Urteil vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 LC 238/16

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 13. Kammer - vom 17. Juni 2016 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung für ein mit einer wöchentlichen Ausbildungszeit von 25 Stunden absolviertes Praktikum.

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Die 1982 geborene Klägerin begann am 1. Oktober 2010 an der privaten Bremer Berufsfachschule für Kosmetik E. eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Kosmetikerin. Nach den Vorgaben des bremischen Landesrechts dauert diese Ausbildung zwei Schuljahre und gliedert sich in zwei Abschnitte. Während des ersten Abschnitts des Bildungsgangs, der drei Schulhalbjahre umfasst, erhalten die Auszubildenden Unterricht. Der zweite Abschnitt des Bildungsgangs ist ein unmittelbar an den ersten Abschnitt anschließendes Praktikum für die Dauer eines Schulhalbjahres; die wöchentliche Ausbildungszeit im Praktikum beträgt 40 Stunden.

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Die Klägerin, die bereits Mutter von zwei 2005 und 2008 geborenen Kinder ist, brachte am 21. September 2012 ihr drittes Kind zur Welt. Bereits während der Schwangerschaft unterbrach sie deshalb ihre Ausbildung nach dem ersten Abschnitt und nahm sie erst am 1. September 2013 für das Praktikum wieder auf.

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Für den die ersten sieben Monate des Praktikums umfassenden Bewilligungszeitraum von September 2013 bis März 2014 gewährte der Beklagte der Klägerin auf Antrag Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 821,- EUR.

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Am 28. März 2014 stellte die Klägerin beim Beklagten einen weiteren Antrag auf Ausbildungsförderung. Beigefügt war dem Antrag eine Bescheinigung ihrer Ausbildungsstätte vom 5. November 2013, wonach die Ausbildung noch bis zum 30. September 2014 andauern würde. Ferner legte die Klägerin die Abschrift eines an ihre Ausbildungsstätte adressierten Schreibens der Senatorin für Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestadt B-Stadt vom 1. Juli 2013 vor, mit dem die Senatorin die Genehmigung für den Wiedereinstieg der Klägerin in das vierte Semester der Ausbildung ab September 2013 und für die Reduzierung der täglichen Praktikumszeit auf die Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr erteilte. Zur Begründung heißt es in dem Schreiben, dass sich die Klägerin momentan in einer besonderen persönlichen Situation befinde und dadurch die erfolgreiche Teilnahme an dem Praktikum innerhalb des ausbildungsrechtlich vorgegebenen Zeitraums nicht gewährleistet sei. Die Klägerin sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich die Ausbildung durch diese Reduzierung entsprechend verlängere. Die Klägerin teilte dem Beklagten hierzu mit Schreiben vom 27. Mai 2014 ergänzend mit, die genehmigte Reduzierung der Wochenstundenzahl sei dem Umstand geschuldet, dass sie – die Klägerin – trotz des erheblichen Zeitaufwandes, den die Ausbildung einnehme, der Erziehung ihrer drei minderjährigen Kinder gerecht werden müsse; außerdem betrage der Gesamtaufwand für die Ausbildung mit Vor- und Nachbereitung und Fahrzeit zu der rund 120 km von ihrem Wohnsitz entfernten Praktikumsstätte mindestens 40 Stunden in der Woche.

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Mit Bescheid vom 11. Juni 2014 lehnte der Beklagte die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2014 ab. Mit der Reduzierung der Praktikumszeiten auf täglich 5 Stunden sei im Fall der Klägerin die vollzeitliche Inanspruchnahme des Auszubildenden während der Ausbildungszeit, die gemäß § 2 Abs. 5 BAföG Grundvoraussetzung für die Gewährung von Ausbildungsförderung sei, nicht gegeben.

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Der von der Klägerin am 11. Juli 2014 gegen diesen Versagungsbescheid erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Juni 2016 in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2014 Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 821,- EUR monatlich zu bewilligen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Bewilligung der Ausbildungsförderung. Das von der Klägerin absolvierte Praktikum sei förderungsfähig nach § 2 Abs. 4 BAföG, und auch die in § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG geregelte Vorgabe, dass Ausbildungsförderung nur geleistet wird, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt, sei gegeben. Da die Klägerin während der Praktikumszeit drei Kinder, darunter ein einjähriges Kleinkind zu betreuen gehabt habe, liege ein Ausnahmefall vor, der es rechtfertige, von dem Grundsatz abzuweichen, dass nur in Vollzeit absolvierte Ausbildungen gefördert werden. Die Kammer schließe sich der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2013 (11 K 763/13) vertretenen Ansicht an, wonach § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG ausnahmsweise auch die Absolvierung eines in Teilzeit absolvierten Praktikums zulasse, wenn der oder die Auszubildende für die Pflege und Erziehung eines bis zu zehn Jahre alten Kindes zu sorgen habe. Eine andere Auslegung der Norm würde zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führen, da Auszubildende in nicht universitären Ausbildungsgängen ohne sachlichen Grund gegenüber Studierenden benachteiligt würden, die gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit weiter Ausbildungsförderung erhalten, wenn die Förderungshöchstdauer u. a. in Folge einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren überschritten worden ist.

