Urteil vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 LB 133/20

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer (Einzelrichter) - vom 31. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger infolge der ihm in seinem Amt als Oberstudienrat (Besoldungsgruppe A 14) übertragenen Funktionstätigkeiten Zuvielarbeit abverlangt wird.

2

Der Kläger ist als Gymnasiallehrer am Gymnasium G. tätig. Dort unterrichtet er die Fächer Latein und Geschichte, ist vollzeitbeschäftigt mit einer Regelstundenzahl von 23,5 Wochenstunden und befindet sich mit zwei Unterrichtsstunden in der Ausgleichsphase des verpflichtenden Arbeitszeitkontos. Mit Wirkung vom … 2015 wurde ihm sein aktueller Dienstposten übertragen und mit Wirkung vom … 2015 wurde er nach einer sechsmonatigen Bewährungszeit zum Oberstudienrat befördert. Der Dienstposten des Klägers umfasst die Funktionsaufgaben „Leitung des Faches Latein; Organisation und Betreuung des Ganztagsangebotes; Koordinierung der Maßnahmen zu Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz und Erste Hilfe“.

3

Nachdem der Kläger im November 2017 bereits eine Überlastungsanzeige erstattet hatte, beantragte er mit Schreiben vom 5. April 2018 bei der Funktionsvorgängerin des Beklagten - der damaligen Niedersächsischen H. - die Gewährung von Anrechnungsstunden als Ausgleich für die Wahrnehmung seiner Funktionstätigkeiten. Hierbei bezog er sich auf ein Rechtsgutachten seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 8. November 2017 und ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2015 (- BVerwG 2 C 16.14 -, juris), das die Entlastung von Teilzeitkräften mit Funktionsstelle zum Gegenstand gehabt hatte. Das Niedersächsische Kultusministerium gehe selbst davon aus, dass die Wahrnehmung der besonderen Aufgaben eines Oberstudienrates einen zusätzlichen Zeitaufwand von drei Zeitstunden bzw. zwei Anrechnungsstunden pro Woche mit sich bringe. Kurz darauf verfasste der Kläger eine weitere Überlastungsanzeige.

4

Die Funktionsvorgängerin des Beklagten lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. Juni 2018 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Niedersächsische Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen (Nds. ArbZVO-Schule) für die Wahrnehmung der Funktionstätigkeiten im Amt eines Oberstudienrates keine Anrechnungsstunden vorsehe. Die vom Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht einschlägig. Diese betreffe nur teilzeitbeschäftigte Funktionsstelleninhaber. Die Dienstposten der Oberstudienräte an Gymnasien zeichneten sich dadurch aus, dass neben den Aufgaben der Studienräte zusätzlich höherwertige Tätigkeiten (Funktionsaufgaben) zu erfüllen seien, die von ihrem Umfang und ihrer Bedeutung her amtsprägenden Charakter haben müssten. Zwar müssten Oberstudienräte einerseits in demselben Umfang wie Studienräte Unterricht erteilen und zusätzlich Funktionstätigkeiten wahrnehmen, weshalb ihr Arbeitspensum insgesamt höher sei. Anderseits würden Beförderungsämter an besonders leistungsstarke Beamte vergeben, so dass der Dienstherr grundsätzlich erwarten könne, dass die mit dem Beförderungsamt verbundene Mehrbelastung durch planvolle und effiziente Arbeitsorganisation dergestalt bewältigt werde, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nicht überschritten werde.

5

Der Kläger hat am 2. August 2018 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat:

6

Die Gewährung von Anrechnungsstunden für Funktionsaufgaben hänge gemäß § 12 in Verbindung mit Anlage 1 Nds. ArbZVO-Schule von der jeweiligen Aufgabe, zum Teil aber auch von der Größe der Schule und der Schulform ab. An Gymnasien, Abendgymnasien und Kollegs seien die Beförderungsämter des Oberstudienrats (Bes.-Gr. A 14) und des Studiendirektors (Bes.-Gr. A 15) für die zusätzliche Wahrnehmung von Funktionsaufgaben vorgesehen; an anderen Schulformen gebe es vergleichbare Funktionsämter. Anders als bei anderen Schulformen würden Anrechnungsstunden als Ausgleich für Funktionsaufgaben im gymnasialen Bereich nur den Teilzeitkräften gewährt.

7

Der ihm, dem Kläger, übertragene Aufgabenbereich Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz gehöre zum Aufgabenbereich eines Schulleiters und werde weder im sog. A 14-Erlass noch im A 15-Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums genannt. Von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, die Verantwortung für das Ganztagsschulkonzept zu delegieren, habe sein Schulleiter in einem deutlich über den durch den A 14-Erlass (dort Nr. 15) vorgesehenen Maß Gebrauch gemacht.

8

Seine umfangreichen Funktionsaufgaben führten dazu, dass er insgesamt wesentlich mehr als 40 Stunden pro Woche arbeite. Dies hätten auch die beiden Arbeitszeitstudien gezeigt, an denen er teilgenommen habe. Die drei Zeitstunden, die der Beklagte für die Funktionsaufgaben veranschlage, genügten nicht. So habe die Arbeitszeituntersuchung des Instituts für Präventivmedizin der Universität I. ergeben, dass er im Untersuchungszeitraum (12. Februar 2018 bis 11. März 2018) neben dem bereits über der 40-Stunden-Woche liegenden Zeitaufwand für seine unterrichtlichen Aufgaben wöchentlich durchschnittlich 6,8 Stunden für seine Funktionsaufgaben aufgewandt habe; unter Berücksichtigung der Ferienzeiten seien es ca. 5,8 Stunden Mehraufwand. Auf der Grundlage der Arbeitszeituntersuchung der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität J. habe das Expertengremium Arbeitszeitanalyse „bedeutsame Verletzungen der Arbeitszeitnormen“ konstatiert und für Lehrkräfte an Gymnasien unter Berücksichtigung der Ferienzeiten mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 43,05 Stunden die im Vergleich größte Überschreitung der gesetzlich festgelegten Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche festgestellt.

9

Die Nichtgewährung von Anrechnungsstunden verstoße gegen die aus Art. 33 Abs. 5 GG abzuleitende Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Rechtsprechung sei in der Vergangenheit stets von einer nur sehr eingeschränkten Kontrollmöglichkeit („grob pauschalierende Betrachtung“) der Arbeitszeitgestaltung ausgegangen und habe dem Dienstherrn insoweit einen weiten Gestaltungsspielraum eingeräumt und hohe Anforderungen an den konkreten Nachweis einer Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen Arbeitszeit gestellt. Diese Rechtsprechung sei durch die jüngeren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Alimentationsprinzip überholt. Das Nds. Oberverwaltungsgericht habe diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 9. Juni 2015, welches die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung von Gymnasiallehrkräften zum Gegenstand gehabt habe, aufgegriffen und aus Art. 33 Abs. 5 GG die prozedurale Pflicht abgeleitet, die tatsächliche Arbeitsbelastung von Lehrern zu ermitteln und für notwendig erachtete Anpassungen entsprechend nachvollziehbar zu begründen. Der Verstoß gegen die prozeduralen Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG habe zugleich zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Form des Willkürverbotes geführt, weil sich ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Gymnasiallehrkräfte im Verhältnis zu den übrigen, nicht von der Stundenzahlerhöhung betroffenen verbeamteten Lehrkräften nicht habe feststellen lassen. Diese Grundsätze gälten auch für die Übertragung von Funktionsaufgaben. Auch hier sei sicherzustellen, dass die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden im Jahresdurchschnitt nicht überschritten werde.

10

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang mit einer besonderen Leistungsfähigkeit von Lehrkräften in Beförderungsämtern argumentiere, überzeuge diese Erwägung nicht. Die besondere Leistungsfähigkeit könne zwar ein Kriterium bei der Auswahlentscheidung für ein Beförderungsamt sein. Die Übertragung eines Beförderungsamtes lasse jedoch nicht den Rückschluss zu, dass eine Lehrkraft besonders effizient sei. Das Beförderungsamt des Oberstudienrates zeichne sich durch die Wahrnehmung qualifizierter Tätigkeiten aus. Eine Verpflichtung zur Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Wochenarbeitszeit gehe damit nicht einher. Der Beklagte sei im Nachgang zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2015 für teilzeitbeschäftigte Oberstudienräte zu der Einschätzung gekommen, dass eine vollumfängliche Wahrnehmung von Funktionstätigkeiten in der Regel mit einem Zeitaufwand von drei Zeitstunden pro Woche verbunden sei, was zwei Anrechnungsstunden entspreche. Auch er könne als Vollzeitkraft die Gewährung eben dieser zwei Anrechnungsstunden verlangen.

11

Die von ihm wahrgenommenen Funktionsaufgaben „Organisation und Betreuung des Ganztagsangebotes“ und die Fachkonferenzleitung „Latein“, die auch die Verwaltung der Lehrmittel- und Mediensammlung für jenes Fach beinhalte, seien, was den zeitlichen Aufwand betreffe, trotz unterschiedlicher Begrifflichkeiten ohne Weiteres mit den entsprechenden Fachbereichsleitungen an einer Gesamtschule vergleichbar. Trotz der Vergleichbarkeit würden Fachkonferenzleiter an Gymnasien gegenüber Fachbereichsleitern an Gesamtschulen benachteiligt, indem sie für diese Funktionsaufgaben keine Anrechnungsstunden bekämen. Sowohl an Gymnasien als auch an Gesamtschulen gebe es Fachkonferenzleitungen bzw. Fachbereichsleitungen, die nur ein einziges Fach betreuten. Ebenso gebe es an beiden Schulformen die Zusammenfassung mehrerer Unterrichtsfächer bzw. die Kombination aus einem Unterrichtsfach mit einer oder mehreren anderen Funktionsaufgaben. Die Kerncurricula für das Fach Latein seien für beide Schularten nahezu identisch. Sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung seien insofern nicht ersichtlich. Soweit in diesem Zusammenhang mit einer besonderen Leistungsfähigkeit argumentiert werde, stelle sich die Frage, ob den Fachbereichsleitern an Gesamtschulen - auch denen, die nach der Bes.-Gr. A 14 besoldet würden - die besondere Leistungsfähigkeit abgesprochen werde. Zudem sei eine besondere Leistungsfähigkeit nicht objektivierbar.

12

Die vom Beklagten vorgetragenen „Entlastungserwägungen“ würden einer sachlichen Prüfung nicht standhalten. Im Gegenteil seien für Lehrkräfte in großem Umfang neue Belastungen hinzugetreten, wie etwa die Eigenverantwortliche Schule, Inklusion, Beschulung von Flüchtlingskindern, Abordnungen, Umstellung auf G 8 und dann wieder auf G 9, Ganztagsschule, Berufsorientierung, Digitalisierung usw.. Die angebliche Entlastung werde durch die Ergebnisse des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse widerlegt. Danach nähmen die außerunterrichtlichen Tätigkeiten immer weiter zu. Der Hinweis des Beklagten auf etwaige entlastende Entwicklungen gehe hier an der Sache vorbei, weil sich diese auf Lehrkräfte aller Schulformen auswirkten, während es vorliegend allein um die zusätzliche Arbeitszeit gehe, die aufgrund von Funktionstätigkeiten an einem Gymnasium zu erbringen sei.

