Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 3 A 1855/12
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt. Das beklagte Land trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren und unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 6. Juli 2012 für das Verfahren erster Instanz jeweils auf die Wertstufe bis 2.000,- € festgesetzt.
Gründe:
1I. Der Berichterstatter entscheidet über den Antrag des beklagten Landes im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
2II. Der Antrag des beklagten Landes auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, weil er unbegründet ist. Nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ist die Berufung (nur) zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Der vom beklagten Land geltend gemachte Grund des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt indes nicht vor und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) legt das beklagte Land nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise dar.
31. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen immer schon dann, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.
4BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546 (547), Rdnr. 17 a.E. m.w.N.
5Dies ist dem beklagten Land nicht gelungen. Das Verwaltungsgericht stützt seine Auffassung, der Kläger sei Beamter des gehobenen Dienstes im Sinne der Nr. 27 Abs. 1 Buchstabe b) 2. Variante der Vorbemerkung zur BBesO, maßgeblich darauf, weder dem Wortlaut noch der Begründung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 10. November 2009 (GV. NRW. S. 572) sei zu entnehmen, dass sich an der laufbahnrechtlichen Sonderstellung der bereits aufgrund des Gesetzes zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 18. Dezember 1996 (GV. NRW. S. 576) in Ämter der Besoldungsgruppe A 10 beförderten Beamten etwas ändern solle.
6Diese Begründung stellt das beklagte Land zunächst nicht mit seinem Vorbringen schlüssig in Frage, durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 10. November 2009 sei das damit neu geschaffene Beförderungsamt des Justizvollzugsamtmanns (A 11) bewusst als Spitzenamt des mittleren Dienstes ausgestaltet worden. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht bereits in dem angefochtenen Urteil schlüssig dargelegt, dies gelte nur für Beamte des mittleren Dienstes, die (erstmalig) in Ämter der Besoldungsgruppe A 10 und – dem nachfolgend – A 11 befördert würden. Bei Beamten wie dem Kläger, die bereits in den gehobenen Dienst befördert worden seien, verbleibe es hierbei, weil weder dem Wortlaut noch der Begründung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 10. November 2009 zu entnehmen sei, dass sich an der laufbahnrechtlichen Sonderstellung der bereits aufgrund des Gesetzes zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 18. Dezember 1996 in Ämter der Besoldungsgruppe A 10 – und damit den gehobenen Dienst - beförderten Beamten etwas ändern solle.
7Dem setzt das beklagte Land nichts Schlüssiges entgegen. Insbesondere trifft auf den Kläger § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Anhebung der Beförderungsämter für Bedienstete des allgemeinen Vollzugs- und des Werkdienstes in Justizvollzugsanstalten sowie des Krankenhauspflegedienstes im Justizvollzugskrankenhaus Nordrhein-Westfalen in leitenden Funktionen (GV. NRW. 2009 S. 572) nicht zu, demzufolge mit der Verleihung eines Beförderungsamtes nach den §§ 1 bis 3 des Gesetzes ein Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahngruppe nicht verbunden ist, weil er nämlich infolge seiner Beförderung zum Justizvollzugsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) am 5. September 2002 bereits in den gehobenen Dienst aufgestiegen war, denn dieses Amt war durch das bereits erwähnte Gesetz zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 18. Dezember 1996 ausdrücklich dem gehobenen Dienst zugeordnet worden.
8Ferner mag es sein, dass der Gesetzgeber eine Ergänzung der Grundbezüge von Justizvollzugsamtmännern durch eine allgemeine Stellenzulage nicht mehr als erforderlich angesehen hat, weil die Grundbezüge in der Endstufe der Besoldungsgruppe A 11 deutlich höher als in der Endstufe der Besoldungsgruppe A 10 sind. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, hat eine solche Intention des Gesetzgebers jedoch hinsichtlich der Beamten, die - wie der Kläger - bereits in den gehobenen Dienst befördert worden waren, im Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Überleitung vom mittleren in den gehobenen Dienst im Justizvollzug vom 10. November 2009 keinen (hinreichend deutlichen) Ausdruck gefunden.