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Gegen das am 1. Juli 2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 19. Juli 2016 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt: Der Gewährung von Ausbildungsförderung für das von der Klägerin in Teilzeitform durchgeführte Praktikum stehe § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG entgegen. Die Norm verlange, dass der Auszubildende im Normalfall seine Arbeitszeit für die Ausbildung ganz einsetzen müsse; eine vollständig in Teilzeitform durchgeführte Ausbildung sei daher nicht förderungsfähig. Soweit in § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG verlangt werde, dass die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden „im Allgemeinen“ voll in Anspruch nehme, werde damit lediglich klargestellt, dass Ferienzeiten oder kurzfristige, vom Auszubildenden nicht zu vertretene Verminderungen der Unterrichts-, Praktikums- oder Vorbereitungszeiten einer Förderung nicht entgegenstehen; eine weitergehende Ausnahme von der Regel der vollen Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Auszubildenden sei damit hingegen nicht bezweckt. Für die Abgrenzung von förderungsfähigen Vollzeitausbildungen und nicht förderungsfähigen Teilzeitausbildungen komme es entscheidend auf die Ausgestaltung der jeweiligen Ausbildung durch das Ausbildungskonzept der Ausbildungsstätte an und nicht auf die individuellen Verhältnisse des Auszubildenden. Im Fall der Klägerin sei das Ausbildungskonzept derart angepasst worden, dass die Ausbildung während des Praktikums nicht mehr als Vollzeitausbildung ausgestaltet gewesen sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Fall der Klägerin auch nicht mit dem von Studierenden vergleichbar, die infolge der Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG über die Förderungshöchstdauer hinaus Ausbildungsförderung erhielten. Denn das Ausbildungskonzept eines Studiums beinhalte immer die Ausbildung in Vollzeitform und werde nicht individuell angepasst. Im Übrigen sei eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Studierenden auch deshalb nicht gegeben, weil § 15 Abs. 3 BAföG für Studierende eine zum Ausgleich von Nachteilen notwendige Regelung darstelle; ohne diese würde die Förderung mit Ablauf der Förderungshöchstdauer, die der Regelstudienzeit entspreche, eingestellt. Die Schülerförderung hingegen kenne eine Förderungshöchstdauer nicht. Die Förderung werde bei diesen Ausbildungen gemäß § 15 Abs. 2 BAföG grundsätzlich bis zum Ende der Ausbildung geleistet, und zwar auch dann, wenn eine Ausbildung in der regulären Ausbildungszeit nicht erfolgreich abgeschlossen und eine Wiederholung einzelner Jahrgangsstufen notwendig werde. Die Leistung von Ausbildungsförderung an die Klägerin für die ersten sieben Monate des Praktikums beruhe darauf, dass er – der Beklagte – zum Zeitpunkt der Bewilligung irrtümlich davon ausgegangen sei, dass es sich um eine Ausbildung in Vollzeit handele.

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Der Beklagte beantragt sinngemäß,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 13. Kammer - vom 17. Juni 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,