13

Die unterschiedliche Regelstundenzahl stehe einem Vergleich der Arbeitsbelastung der Lehrer an den verschiedenen Schulformen nicht entgegen. In Anbetracht des Umstands, dass der Beklagte selbst von einer Belastung durch die Funktionsaufgaben im Umfang von drei Wochenstunden (bzw. zwei Anrechnungsstunden) ausgehe, erschließe es sich nicht, weshalb er - der Beklagte - Angaben seines Schulleiters vortrage, aus denen sich hinsichtlich der Funktionsaufgaben nur eine Belastung von 1,3 Stunden pro Woche ergebe, was im krassen Widerspruch zu den Ergebnissen der Arbeitszeitstudien stehe. Von der Aufgabe „Erste Hilfe“, die lediglich einen kleinen Teil seiner Funktionstätigkeiten ausmache, sei er bislang nicht entbunden worden. Ferner habe er bislang die vom Beklagten erwähnte halbe Anrechnungsstunde nicht erhalten.

14

Die Ergebnisse der J. Arbeitszeitstudie seien vom Beklagten fehlinterpretiert worden. Es sei mitnichten so, dass die Teilgruppe der Lehrkräfte, zu der er zähle, die am wenigsten belastete sei.

15

Der Vortrag des Beklagten, dass auch bei Funktionsamtsinhabern, denen Anrechnungsstunden gewährt würden, ein voller Ausgleich der Mehrbelastung nicht stattfinde und auch diese aufgrund höherer Leistungsfähigkeit ein über die Anrechnungsstunden hinausgehendes Arbeitspensum zu bewältigen hätten, überrasche und führe dazu, dass die Ungleichbehandlung der Funktionsamtsinhaber an Gymnasien und Gesamtschulen sich als noch gravierender darstelle.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 29. Juni 2018 zu verpflichten, ihm zum Ausgleich für die ihm als Oberstudienrat übertragenen Funktionstätigkeiten zwei Anrechnungsstunden zu gewähren

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Er hat auf die Klage erwidert: Er sehe keinen Anlass, die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Wertung infrage zu stellen, wonach bei beförderten Beamten wie dem Kläger von einer höheren Leistungsfähigkeit auszugehen sei, wodurch das höhere Arbeitspensum kompensiert werde. Da teilzeitbeschäftigte Oberstudienräte ihre Funktionstätigkeiten in vollem Umfang und nicht lediglich anteilig wahrzunehmen hätten, seien sie überproportional belastet und deshalb zu entlasten. Die Entlastung könne bei der unterrichtlichen Tätigkeit oder bei den außerunterrichtlichen Verpflichtungen oder einer Kombination aus beidem erfolgen. Ein mit halber Pflichtstundenzahl beschäftigter Oberstudienrat bekomme deshalb für seine mit zwei Pflichtstunden zu beziffernde, vollumfängliche Funktionstätigkeit eine Anrechnungsstunde zur Entlastung gewährt. Im Ergebnis müsse er also aufgrund seiner erhöhten Leistungsfähigkeit weiterhin ein um eine Stunde erhöhtes Arbeitspensum als ein entsprechend teilzeitbeschäftigter Studienrat (Bes.-Gr. A 13) bewältigen. Dies entspreche im Verhältnis exakt einem vollzeitbeschäftigten Oberstudienrat wie dem Kläger, der um ein zwei Pflichtstunden höheres Pensum in der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit zu bewältigen habe, sodass eine Ungleichbehandlung zwischen den Gruppen der teilzeit- und der vollzeitbeschäftigten Oberstudienräte nicht gegeben sei.

21

Gegen eine zeitliche Überforderung des Klägers spreche außerdem die bereits seit einiger Zeit andauernde und sich weiter fortsetzende Verringerung der außerunterrichtlichen Verpflichtungen durch Absenkung der Schülerhöchstzahlen, Ausbau der Ganztagsschulen, Abschaffung der Orientierungsstufe, Ausweitung der Fortbildungsmöglichkeiten usw.. Die Entlastungen beträfen zum Teil das gesamte Kollegium; hieraus ergäben sich Synergieeffekte.

22

Der Schulleiter des Gymnasiums Alfeld habe zur tatsächlichen Belastung des Klägers mitgeteilt, dass die Leitung des Faches Latein ca. 20 Stunden pro Jahr, die Koordinierung des Ganztagsbereichs ebenfalls ca. 20 Stunden und die Aufgaben als Sicherheitsbeauftragter ca. 15 Stunden in Anspruch nähmen. Der Bereich „Erste Hilfe“ sei dem Kläger abgenommen worden. Zudem werde er bereits mit 0,5 Jahreswochenstunden entlastet.

23

Nach den Feststellungen des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse seien bestimmte Gruppen von Lehrkräften wie Teilzeitbeschäftigte und Schulleitungen besonders belastet. Die Gruppe der vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte mit einem Anspruch von weniger als neun Anrechnungsstunden, zu der der Kläger gehöre, zähle hingegen zu den am wenigsten belasteten Gruppen. Zwar weise diese Gruppe eine Überschreitung der wöchentlichen Sollarbeitszeit um 32 Minuten auf. Diese Überschreitung rechtfertige aber nicht eine Entlastung durch zwei Anrechnungsstunden, zumal die besonders zeitintensiven Aufgaben der vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte an Gymnasien im Bereich der Korrekturzeiten und Abschlussarbeiten lägen.

24

Soweit der Kläger von einer Ungleichbehandlung der Gymnasiallehrer im Verhältnis zu Gesamtschullehrern ausgehe, treffe dieser Einwand nicht zu, weil diese Schulformen nicht uneingeschränkt miteinander vergleichbar seien. Die Regelungen der Nds. ArbZVO-Schule trügen den Unterschieden der jeweiligen Schulformen Rechnung. Die fehlende Vergleichbarkeit komme insbesondere durch die unterschiedlichen Regelstundenzahlen zum Ausdruck. Zudem müssten bei der Gewährung von Anrechnungsstunden die unterschiedlichen Anforderungen berücksichtigt werden. Der Zuschnitt einer Fachbereichsleitung in einer Gesamtschule obliege dieser selbst, wobei jedoch vorausgesetzt werde, dass sich die Fachbereichsleitung grundsätzlich an den Unterrichtsfächern orientiere. Regelmäßig orientierten sich die Gesamtschulen dabei an der Schwerpunktbildung ihrer Schule. Eine Fachbereichsleitung „nur“ für das Unterrichtsfach Latein sei daher möglich, nicht hingegen eine Fachbereichsleitung „Ganztag“ oder „Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz und Erste Hilfe“. Es sei zu berücksichtigen, dass an Gesamtschulen verschiedene Schulformen gebündelt würden, was die Wahrnehmung einer Fachbereichsleitung z.B. für das Unterrichtsfach „Latein“ umfangreicher mache als die Leitung der Fachkonferenz „Latein“ an einem Gymnasium. Außerdem umfasse die Fachbereichsleitung einer Gesamtschule regelmäßig mehrere Unterrichtsfächer (z.B. „Moderne Fremdsprachen“). Sofern die Fachbereichsleitung ausnahmsweise nur ein Unterrichtsfach umfasse, kämen regelmäßig weitere Funktionsaufgaben hinzu (z.B. „Sport und Ganztag“). Selbst an großen Gesamtschulen gebe es maximal neun Fachbereichsleitungen. Ein Drittel der Fachbereichsleitungen an Gesamtschulen seien mit Lehrkräften der Besoldungsgruppe A 13 und zwei Drittel mit solcher nach A 14 besetzt. Selbst an großen Gesamtschulen würden daher maximal 6 Fachbereichsleitungen von Lehrkräften der Besoldungsgruppe A 14 wahrgenommen. Demgegenüber gebe es an großen Gymnasien bis zu 26 Funktionsstellen der Besoldungsgruppe A 14. Am Gymnasium Alfeld gebe es 17 Funktionsämter der Besoldungsgruppe A 14. Die Nichtvergleichbarkeit komme zudem darin zum Ausdruck, dass es für die Arbeit an den einzelnen Schulformen unterschiedliche Erlasse gebe.

25

Der Verordnungsgeber habe in Anlage 1 zu § 12 Nds. ArbZVO-Schule besondere Funktionen mit besonders zeitintensiven Funktionstätigkeiten identifiziert, die einen Ausgleich erforderten. Zu einem vollständigen Ausgleich komme es jedoch auch bei Gewährung von Anrechnungsstunden nicht. Die betreffenden Beamten müssten dennoch ein über die Anrechnungsstunden hinausgehendes, erhöhtes Arbeitspensum bewältigen und seien somit nicht bessergestellt als der Kläger.

26

Das Verwaltungsgericht Hannover - 2. Kammer (Einzelrichter) - hat die Klage mit Urteil vom 31. Januar 2019 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne keine Anrechnungsstunden beanspruchen, weil § 12 Nds. ArbZVO-Schule in Verbindung mit der Anlage 1 für die Wahrnehmung von Funktionstätigkeiten im Amt eines Oberstudienrates an einem Gymnasium keine Anrechnungsstunden vorsehe. Hierin sei kein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Beklagten aus Art. 33 Abs. 5 GG oder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen. Denn eine Überlastung für vollbeschäftigte Oberstudienräte wie dem Kläger durch die Wahrnehmung von Funktionsaufgaben sei nicht ersichtlich. Der niedersächsische Verordnungsgeber habe in der Nds. ArbZVO-Schule eine fehlerfreie und insbesondere nicht willkürliche Einschätzung der Gewährung von Anrechnungsstunden vorgenommen. Er habe die Möglichkeit, Anrechnungsstunden zu gewähren, nicht gänzlich abgesprochen, da etwa Fachbereichsleiter an Gesamtschulen solche geltend machen könnten. Insofern sei dem Verordnungsgeber diese Möglichkeit nicht unbekannt; vielmehr habe er sich bewusst gegen die Gewährung von Anrechnungsstunden für Fachkonferenzleiter an Gymnasien entschieden. Auch wenn Oberstudienräte ein höheres Arbeitspensum zu bewältigen hätten als Studienräte, könne der Dienstherr, da Beförderungsämter an besonders leistungsstarke Beamte vergeben würden, erwarten, dass trotz der Mehrbelastung die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nicht überschritten werde.

27

Der Senat hat durch Beschluss vom 20. August 2020 (- 5 LA 71/19 -) die Berufung des Klägers wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen.

28

Zur Begründung der Berufung vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:

29

Dem Urteil des Verwaltungsgerichts liege mit der Feststellung, dass eine Überlastung vollbeschäftigter Oberstudienräte wie dem Kläger hinsichtlich der Wahrnehmung von Funktionsaufgaben nicht ersichtlich sei, bereits ein falscher Prüfungsmaßstab zugrunde. Es gehe nicht um die abstrakte Prüfung einer wie auch immer gearteten Überlastung, sondern um die Einhaltung der festgelegten Wochenarbeitszeit. Zudem habe das Verwaltungsgericht, indem es sich auf eine Willkürprüfung beschränkt habe, unter Hinweis auf die bereits überholte Rechtsprechung eine allzu eingeschränkte gerichtliche Kontrollkompetenz angenommen. Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetz- und Verordnungsgeber umfangreiche Sachverhaltsaufklärungs- und Dokumentationspflichten auferlegt, und auch der erkennende Senat habe als Gegenstück zu der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle prozedurale Anforderungen formuliert.

