aufdrängenden Zweifel nicht zum Anlass von Erkundigungen genommen werden (BVerfG, 11.01.1991 – 1 BvR 1435/89 –, NJW 1992, 38/39; VGH München, 29.07.1999 – 1 ZB 99.1472 –, NJW 2000, 1131/1132; vgl. auch BVerfG, 25.11.1994 – 2 BvR 852/93 –, NJW 1995, 711, 712). So liegen die Dinge hier. Der Kläger hatte nach der Eingangsverfügung des Gerichtes vom 15. September 2006 hinreichend Anlass, sich über den richtigen Zeitpunkt des Einganges seiner Klage bei Gericht zu erkundigen. Denn wenn das dort bezeichnete Eingangsdatum, der "13.08.2006", bei einer Klageerhebung mit einem vom 30. August 2006 datierenden Schriftsatz nicht richtig sein konnte, so hatte er ernsthaft in Betracht zu ziehen, dass mit dieser (unrichtigen Datums-) Bezeichnung in Wahrheit der 13.09.2006, der schon außerhalb der Klagefrist liegende Tag des tatsächlichen Einganges der Klageschrift bei Gericht, gemeint gewesen sein könnte. Dafür sprach bereits das Datum der gerichtlichen Erstverfügung vom 15. September 2006. Bei Annahme eines normalen Geschäftsganges bei Gericht deutete dies auf eine erst wenige Tage zuvor eingegangene Klage hin. Dass die Erstverfügung erst einige Tage später ausgeführt worden und dem Kläger zugegangen war, ändert daran nichts.

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Selbst wenn der Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigte – solches haben sie aber noch nicht einmal vorgetragen – angenommen haben sollten, in der Eingangsverfügung seien lediglich die Ziffern 1. und 3. im Sinne eines Zahlendrehers vertauscht worden und gemeint gewesen sei als Tag des Klageeinganges bei Gericht nicht der "13." (August), sondern der "31." (August), hätten sie hinreichend Anlass gehabt, an der Rechtzeitigkeit der Klageerhebung zu zweifeln und sich bei Gericht nach der Einhaltung der Klagefrist zu erkundigen. Denn ausweislich der eidesstattlichen Versicherung der Prozessbevollmächtigten vom 12. Dezember 2006 ist die Klageschrift erst am 30. August 2006 um "ca. 18.00 Uhr" in einen Briefkasten in # eingeworfen worden, so dass ein Eingang des Poststückes bereits am nächsten Morgen beim Gericht in Schwerin eher unwahrscheinlich war.

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Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gem. § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO schließlich scheidet bereits deshalb aus, weil Tatsachen für eine unverschuldete Fristversäumung innerhalb der Antragsfrist nicht erkennbar waren (vgl. dazu BVerwG, 27.03.2000 – 3 B 41/00 –, NJW 2000, 1967).

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

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