9Eine solche Intention kommt auch nicht im Haushaltsplan für das Jahr 2010 zum Ausdruck. Soweit das beklagte Land diesbezüglich in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung ursprünglich vorgetragen hat, die hier in Rede stehenden Beförderungsstellen nach A 11 BBesO seien bei der Haushaltsaufstellung im Bereich des mittleren Dienstes etatisiert worden, hält es hieran nicht mehr fest, sondern räumt ein, eine entsprechende Etatisierung habe nicht stattgefunden. Auch der Berichterstatter vermag dem Haushaltsplan für den Geschäftsbereich des Justizministeriums für das Haushaltsjahr 2010 (Einzelplan 04, Kapitel 04 410 Justizvollzugseinrichtungen S. 172 – 177) nichts derartiges zu entnehmen.
10Schließlich trifft es zu, dass der Haushaltsplan den Hinweis enthält, die hier in Rede stehenden 8 Planstellen Justizvollzugsamtmann/Justizvollzugsamtfrau seien künftig umzuwandeln in 8 Stellen Justizamtsinspektor/-in mit Amtszulage ab dem 01.01.2012 (Haushaltsplan 2010 a.a.O., S. 175). Für die Zuordnung der 8 Planstellen Justizvollzugsamtmann/Justizvollzugsamtfrau zum mittleren oder zum gehobenen Dienst besagt dies indessen nichts. Nach der Anmerkung 3 zur Besoldungsgruppe A 9 BBesO können bei (Justiz-) Amtsinspektoren für Funktionen, die sich von denen der Besoldungsgruppe A 9 abheben, nach Maßgabe sachgerechter Bewertung jeweils bis zu 30 v.H. der Stellen mit einer Amtszulage nach der Anlage IX ausgestattet werden. Hiervon beabsichtigte der Haushaltsgesetzgeber offenbar bei der künftigen Umwandlung der 8 Planstellen Justizvollzugsamtmann/Justizvollzugsamtfrau in 8 Planstellen Justizamtsinspektor/-in ab dem 1. Januar 2012 Gebrauch zu machen. Mehr kann dem genannten Hinweis nicht entnommen werden.
112. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung des Zulassungsgrunds die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 – 5 B 44.13 -, juris, Rdnr. 2; OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 – 6 A 2497/11 -, juris, Rdnr. 3.
13Ohne Formulierung der Rechts- oder Tatsachenfrage, der der Rechtsmittelführer grundsätzliche Bedeutung beimisst, kann das Oberverwaltungsgericht nicht prüfen, ob sie klärungsbedürftig und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist und über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Das beklagte Land formuliert in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung jedoch keine Rechts- oder Tatsachenfrage, die der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung verleihen soll.
14III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
15IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, gehören Ansprüche auf Zulagen zu den als Teilstatus bezeichneten Rechtspositionen, die im Gerichtskostengesetz nicht speziell geregelt sind. Der Streitwert für den Teilstatus wird hiernach in Anwendung des § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Höhe des zweifachen Jahresbetrags der Differenz zwischen dem innegehabten und dem erstrebten Teilstatus bemessen.
16Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2009 – 2 C 48.07 -, NVwZ-RR 2010, 127, Rdnr. 3.
17Der zweifache Jahresbetrag der vom Kläger begehrten Zulage nach der Nr. 27 Abs. 1 Buchst. b) der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz betrug bei Erhebung seiner Klage am 12. Juli 2011 (vgl. § 40 GKG) 1.861,20 € (24 Monate x 77,55 € mtl. (vgl. MBl. NRW. 2011 S. 179)), bei Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung am 3. August 2012 1.896,48 € (24 Monate x 79,02 € mtl. (vgl. MBl. NRW. 2011 S. 196)).
18Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
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- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 2x (nicht zugeordnet)
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