30

Selbst wenn man von einer „besonderen Leistungsfähigkeit“ im Sinne einer erhöhten Arbeitseffizienz von Oberstudienräten an Gymnasien ausgehen wollte, sei zu beachten, dass dieser Gesichtspunkt nicht überspannt werden dürfe und sich deshalb auf „überschaubare Mehrbelastungen“ aufgrund der übertragenen Funktionstätigkeiten beschränken müsse. Die Prüfung, ob und wann diese Grenze überschritten werde, sei vom Verwaltungsgericht nicht vorgenommen worden. Allein der Verweis auf die besondere Leistungsfähigkeit trage nicht und berücksichtige nicht seine - des Klägers - konkrete Situation, dem mehrere unterschiedliche Funktionsaufgaben übertragen worden seien.

31

Zudem habe der Verordnungsgeber für alle anderen Funktionsämter gleichwohl die Gewährung von Anrechnungsstunden vorgesehen, ohne dass nachvollziehbar sei, warum ausschließlich Funktionsämter der Besoldungsgruppe A 14 an Gymnasien solche nicht erhielten und anhand welcher Kriterien diese unterschiedliche Handhabung vorgenommen worden sei. Ob der Unterscheidung sachgerechte Erwägungen zugrunde lägen, sei mangels Sachverhaltsaufklärung und Dokumentation nicht nachprüfbar. Für den Fall, dass Funktionsamtsinhaber an Gymnasien (der Bes.-Gr. A 14) tatsächlich die vom Dienstherrn angesetzten drei zusätzlichen Zeitstunden durch effizientere Arbeitsgestaltung kompensieren könnten, müsse diese Annahme gleichermaßen für alle anderen Funktionsamtsinhaber gelten. Diesen würden jedoch zum Ausgleich für die Mehrbelastung Anrechnungsstunden gewährt. Nicht nachzuvollziehen sei darüber hinaus die Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass nach den Erkenntnissen des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse zwar bei Gymnasiallehrkräften die gesetzlich festgelegte Wochenarbeitszeit von durchschnittlich drei Stunden überschritten werde, jedoch nicht davon ausgegangen werden könne, dass diese Überschreitung auf übertragenen Funktionstätigkeiten beruhe, weil sich aus der Untersuchung nicht ergebe, in welchem Umfang der Anteil der Überlastung auf die Wahrnehmung von Funktionsaufgaben der Oberstudienräte an Gymnasien zurückzuführen sei. Der Befund hätte dem Gericht Anlass zur Prüfung geben müssen, zumal sich ein Zusammenhang mit den Funktionsaufgaben durchaus aufdränge.

32

Das Expertengremium Arbeitszeitanalyse habe in seinem Bericht Funktionsamtsinhaber mit Anrechnungsstunden - nur diese seien untersucht worden - als eine Gruppe mit überproportional hoher Arbeitszeit identifiziert und eine Erhöhung der Anrechnungsstunden für Lehrkräfte der Besoldungsgruppe A 15 für dringend erforderlich erachtet. Insofern sei davon auszugehen, dass es auch bei Funktionsamtsinhabern der Besoldungsgruppe A 14 an Gymnasien, die keinen zeitlichen Ausgleich für ihre Funktionstätigkeiten in Form von Anrechnungsstunden erhielten, zur Überschreitung der festgelegten Wochenarbeitszeit komme.

33

Ferner habe der Dienstherr nach Unionsrecht die Pflicht, die Arbeitszeit seiner Beschäftigten zu erfassen. Hieraus ergebe sich die auch auf den vorliegenden Fall zu übertragende Anforderung, dass der Dienstherr nicht nach Gutsherrenart über die Arbeitszeit bestimmen und eine effektive Kontrolle der Einhaltung der zulässigen Höchstarbeitszeit dadurch unterlaufen dürfe, dass die tatsächliche Arbeitszeit nicht erfasst werde.

34

Er, der Kläger, habe nicht nur aus Fürsorgegründen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung einen Anspruch auf Gewährung von Anrechnungsstunden. Die vom Verwaltungsgericht angeführten „gewichtigen Aspekte“, die gegen eine Vergleichbarkeit von Gymnasiallehrkräften mit Lehrkräften anderer Schulformen, insbesondere an Gesamtschulen sprächen, seien nicht nur weitestgehend unzutreffend, sondern bezüglich der Frage der Gewährung von Anrechnungsstunden auch unergiebig. Die unterschiedlichen Regelstundenzahlen der Lehrkräfte an Gymnasien und Gesamtschulen stünden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Frage des angemessenen Ausgleichs für die zusätzliche zeitliche Belastung durch Funktionsaufgaben. Aus den Feststellungen des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse sei zu schließen, dass die für an einer Gesamtschule tätigenden Lehrkräfte festgelegte Regelstundenzahl in Kombination mit der im Vergleich zu den Gymnasien deutlich höheren Zahl von Anrechnungsstunden insgesamt zielgenau zu einer Einhaltung der gesetzlich festgelegten Wochenarbeitszeit führe, wohingegen diese für Gymnasiallehrkräfte im Durchschnitt um drei Stunden überschritten werde. Soweit auf die Bündelung verschiedener Schulformen an Gesamtschulen verwiesen werde, fehle eine Begründung, weshalb dies zu einer Nichtvergleichbarkeit mit Gymnasiallehrkräften führe, zumal der Unterricht auch an Integrierten Gesamtschulen nach Schuljahrgängen gegliedert sei. Schulzweige im organisatorischen Sinne gebe es dort nicht. An den insgesamt noch 36 verbliebenen Kooperativen Gesamtschulen in Niedersachsen sei der Unterricht sehr unterschiedlich organisiert, jedoch zunehmend ohne Schulzweige. Unbeschadet der verschiedenen Organisationsformen erhielten alle Fachbereichsleitungen an Gesamtschulen die gleiche Anzahl an Anrechnungsstunden. Ebenso für die Fachkonferenzleitungen an Haupt-, Real- und Oberschulen seien Anrechnungsstunden vorgesehen. Hinsichtlich des Zuschnitts der Fachbereiche zeige sich in der Praxis ein sehr unterschiedliches Bild. Weshalb etwa die Fachbereichsleitung „Latein“ an einer Gesamtschule automatisch und grundsätzlich aufwendiger sein solle als die Fachkonferenzleitung „Latein“ an einem Gymnasium, erschließe sich nicht, zumal lediglich 28 von 95 Gesamtschulen in Niedersachsen über eine voll ausgebaute gymnasiale Oberstufe verfügten. An 43 Gesamtschulen gäbe es keine Oberstufe und somit auch keine Vorbereitung auf und Durchführung von Abiturprüfen, wodurch für die Fachbereichsleitung erheblicher Aufwand wegfalle. Insbesondere bei Fachbereichsleitungen „Ganztag“, für die an der Gesamtschule drei Anrechnungsstunden gewährt würden, und die sich in beiden Schulformen nach den gleichen Bestimmungen richteten, sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung offenkundig. Eine fehlende Vergleichbarkeit lasse sich auch nicht mit der Anzahl der Funktionsstellen begründen. Denn die vom Dienstherrn geforderte Mehrleistung von drei Zeitstunden hänge nicht von dieser Zahl ab. Zudem gebe es an Gesamtschulen eine Vielzahl von Funktions- bzw. Beförderungsstellen, die es an Gymnasien in dieser Form nicht gebe (z.B. didaktische Leitung, Jahrgangsleitung).

35

Der Kläger hat die mit der Berufung zunächst weiterverfolgte Verpflichtungsklage in der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2022 mit Zustimmung des Beklagten geändert.

36

Er beantragt nunmehr,

37

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 31. Januar 2019 zu ändern und festzustellen, dass von ihm infolge der Wahrnehmung der mit seinem Amt als Oberstudienrat an einem Gymnasium verbundenen Funktionstätigkeiten vom Dienstherrn Zuvielarbeit - über § 60 Abs. 1 NBG hinausgehende Arbeitszeit - abverlangt wird, die zwei Anrechnungsstunden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nds. ArbZVO-Schule entspricht.

38

Der Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Er erwidert: Die vom Kläger geltend gemachte Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen Arbeitszeit sei bislang nicht hinreichend substantiiert. Er beschränke sich lediglich auf die Behauptung, dass eine Arbeitszeitüberschreitung durch zwei Arbeitszeituntersuchungen festgestellt worden sei. Die Arbeitszeituntersuchung der Universität I. könne schon deshalb nicht als hinreichende Grundlage für den Nachweis einer Arbeitszeitüberschreitung dienen, weil sie lediglich einen kurzen Zeitraum (12. Februar 2018 bis 11. März 2018) umfasst habe und die Arbeitszeitbelastung von Lehrkräften über das Schuljahr stark schwanke. In diesem Zusammenhang habe der Kläger nicht vorgetragen, in welchem Umfang seine wöchentliche Arbeitszeit überschritten werde, sondern er greife lediglich den Teilbereich der Funktionstätigkeiten heraus. Im Übrigen fehle es an näheren Informationen zu der Untersuchung und den dortigen Feststellungen. Dem Ergebnisbericht des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse sei zwar zu entnehmen, dass es zu Überschreitungen der Vorgaben zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit komme . Es zeige sich jedoch auch, dass bestimmte Gruppen wie etwa Teilzeitbeschäftigte und Schulleitungen besonders belastet seien. Die Gruppe der vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte mit weniger als neun Anrechnungsstunden, zu der der Kläger gehöre, zähle zu den am wenigsten belasteten Lehrkräften. Insoweit seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Vergabe von Anrechnungsstunden im Falle des Klägers notwendig sei. Die für seine Gruppe festgestellte Überschreitung der Sollarbeitszeit von 32 Minuten rechtfertige nicht eine Entlastung im Umfang von zwei Anrechnungsstunden. Die Aufschlüsselung der Tätigkeitskategorien zeige, dass die besonders zeitintensiven Aufgaben der vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte am Gymnasium im Bereich der Korrekturzeiten und Abschlussarbeiten lägen. Ferner treffe es nicht zu, dass das Expertengremium eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 43 Stunden und 5 Minuten bei Lehrkräften am Gymnasium festgestellt habe. Für einen den Klageantrag stützenden Vortrag sei zumindest zu fordern, dass der Kläger durch eine konkrete Arbeitszeitaufzeichnung darlege, wann er in welchem Umfang und mit welcher Tätigkeit beschäftigt gewesen sei. Dies sei bislang nicht geschehen, sodass es an jeglichen näheren qualitativen und quantitativen Ausführungen zur Arbeitszeitgestaltung fehle.

41

Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger für die Aufgabe als Sicherheitsbeauftragter eine Entlastung im Umfang von 0,5 Jahreswochenstunden erhalte. Zusätzlich werde er im Umfang von 0,5 Jahreswochenstunden zum Ausgleich besonderer Belastungen entlastet. Zudem sei ihm zu seiner Entlastung der Aufgabenbereich „Erste Hilfe“ abgenommen worden.

