Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 LA 16/20

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer (Einzelrichter) - vom 2. Dezember 2019 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 80.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen eine an den beigeladenen Zwangsverwalter seines Grundstücks gerichtete denkmalschutzrechtliche Verfügung, die diesen zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen verpflichtet.

2

Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks E., das mit einem im Jahr 1893 erbauten denkmalgeschützten Mehrfamilienhaus bebaut ist. Das Gebäude befindet sich aufgrund unzureichender Unterhaltungsmaßnahmen in schlechtem baulichem Zustand; die Beklagte bemüht sich seit vielen Jahren, den weiteren Verfall mit denkmalschutzrechtlichen Maßnahmen aufzuhalten (vgl. VG Hannover, Urt. v. 15.10.2018 - 4 A 2272/17 und 4 A 4633/17 -; bestätigt durch Senatsbeschl. v. 25.11.2020 - 1 LA 175/18 und 1 LA 176/18 -).

3

Aufgrund von Zahlungsrückständen wurde das Grundstück mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 14. Januar 2019 (NZS 743 L 10/18) unter Zwangsverwaltung gestellt und der Beigeladene zum Zwangsverwalter bestimmt. Gegenüber diesem erließ die Beklagte unter dem 24. Januar 2019 eine auf § 23 Abs. 1 NDSchG i.V. mit § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NBauO gestützte denkmalrechtliche Verfügung, die die Sanierung des maroden Daches sowie die Beseitigung von erheblichem Befall mit Hausschwamm zum Gegenstand hat. Der Beigeladene lehnte es nach Prüfung gegenüber dem Kläger ab, gegen diese Verfügung Rechtsmittel einzulegen.

4

Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil vom 2. Dezember 2019 unter Verweis auf vorangegangene Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (VG Hannover, Beschl. v. 4.4.2019 - 4 B 1137/19 -, juris; Senatsbeschl. v. 25.7.2019 - 1 ME 73/19 -) abgewiesen hat. Dem Kläger fehle insbesondere die Antragsbefugnis, weil das Recht zur Verwaltung und Benutzung des Grundstücks gemäß §§ 148, 152 ZVG auf den Beigeladenen übergegangen sei. Nur dieser könne sich daher gegen die Maßnahmen wenden, die dem Erhalt des Mehrfamilienhauses in seinem wirtschaftlichen Bestand und seiner ordnungsgemäßen Benutzung dienten. Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beigeladene entgegentritt.

II.

5

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel (1.), grundsätzlicher Bedeutung (2.), der Divergenz (3.) sowie eines Verfahrensfehlers (4.) liegen nicht vor.

6

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Solche Zweifel setzen voraus, dass es dem Rechtsmittelführer gelingt, wenigstens einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils mit plausiblen Gegenargumenten derart in Frage zu stellen, dass sich dadurch etwas am Entscheidungsergebnis ändern könnte. Das ist dem Kläger nicht gelungen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden, dass dem Kläger die Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) fehlt, um gegen die denkmalrechtliche Verfügung vom 24. Januar 2019 vorgehen zu können. Die Einwände des Klägers überzeugen nicht. Zur Rechtslage nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf seinen Beschluss vom 25. Juli 2019 (- 1 ME 73/19 -) und fasst diese wie folgt zusammen:

7

§ 42 Abs. 2 VwGO sieht vor, dass eine Anfechtungsklage nur zulässig ist, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Unzulässig ist eine Klage dagegen dann, wenn die von dem Kläger behaupteten Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen können. Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - nicht überspannt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.2014 - 4 C 36.13 -, BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 14; Beschl. v. 5.3.2019 - 7 B 3.18 -, ZfB 2019, 181 = juris Rn. 8). Auf dieser Grundlage besteht keine Klagebefugnis, weil das Recht des Klägers zur freien Verfügung über sein Eigentum (§ 903 Satz 1 BGB, Art. 14 Abs. 1 GG) in Bezug auf die von der Verfügung betroffene ordnungsgemäße Bauunterhaltung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen offenkundig und zweifelsfrei auf den Beigeladenen übergegangen ist und nur von diesem ausgeübt werden kann.