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und trägt hierzu vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Recht entschieden, dass sie einen Anspruch auf Ausbildungsförderung habe. Soweit § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG vorgebe, dass eine Ausbildung im Allgemeinen, d. h. im Normalfall, die Arbeitszeit des Auszubildenden ganz in Anspruch nehme, solle damit die Förderungsfähigkeit einer vollständig in Teilzeitform durchgeführten Ausbildung ausgeschlossen werden. Sie - die Klägerin - habe ihre Ausbildung aber nicht vollständig in Teilzeitform durchgeführt, da sie die ersten drei Semester der Ausbildung unstreitig in Vollzeit absolviert habe. Darüber hinaus müsse schon nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden nur „im Allgemeinen“ voll in Anspruch nehmen. Damit werde ein Regel-Ausnahme-Verhältnis bestimmt, das die Möglichkeit eröffne, in besonderen Ausnahmefällen zu anderen Ergebnissen zu kommen. Für Studierende sei in § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG für den Fall, dass die Förderungshöchstdauer u. a. in Folge der Pflege oder Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren überschritten worden ist, eine Ausnahme von der grundsätzlichen Beschränkung der Förderungsdauer gemäß § 15a BAföG geregelt. Dahinter stehe der Gedanke, dass Eltern zur Personensorge verpflichtet seien und diese bei Kindern bis zu zehn Jahren besonders zeitintensiv sei, so dass damit eine erhebliche Studienverzögerung eintrete. Außerdem könne ein Studium unabhängig von der Ausgestaltung des Ausbildungskonzepts rein faktisch in Teilzeit betrieben werden. Studierende hätten damit die Möglichkeit, zur Kindererziehung einfach den Aufwand für ihr Studium zu reduzieren und weniger Lehrveranstaltungen zu besuchen, ohne dies offen zu legen. Da Auszubildende in schulischen Ausbildungsgängen diese Möglichkeit angesichts normierter Ausbildungs- und Anwesenheitszeiten nicht hätten, müsse es hierfür einen Ausgleich im Wege der Gesetzesauslegung geben, um eine gleichheitswidrige Schlechterstellung von Auszubildenden in schulischen Ausbildungsgängen gegenüber Studierenden zu vermeiden. Im Übrigen sei das Ausbildungskonzept ihrer Ausbildungsstätte durch die Genehmigung der Bremer Senatorin für Bildung und Wissenschaft zur Reduzierung der Stundenzahl im Praktikum nicht angepasst worden. Im schuleigenen Kosmetikstudio, in dem sie ihr Praktikum absolviert habe, habe es durch ihre verkürzte Anwesenheit keinerlei Änderungen im Ablauf und hinsichtlich der Öffnungszeiten gegeben. Auch hätten sich die Inhalte der Ausbildung nicht geändert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung für den hier in Rede stehenden Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2014. Der Leistung von Ausbildungsförderung für die generell förderungsfähige Berufsfachschulausbildung an einer als gleichwertig anerkannten privaten Ergänzungsschule (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 BAföG in der hier anzuwendenden, vom 28. Oktober 2010 bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung) steht § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG entgegen.

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Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG, der während des hier streitigen Zeitraums bereits seinen heutigen Wortlaut hatte, wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt. Maßgebend sind insoweit die Anforderungen, die die Ausbildung stellt (BVerwG, Urt. v. 30.10.1975 - V C 15.74 -, BVerwGE 49, 279 <280>; Urt. v. 3.6.1988 - 5 C 59.85 -, NVwZ-RR 1989, 81). Es ist also nicht darauf abzustellen, ob der einzelne Auszubildende nach seinen persönlichen Verhältnissen noch in der Lage ist, neben der Ausbildung seine Arbeitskraft für eine andere Tätigkeit einzusetzen (BVerwG, Urt. v. 30.10.1975, a. a. O.), oder ob ihm „vorgeworfen“ werden kann, dass seine volle Arbeitskraft in dem Ausbildungsabschnitt nicht in Anspruch genommen worden ist. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob die Ausbildung in Vollzeitform durchgeführt wird (BVerwG, Urt. v. 30.10.1975, a. a. O.; Urt. v. 3.6.1988, a. a. O.; Urt. v. 14.12.1994 - 11 C 28.93 -, NVwZ-RR 1995, 285). Das ist der Fall, wenn die Ausbildung nach den Ausbildungsbestimmungen oder der allgemeinen Erfahrung insgesamt 40 Wochenstunden erfordert (BVerwG, Urt. v. 3.6.1988, a. a. O. mit Bezugnahme auf Tz. 2.5.2 BAföGVwV). Hierbei ist allerdings nicht auf die gesamte Dauer der Ausbildung abzustellen, sondern nach Ausbildungsabschnitten bzw. Zeiträumen zu differenzieren, da nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung Ausbildungsförderung „ausnahmslos nur während der Zeit, in der die Ausbildung in Vollzeitform durchgeführt wird“, geleistet wird (vgl. BT-Drucks. VI/1975 S. 22; vgl. auch den schriftlichen Bericht des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen zu einem früheren Gesetzentwurf der Fraktionen der FDP, SPD und CDU/CSU, BT-Drucks. V/4377, S. 5); dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG (vgl. Urt. v. 30.10.1975, a. a. O.). Daher ist vorliegend allein der im Streit stehende Zeitraum der Ausbildung, in dem die Klägerin (wie bereits in den Monaten zuvor) das zur Ausbildung gehörende Praktikum geleistet hat, an den Vorgaben des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG zu messen (vgl. zum Ganzen: Senatsbeschl. v. 19.11.2015 - 4 LB 282/15 -).