42

Er, der Beklagte, stelle nicht in Abrede, dass Oberstudienräte an Gymnasien aufgrund ihrer Funktionsaufgaben ein höheres Arbeitspensum zu bewältigen hätten als dort tätige Studienräte. Dieser Umstand allein sei jedoch nicht dazu geeignet, eine Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu belegen. Aufgrund ihrer höheren Leistungsfähigkeit sei zu erwarten, dass Oberstudienräte trotz des höheren Pensums die wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten. Auch auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den prozeduralen Anforderungen einer Normgebung (Urteil vom 9. Juni 2015) könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Im vorliegenden Fall stehe nicht ein Normerlass im Streit. Allein im Falle einer entsprechenden Änderung der Nds. ArbZVO-Schule müsse der Verordnungsgeber gesteigerten prozeduralen Anforderungen genügen. Um eine Neuregelung gehe es hier aber nicht, sondern der Kläger begehre eine mit der geltenden Verordnungslage nicht vereinbare Entlastung und damit letztlich eine Veränderung der bestehenden Verordnungslage. Hinsichtlich der bestehenden Verordnungslage könne lediglich eine gewisse Beobachtungspflicht des Normgebers greifen. Die Fürsorgepflicht gebiete es, bei sich ändernden Gegebenheiten - wie etwa bei einer deutlichen Steigerung der Arbeitsbelastung - die bestehende Verordnungslage zu überdenken. Eine Verletzung der insoweit bestehenden Beobachtungspflicht sei hier auszuschließen, denn der Dienstherr habe die Arbeitszeitbelastung untersucht und sowohl belastende als auch entlastende Veränderungen in der jüngeren Vergangenheit registriert.

43

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sei nicht gegeben. Es fehle an der Vergleichbarkeit des Amtes eines Oberstudienrats mit anderen schulischen Funktionsämtern. Die Tätigkeit des Klägers weise auf mehreren Ebenen erhebliche Unterschiede zu den in Bezug genommenen Funktionsämtern auf. Zunächst sei auf die Unterschiede der verschiedenen Schulformen zu verweisen, welche bereits einen direkten Vergleich der Arbeitszeitgestaltung ausschlösse. Ferner lasse der Kläger die unterschiedliche Regelstundenzahl je nach Schulform außer Betracht. Dessen Annahme, die Vergabe von Anrechnungsstunden stehe nicht im Zusammenhang mit der Regelstundenzahl, treffe nicht zu, denn die Anrechnungsstunden würden zu einer Reduktion der grundsätzlich zu erbringenden Unterrichtsleistung führen. Der Kläger begehre insofern nicht eine Gleichbehandlung mit den Funktionsamtsinhabern an Gesamtschulen, sondern eine Besserstellung. Lehrkräfte an Gesamtschulen hätten einen höheren Anteil an Unterrichtsverpflichtungen. Selbst besonders leistungsstarke Inhaber von Beförderungsämtern könnten die Arbeitszeit im Rahmen der Unterrichtsverpflichtung nicht effizienter gestalten. Der Effizienzgewinn könne allein im Bereich der außerunterrichtlichen Tätigkeiten erzielt werden. Da dieser Arbeitsanteil bei Lehrkräften an Gesamtschulen aber geringer ausfalle, sei der Umfang des durch höhere Effizienz einsparbaren Zeitanteils geringer. Schon aus diesem Grund seien die beiden Gruppen nicht miteinander vergleichbar. Gleiches gelte für Leiter einer Fachkonferenz an Haupt-, Real- und Oberschulen. Diesen obliege eine noch deutlich höhere Regelstundenzahl. Folglich hätten diese Funktionsträger noch geringere Möglichkeiten, sich durch effizientes Arbeiten Zeiträume für ihre Funktionstätigkeit frei zu schaffen. Die Unterschiede in der zeitlichen Verteilung der einzelnen Tätigkeitsfelder würden durch die J. Arbeitszeitstudie und den Bericht des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse belegt.

44

Entgegen dem klägerischen Vorbringen seien bei den Gesamtschulen drei Schulformen zu koordinieren und curricular miteinander abzustimmen; äußere Differenzierungen würden bei den Gesamtschulen durch pädagogisch anspruchsvolle Modelle der Binnendifferenzierung und inneren Differenzierung ersetzt. Es werde auf die mittleren Bildungsabschlüsse hingearbeitet. Die Teilnahme aller Schülerinnen an den Prüfungen zum Sekundarabschluss I (Haupt- bzw. Realschulabschluss) müsse gewährleistet werden, was bei den Gymnasien entfalle. Der Verordnungsgeber habe eine unterschiedlich hohe Belastung von Funktionsamtsinhabern an den verschiedenen Schulformen ausgemacht. Bei der vorgenommenen Regelung sei eine generalisierende Betrachtung zulässig. Aus dem Umstand, dass die Bezeichnungen der Funktionsbereiche dem Wortlaut nach übereinstimmten, könne nicht abgeleitet werden, dass die Tätigkeiten auch inhaltlich identisch seien.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

46

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

47

1. Die Umstellung der Klage auf eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO begegnet keinen rechtlichen Bedenken, zumal der Beklagte der Klageänderung zugestimmt hat. Die Klage ist als Feststellungsklage statthaft. Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann im Wege der Feststellungsklage u. a. die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein feststellungsfähiges, konkretes Rechtsverhältnis liegt hier vor. Aus Sicht des Klägers ist die Frage zu klären, ob ihm Zuvielarbeit - d. h., über § 60 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) hinausgehende Arbeitszeit - im Umfang von zwei Anrechnungsstunden abverlangt wird. Im Hinblick auf sein letztlich damit verfolgtes Ziel, eine Entlastung von Zuvielarbeit für die ihm übertragenen Funktionsaufgaben zu erhalten, entweder durch Verringerung seiner Unterrichtsverpflichtung durch Anrechnungsstunden oder durch Verringerung der außerunterrichtlichen Aufgaben, etwa durch Reduzierung der ihm übertragenen Funktionsaufgaben, steht dem Kläger ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung zur Seite. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht deren Subsidiarität gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen, weil es bei beklagten öffentlich-rechtlichen Körperschaften der unmittelbaren Rechtsgestaltung oder des Vollstreckungsdrucks aufgrund eines Leistungs- und Gestaltungsurteils nicht bedarf, weil diese Körperschaften eine gerichtliche Feststellung beachten und die gebotenen Konsequenzen ziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.7.1976 - BVerwG VII C 71.75 -, juris Rn. 21; Urt. v. 12.3.1982 - BVerwG 4 C 80.80 -, juris Rn. 8 f.; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 43 Rn. 43) und - wie hier - Sonderregelungen über Fristen und Vorverfahren für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nicht unterlaufen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.7.2015 - BVerwG 2C 41.13 -, juris Rn. 11 m. w. N.).

48

2. Der Feststellungsklage bleibt jedoch ein Erfolg in der Sache versagt. Es ist nicht feststellbar, dass dem Kläger infolge der Wahrnehmung der mit seinem Amt als Oberstudienrat (Bes.-Gr. A 14) an einem Gymnasium verbundenen Funktionsaufgaben Zuvielarbeit abverlangt wird.

49

a) Die wöchentliche Arbeitszeit für niedersächsische Beamte ist in § 60 Abs. 1 NBG geregelt. Danach darf die regelmäßige Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt 40 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Indem hinsichtlich der Berechnung auf den Jahresdurchschnitt abgestellt wird, bleibt Spielraum für eine flexible Gestaltung der Tages-, Wochen- und Monatsarbeitszeit; außerdem wird die ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit ermöglicht (Kümmel, Beamtenrecht, Stand: Juli 2022, Band 3, § 60 NBG Rn. 12; Schmidt/Ritter, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: September 2022, Band 6, § 60 NBG Rn. 6). Die Bestimmung des § 60 Abs. 5 Satz 1 NBG ermächtigt die Landesregierung, das Nähere - insbesondere zur Dauer der Arbeitszeit und zu Möglichkeiten der flexiblen Ausgestaltung und Verteilung der Arbeitszeit sowie zu Pausen und Ruhezeiten - durch Verordnung zu regeln. Auf dieser Grundlage hat die Niedersächsische Landesregierung zur Regelung der Arbeitszeit der im Beamtenverhältnis stehenden Lehrkräfte an öffentlichen Schulen sowie der dortigen verbeamteten Schulleiterinnen und Schulleiter die Nds. ArbZVO-Schule vom 14. Mai 2012 (Nds. GVBl. S. 106) erlassen.

50

Die Dienstleistungen, die verbeamtete Lehrkräfte an öffentlichen Schulen im Rahmen der für alle Beamten geltenden regelmäßigen Arbeitszeit zu erbringen haben, umfassen zwei Komponenten, nämlich den Bereich der Erteilung von Unterrichtsstunden sowie den Bereich der sogenannten außerunterrichtlichen Verpflichtungen, die sich etwa auf die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie auf Korrekturtätigkeiten, Konferenzen, Elterngespräche, Klassenfahrten und anderes erstrecken. Sofern einer Lehrkraft - wie hier - Funktionsaufgaben übertragen worden sind, treten diese als weiteres Element außerunterrichtlicher Verpflichtungen hinzu.

51

In § 3 Nds. ArbZVO-Schule ist mit der Regelstundenzahl lediglich die erste Komponente der Lehrerarbeitszeit festgeschrieben. Die Regelstundenfestsetzung trägt dem besonderen Umstand Rechnung, dass die Arbeitszeit von Lehrkräften nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden exakt messbar ist, während ihre Arbeitszeit im Übrigen nur grob pauschalierend geschätzt werden kann (st. Rspr. BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - BVerwG 2 C 40.77 -, juris Rn. 24; Urteil vom 28.10.1982 - BVerwG 2 C 88.81 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 14.12.1989 - BVerwG 2 NB 2.89 -, juris Rn. 3; Urteil vom 28.1.2004 - BVerwG 2 C 19.03 -, juris Rn. 12; Urteil vom 23.6.2005 - BVerwG 2 C 21.04 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 11.12.2020 - BVerwG 2 B 10.20 -, Rn. 9; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 12.2.2019 - 5 KN 79/16 -, juris Rn. 65; Urteil vom 18.9.2007 - 5 LC 264/06 -, juris Rn. 31). Dieser zweite, außerunterrichtliche Aufgabenbereich ist umso weniger exakt zeitlich messbar, als die hierfür aufzuwendende Arbeitszeit auch nach Schülerzahl, Schulform und Schulfächern, aber auch nach den individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen der einzelnen Lehrkraft unterschiedlich sein kann (BVerwG, Beschluss vom 14.12.1989 - BVerwG 2 NB 2.89 -, juris Rn. 3; Urteil vom 28.1.2004 - BVerwG 2 C 19.03 -, juris Rn. 12; Hess. VGH, Beschluss vom 22.8.2000 - 1 N 2320/96 -, juris Rn. 35). Gleichwohl wirkt sich die Regelstundenzahl - auch als Pflichtstundenzahl bezeichnet - zumindest indirekt auf die gesamte Arbeitszeit aus, welche die verbeamtete Lehrkraft ihrem Beruf zu widmen hat, und welche - wie dargelegt - in Niedersachsen im Jahresdurchschnitt 40 Stunden pro Woche beträgt. Durch die Regelstundenzahl bzw. Pflichtstundenregelung konkretisiert der Verordnungsgeber das Verhältnis der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eines Lehrers zu seiner übrigen Arbeitszeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.9.2005 - BVerwG 2 B 25.05 -, juris Rn. 6), wobei die allgemein festgelegte Wochenarbeitszeit den Orientierungsrahmen bildet, den der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Unterrichtsverpflichtung im Blick haben muss, um die Arbeitszeitregelung für Lehrkräfte nicht von der allgemein für Beamte geltenden Arbeitszeitregelung loszulösen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.8.2012 - BVerwG 2 C 23.10 -, juris Rn. 14; Hess. VGH, Urteil vom 8.8.2000 - 1 N 4694/96 -, juris Rn. 37). In diesem Sinne ist die Pflichtstundenregelung für Lehrer und einzelne Lehrergruppen in die allgemeine beamtenrechtliche Arbeitszeitregelung 'eingebettet' (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - BVerwG 2 C 40.77 -, juris Rn. 24; Urteil vom 28.10.1982 - BVerwG 2 C 88.81 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 14.12.1989 - BVerwG 2 NB 2.89 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 26.8.1992 - BVerwG 2 B 90.92 -, juris Rn. 4; Urteil vom 28.1.2004 - BVerwG 2 C 19.03 -, juris Rn. 12; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 9.7.1980 - 2 A 16/79 -, DÖV 1981, 465, 466; Hess. VGH, Beschluss vom 8.8.2000 - 1 N 4694/96 -, juris Rn. 37; OVG NRW, Beschluss vom 14.7.2003 - 6 A 2040/01 -, juris Rn. 5; OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 25.10.2007 - OVG 4 B 10.07 -, juris Rn. 28).