8

§ 148 Abs. 2 ZVG sieht vor, dass dem Schuldner durch die Anordnung der Zwangsverwaltung in Gestalt der Beschlagnahme die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen wird. Damit endet seine tatsächliche Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis über das Grundstück (BGH, Urt. v. 15.5.2013 - XII ZR 115/11 -, BGHZ 197, 235 = juris Rn. 14). Das Recht und zugleich die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen, geht gemäß § 152 Abs. 1 ZVG auf den Zwangsverwalter über (vgl. Keller, in: Böttcher, ZVG, 6. Aufl. 2016, § 152 Rn. 9). Soweit seine Aufgabe reicht, ist dieser allein unter Ausschluss des Schuldners aktiv und passiv legitimiert (vgl. BGH, Urt. v. 9.2.2006 - IX ZR 151/04 -, NJW-RR 2006, 1096 = juris Rn. 11).

9

Die von der Beklagten verfügte Sanierung des Daches und der weiteren vom Hausschwamm befallenen Gebäudebestandteile ist eine Maßnahme der Erhaltung des Grundstücks, zu dem gemäß § 94 Abs. 1 BGB das aufstehende Mehrfamilienhaus zugehörig ist. Das mag im Ergebnis auch der Gefahrenabwehr dienen, ändert aber nichts daran, dass eine Erhaltungsmaßnahme angeordnet worden ist. Zur Erhaltung des Grundstücks gehört insofern vor allem die Substanzerhaltung. Bauliche Mängel, die den Gebäudebestand und seine wirtschaftliche Nutzbarkeit - hier als Wohnhaus - gefährden, muss der Zwangsverwalter unverzüglich beheben lassen (vgl. Keller, in: Böttcher, ZVG, 6. Aufl. 2016, § 152 Rn. 12 m.w.N.). Insofern ist er öffentlich-rechtlich ebenso wie privatrechtlich allein verfügungsbefugt. Er ist - wie die Beklagte zutreffend erkannt hat - Adressat einer entsprechenden denkmalrechtlichen Verfügung (vgl. zu einem öffentlich-rechtlichen Abgabenbescheid erneut BGH, Urt. v. 9.2.2006 - IX ZR 151/04 -, NJW-RR 2006, 1096 = juris Rn. 11). Zugleich ist er berechtigt und verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen in einem Umfang zu ergreifen, wie sie dem Verhalten eines sparsamen, ordnungsgemäß wirtschaftenden Eigentümers entsprechen. Seine Befugnisse werden dadurch begründet und zugleich im Interesse von Schuldner und Gläubiger begrenzt.

10

In diese Rechte- und Pflichtenstellung des Zwangsverwalters darf sich der Kläger nach Maßgabe von § 148 Abs. 2, § 152 Abs. 1 ZVG nicht hineindrängen; die vorgenannten Bestimmungen schließen ihn vielmehr von jeglicher Verwaltung des Grundstücks aus. Die Rechtskreise des Schuldners/Eigentümers einerseits und des Zwangsverwalters andererseits in Bezug auf das Grundstück sind klar getrennt. Zwar ist der Schuldner weiterhin Eigentümer des Grundstücks; seine Eigentümerbefugnisse sind aber hinsichtlich der Verwaltung und Benutzung beschränkt. Bedenken in Bezug auf Art. 14 Abs. 1 GG wirft das nicht auf. Das Eigentumsgrundrecht ist ein normgeprägtes Grundrecht, dessen Inhalt und Schranken gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Gesetze bestimmt werden (vgl. Epping, Grundrechte, 8. Aufl. 2019, Rn. 433 ff. und 462 ff. m.w.N.). Mit den §§ 148, 152 ZVG hat sich der Gesetzgeber entschieden, dem Eigentümer/Schuldner im Zwangsverwaltungsfall bestimmte Befugnisse im Interesse der Gläubiger zu entziehen. Die darin zum Ausdruck kommende Gewichtung der kollidierenden Interessen von Schuldner und Gläubigern ist verfassungsrechtlich unbedenklich; sie entspricht dem vermögensrechtlichen Gehalt des Eigentumsrechts und stellt zugleich sicher, dass die Substanz des Eigentums (auch) im Interesse des Eigentümers erhalten bleibt.

