Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 LA 133/17

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer - vom 1. März 2017 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes des Beschwerdeverfahrens wird auf 5000 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg. Denn die von ihm geltend gemachten Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Richtigkeitszweifel), § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) und § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensfehler) liegen nicht vor bzw. sind entgegen der Maßgabe des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt worden.

2

Der Kläger hat ernstliche Richtigkeitszweifel zunächst damit begründet, dass das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 VwVfG nicht geprüft habe, obwohl die Aufhebung der Nebenbestimmungen Nr. 3.2 Satz 2 und Nr. 9.3. des 1. Änderungsbescheids durch den 2. Änderungsbescheid zur Bodenabbaugenehmigung BA 27/83 vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2016 auf diese Rechtsgrundlage hätte gestützt werden müssen. Denn hierbei habe es sich um ihn begünstigende Auflagen gehandelt, weil er ein Interesse an der in den aufgehobenen Auflagen enthaltenen Wiederherstellung eines von der Beigeladenen entfernten Gehölzstreifens habe. Diese Ausführungen des Klägers legen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils schon deshalb nicht dar, weil sich aus den widerrufenen Nebenbestimmungen eine Verpflichtung zur Wiederherstellung eines Gehölzstreifens gar nicht ergeben hat. Auch das Verwaltungsgericht ist in seinen Urteilsgründen nicht davon ausgegangen, dass die aufgehobenen Nebenbestimmungen zur Wiederherstellung des abgetragenen Gehölzstreifens verpflichtet haben. Die widerrufenen Nebenbestimmungen Nr. 3.2. Satz 2 und 9.3. haben vielmehr ausschließlich die Anlage bzw. Herstellung einer Böschung mit einem näher bestimmten Neigungsverhältnis nach erfolgtem Torfabbau zum Gegenstand gehabt. Von der Herstellung oder gar Wiederherstellung eines Gehölzbestandes ist in den widerrufenen Auflagen indessen keine Rede gewesen. Damit hat die begünstigende Wirkung der Nebenbestimmungen, auf die der Kläger sich gestützt hat, gar nicht vorgelegen. Folglich ist sein Vorbringen schon im Ansatz nicht geeignet, ernstliche Richtigkeitszweifel am erstinstanzlichen Urteil darzulegen.

3

Davon abgesehen, dass der Kläger mit seinem o. a. Einwand ernstliche Richtigkeitszweifel bereits nicht dargelegt hat, hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass der Beklagte den Widerruf der Nebenbestimmungen zu Recht auf § 49 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) gestützt hat. Nebenbestimmungen, die nach § 36 VwVfG einem Verwaltungsakt beigefügt werden dürfen, können grundsätzlich nach den §§ 48 ff. VwVfG aufgehoben werden (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 45 ff.). Die Aufhebung der o.a. Nebenbestimmungen stellt einen Widerruf im Sinne von § 49 VwVfG dar. Denn bei den aufgehobenen Nebenbestimmungen handelte es sich um ursprünglich rechtmäßige Auflagen, die der Beklagte deswegen aufgehoben hat, weil sie in Ansehung geänderter tatsächlicher Umstände nicht mehr erforderlich waren, um dem Naturschutz- und Wasserrecht entsprechende Zustände herzustellen, und der Beigeladenen einen unverhältnismäßigen Aufwand abverlangt hätten. Entgegen der Auffassung des Klägers waren die widerrufenen Auflagen auch nicht begünstigend, sondern belastend. Maßgeblich für die Einordnung eines Verwaltungsaktes als begünstigend oder belastend ist seine Wirkung auf den Adressaten (BVerwG, Urt. v. 9.5.2012 - 6 C 3.11 -, BVerwGE 143, 87 Rn. 46; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 122). Bei der isolierten Aufhebung von Nebenbestimmungen, wie sie vorliegend erfolgt ist, ist nicht auf den Hauptverwaltungsakt – vorliegend die aus Sicht der Beigeladenen als Adressatin zweifelsohne begünstigende Bodenabbaugenehmigung –, sondern auf die aufzuhebenden Nebenbestimmungen abzustellen. Diese hatten für die Beigeladene als Adressatin der Bodenabbaugenehmigung eine belastende Wirkung, weil sie Auflagen zu dieser Genehmigung waren und damit zusätzliche Pflichten für die Beigeladene begründet haben. Damit hatte deren Widerruf nach § 49 Abs. 1 VwVfG und nicht – wie vom Kläger angenommen – nach § 49 Abs. 2 VwVfG zu erfolgen.

4

Weiter hat der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils damit begründet, dass das Verwaltungsgericht die Ausübung des Ermessens durch den Beklagten nicht ausreichend geprüft habe, sondern stattdessen eigene Ermessenerwägungen angestellt habe. Diese Ermessenserwägungen hätte aber der Beklagte selbst anstellen müssen. Auch dieser Einwand ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen. Denn aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts ergibt sich an keiner Stelle, dass der Beklagte weitere Ermessenserwägungen hätte anstellen müssen, um sein Ermessen nach § 49 Abs. 1 VwVfG rechtmäßig auszuüben. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auch nicht darauf gestützt, dass Überwiegendes dafür spreche, dass der Kläger die Entfernung der Böschung und des Gehölzstreifens mitverantwortet habe. Soweit das Verwaltungsgericht Ausführungen in diese Richtung gemacht hat, handelt es sich ersichtlich nicht um die Entscheidung tragende Gründe, sondern lediglich um zusätzliche Erwägungen. Im Übrigen bestehen keine Zweifel daran, dass der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Bereits in seinem Beschluss vom 4. November 2015 (- 4 ME 300/15 -) hat der Senat herausgestellt, dass sachfremde Erwägungen des Beklagten für seine Entscheidung, an der Auflage zur Herstellung einer Böschung für die Westseite des Flurstücks 17/5 nicht mehr festzuhalten, nicht ersichtlich sind. Das vorliegende Verfahren bietet keinen Anlass dafür, an dieser Auffassung nicht mehr festzuhalten.

5

Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Denn den vom Kläger aufgeworfenen Fragen fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit für den vorliegenden Rechtsstreit. Beide von ihm formulierten Fragen gehen davon aus, dass er Adressat des von ihm angefochtenen Bescheides ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn der Bescheid war allein an die Beigeladene gerichtet. Diese ist damit alleinige Adressatin des 2. Änderungsbescheids vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2016. Dass der Bescheid aufgrund der Regelung in § 10 Abs. 4 Satz 3 NAGBNatSchG auch für und gegen den Kläger als Eigentümer des Flurstücks 17/5 der Flur 27 der Gemarkung D. wirkt, macht ihn nicht zum Adressaten des Bescheides.

6

Die Berufung ist zuletzt nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Denn entgegen der Auffassung des Klägers beruht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht auf dem von ihm geltend gemachten Verstoß gegen die aus § 86 Abs. 1 VwGO folgende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts. Der Kläger hat bemängelt, dass das Verwaltungsgericht es ohne Beweisaufnahme für überzeugend gehalten habe, dass die Beigeladene die Böschung mitsamt den Gehölzen auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin entfernt habe, obwohl er dies bestritten habe. Allerdings hat das Verwaltungsgericht – wie bereits oben ausgeführt – seine Entscheidung nicht auf diese Annahme gestützt, sondern diesen Gesichtspunkt nur als möglichen weiteren, aber keineswegs notwendig bei der Ermessensausübung zu beachtenden Aspekt angeführt.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

8

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

9

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 


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