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Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die Klägerin für den hier streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung. Denn das während dieser Zeit noch andauernde Praktikum, das gemäß § 3 Abs. 3 der Ordnung der Zulassung, der Ausbildung und der Prüfung an privaten Berufsfachschulen für Kosmetik im Land B-Stadt vom 11. Juli 1989 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Mai 2010, Brem. GBl. 349 – im Folgenden: Ausbildungsordnung) als zweiter Abschnitt des Bildungsgangs vorgegeben war, hat sie nicht in Vollzeit absolviert. Von der Vorgabe des § 3 Abs. 3 Satz 3 der Ausbildungsordnung, wonach die wöchentliche Ausbildungszeit in dem Praktikum 40 Stunden beträgt, was einer Vollzeitausbildung entspricht, ist mit Genehmigung der Senatorin für Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestadt B-Stadt abgewichen worden. Wie sich aus dem Schreiben der Senatorin an die Ausbildungsstätte vom 3. Juli 2013 ergibt, ist die tägliche Praktikumszeit für die Klägerin auf die Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr reduziert worden, was bei fünf Ausbildungstagen einer wöchentlichen Praktikumszeit von 25 Stunden entspricht. Das Ausbildungskonzept ist somit derart angepasst worden, dass die Klägerin die Ausbildung während des Praktikums nicht mehr in Vollzeit, sondern nur noch in Teilzeit zu absolvieren hatte.

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Zu keiner anderen Bewertung führt das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin, dass zu der täglichen Praktikumszeit von fünf Stunden noch ein erheblicher Vor- und Nachbereitungszeitraum hinzuzurechnen sei, so dass die wöchentliche Praktikumszeit auch in ihrem Fall insgesamt 40 Stunden betragen habe und es sich somit trotz der Reduzierung der Praktikumszeit nach wie vor um eine Vollzeitausbildung gehandelt habe. Zum einen gilt das deshalb, weil die Klägerin in ihre Berechnung auch Zeiten für Tätigkeiten einbezogen hat, die üblicherweise nicht auf Arbeits- oder Praktikumszeiten angerechnet werden. Das gilt jedenfalls für die Fahrtzeiten für den Weg zur Praktikumsstätte und den Heimweg sowie für die Zeiten, die die Klägerin für die zuhause erfolgte Reinigung ihrer Arbeitskleidung und die ebenfalls zuhause erfolgte abendliche gedankliche Vor- und Nachbereitung veranschlagt hat. Zieht man die von der Klägerin hierfür veranschlagten Zeiten von ihrer Berechnung ab, so ergibt sich selbst bei der vollständigen Berücksichtigung der weiteren von der Klägerin angesetzten praktischen Vor- und Nachbereitungszeiten keine Belastung von 40 Stunden in der Woche und somit keine vollzeitliche Beanspruchung durch die Ausbildung. Außerdem lässt sich aus dem Vorbringen der Klägerin rückschließen, dass das Ausbildungskonzept von ihrer Ausbildungsstätte offensichtlich so gehandhabt worden ist, dass in dem schuleigenen Kosmetikstudio die tägliche praktische Vor- und Nachbereitung (Auf- und Abbau sowie Reinigung des Arbeitsplatzes und Vorbereitung der Arbeitsmaterialien) außerhalb der vorgegebenen Praktikumszeit zu erfolgen hatte. In Ermangelung von gegenteiligen Anhaltspunkten geht der Senat davon aus, dass das nicht nur für die Klägerin, sondern auch für diejenigen Auszubildenden gegolten hat, die das Praktikum regulär mit der durch § 3 Abs. 3 Satz 3 der Ausbildungsordnung vorgegebenen wöchentlichen Ausbildungszeit von 40 Stunden, also in Vollzeit, betrieben haben. Damit bleibt es dabei, dass für die Klägerin die Praktikumszeit gegenüber der üblichen Vollzeitausbildung erheblich, nämlich im Umfang von 3 Stunden täglich bzw. 15 Stunden in der Woche reduziert worden ist. Die Änderung des Ausbildungskonzepts weg von einer Vollzeitausbildung hin zu einer Teilzeitausbildung war auch der Zweck der von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft auf Antrag der Ausbildungsstätte erteilten Genehmigung. In dem Schreiben der Senatorin an die Ausbildungsstätte vom 3. Juli 2013 ist wiederholt von der Genehmigung der „Reduzierung“ der wöchentlichen Stundenzahl bzw. der täglichen Praktikumszeit die Rede, mit der auf die besondere persönliche Situation der Klägerin – gemeint ist ersichtlich die zeitliche Belastung wegen der Betreuung und Erziehung von drei Kindern, darunter einem Kleinkind – Rechnung getragen werden sollte. Zudem belegt auch der Umstand, dass die Dauer des Praktikums, das nach § 3 Abs. 3 Satz 2 der Ausbildungsordnung ein Schulhalbjahr beträgt, im Fall der Klägerin auf insgesamt 13 Monate mehr als verdoppelt worden ist, dass die Klägerin das Praktikum nicht in der allgemein vorgegebenen und üblichen Form der Vollzeitausbildung betrieben hat.