11

Rechtlos gestellt ist der Eigentümer dadurch nicht; dies wäre mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V. mit Art. 14 Abs. 1 GG auch nicht zulässig. Rechtsschutz gewährt jedoch allein das Vollstreckungsgericht. Dieses überwacht die Verwaltung des Eigentums durch den Verwalter und trifft im Bedarfsfall die notwendigen Anweisungen (§ 153 Abs. 1 ZVG; vgl. näher Keller, in: Böttcher, ZVG, 6. Aufl. 2016, § 152 Rn. 68 ff.). Derartige Anweisungen, die sich in diesem Fall darauf hätten richten können, dass der Beigeladene die denkmalrechtliche Verfügung vom 24. Januar 2019 mit Rechtsmitteln angreifen muss, kann auch der Eigentümer/Schuldner als Beteiligter (§ 9 ZVG) beantragen. Für das Vollstreckungsgericht leitend ist, wie sich ein ordnungsgemäß wirtschaftender Eigentümer an der Stelle des Zwangsverwalters verhalten würde. Kommt das Vollstreckungsgericht einem Antrag nicht nach, ist die sofortige Beschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO statthaft.

12

Das zugrundegelegt gehen die Einwände des Klägers fehl. Ohne Erfolg meint er zunächst, er sei als sog. Inhaltsadressat der Verfügung vom 24. Januar 2019 jedenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG betroffen. Das trifft nicht zu. Die Verfügung verlangt von ihm kein Tun, Dulden oder Unterlassen, sondern verpflichtet allein den Beigeladenen. Seine Handlungsfreiheit bleibt daher vollständig unberührt.

13

Vergleichbares gilt für das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die hier berührte Eigentümerbefugnis, mit dem Eigentum nach Belieben zu verfahren, ist hinsichtlich der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks allein und mit Ausschlusswirkung gegenüber dem Kläger dem Beigeladenen zugewiesen. Dass ihm die Substanz seines Eigentums weiter zusteht und seine Verfügungsbefugnis über das Eigentum im Übrigen ungeschmälert fortbesteht, ändert daran mit Blick auf die eindeutige und mit Art. 14 Abs. 1 GG offensichtlich vereinbare Regelung des § 148 Abs. 2 ZVG nichts. Es reicht entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus, allgemein „das Eigentum“ zu bemühen, sondern es bedarf der konkreten Betrachtung, welche Rechte der Kläger mit Blick auf sein Eigentum nach Maßgabe des einfachen Rechts geltend machen kann. Eben das hat das Verwaltungsgericht zutreffend getan.

14

Für die Auffassung des Klägers, § 148 Abs. 2 ZVG betreffe nur die zivilrechtliche Verwaltung und Benutzung des unter Zwangsverwaltung gestellten Grundstücks, spricht unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Vorschrift nichts. Nicht zuletzt hat der Bundesgerichtshof (Urt. v. 9.2.2006 - IX ZR 151/04 -, NJW-RR 2006, 1096 = juris Rn. 11) - wie oben ausgeführt - bereits entschieden, dass sich § 148 Abs. 2 ZVG auch auf öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten bezieht, soweit sie ihren Grund in der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks haben.

15

Gegenteiliges ergibt sich nicht aus den von dem Kläger bezeichneten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Augsburg (Urt. v. 25.2.2013 - 5 K 10.1324 -, juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 10.6.2013 - 15 ZB 13.562 -, juris). Beiden Entscheidungen ist mit keinem Wort die Rechtsauffassung zu entnehmen, dass der Eigentümer eine gegenüber dem Zwangsverwalter ergangene Verfügung, die die Verwaltung des Grundstücks betrifft, selbst mit Rechtsmitteln angreifen kann. Die Frage stellte sich in dem zugrundeliegenden Verfahren schon im Ausgangspunkt nicht, weil die dortige Klägerin ihr Eigentum im entscheidungserheblichen Zeitpunkt vollständig verloren hatte. Im Gegenteil geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Anordnung der Zwangsverwaltung den Verlust der Prozessführungsbefugnis des Grundstückseigentümers nach sich zieht, wenn die Anordnung der Zwangsverwaltung vor der Einleitung des Rechtsstreits erfolgt (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 -, BRS 81 Nr. 223 = juris Rn. 22; Beschl. v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. -, juris Rn. 17). Damit wäre die Rechtsauffassung, die der Kläger dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in den Mund legen möchte, unvereinbar.