52

Für die Beantwortung der Frage, ob die von den Lehrkräften verlangte Arbeitsleistung über den Rahmen der allgemein für Beamte geltenden Arbeitszeitregelung hinausgeht, kommt es nicht auf die Ansicht einzelner Lehrkräfte darüber an, welcher Zeitaufwand zur Bewältigung ihrer Aufgaben notwendig und zweckmäßig ist, sondern auf die vom Dienstherrn geforderte Arbeitsleistung (BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - BVerwG 2 C 40.77 -, juris Rn. 32; Urteil vom 28.10.1982 - BVerwG 2 C 88.81 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.12.1989 - BVerwG 2 NB 2.89 -, juris Rn. 3; VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 11.8.1998 - 4 S 1411/97 -, juris Rn. 43; OVG NRW, Beschluss vom 14.7.2003 - 6 A 2040/01 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 17.12.2014 - 6 A 1353712 -, juris Rn. 9; OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 25.10.2007 - OVG 4 B 10.07 -, juris Rn. 29). Denn es entspricht dem Wesen des Beamtenverhältnisses als eines öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses, dass der Dienstherr bestimmt, welche qualitativen und quantitativen Anforderungen er an die einzelnen Aufgabenfelder im öffentlichen Dienst stellt. Mit der Festsetzung der Regelstundenzahl bringt der Dienstherr also seine Einschätzung zum Ausdruck, dass diese Zahl der Unterrichtsstunden einschließlich Vor- und Nachbereitung, Korrekturen sowie sonstiger außerunterrichtlicher Tätigkeit - generalisierend und pauschalierend betrachtet - einem Arbeitsaufwand entspricht, den jeder Beamte im Jahresdurchschnitt wöchentlich zu bewältigen hat.

53

Was die gerichtliche Überprüfbarkeit dieser Einschätzung betrifft, so folgt aus der bestehenden Einschätzungsprärogative des Dienstherrn (OVG NRW, Urteil vom 20.10.2011 - 6 A 2173/09 -, juris Rn. 32) - auch als weiter Gestaltungs- oder Ermessensspielraum bezeichnet (BVerwG, Beschluss vom 26.8.1992 - BVerwG 2 B 90.92 -, juris Rn. 4; Hess. VGH, Beschluss vom 22.8.2000 - 1 N 2320/96 -, juris Rn. 35; OVG Saarl., Urteil vom 13.1.2003 - 1 N 2/02 -, juris Rn. 33; OVG NRW, Beschluss vom 14.7.2003 - 6 A 2040/01 -, juris Rn. 14) - eine nur in sehr engen Grenzen bestehende gerichtliche Kontrollmöglichkeit (Hess. VGH, Beschluss vom 8.8.2000 - 1 N 4694/96 -, juris Rn. 28; OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 25.10.2007 - OVG 4 B 10.07 -, juris Rn. 29), nämlich dahingehend, dass diese Einschätzung nicht offensichtlich fehlsam, insbesondere nicht willkürlich sein darf (OVG NRW, Beschluss vom 14.7.2003 - 6 A 2040/01 -, juris Rn. 14; OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 25.10.2007 - OVG 4 B 10.07 -, juris Rn. 29). Vor dem Hintergrund einer solchen Evidenzkontrolle kann eine Festlegung verschieden hoher Regelstundenzahlen für Gruppen von Lehrkräften, für die sämtlich die gleiche Gesamtarbeitszeit gilt, nur an solche Umstände anknüpfen, welche einen Bezug zur jeweils geforderten Arbeitsleistung, insbesondere zu deren zeitlichem Maß, aufweisen (BVerwG, Urteil vom 28.10.1982 - BVerwG 2 C 88.81 -, juris Rn. 16 f.; Nds. OVG, Urteil vom 23.3.1993 - 2 K 1/89 -, juris Rn. 17). So ist etwa die Verschiedenartigkeit der Ausbildungsziele der einzelnen Schularten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich als ein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal für die Festsetzung verschieden hoher Regelstundenzahlen für verschiedene Lehrkräftegruppen anerkannt worden, sofern bei generalisierender Betrachtung die Verschiedenartigkeit der Ausbildungsziele noch wirklichkeitskonform die Annahme einer nach Zeit und/oder Art unterschiedlichen Arbeitsbelastung und damit die Festsetzung einer unterschiedlichen Regelstundenzahl für diese Lehrkräftegruppen stützen kann (BVerwG, Urteil vom 15.12.1971 - BVerwG VI C 40.68 -, Buchholz 237.4 § 74 BG Hamburg Nr. 1, S. 2; Urteil vom 13.7.1977 - BVerwG VI C 85.75 -, juris Rn. 35; Urteil vom 28.10.1982 - BVerwG 2 C 88.81 -, juris Rn. 16). Auch ist es nicht willkürlich, wenn der Dienstherr Veränderungen berücksichtigt, die sich im Laufe der Zeit ergeben und die sich zulasten oder zugunsten der Lehrkräfte auswirken, wie etwa die Verminderung von Klassenstärken, eine veränderte Regelung oder Praxis hinsichtlich der Gewährung von Anrechnungs-, Ermäßigungs- oder Entlastungsstunden, ohne dass deshalb der Dienstherr die Zahl der Pflichtstunden ändert (BVerwG, Beschluss vom 26.8.1992 - BVerwG 2 B 90.92 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 21.9.2005 - BVerwG 2 B 25.05 -, juris Rn. 6), oder den Rückgang von Schülerzahlen (Nds. OVG, Urteil vom 23.3.1993 - 2 K 1/89 -, juris Rn. 10). Ob sich die vom Dienstherrn jeweils gewählte Art der Konkretisierung im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens hält, hängt daher von einer nicht nur rechtlichen, sondern insbesondere auch tatsächlichen Würdigung und Abwägung der für die Entscheidung maßgebenden Umstände ab (BVerwG, Beschluss vom 26.8.1992 - BVerwG 2 B 90.92 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 21.9.2005 - BVerwG 2 B 25.05 -, juris Rn. 6).

54

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 9. Juni 2015 im Normenkontrollverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Anhebung der Regelstundenzahl niedersächsischer Gymnasiallehrkräfte (- 5 KN 148/14 -, juris Rn. 38 ff.) aufgestellt und in einem Beschluss vom 4. Juni 2022 jüngst wiederholt und bestätigt hat (- 5 LA 84/21 -, juris Rn. 26 ff.), hat der Kläger eine durch die ihm übertragenen Funktionsaufgaben bedingte, strukturelle (dazu unter aa)) oder aber individuelle (bb)) Zuvielarbeit nicht dargelegt.

55

aa) Die aus seiner Sicht für eine strukturelle Zuvielarbeit sprechenden Argumente überzeugen nicht.

56

aaa) Die vom Kläger aus einer Annahme des Niedersächsischen Kultusministeriums, wonach bei Oberstudienräten an Gymnasien von einem durch die Funktionsaufgaben bedingten zeitlichen Mehraufwand von zwei Anrechnungsstunden bzw. drei Zeitstunden auszugehen sei, abgeleitete Schlussfolgerung, dass er in jenem Umfang Zuvielarbeit leiste bzw. von ihm abverlangt werde, teilt der Senat nicht. Er hat die Einschätzung des Verordnungsgebers, dass das reguläre Arbeitspensum eines Gymnasiallehrers, d. h. eines Studienrates (A 13) ohne Funktionsaufgaben, grundsätzlich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Arbeitszeit von 40 Stunden bewältigt werden kann, in seiner Klage- und Berufungsbegründung nicht grundlegend in Frage gestellt, sondern vertritt die Auffassung und begehrt die entsprechende Feststellung, dass er insbesondere aufgrund der mit seinen Funktionsaufgaben einhergehenden Mehrbelastung über die vorgegebenen 40 Stunden in der Woche hinaus in Anspruch genommen werde. Dabei stützt er sich auf zwei Erlasse des Niedersächsischen Kultusministeriums aus dem Jahr 2017 (Anlagen K2 und K3 zur Klagebegründung [Bl. 77 ff./GA]), aus denen dessen vorstehend genannte Annahme hervorgeht.

57

Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht bereits aus dem bloßen Umstand, dass ihm infolge seiner Beförderung zum Oberstudienrat (A 14) im Jahr 2015 Funktionsaufgaben übertragen worden sind, strukturell von einer Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden im Jahresdurchschnitt ausgegangen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf der Dienstherr grundsätzlich unterstellen und erwarten, dass das gegenüber Studienräten (Bes.-Gr. A 13) höhere Arbeitspensum, welches durch die Übertragung von Funktionstätigkeiten entsteht, von Oberstudienräten (Bes.-Gr. A 14) durch eine planvollere und effizientere Arbeitsorganisation aufgefangen wird und diese das zusätzliche Pensum bewältigen, ohne dass es bei ihnen zu einer Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit kommt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Beförderungsämter an besonders leistungsstarke Beamte vergeben werden (BVerwG, Urteil vom 16.7.2015 - BVerwG 2 C 16.14 -, juris Rn. 15).