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Unerheblich ist nach dem oben dargestellten Maßstab, dass der Klägerin wegen der Betreuung und Erziehung von drei Kindern kein „Vorwurf“ deswegen gemacht werden kann, weil sie ihre Arbeitskraft nicht mehr vollständig in die Ausbildung investieren konnte. Ferner ist ohne Belang, dass es im schuleigenen Kosmetikstudio wegen der reduzierten Praktikumszeit der Klägerin keine Änderungen im Betriebsablauf und hinsichtlich der Öffnungszeiten gegeben hat. Entscheidend ist allein, dass die Klägerin das Praktikum nur noch in Teilzeit zu absolvieren hatte.

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Der Senat teilt auch nicht die vom Verwaltungsgericht (im Anschluss an das Urteil des VG Stuttgart vom 24.6.2013 - 11 K 763/13 -) vertretene Ansicht, dass der Gesetzgeber mit der Vorgabe in § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG, wonach die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden „im Allgemeinen“ voll in Anspruch nehmen muss, ein Regel-Ausnahme-Verhältnis normiert hat und deshalb in atypischen Ausnahmefällen auch für Teilzeitausbildungen Ausbildungsförderung geleistet werden kann. Dieses Verständnis der Vorschrift ist mit ihrer Entstehungsgeschichte nicht in Einklang zu bringen. Die Regelung war als § 2 Abs. 5 bereits Bestandteil der Ursprungsfassung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 26. August 1971 (BGBl. 1409) und hatte damals den folgenden Wortlaut:

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„Ausbildungsförderung wird für die Zeit geleistet, in der die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im allgemeinen voll in Anspruch nimmt.“

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Bereits diese Formulierung, insbesondere die Stellung der Worte „im allgemeinen“ im Satzgefüge, spricht gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene Bedeutung. Hätte der Gesetzgeber die Regelung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses hinsichtlich der Zeit (der Ausbildung in Vollzeit), für die allein Ausbildungsförderung geleistet wird, im Sinn gehabt, wäre es naheliegend gewesen, die Worte „im allgemeinen“ weiter vorne im Satz zu platzieren und die Regelung wie folgt zu formulieren: „Ausbildungsförderung wird im allgemeinen für die Zeit geleistet, in der die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden voll in Anspruch nimmt.“ Dieser sprachliche Befund wird durch die amtliche Begründung des zugrundeliegenden Gesetzentwurfs eindeutig bestätigt. Dort heißt es, wie bereits oben erwähnt, dass Ausbildungsförderung „ausnahmslos nur während der Zeit geleistet“ wird, „in der die Ausbildung in Vollzeitform durchgeführt wird“ (vgl. BT-Drs. 6/1975, S. 22 – Hervorhebung durch den Senat). Damit kommt klar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Leistung von Ausbildungsförderung für Teilzeitausbildungen generell ausschließen und hiervon gerade keine Ausnahmen zulassen wollte. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber mit späteren Gesetzesänderungen, die zum heutigen, gegenüber der Ursprungsfassung nur geringfügig abweichend formulierten § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG geführt haben, von diesem Verständnis abweichen und nunmehr in atypischen Ausnahmefällen auch Teilzeitausbildungen fördern wollte.