16

Das rechtliche Gehör des Klägers (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Verwaltungsgericht nicht dadurch verletzt, dass es die beiden bayerischen Entscheidungen und den Vortrag des Klägers dazu übergangen hätte. Dass die Entscheidungen nicht einschlägig sind, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. Juli 2019 ausgeführt; auf diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil Bezug genommen. Auf die weiter aufgeworfene Frage, welche Folgen eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Verwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätte haben müssen, kommt es in diesem Verfahrensstadium nicht an.

17

Einen im Hinblick auf § 42 Abs. 2 VwGO überzogenen Prüfungsmaßstab hat das Verwaltungsgericht nicht angelegt. Existiert wie hier mit § 148 Abs. 2 ZVG eine gesetzliche Bestimmung, die die Rechtsposition des Klägers eindeutig und verfassungskonform im Sinne des Verwaltungsgerichts begrenzt, liegen die Voraussetzungen für ein Entfallen der Klagebefugnis vor. Ein deutlicherer Fall ist kaum vorstellbar.

18

Unverständlich ist das Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung den falschen Prüfungsgegenstand zugrunde gelegt. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr eindeutig und zutreffend eine Klage gegen die denkmalrechtliche Verfügung vom 24. Januar 2019 geprüft. Daran ist nichts zu beanstanden; insbesondere hat das Verwaltungsgericht den Kläger auch nicht darauf verwiesen, die Anordnung der Zwangsverwaltung und die Bestellung des Zwangsverwalters als solche ersatzweise anzugreifen.

19

Von einer „vollständigen Enteignung“ bzw. „Entmündigung“ des Klägers kann keine Rede sein. Jenseits der Reichweite des § 148 Abs. 2 ZVG bleibt er berechtigt, seine Eigentümerbefugnisse selbst auszuüben; er bleibt insoweit (aber auch nur insoweit) prozessführungsbefugt. Im Anwendungsbereich des § 148 Abs. 2 ZVG stehen ihm die oben beschriebenen Rechtsschutzmöglichkeiten zu, die es ihm auch ermöglichen, eine Anordnung des Vollstreckungsgerichts zur Einlegung von verwaltungsgerichtlichen Rechtsmitteln durch den Zwangsverwalter zu erwirken, wenn - das ist entscheidend und hier nach Auffassung des Beigeladenen zu verneinen - dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Insofern ist es richtig, dass der Kläger einzelne Maßnahmen des Zwangsverwalters nicht selbstständig angreifen kann; Rechtsschutz ist vermittelt über die Aufsichtsbefugnisse des Vollstreckungsgerichts gemäß § 153 Abs. 1 ZVG zu suchen; dies ist die Konsequenz des nach § 148 Abs. 2, § 152 Abs. 1 ZVG erfolgten Übergangs der Verfügungsbefugnis. Hinzu kommen mögliche Sekundäransprüche gegen den Zwangsverwalter bei einer Verletzung der ihm obliegenden Pflichten (vgl. § 154 ZVG). Das Verwaltungsgericht war demgegenüber auf die Klage des Klägers nicht berechtigt, die Verfügung vom 24. Januar 2019 in der Sache zu überprüfen.