58

Soweit der Kläger dieser Rechtsprechung unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Bay. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2012 - 3 CE 11.2579 -, juris) entgegenhält, dass die höhere Leistungsfähigkeit lediglich ein Kriterium bei der Auswahl eines Beamten für eine Beförderungsstelle sein könne und das Amt eines Oberstudienrates gegenüber dem eines Studienrates zwar durch die Übernahme höherwertiger Tätigkeiten, nicht jedoch auch durch ein höheres Arbeitspensum geprägt sei, dringt er hiermit nicht durch. Dieser Entscheidung lag der Fall eines Studiendirektors zugrunde, dem in Anschluss an die Beförderung in jenes Amt nicht länger eine Anrechnungsstunde für seine Funktion eines 1. Fachbetreuers im Fach Mathematik gewährt wurde. Die weitere, 2. Fachbetreuerin des Faches Mathematik, eine Oberstudienrätin, erhielt hingegen wegen der Funktion zwei Anrechnungsstunden. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung war die Frage, ob die Schulleitung über die Verteilung der im Rahmen eines Kontingents insgesamt zur Verfügung stehenden Anrechnungsstunden ermessensfehlerfrei entschieden hatte. In diesem Zusammenhang hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner o.g. Entscheidung ausgeführt (juris, Rn. 34):

59

„Der nunmehr eingeführte Gesichtspunkt, dass der eine der beiden Betroffenen in Besoldungsgruppe A 15 eingestuft ist, die andere hingegen in Besoldungsgruppe A 14, ist kein Begründungselement, das ermessensfehlerfrei in die Auswahlerwägungen eingestellt werden kann. Der Schulleiter hätte sich darüber im Klaren sein müssen, dass Maßstab für die Zuteilung von Verfügungsstunden der Zeitaufwand ist, der sich nicht nach der besoldungsrechtlichen Einstufung des betroffenen Lehrers richtet, und nicht die Frage der fachlichen Anforderung. Diese war zwar bei der Übertragung des Funktionsamtes 1. Fachberater Mathematik maßgeblich zu berücksichtigen, nicht aber im Sinn der Rechtfertigung einer Abgeltung des für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Funktionsamtes erforderlichen zusätzlichen Zeitaufwands.“

60

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich in dieser Entscheidung mit dem Gesichtspunkt einer gesteigerten Effizienz des Oberstudienrates gegenüber der Studienrätin, die - soweit ersichtlich - vom Bundesverwaltungsgericht erstmalig in seinem Urteil vom 16. Juli 2015 angeführt worden ist, nicht befasst. Für den Fall, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit der zitierten Passage eine solche gesteigerte Leistungsfähigkeit bzw. Effizienz dennoch hat in Abrede stellen wollen, vermag der Senat dem nicht beizutreten. Es erschließt sich nicht, weshalb die Leistungsfähigkeit und Effizienz eines Beamten, bei denen es sich um zulässige Kriterien bei der Auswahl für eine Beförderungsstelle handelt, nicht auch bei der seitens des Dienstherrn vorzunehmenden Einschätzung, ob er zu seiner Entlastung Anrechnungsstunden benötigt, eine Rolle spielen dürfen soll. Mit einem höheren Statusamt gehen regelmäßig gesteigerte Anforderungen und Erwartungen nebst einem größeren Maß an Verantwortung (und im Gegenzug eine höhere Besoldung) einher (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.3.2007 - 2 BvR 2470/06 -, juris Rn. 16 m. w. N.), die nicht nur in anspruchsvolleren Inhalten, sondern eben auch in einem höheren Arbeitspensum zum Ausdruck kommen können. Hierin liegt zugleich die Rechtfertigung für den in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren geltenden Grundsatz, dass bei formal gleichlautenden Gesamturteilen konkurrierender Bewerber unterschiedlicher Statusämter die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige des Beamten im niedrigeren Statusamt (Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 21).

61

bbb) Der Umstand, dass Lehrkräfte anderer Schulformen nach der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 Nds. ArbZVO-Schule für die ihnen übertragenen Funktionsaufgaben Anrechnungsstunden erhalten, lässt ebenfalls nicht den Rückschluss auf eine bei Oberstudienräten an Gymnasien zu verzeichnende strukturelle Zuvielarbeit zu. Der Kläger sieht in diesem Zusammenhang insbesondere eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Fachbereichsleitern an einer Gesamtschule, denen - abhängig von der Zahl der stimmberechtigten Lehrkräfte in der Fachbereichskonferenz - als Ausgleich für diese Funktionsaufgabe zwischen einer und drei Anrechnungsstunden gewährt werden. Der Sache nach begehrt er letztlich eine verfassungskonforme Erweiterung des von der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 Nds. ArbZVO-Schule erfassten Personenkreises im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Eine solche kommt indes mangels Gleichheitsverstoßes nicht in Betracht.

62

(1) Bei der Prüfung, ob die derzeitige Regelung den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt, ist Maßstab das Willkürverbot, weil die Gewährung von Anrechnungsstunden für Funktionstätigkeiten nicht an unverfügbare persönliche Merkmale anknüpft oder sich Art. 3 Abs. 3 GG annähert; damit sind Gründe für eine strengere Bindung nicht gegeben (Nds. OVG, Urteil vom 9.6.2015 - 5 KN 148/14 -, juris Rn. 79 m. w. N.; Beschluss vom 8.10.2020 - 5 LA 147/19 -, n. v.). Als Willkürverbot verbietet Art. 3 Abs. 1 GG, wesentliches Gleiches ungleich und wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln. Für vom Gesetz- und Verordnungsgeber geschaffene Regelungssysteme ergibt sich hieraus das Gebot, nur solche Differenzierungen vorzusehen, für die ein sachlicher, d. h. vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.12.2014 - BVerwG 2 B 110.13 -, juris Rn. 15; Urteil vom 22.1.2015 - BVerwG 10 C 12.14 -, juris Rn. 41; zur Festsetzung verschieden hoher Regelstundenzahlen für verschiedene Lehrergruppen: BVerwG, Urteil vom 13.7.1977 - BVerwG 6 C 85.75 -, juris Rn. 34; Urteil vom 28.10.1982 - BVerwG 2 C 88.81 -, juris Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom 9.6.2015 - 5 KN 148/14 -, juris Rn. 79; Beschluss vom 8.10.2020 - 5 LA 147/19 -, n. v.).

63

(2) Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Alimentierung sowie diejenige des erkennenden Senats zur Anhebung der Regelstundenzahl bei Gymnasiallehrern einen Gleichheitsverstoß bereits deshalb als gegeben sieht, weil der Beklagte bestimmten prozeduralen Obliegenheiten bei der Normgebung nicht nachgekommen sei, folgt der Senat dem nicht.

64

Nach den vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zur Höhe der „Hartz IV“-Regelsätze (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris) sowie zur (W 2-)Besoldung von Professoren in Hessen (Urteil vom 14.12.2012 - 2 BvL 4/10 -, juris) und von Richtern (Urteil vom 5.5.2015 - 2 BvL 17/09 - u.a., juris) aufgestellten Grundsätzen, welche der erkennende Senat in seinem Urteil vom 9. Juni 2015 im Normenkontrollverfahren betreffend die Erhöhung der Regelstundenzahl für die Gruppe der Gymnasiallehrer ebenfalls zur Anwendung gebracht hat, bedarf es immer dann, wenn sich aus einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht Leistungsansprüche ableiten, das Grundgesetz aber keine exakte Bezifferung der Leistungen erlaubt und dem Gesetzgeber dementsprechend ein weiter - gerichtlicherseits nur eingeschränkt überprüfbarer - Gestaltungsspielraum zukommt, in besonderem Maße einer Kontrolle der tatsächlichen Grundlagen und der Methode der Leistungsbemessung, um den Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Nds. OVG, Urteil vom 9.6.2015 - 5 KN 148/14 -, juris Rn. 54). Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn als einem Aspekt der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 5 GG lässt sich nach Auffassung des Senats in vorgenannter Entscheidung auch in Bezug auf die Lehrerarbeitszeit eine exakt zu beziffernde Regelstundenzahl nicht ableiten; vielmehr kommt dem Verordnungsgeber insoweit eine weite, gerichtlicherseits nur eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative in dem Sinne zu, dass seine Einschätzung nicht offensichtlich fehlsam, insbesondere nicht willkürlich sein darf. Damit angesichts der besonderen - da verfassungsrechtlich fundierten - Bedeutung der Fürsorgepflicht gleichwohl eine angemessene gerichtliche Kontrolle gewährleistet ist, muss sich der Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG deshalb auch auf das Verfahren zur Gewinnung der Einschätzung erstrecken. Insbesondere besteht für den Verordnungsgeber die Obliegenheit, bereits im Verfahren zum Erlass der Rechtsverordnung die seine Einschätzung tragenden Erwägungen vollständig offenzulegen (Nds. OVG, Urteil vom 9.6.2015 - 5 KN 148/14 -, juris Rn. 56; a. A. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2020 - BVerwG 2 B 10.20 -, juris Rn. 12). Im Bereich des Besoldungsrechts gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts derartige prozedurale Anforderungen in Form von Begründungs-, Überprüfungs- und Beobachtungspflichten sowohl bei der kontinuierlichen Fortschreibung eines (Besoldungs-)Systems als auch bei strukturellen Neuausrichtungen in Gestalt von Systemwechseln (BVerfG, Urteil vom 14.2.2012 - 2 BvL 4/10 -, juris Rn. 165). Lässt sich infolge der Missachtung prozeduraler Anforderungen ein sachlicher, nachvollziehbarer Grund für die Ungleichbehandlung zweier Vergleichsgruppen nicht feststellen, so führt diese zugleich zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 9.6.2015 - 5 KN 148/14 -, juris Rn. 78 ff. [Erhöhung der Regelstundenzahl für verbeamtete Gymnasiallehrer]).

65

Auf diese Grundsätze kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen, denn der Dienstherr hat vorliegend keine prozeduralen Pflichten bei der Normsetzung - hier der Nds. ArbZVO-Schule - verletzt. Die Situation des Klägers ist mit derjenigen, die den vorstehend genannten Entscheidungen zugrunde lag, nicht vergleichbar. In seinem Urteil vom 9. Juni 2015 hat der erkennende Senat als Ausgleich für die auch in jenem Fall durchzuführende eingeschränkte gerichtliche Überprüfung in Form der Willkürprüfung prozedurale Anforderungen an die Änderung eines bereits existierenden Regelungssystems zulasten einer einzelnen Gruppe - nämlich der Anhebung der Regelstundenzahl für die Gruppe (nur) der Gymnasiallehrer von 23,5 auf 24,5 Stunden - formuliert. Auch die in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hatten jeweils die Einführung eines neuen Systems bzw. einen Systemwechsel oder aber die Fortschreibung eines bereits bestehenden (Besoldungs-)Systems zum Gegenstand. Im Unterschied hierzu wendet sich der Kläger nicht gegen ein normgeberisches Handeln, sondern er beanstandet ein normgeberisches Unterlassen, denn er ist der Auffassung, dass die Nds. ArbZVO-Schule auch für seinen Fall eines Oberstudienrates mit Funktionsaufgaben an einem Gymnasium Anrechnungsstunden vorsehen müsste, was derzeit aber nicht der Fall ist. Der Argumentation des Klägers, dass die von der Rechtsprechung u. a. des Senats formulierten, strengen prozeduralen Anforderungen in einer solchen Situation erst recht gelten müssten, folgt der Senat nicht. Es ist vorliegend lediglich von einer Beobachtungs- und ggf. Nachbesserungspflicht des Verordnungsgebers auszugehen. Dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber in einer Situation, in der er - wie hier - bislang keinen Anlass für eine Regelung gesehen hat, nicht denselben Sachverhaltsermittlungs- und Begründungspflichten unterworfen sein kann wie in einer Situation, in der er sich dazu entschließt, einen Sachverhalt erstmalig zu regeln bzw. eine bestehende Regelung zu ändern, ergibt sich schon aus der Natur der Sache. Schließlich fehlt es insoweit bereits an einem Normgebungsverfahren, im Rahmen dessen die genannten prozeduralen Anforderungen zum Tragen kommen könnten. Eine Obliegenheit, einen (derzeit) nicht gesehenen Regelungsbedarf anlässlich eines einen anderen Sachverhalt betreffenden Normgebungsverfahrens in gleicher Weise bereits mit zu ermitteln und zu begründen, gibt es nicht. Eine solche Forderung erschiene schon deshalb abwegig und überzogen, weil der Bereich der nichtgeregelten Sachverhalte, in denen potentiell einmal ein Regelungsbedarf entstehen könnte, vom Normgeber regelmäßig gar nicht von Vorneherein zu überblicken ist. Ebenso wenig bestünde im Übrigen eine Verpflichtung, im Falle der Einführung oder Änderung einer Einzelvorschrift ohne entsprechenden Anlass sogleich ein gesamtes Regelungssystem infrage zu stellen und schriftlich niederzulegen, weshalb von einer weitergehenden Änderung abgesehen wird.