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Diese Auslegung von § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG wird in systematischer Hinsicht auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG in der hier anzuwendenden, vom 28. Oktober 2010 bis zum 15. Juli 2019 geltenden Fassung Studierende unter anderem in dem Fall für eine angemessene Zeit weiter Ausbildungsförderung erhalten, wenn die Förderungshöchstdauer infolge der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren (nach heutigem Recht: bis zu 14 Jahren) überschritten worden ist. Mit der letztgenannten Regelung hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass Kinder bis zum „zehnten Lebensjahr einen zwar abnehmenden aber immer noch so hohen Betreuungsbedarf haben, dass es zu einer Studienzeitverzögerung der Mutter und/oder des Vaters kommen kann“, also nicht unterstellt werden kann, „dass sich Auszubildende mit kleinen Kindern weitgehend ohne Zeitverlust ihrer Ausbildung widmen können“ (BT-Drs. 14/4731, S. 34 f.). Hieraus können jedoch keine Rückschlüsse für die Auslegung von § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG gezogen werden. Denn anders als bei § 15 Abs. 3 BAföG, der einzelne konkrete Fallgruppen in den Blick nimmt, in denen es typischerweise zu einer Studienverzögerung kommen kann, ist für die Frage, ob die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt, eine abstrakte, vom Einzelfall oder bestimmten Fallgruppen losgelöste Betrachtung vorzunehmen. Genau diese abstrakte Betrachtungsweise wird durch die Wendung „im Allgemeinen“ im Gesetzeswortlaut verdeutlicht. Aufgrund dieser abstrakten Betrachtung ist es für die Auslegung von § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG - wie der Senat oben bereits ausgeführt hat - unerheblich, ob der einzelne Auszubildende nach seinen persönlichen Verhältnissen noch in der Lage ist, neben der Ausbildung seine Arbeitskraft für eine andere Tätigkeit einzusetzen, oder ob ihm „vorgeworfen“ werden kann, dass er seine volle Arbeitskraft nicht der Absolvierung der Ausbildung widmet. Entscheidend ist allein, ob die Ausbildung nach den Ausbildungsbestimmungen oder der allgemeinen Erfahrung, mithin also nach dem Ausbildungskonzept, eine Vollzeitausbildung darstellt (siehe oben). Deshalb darf auch bei der Immatrikulation in einen Teilzeitstudiengang gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG keine Ausbildungsförderung geleistet werden, und zwar selbst dann nicht, wenn die Entscheidung für ein Teilzeitstudium aus einem der in § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG genannten Gründe erfolgt.

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Schließlich bedarf das Auslegungsergebnis, dass gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG nur als Vollzeitausbildung konzipierte Ausbildungsgänge gefördert werden können, im hier zu entscheidenden Fall auch keiner Korrektur im Wege einer verfassungskonformen Auslegung.

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Das Verwaltungsgericht hat (wiederum im Anschluss an das Urteil des VG Stuttgart vom 24.6.2013 - 11 K 763/13 -) eine verfassungskonforme Auslegung als erforderlich angesehen, um eine gleichheitswidrige Benachteiligung von Auszubildenden in schulischen Ausbildungsgängen gegenüber Studierenden zu vermeiden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass durch die Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG innerhalb des Leistungssystems der Ausbildungsförderung Studierende mit Kindern bis zu zehn Jahren (nach heutigem Recht: bis zu 14 Jahren) günstiger gestellt werden als Schüler in der gleichen Situation, lässt sich nicht gänzlich von der Hand weisen. Zwar ist bei Studiengängen ebenso wie bei schulischen Ausbildungen die Gewährung von Ausbildungsförderung gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG nur möglich, wenn der Ausbildungsgang als Vollzeitausbildung konzipiert ist. Studierenden dürfte es aber oft besser als Schülern möglich sein, von dem Ausbildungskonzept der Vollzeitausbildung faktisch abzuweichen und die in die Ausbildung investierte Arbeitskraft zu reduzieren, um sich der Kindererziehung zu widmen, da Studiengänge häufig weniger verschult sind. Ob hierin eine im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) relevante Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte liegt, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn jedenfalls wird die etwaige Ungleichbehandlung dadurch ausreichend kompensiert, dass Auszubildende in schulischen Teilzeitausbildungsgängen unter den im SGB II im Einzelnen geregelten Anspruchsvoraussetzungen einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen haben. Denn eine Person wie die Klägerin, die eine Ausbildung in Teilzeit betreibt, ist nicht gemäß § 7 Abs. 5 SGB II generell von der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen.