20

Ob es in Extremfällen, in denen aufgrund nicht weiter dargelegter Umstände Rechtsschutz mittels des Vollstreckungsgerichts nicht erlangt werden kann, gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V. mit Art. 14 Abs. 1 GG einer unmittelbaren Rechtsschutzgewähr durch das Verwaltungsgericht bedarf, kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier - wie ausgeführt - jedenfalls nicht vor. Für das behauptete kollusive Zusammenwirken von Beklagter und Beigeladenem trägt der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung schon keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte vor; im Übrigen wäre gerade das gemäß § 153 Abs. 1 ZVG die Aufsicht führende Vollstreckungsgericht berufen, einem solchen Zusammenwirken durch Abberufung des Verwalters ein Ende zu setzen.

21

2. Wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Berufung ebenfalls nicht zuzulassen. Die aufgeworfene Rechtsfrage, „ob ein Grundstückseigentümer trotz bzw. während laufender Zwangsverwaltung in Anbetracht der zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 148, 152 ZVG verwaltungsrechtlich jedenfalls vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG weiterhin klagebefugt i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO sein kann“, bedarf keiner obergerichtlichen Klärung. Die Frage ist vielmehr - wie ausgeführt - unmittelbar aus dem Gesetz in dem Sinne zu beantworten, dass eine Klagebefugnis im Anwendungsbereich des § 148 Abs. 2 ZVG nicht besteht, wenn der Verwaltungsakt an den Zwangsverwalter gerichtet ist. Aus den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Augsburg und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs folgt - wie ausgeführt - nichts Gegenteiliges.

22

3. Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung; der Zulassungsantrag verfehlt insofern schon die Anforderungen, die § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung einer rechtlichen Divergenz stellt. Zu bezeichnen ist ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtssatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Oberverwaltungsgericht, das Bundesverwaltungsgericht oder das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Darlegungsanforderungen nicht (vgl. jüngst etwa Nds. OVG, Beschl. v. 15.12.2020 - 8 LA 80/20 -, juris Rn. 28, stRspr.).

23

Das zugrundegelegt ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht dem bundesverfassungsgerichtlichen Rechtssatz, „dass selbst jene Normen, welche den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einschränken, ihrerseits an den Maßstäben des Art. 14 Abs. 1 GG zu messen sind, also eine Wechselwirkung zwischen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und den Vorschriftendes ZVG zu beachten ist“, durch Aufstellung eines abweichenden Rechtssatzes grundsätzlich widersprochen haben könnte. Im Gegenteil hat der Senat in seinem Beschluss vom 25. Juli 2019 die Leitwirkung des Art. 14 GG zur Handhabung des Verfahrens- und des materiellen Rechts ausdrücklich betont. Dem hat sich das Verwaltungsgericht durch Bezugnahme angeschlossen.

24

5. Schließlich ist dem Verwaltungsgericht kein zur Zulassung der Berufung führender Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) in Gestalt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs unterlaufen. Das entsprechende Vorbringen, das im Wesentlichen aus einer Bezugnahme auf Schriftsätze aus dem erstinstanzlichen Verfahren besteht, deren Inhalt das Verwaltungsgericht übergangen haben soll, genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Aufzuzeigen gewesen wäre insofern, welchen konkreten Vortrag das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen haben soll und welche Folgen sich im Fall einer Berücksichtigung (unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts) ergeben hätten. Das fehlt vollständig. Zudem liegt auch in der Sache kein Gehörsverstoß vor. Selbst wenn es - wofür nichts spricht - ein kollusives Zusammenwirken von Beklagter und Beigeladenem gegeben hätte, hätte dies nicht zur Folge, dass der Kläger rechtsschutzlos gestellt gewesen wäre. Er hätte, wie schon der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Beschluss des Senats vom 25. Juli 2019 ausführlich darlegt, vielmehr Rechtsschutz durch das Vollstreckungsgericht in Anspruch nehmen können. Das schließt es nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts aus, einen weitergehenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, den das Gesetz nicht vorsieht. Ein weiteres Eingehen auf das behauptete kollusive Zusammenwirken war daher entbehrlich.

25

Auf die weiter aufgeworfene Frage, ob dem Kläger zudem das Rechtsschutzbedürfnis für seine Klage fehlt, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

26

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

28

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat nimmt zur näheren Begründung auf seinen Beschluss vom heutigen Tag zum Aktenzeichen 1 OA 115/20 Bezug.

29

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 


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