66

(3) Anders als vom Kläger vertreten kann sich die nach alledem durchzuführende Vergleichsbetrachtung nicht darauf beschränken, die jeweiligen Funktionsaufgaben (z.B. die Fachkonferenzleitung „Latein“ an einem Gymnasium und die Fachbereichsleitung „Latein“ an einer Gesamtschule) gegenüber zu stellen. Vielmehr hat sie grundsätzlich die jeweilige Schulform - also das jeweilige System als Ganzes - in den Blick zu nehmen und nicht einzelne (Aufgaben-)Bereiche isoliert zu betrachten (Nds. OVG, Beschluss vom 4.7.2022 - 5 LA 84/21 -, juris Rn. 36 [in Bezug auf die Festsetzung der Regelstundenzahl]). Dies folgt aus dem Umstand, dass es sich bei den Regelungen der Nds. ArbZVO-Schule um ein Gesamtregelungssystem handelt, welches als Ausdruck der allgemeinen beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht sicherstellen soll, dass bei sämtlichen verbeamteten Lehrkräften die vorgegebene Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nicht überschritten wird. Der Verordnungsgeber hat im Zuge dessen unter Berücksichtigung der insoweit auch vom Kläger anerkannten Unterschiede in § 3 Abs. 2 Nds. ArbZVO-Schule verschiedene Regelstundenzahlen für die Lehrkräfte der einzelnen Schulformen vorgesehen, wobei den Lehrern an Gymnasien, Abendgymnasien und Kollegs mit 23,5 Stunden die im Vergleich geringste Unterrichtsverpflichtung zukommt. Des Weiteren ist der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative nach dem Vorbringen des Beklagten zu dem Schluss gelangt, dass bestimmten - nach seiner Einschätzung besonders belasteten - Gruppen von Lehrkräften in Bezug auf bestimmte Funktionsaufgaben Anrechnungsstunden gewährt werden müssen, damit das hierdurch verursachte Arbeitspensum einschließlich der Unterrichtsverpflichtung und der sonstigen außerunterrichtlichen Tätigkeiten von ihnen noch innerhalb der vorgegebenen Wochenarbeitszeit zu bewältigen ist. Mit anderen Worten geht der Verordnungsgeber typisierend davon aus, dass bei den in Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 Nds. ArbZVO-Schule genannten Gruppen von Lehrkräften ohne die dort gewährten Anrechnungsstunden eine regelmäßige Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit in Höhe dieser Anrechnungsstunden zu verzeichnen wäre, während er bei den dort nicht aufgeführten Gruppen - hierzu zählen die Oberstudienräte an Gymnasien - im Rahmen seines Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums pauschalierend die Einhaltung der Wochenarbeitszeit (ggf. trotz Funktionsaufgaben) annimmt. Die Regelungen zu den Anrechnungsstunden sind mit denjenigen zu den Regelstundenzahlen wiederum eng verknüpft. Dies kommt insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nds. ArbZVO-Schule zum Ausdruck, wonach die jeweilige Unterrichtsverpflichtung einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft sich aus der Regelstundenzahl abzüglich von Ermäßigungen und Anrechnungen ergibt.

67

(4) Hiervon ausgehend lässt sich eine strukturelle, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßende Ungleichbehandlung von Oberstudienräten an Gymnasien gegenüber Fachbereichsleitern an Gesamtschulen auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens nicht feststellen.

68

Der Beklagte begründet die aus seiner Sicht fehlende Vergleichbarkeit des Funktionsamtes Oberstudienrat (Bes.-Gr. A 14) an einem Gymnasium mit einem Fachbereichsleiter an einer Gesamtschule wie folgt: Die Leitung eines Fachbereiches an einer Gesamtschule sei grundsätzlich umfangreicher als die Leitung einer Fachkonferenz an einem Gymnasium. In der Regel würden an den Gesamtschulen mehrere Unterrichtsfächer in einem Fachbereich zusammengefasst (z.B. „Moderne Fremdsprachen“). Soweit ein Fachbereich ausnahmsweise einmal nur ein Unterrichtsfach umfasse, kämen regelmäßig weitere Funktionsaufgaben hinzu (z.B. „Sport und Ganztag“). Zugleich würden an der Gesamtschule - anders als am Gymnasium, an dem durchgängig ein erhöhtes Niveau unterrichtet werde - mehrere Schulzweige gebündelt unterrichtet. Dies führe dazu, dass verschiedene Anforderungsniveaus koordiniert und Differenzierungen vorgenommen werden müssten. Alle Schüler müssten auf die Teilnahme an der Abschlussprüfung für den mittleren Schulabschluss vorbereitet werden. An Gymnasien stelle die Leitung einer Fachkonferenz eine Funktionsaufgabe im Sinne des „A 14-Erlasses“ dar, die mit der Beförderung einhergehe. Dagegen würden die Fachbereiche an den Gesamtschulen zu etwa einem Drittel von Studienräten (Bes.-Gr. A 13) geleitet. Selbst an großen Gesamtschulen gebe es maximal neun Fachbereichsleitungen, so dass maximal sechs Fachbereichsleitungen von Oberstudienräten (Bes.-Gr. A 14) wahrgenommen würden. Demgegenüber nähmen an großen Gymnasien bis zu 26 Lehrkräfte im Beförderungsamt des Oberstudienrates (Bes.-Gr. A 14) Funktionsaufgaben wahr. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Regelstundenzahl der Gesamtschullehrer um eine Stunde höher liege als diejenige der Gymnasiallehrer, weshalb erstere weniger Möglichkeiten hätten, durch eine effizientere Gestaltung ihres geringeren außerunterrichtlichen Tätigkeitsanteils zeitliche Freiräume für die Ausübung von Funktionsaufgaben zu schaffen.

69

Bei alledem handelt es sich um nachvollziehbare Gründe, die gegen eine wesentliche Vergleichbarkeit der beiden Gruppen sprechen. Insbesondere die an den Gesamtschulen regelmäßig anzutreffende Zusammenfassung mehrerer Unterrichtsfächer zu einem Fachbereich und der Umstand, dass es an den Gymnasien eine deutlich höhere Zahl nach der Besoldungsgruppe A 14 besoldeter Beförderungsamtsinhaber gibt, auf die sich die schulischen Funktionsaufgaben verteilen, führen aus Sicht des Senats in der Kombination zu einer fehlenden Vergleichbarkeit der Gruppen. Es ist insofern nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum mit Blick auf die dargestellten Unterschiede überschritten hat. Die Ungleichbehandlung der verschiedenen Lehrergruppen begegnet dementsprechend keinen Bedenken.

70

Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis.

71

Zwar trifft sein Hinweis zu, dass an den Gesamtschulen nicht stets mehrere Unterrichtsfächer in einem Fachbereich zusammengefasst werden. Die Hauptfächer Mathematik und Deutsch - dies ergibt der Eindruck nach einer Internetrecherche - bilden in der Regel einen eigenen Fachbereich, während in Fachbereichen wie z.B. „Naturwissenschaften“, „Fremdsprachen“ und „musisch-kulturelle Bildung“ häufig mehrere Unterrichtsfächer gebündelt werden. Je nach Schwerpunktsetzung gibt es vereinzelt auch Gesamtschulen, an denen Fächer wie „Kunst“, „Musik“ und/oder „Informatik“ über einen eigenen Fachbereich verfügen (z. B. IGS K., IGS L., KGS M., an der Gesamtschule N. jeweils für die Fächer „Religion“ und „Gesellschaftslehre“). Weiter verfügen einige Gesamtschulen (z.B. IGS L., KGS O.) über einen eigenständigen Fachbereich „Ganztag“. Außerdem ist festzustellen, dass einige Gesamtschulen mehr als neun Fachbereiche eingerichtet haben (etwa die KGS M., die IGS K. und die IGS L., die laut ihren Internetauftritten jeweils über zehn Fachbereiche verfügen).

72

Diese Unterschiede spiegeln jedoch letztlich das in Bezug auf den Zuschnitt der Fachbereiche bestehende Organisationsermessen der einzelnen Gesamtschulen wider, die dabei je nach Ausrichtung Schwerpunkte setzen können. Rechtliche Bedenken ergeben sich hieraus im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nicht. Denn der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber darf grundsätzlich vom typischen Regelfall ausgehen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten durch entsprechende Regelungen Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 77/92 -, juris Rn. 24). Die Berücksichtigung sämtlicher denkbarer Einzelfälle ist im Rahmen einer abstrakt-generellen Regelung weder möglich noch erforderlich, zumal einer besonderen Belastung einzelner Lehrkräfte auch auf anderem Wege (z.B. durch schulinterne Maßnahmen) begegnet werden kann.

73

Soweit der Kläger als Beleg für eine Vergleichbarkeit die jeweiligen Kerncurricula für das Fach „Latein“ an Gymnasien und Gesamtschulen (Anlagen K 5 und K 10 zur Klagebegründung [Bl. 83 f. und 10/GA]) anführt, die inhaltlich nahezu identisch seien, ist ihm entgegenzuhalten, dass ein solcher Vergleich zu kurz greift. Wie bereits ausgeführt, muss bei der Vergleichsbetrachtung das jeweilige Gesamtsystem in den Blick genommen werden. Darüber hinaus weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass sich allein aus einer der Formulierung nach ähnlichen Aufgabenbeschreibung noch nicht ableiten lässt, dass hiermit auch tatsächlich ein vergleichbarer (Zeit-)Aufwand einhergeht. Ein deutlich gesteigerter zeitlicher Aufwand liegt bei den Gesamtschulen in den meisten unterrichteten Fächern und damit auch bei den Fachbereichsleitungen bereits aufgrund der verschiedenen dort unterrichteten Anforderungsniveaus nahe. Auch wenn bei der ganz überwiegenden Anzahl der Gesamtschulen keine förmlich-organisatorische Untergliederung nach Haupt-, Real- und Gymnasialzweig existiert, sondern die Schüler integrativ unterrichtet werden, ändert dies nichts daran, dass das Leistungsspektrum deutlich breiter und die Schülerschaft wesentlich heterogener ist als an einem Gymnasium. Dies führt dazu, dass an den Gesamtschulen ein viel stärkeres Maß an (Binnen-)Differenzierungen erforderlich ist (vgl. hierzu Ziffer 6. des Runderlasses des Nds. Kultusministeriums „Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 der Integrierten Gesamtschule (IGS)“ vom 1.9.2021, SVBl. 2021, 443). Im Übrigen findet - wie sich jenem Erlass (dort unter Ziffer 6.3.1.) ebenfalls entnehmen lässt - auch eine äußere Fachleistungsdifferenzierung nach wie vor statt. So wird die Schülerschaft an den Integrierten Gesamtschulen in den Fächern „Mathematik“ und „Englisch“ ab dem 7. Schuljahrgang, in dem Fach „Deutsch“ ab dem 8. Schuljahrgang und in den naturwissenschaftlichen Fächern spätestens ab dem 9. Schuljahrgang in Fachleistungskursen auf verschiedenen Anspruchsebenen unterrichtet. Zwar entfällt an vielen Gesamtschulen - jedenfalls denjenigen ohne gymnasiale Oberstufe - der durch die Abiturprüfungen bedingte Arbeitsaufwand. Allerdings muss die dortige (heterogene) Schülerschaft auf die Abschlussprüfungen der Sekundarstufe I vorbereitet werden, die es wiederum an den Gymnasien nicht gibt.