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Nach § 7 Abs. 5 SGB II in der hier maßgeblichen, vom 1. April 2012 bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung haben Auszubildende, deren Ausbildung (unter anderem) im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Prüfung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG ist, (abgesehen von den hier nicht weiter bedeutsamen Ausnahmen des Fernunterrichts und der Ausbildung im Ausland) allein nach den in § 2 BAföG geregelten abstrakten Kriterien unter Heranziehung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Ausdrücklich zählt das Bundessozialgericht zu diesen abstrakten Kriterien auch die Regelung des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG, wonach die Gewährung von Ausbildungsförderung davon abhängt, dass die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt (BSG, Urt. v. 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R -, NJW 2012, 2221 u. v. 27.9.2011 - B 4 AS 145/10 R - NVwZ-RR 2012, 278; so bereits zur Vorgängerregelung in § 26 Satz 1 BSHG: Senatsurt. v. 10.1.1990 - 4 A 202/87 -, FEVS 41, 342). Demnach fallen Teilzeitausbildungen, wie sie die Klägerin während ihres Praktikums betrieben hat, nicht unter den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 6.8.2014 - L 18 AS 1672/13 -, ZFSH/SGB 2014, 708, Beschl. v. 19.11.2007 - L 14 B 1224/07 AS ER -. v. 1.8.2007 - L 28 B 1098/07 AS ER -; LSG Niedersachsen-B-Stadt, Beschl. v. 9.6.2009 - L 13 AS 39/09 B ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 3.4.2008 - L 2 AS 71/06 -, NDV-RD 2009, 17; LSG Thüringen, Beschl. v. 15.1.2007 - L 7 AS 1130/06 ER -, FEVS 59, 45).

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Die herrschende Auffassung, dass Auszubildende in Teilzeitausbildungsgängen nicht gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sind, wird allerdings in einer Entscheidung des 31. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in Frage gestellt. Ohne die Rechtsfrage abschließend zu entscheiden deutet das Gericht die Ansicht an, dass die herrschende Meinung die gesamte Konzeption der Ausbildungsförderung im BAföG ad absurdum führe: Denn ließe man Studierenden nach, das Studium durch Reduzierung auf Teilzeit abstrakt der Förderfähigkeit nach den im BAföG zu entziehen und so in den Genuss von SGB II-Leistungen zu kommen, wären die Fördergrenzen (Altersgrenze, Förderungshöchstdauer, Rückzahlungspflicht) des BAföG praktisch wirkungslos (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.9.2015 - L 31 AS 2074/15 B ER -).

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Diese Bedenken teilt der Senat nicht. Auszubildende in Teilzeitausbildungsgängen sind nach der Entscheidung des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG bereits generell von der Gewährung von Ausbildungsförderung ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass diesen Auszubildenden neben der Teilzeitausbildung im Allgemeinen ausreichend Zeit bleibt, um ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbsarbeit zu bestreiten. Da die Auszubildenden in Teilzeit von vornherein von der Gewährung von Ausbildungsförderung ausgeschlossen sind, hat der Gesetzgeber mit der Regelung der individuellen Ausschlussgründe für die Gewährung von Ausbildungsförderung (etwa die Beschränkungen für die Förderung einer einzigen weiteren oder einer anderen Ausbildung gemäß § 7 Abs. 2 und 3 BAföG, die Altersgrenze gemäß § 10 BAföG oder die Förderungshöchstdauer bei Studiengängen gemäß §§ 15 Abs. 2 Satz 1, 15 a BAföG) auch gerade nicht auf diese Gruppe abgezielt. Entsprechend werden durch die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II an Teilzeitauszubildende auch keine im Bundesausbildungsförderungsgesetz getroffenen gesetzgeberischen Entscheidungen unterlaufen.

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Im Übrigen hält der Senat die vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg geäußerte Befürchtung, dass bei einer Aufnahme von Teilzeitauszubildenden in das Leistungssystem des SGB II für diese eine grundsätzlich zeitlich grenzenlose finanzielle (Ausbildungs-)Förderung installiert werde, auch für unbegründet oder jedenfalls für deutlich überzogen. Denn gemäß § 10 Abs. 1 SGB II besteht für erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen die Obliegenheit, jede zumutbare Arbeit aufzunehmen. Diese Obliegenheit ist gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II sanktionsbewehrt. Da erwerbsfähige Hilfebedürftige keinen generellen Anspruch darauf haben, dass ihre spezifischen Ausbildungs- und Berufswünsche Berücksichtigung finden, kann sich ein Auszubildender in einer Teilzeitausbildung der Obliegenheit, neben der Ausbildung eine Erwerbsarbeit aufzunehmen oder gar die Ausbildung für eine Vollzeiterwerbsarbeit aufzugeben, auch nicht ohne Weiteres entziehen (Böttiger in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 10 Rdnr. 114; siehe auch Armborst in: Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017 § 10 Rdnr. 31 – jeweils mit Nachweisen zur Rspr.). Selbst wenn ein Abbruch der Ausbildung im Einzelfall nicht zumutbar ist, kann jedenfalls von jungen belastbaren Menschen ohne einengende persönliche Verpflichtungen die Aufnahme einer Nebentätigkeit neben der Ausbildung erwartet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.4.1975 - V C 9.74 -, BVerwGE 48, 188).

31

Im Ergebnis bedeutet das, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene Benachteiligung von Auszubildenden in einer schulischen Ausbildung, die wegen der Betreuung und Erziehung von Kindern bis zu zehn Jahren nicht ihre volle Arbeitskraft in die Ausbildung investieren können, gegenüber Studierenden in einer vergleichenden Situation rechtlich dadurch kompensiert wird, dass eine Auszubildende in der Situation der Klägerin unter den im SGB II im Einzelnen normierten Voraussetzungen einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat.

32

Im Hinblick auf den weiten Spielraum, den der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber für die Gestaltung des Sozialrechts lässt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.7.2012 - 1 BvR 2983/10 -, BVerfGK 20, 9 = NVwZ 2012, 1535), sieht der Senat auch keinen Gleichheitsverstoß darin, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sowohl hinsichtlich der Bemessung des Bedarfs als auch hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen und Vermögen gänzlich anderen Voraussetzungen unterliegt als nach dem BAföG. Das gilt auch deshalb, weil Auszubildende in Teilzeitausbildungsgängen durch die Zuweisung in das Leistungssystem des SGB II nicht zwangsläufig schlechter gestellt werden als bei einer Gewährung von Ausbildungsförderung. So liegt etwa der für die Leistungsbemessung zu berücksichtigende Bedarf nach dem SGB II für die fünfköpfige Bedarfsgemeinschaft der Klägerin, ihren mit ihr zusammenlebenden Partner sowie den drei Kindern der Klägerin einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung ersichtlich deutlich über dem ausbildungsförderungsrechtlich berücksichtigungsfähigen Bedarf von 821,-- EUR monatlich.

33

Ein Gleichheitsverstoß folgt schließlich auch nicht aus der für Leistungsempfänger nach dem SGB II bestehenden Obliegenheit zur Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit gemäß § 10 Abs. 1 SGB II. Für den Fall der Klägerin gilt das schon deshalb, weil der Senat davon ausgeht, dass für sie im hier streitigen Zeitraum dieser Obliegenheit ein sonstiger wichtiger Grund im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II entgegengestanden hat. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bisher noch keinen anderen berufsqualifizierenden Ausbildungsabschluss erworben hatte (vgl. zu ihrer Ausbildungs- und Erwerbsbiographie Bl. 13 BA), die hier in Rede stehende Berufsausbildung zur staatlich anerkannten Kosmetikerin ihre Erwerbschancen somit deutlich gesteigert haben dürfte und zudem die Absolvierung der Ausbildung im hier streitigen Zeitraum bereits weit vorangeschritten war, nämlich vor dem Abschluss stand (vgl. zu diesen Gesichtspunkten: Senatsbeschl. v. 3.11.1987 - 4 OVG A 125/87 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 21.12.1994 - Bs IV 240/94 -, ZfJ 1995, 514; Hess. VGH, Beschl. v. 18.4.1983 - 9 TG 14/83 -, FEVS 32, 450; Böttiger, a. a. O.), wird der Klägerin ein Abbruch der Ausbildung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar gewesen sein. Ferner ist es naheliegend, dass der Klägerin, die sich neben der Absolvierung des zur Ausbildung gehörenden Praktikums der Betreuung und Erziehung ihrer 2005, 2008 und 2012 geborenen Kinder zu widmen hatte, auch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben der Ausbildung nicht zuzumuten war.

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Ob der Beklagte deshalb, weil er die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht darauf hingewiesen hat, dass es in ihrem Fall sinnvoll sein könnte, beim Jobcenter einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II zu stellen, schuldhaft seine sich aus den §§ 14, 15 SGB I ergebenden Pflichten zur Beratung und Auskunftserteilung verletzt hat und sich unter diesem Gesichtspunkt ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergeben kann (vgl. zu den Voraussetzungen BGH, Urt. v. 2.8.2018 - III ZR 466/16 -, NJW 2019, 68), hat der Senat nicht zu entscheiden, da dies nicht Streitgegenstand ist und außerdem hierfür die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist (Art. 34 Satz 3 GG, § 40 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Entsprechendes gilt für eine möglicherweise in Betracht kommende Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, denn hierfür ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG die Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO.

 


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