74

Dass an den Gymnasien einige der an den Gesamtschulen vorhandenen Funktionsämter (z.B. didaktische Leitung, Jahrgangsleitung) gar nicht vorgesehen sind, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass es einen Bedarf nach entsprechenden eigenständigen Ämtern an den Gymnasien nicht gibt. Insofern spricht auch dies gegen eine Vergleichbarkeit.

75

(5) Dass den Fachkonferenzleitern an einer Realschule nach der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 Nds. ArbZVO-Schule zusammengefasst sechs Anrechnungsstunden gewährt werden, obwohl es sich dabei - ebenso wie an Gymnasien - nach dem Runderlass des Nds. Kultusministeriums „Schulfachliche und organisatorische Aufgaben für Realschullehrerinnen und Realschullehrer an Realschulen, Realschulzweige und Oberschulen“ vom 5. Mai 2017 (Anlage K 1 zur Klagebegründung [Bl. 76/GA]) um eine mit einer Beförderung (dort nach Bes.-Gr. A 13) verbundene Funktionsaufgabe handelt, führt ebenfalls nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Zwar darf der Verordnungsgeber auch von jenen Beförderungsamtsinhabern eine erhöhte Arbeitseffizienz bzw. Leistungsfähigkeit gegenüber den Inhabern niedrigerer Statusämter erwarten. Abgesehen davon, dass aber - ebenso wie bei dem nach der Besoldungsgruppe A 14 besoldeten Kläger - auch bei den betreffenden Beförderungsamtsinhabern (Bes.-Gr. A 13) an der Realschule zu der Fachkonferenz-/Fachbereichsleitung noch weitere Funktionsaufgaben hinzutreten können, ist an dieser Stelle indes ferner zu berücksichtigen, dass die Unterrichtsverpflichtung bei Realschullehrern gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 Nds. ArbZVO-Schule mit 26,5 Regelstunden um drei Stunden höher liegt als bei Gymnasiallehrern, so dass ihre Möglichkeiten, durch effizientere Gestaltung ihrer außerunterrichtlichen Tätigkeiten Zeit „einzusparen“, noch deutlich geringer ist.

76

bb) Auch eine individuelle Zuvielarbeit hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt.

77

aaa) Die - wie bereits ausgeführt - keinen Bedenken begegnende Annahme, dass von Inhabern von Beförderungsämtern seitens des Dienstherrn grundsätzlich eine gesteigerte Leistungsfähigkeit erwartet werden kann, mit der Folge, dass diese trotz der übernommenen Funktionstätigkeit insgesamt nicht mehr Arbeitszeit aufwenden müssen, darf nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht überspannt werden. Sie gilt aber jedenfalls, solange sich die durch die Funktionstätigkeit bedingten Mehrbelastungen in einem überschaubaren Rahmen bewegen (BVerwG, Urteil vom 16.7.2015 - BVerwG 2 C 16.14 -, juris Rn. 15). Bei den „überschaubaren“ Mehrbelastungen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Allerdings ist auch hinsichtlich der Frage, wieweit diese reichen bzw. ab wann der Rahmen dessen, was überschaubar ist, überschritten ist, von einer Einschätzungsprärogative des Dienstherrn auszugehen, mithin sich die gerichtliche Kontrolle auf eine Evidenzkontrolle beschränkt.

78

bbb) Die Annahme des Niedersächsischen Kultusministeriums, dass die noch zu vertretende Mehrbelastung, die durch die gesteigerte Leistungsfähigkeit eines Oberstudienrates ausgeglichen werden kann, mit zwei Anrechnungsstunden bzw. drei Zeitstunden pro Woche anzusetzen ist, bewegt sich zur Überzeugung des Senats noch innerhalb der Grenzen des Überschaubaren. Zwei Anrechnungsstunden bzw. drei Zeitstunden entsprechen 7,5 % der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Die Einschätzung, dass Oberstudienräten ein in diesem Umfang höheres Arbeitspensum zugemutet werden kann, erscheint nicht offensichtlich unrealistisch oder überzogen.

79

ccc) Dass die ihm übertragenen Funktionsaufgaben entweder einzeln oder zusammengenommen diesen zeitlichen Rahmen überschreiten, vermag der Senat auf der Grundlage des Vorbringens des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers nicht festzustellen.

80

Der Kläger trägt unter Bezugnahme auf die „Niedersächsische Arbeitszeitstudie Lehrkräfte an öffentlichen Schulen 2015/2016“ der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Georg-August-Universität J. (Ergebnisbericht abrufbar unter https://kooperationsstelle.uni-goettingen.de/projekte/arbeitszeitstudie/) sowie die weitere Studie „Lehrerarbeitszeit im Wandel (LaiW)“ des Instituts für Präventivmedizin der Universität I., an denen er nach eigener Darstellung jeweils teilgenommen habe, vor, nicht zuletzt aufgrund seiner umfangreichen Funktionsaufgaben wesentlich mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. Welche wöchentliche Arbeitszeit bei ihm im Rahmen dieser beiden Studien konkret ermittelt worden ist, hat er allerdings nicht mitgeteilt. Hinsichtlich der J. Arbeitszeitstudie beruft er sich lediglich auf den von ihm zutreffend dargestellten Befund, wonach die wöchentliche Soll-Arbeitszeit aller Lehrkräfte an Gymnasien im Durchschnitt um 3:05 Stunden überschritten werde (Ergebnisbericht Nds. Arbeitszeitstudie 2015/2016, S. 86) und die Analyse, dass Inhaber von Funktionsstellen besonders belastet seien (Nds. Kultusministerium, Empfehlungen zur Entwicklung arbeitszeitrechtlicher Normen für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleitungen an niedersächsischen Schulen, Bericht des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse vom 22.10.2018 [abrufbar unter https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/expertengremium-arbeitszeitanalyse-legt-abschlussbericht-vor-170499.html], S. 3). Zudem lässt sich dem Bericht des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse entnehmen, dass auch die Gewährung von Anrechnungsstunden nicht ausreiche, um eine Überschreitung der Soll-Arbeitszeit bei einer Mehrheit der Lehrkräfte zu verhindern (Bericht des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse, S. 42). Bezüglich der Arbeitszeitstudie des Instituts für Präventivmedizin der Universität I., die dem Senat nicht vorliegt und die sich lediglich über einen Untersuchungszeitraum von vier Wochen erstreckte, gibt der Kläger an, dass diese in seinem Fall eine zeitliche Inanspruchnahme durch Funktionsaufgaben im Umfang von insgesamt 5,8 Stunden pro Woche (unter Berücksichtigung der Ferienzeiten) gezeigt habe, ohne darzulegen, welche Gesamtwochenarbeitszeit im Rahmen der Studie bei ihm ermittelt worden ist.

81

Auch wenn diese Studien zu dem Ergebnis kommen, dass Gymnasiallehrer im Allgemeinen mehr als die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden Dienst leisten, kann der Senat auf dieser Basis aber nicht ohne Weiteren feststellen, dass auch die individuelle Arbeitszeit des Klägers die gesetzliche Vorgabe einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden überschreitet. Denn der Kläger hat weder schriftliche Nachweise zu den Ergebnissen der den Studien zugrunde liegenden Arbeitszeiterhebungen in seinem konkreten Fall vorgelegt, noch - was zu erwarten und zumutbar gewesen wäre - auf die vom Beklagten übernommene Einschätzung des Schulleiters des Gymnasiums G. bezüglich des Umfangs seiner zeitlichen Belastung durch Funktionsaufgaben mit einer eigenen Protokollierung seiner auf diese Funktionstätigkeiten entfallenden Arbeitszeiten reagiert. Gleiches gilt im Hinblick auf den Einwand des Beklagten, dass es an dem erforderlichen Nachweis einer individuellen Arbeitszeitüberschreitung bislang gänzlich fehle.

82

Auf eine konkrete Erfassung des insgesamt bestehenden und auf die einzelnen Tätigkeitsfelder des Klägers (Unterrichtszeit, Funktionstätigkeit, sonstige außerunterrichtliche Tätigkeiten) entfallenden Zeitaufwands konnte für die begehrte Feststellung, dass ihm Zuvielarbeit abverlangt wird, hier auch nicht verzichtet werden. Denn zum einen hat die J. Arbeitszeitstudie eine große Streuung bei der individuellen Wochenarbeitszeit aufgewiesen, d. h. ein gewisser Anteil der Lehrkräfte arbeitete auch weniger als die vorgegebenen 40 Stunden (Ergebnisbericht Nds. Arbeitszeitstudie 2015/2016, S. 161 f.; Bericht des Expertengremiums Arbeitszeitanalyse, S. 21). In einem derartigen Fall kommt die Feststellung von Zuvielarbeit - unabhängig davon, ob die betreffende Lehrkraft auch Funktionsaufgaben ausübt - von Vorneherein nicht in Betracht. Und zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass die zeitliche Beanspruchung durch die auf den ersten Blick durchaus umfangreich erscheinenden Funktionsaufgaben des Klägers mit zunehmender Erfahrung geringer ausfällt als zu Beginn der Tätigkeit. So ist etwa davon auszugehen, dass insbesondere die erstmalige Erstellung eines Ganztagskonzepts und dessen Umsetzung (einschließlich des erstmaligen Aufsetzens von Verträgen mit zuvor kontaktierten externen Partnern usw.) einen ganz erheblichen Zeitaufwand bedeutet haben dürfte, der sich in diesem Umfang allerdings nicht wiederholt.

83

ddd) Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2003/88/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (sog. Arbeitszeitrichtlinie) - namentlich die Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestruhezeiten und der Obergrenze der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden -, wonach die Mitgliedstaaten, um die volle Wirksamkeit der Regelungen zu gewährleisten, die Arbeitgeber dazu verpflichten müssen, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer gemessen werden kann (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 - Rs. C-55/18, juris). Zwar fallen auch Beamte unter den Arbeitnehmerbegriff im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie (BVerwG, Urteil vom 31.1.2013 - 2 C 10.12 -, juris Rn. 11 m. w. N.). Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG lässt jedoch Abweichungen zu, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann. Die Voraussetzungen jenes Ausnahmetatbestands sind in Bezug auf Lehrkräfte gegeben (VG Osnabrück, Urteil vom 24.11.2020 - 3 A 45/18 -, juris Rn. 97 f.). Wie bereits ausgeführt, ist die Arbeitszeit von Lehrern nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden exakt messbar. Die Zeit, die auf die übrigen Tätigkeiten (Korrekturarbeiten, Konferenzen, Elterngespräche, Unterrichtsvorbereitung usw.) entfällt, hängt demgegenüber von vielen verschiedenen Faktoren ab, kann von den Lehrern frei eingeteilt werden und ist deshalb lediglich grob pauschalierend schätzbar.

84

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

85

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

86

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 3 BeamtStG, § 127 BRRG liegen nicht vor.

 


Abkürzung FundstelleWenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:
https://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE220007287&psml=bsndprod.psml&max=true

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen