Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 B 1322/19
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme eventueller außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die in der Beschwerde vorgebrachten Grü;nde, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben im Ergebnis keine Veranlassung, den angefochtenen Beschluss zu ändern.
3Das Verwaltungsgericht hat den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag,
4<p class="absatzLinks">die aufschiebende Wirkung der Klage VG Arnsberg 4 K 2592/19 gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2019 zur Aufstockung des Einfamilienhauses auf dem Grundstück V.----straße 10 (Germarkung C. , Flur 3, Flurstück 517) in H. anzuordnen, 5im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der Baugenehmigung und das öffentliche Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwögen das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da Überwiegendes dafür spreche, dass die angefochtene Baugenehmigung vom 6. Juni 2019 die Antragstellerin nicht, erst recht nicht offensichtlich, in ihren Rechten verletze. Insbesondere verstoße die Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen die Antragstellerin schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, wobei offenbleiben könne, ob sich die planungsrechtliche Beurteilung nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. B 2 „Am M.------platz – H1. “ vom 11. Mai 1965 in der Fassung der am 26. Februar 1981 in Kraft getretenen 3. Änderung oder - bei Unwirksamkeit des Plans - nach § 34 BauGB richte. Lege man den genannten Bebauungsplan zugrunde, verstoße das Vorhaben voraussichtlich nicht gegen nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplans. Allein problematisch sei insoweit, ob ein zweigeschossiges Gebäude genehmigt sei und damit das Vorhaben der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse "I" widerspreche. Unabhängig davon, ob für die Berechnung der Zahl der Vollgeschosse die im Zeitpunkt des Erlasses des Plans im Jahr 1965 geltenden Regelungen der Landesbauordnung 1962 (BauO NRW) – sog. statische Verweisung – oder die BauO NRW 2018 – sog. dynamische Verweisung – maßgeblich seien, verstoße die angefochtene Genehmigung nicht gegen Rechte der Antragstellerin. Bei Annahme einer dynamischen Verweisung wäre das Vorhaben nach Durchführung der Maßnahme weiter eingeschossig und schon deshalb ein Verstoß nicht gegeben, bei Zugrundelegung der BauO NRW 1962 wäre das Obergeschoss zwar voraussichtlich ein Vollgeschoss, doch vermittele die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse im Bebauungsplan der Antragstellerin keinen Nachbarschutz. Denn es sei kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass der Plangeber den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nachbarschützende Wirkung habe zumessen wollen. Den Aufstellungsvorgängen und insbesondere der Planbegründung lassen sich für einen mit der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse bezweckten Drittschutz und die Bildung einer solchen Schicksalsgemeinschaft nichts entnehmen. In der Planbegründung werde lediglich ausgeführt, dass „im Bereich des Bebauungsplans Nr. 2 eine 3geschossige Zeile sowie zur Abrundung 1geschossige Eigenheime liegen“. Weitere Aussagen enthielten weder die Planbegründung noch die sonstigen Unterlagen, so dass der Festsetzung – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin – nur eine rein städtebauliche Ordnungsfunktion und damit keine nachbarschützende Wirkung habe zukommen sollen. Die Annahme der Antragstellerin, ein Nachbarschutz lasse sich aus der festgelegten "Teppichbebauung" ableiten, treffe schon deshalb nicht zu, weil der Bebauungsplan keine Festsetzungen zu einer bestimmten Bauform (Gartenhofhäuser) oder zur (abweichenden) Bauweise enthalte. Die Baugenehmigung verstoße auch nicht zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Rechte des Nachbarn könnten nur durch die Baugenehmigung selbst, nicht jedoch durch die fehlende Befreiung beziehungsweise durch das Unterbleiben einer Ermessensbetätigung verletzt sein, so dass der Vortrag, eine Befreiung sei nicht erteilt worden, im vorliegenden Zusammenhang unerheblich sei. Bei Anwendung der zum Rücksichtnahmegebot entwickelten Maßstäbe könne von einer der Antragstellerin unzumutbaren Beeinträchtigung durch Sonnenentzug bzw. Schattenwurf nicht die Rede sein, da Verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen seien, wenn – wie hier – die landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen eingehalten würden. Dass die zu erwartende Verschattung über das zumutbare Maß hinausgehen könnte, sei weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich. Zwar seien die nach S252;den zum Vorhabengrundstück ausgerichteten Teile des Wohnhauses und des Grundstücks der Antragstellerin je nach Jahreszeit mehr oder weniger vom Schattenwurf betroffen, doch werde die Sonneneinstrahlung auf deren Grundstück angesichts des Abstandes der Nordwand der 6 m hohen Aufstockung von 8 m zur gemeinsamen Grenze nur bei hinreichend niedrigem Sonnenstand gehindert, somit in weiten Teilen weiterhin ungehindert erfolgen. Vor diesem Hintergrund könne auch bei einer Beurteilung auf der Grundlage des § 34 BauGB nicht von einem Nachbarrechtsverstoß ausgegangen werden.
6Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen begründet keine abweichende Interessengewichtung.
71. Die Ausführungen zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (S. 3 und 4. der Beschwerdebegründung) vermögen ein nachbarliches Abwehrrecht nicht zu begründen, da ein solches nur dann bestehen kann, wenn die dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung ihrem Regelungsgehalt nach gegen zwingendes, zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dienendes materielles Baurecht verstößt, dieser Verstoß auch nicht durch eine (rechtmäßige) Ausnahme/Befreiung oder Abweichung ausgeräumt werden kann und - sofern dies die gesetzliche Regelung erfordert - der Nachbar durch die Ausführung oder Nutzung des Vorhabens tatsächlich und unzumutbar beeinträchtigt wird. Einen allgemeinen nachbarlichen Anspruch auf Vollziehung der Festsetzungen eines Bebauungsplans – mit dem Inhalt, der der Beschwerdebegründung vorschwebt – gibt es nicht.
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. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin darauf, den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. B 2 "Am M.------platz – H1. " der Stadt H. (im Folgenden: Bebauungsplan Nr. B 2) komme nachbarschützende Wirkung zu. 9Im Kern macht sie geltend: Anders als das Verwaltungsgericht annehme, hätten die Eigentümer der Grundstücke nicht frei mit der Bebauung ihrer Grundstücke verfahren können. Der Plangeber habe ganz bewusst ein Zusammenspiel unterschiedlicher Festsetzungen gewählt, von den umfangreichen Baulinien nach § 23 BauNVO 1962 bzw. der offenen Bauweise nach § 22 BauNVO über den Charakter der Häuser als Winkelbungalows, die durch Außenwände der Nachbargrundstücke einen Gartenhof bildete, der fremder Sicht entzogen sei, und die gemäß § 17 Abs. 2 BauNVO 1962 festgesetzte erhöhte Grund- und Geschossflächenzahl bis zur Begrenzung auf ein Vollgeschoss. Diese Festsetzungen hätten danach in ihrer Kombination und damit auch in der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung nachbarschützenden Charakter.
10Diese Erwägungen greifen auf der Grundlage der im vorliegenden Verfahren allein angezeigten summarischen Prüfung zu kurz und gehen voraussichtlich an dem objektiven Regelungsgehalt des Bebauungsplans Nr. B 2 vorbei, dessen Wirksamkeit der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes unterstellt, der aber ggf. im Hauptsacheverfahren noch einmal nachzugehen sein wird.
11Ein Drittschutz der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (zwingend 1 Vollgeschoss) mit einer von der Regelung des § 17 Abs. 2 BauNVO 1962 gedeckten (erhöhten) GRZ und GFZ von 0,6 ist damit nicht aufgezeigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat, ist die Entscheidung über die Begrenzung der Anzahl der Vollgeschosse durch die städtebauliche Vorstellung über die Etablierung einer eingeschossigen Bebauung in diesem Bereich begründet worden. So wird in der Planbegründung nur knapp ausgeführt, dass "im Bereich des Bebauungsplans Nr. B 2 eine 3geschossige Zeile sowie zur Abrundung 1geschossige Eigenheime" liegen. Weitere Aussagen zur Anzahl der (Voll‑)Geschosse enthalten weder die Planbegründung noch die sonstigen Unterlagen.
<span class="absatzRechts">12Der Hinweis auf die festgesetzte erhöhte Grund- und Geschossflächenzahl von 0,6 ist nicht zielführend. Nach § 17 Abs. 2 BauNVO 1962 können in Gebieten, für die eine Bebauung mit eingeschossigen Wohngebäuden mit einem fremder Sicht entzogenen Gartenhof, wie Gartenhof- oder Atriumhäuser, vorgesehen sind, im Bebauungsplan eine Grundflächenzahl und eine Geschossflächenzahl von bis zu 0,6 festgesetzt werden. Festsetzungen dieser Art zeugen damit zwar von der Vorstellung des Plangebers, dass in jenem Gebiet eine solchen Bebauung entstehen soll, was auch das Verwaltungsgericht nicht in Abrede stellt und wie auch die im Bebauungsplan nachrichtlich als "sonstige Planung" dargestellte Lage einer möglichen Bebauung in jenem Gebiet belegt.
13Allerdings hat § 17 Abs. 2 BauNVO 1962 selbst (kraft Bundesrechts) keine drittschützende Funktion, und zwar auch, soweit er die Gartenhofbauweise dadurch kennzeichnet, dass der Gartenhof fremder Sicht entzogen ist.
14Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Mai 1994 - 4 NB 16.94 -, juris Rn. 2 [zum inhaltsgleichen § 17 Abs. 2 BauNVO 1977], und vom 20. September 1984 - 4 B 202.84 -, BRS 42 Nr. 123 = juris Rn. 3; a. A. allerdings Fickert/Fieseler, BauNVO-Kommentar, 1. Aufl. 1969, Tz 194 zu § 17.
15Ob in diesem Zusammenhang getroffene Regelungen einschließlich getroffener Festsetzungen zur Bauweise und zur überbaubaren Grundstücksfläche (z. B. "eingeschossige Wohngebäude" mit einem fremder Sicht entzogenen Gartenhof) Drittschutz gegen die Möglichkeit bieten, den Gartenhof einzusehen, hängt allein von der Auslegung des objektiven Regelungsgehalts des Bebauungsplans ab. Dies ist in jedem Einzelfall aus Inhalt und Rechtsnatur der jeweiligen Festsetzung des Bebauungsplans, ihrem Zusammenhang mit dessen weiteren Regelungen, der Planbegründung oder anderen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung im Wege der Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist insbesondere von Bedeutung, ob die Nachbarn durch die Festsetzungen im Sinne eines "Austauschverhältnisses" rechtlich derart verbunden sind, dass sie zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet sind oder eine "Schicksalsgemeinschaft" bilden, aus der keiner der Beteiligten ausbrechen darf.
16Eine solche nachbarschützende Auslegung ist hier bei summarischer Prüfung voraussichtlich nicht angezeigt. Insoweit wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen, namentlich auch dazu, dass der Bebauungsplan Nr. B 2 Festsetzungen zu einer bestimmten Bauform bzw. Bauweise (Anlegung von fremder Sicht entzogenen Gartenhöfen) objektiv nicht enthält.
17Mit Blick auf die Beschwerdebegründung ist zu ergänzen: Der Geltung beanspruchende Bebauungsplan Nr. B 2 setzt für die Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung WR, hinsichtlich des Maßes baulicher Nutzung eine GRZ von 0,6, eine GFZ von 0,6 sowie eine zwingend eingeschossige Bebauung und hinsichtlich der äußeren Gestaltung "Flachdach" fest. Hinsichtlich der Bauweise – in der Legende ist lediglich von einer "Firstrichtung" die Rede, die aber für die hier in Rede stehenden Grundstücke (naturgemäß) nicht geregelt ist - ist keine ausdrückliche Festsetzung getroffen. Unter Bauweise ist die Art und Weise zu verstehen, in der die Gebäude in Bezug auf die seitliche Grundstücksgrenze auf dem Grundstück angeordnet sind.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1995 ‑ 4 NB 48.93 -, BRS 57 Nr. 23 = juris Rn. 22 sowie OVG Hamburg, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 2 Bf 43/15 -, BRS 86 Nr. 58 = juris Rn. 31 m. w. N.
19Derartige verbindliche Vorgaben enthält der Bebauungsplan Nr. B 2 nicht, sondern stellt nachrichtlich "sonstige Planungen" dar. Der genannte Bebauungsplan setzt (straßennahe) Baulinien und Baugrenzen fest. Diese geben – anderes als die Beschwerde meint – eine von der offenen abweichende Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 4 BauNVO allenfalls rudimentär wieder, weil seitliche Baulinien und Baugrenzen nur zur Darstellung eines sog. Bauteppichs festgesetzt sind. Darüber hinaus lassen die Baulinien eine von den nachrichtlich dargestellten "sonstigen Planungen" abweichende Bebauung zu, wenn sie sie nicht in Teilen sogar vorgeben. Das gilt etwa für die Winkelbungalows im südlichen Bereich zur V.----straße ; dort ist eine Baulinie vorgegeben, wohingegen die nachrichtlich dargestellte Planung vorsah, den Querwinkel des vorgestellten Gebäudes gerade nicht an der Baulinie parallel zur V.----straße zu errichten, sondern in der Tiefe des Längswinkels zurückzusetzen. Entsprechend unterliegt es auch keinen Zweifeln, dass das Bestandsgebäude auf dem Vorhabengrundstück nach Aktenlage die Vorgaben des Bebauungsplans, namentlich die Vorgaben zur vorderen Baulinie, beachtet. Anderes wird auch von der Beschwerde nicht geltend gemacht. Für die festgesetzten seitlichen Baulinien gilt umgekehrt, dass die diesbezüglichen Festsetzungen die "sonstige Planung" an der F.---straße , namentlich im östlichen Teil des betrachteten Baugebietes, insoweit nicht nachzeichnet, als dort der Längswinkel gerade nach Osten zurückspringen sollte.
20In der Genehmigung der Landesbaubehörde Ruhr vom 19. Juli 1965 heißt es zwar, "im Bereich der Gartenhöfe" werde empfohlen, die Baulinie durch eine Baugrenze zu ersetzen, "um ggflls. Befreiungen (Zurücktreten hinter die Baulinie) zu vermeiden"; allerdings ist dies ausdrücklich als "Hinweis" formuliert, und es ist im Übrigen auch unklar, ob und ggf. auf welchem Wege der Plangeber diesem Hinweis gefolgt ist. Deshalb gibt es schon keine planerische Festsetzung der "Gartenhofbauweise", die hier – ggf. in Verbindung mit den Bestimmungen zum Maß der baulichen Nutzung – verletzt sein kann. Bei dieser Sachlage – Fehlen flankierender Festsetzungen zur Beschränkung der Bauweise auf eine Gartenhofbauweise – erscheint auch die Annahme des Verwaltungsgerichts konsequent, dass kein Grund besteht, der Festsetzung über die Anzahl der Vollgeschosse einen Drittschutz beizumessen, da die Entscheidung für eine eingeschossige Bebauung – wie gesagt – allein aus Gründen des Stadtbildes erfolgte und im Vordergrund seinerzeit die Einpassung in die Umgebung stand.
21Im Übrigen wäre ein solches etwaiges planerisches Konzept hinsichtlich der Festsetzung von Baulinien/Baugrenzen in der Folgezeit auch nicht strikt durchgehalten worden: Denn zum Einen wurde aufgrund einer Voranfrage der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, Frau H2. I. , der Bebauungsplan Nr. 2 auf der Grundlage von § 13 BBauG (vereinfachtes Verfahren) mit Beschluss vom 6. März 1970 erstmals und dahingehend geändert, dass die Baulinie verändert und eine Fläche für Garagen im westlichen Grundstücksteil festgesetzt wurde. Auch erschließt der Vergleich der Planurkunde des Ausgangsplans mit der der 3. Änderung, in dem die zu diesem Zeitpunkt bereits errichteten Gebäude eingezeichnet sind, dass die Bebauung insgesamt hinsichtlich des Winkels zur Straße hin "gedreht" errichtet worden ist. Zum anderem weicht das aufgrund eines Zustimmungsbescheides vom 13. April 1983 auf dem Grundstück der Beigeladenen errichtete Einfamilienhaus, das – wie bereits gesagt – die festgesetzte vordere Baulinie zur V.----straße einhält, in seiner Ausrichtung von den weiteren Bebauungen an der V.----straße - z. B. die auf dem Grundstück des Antragstellers im Verfahren 2 B 1323/19 - dahingehend ab, dass der Gartenhof nicht nach Süden ausgerichtet und von den nördlich angrenzenden Grundstücken abgewandt, sondern quasi auf den "Gartenhof" des Grundstücks der Antragstellerin ausgerichtet ist.
22Die von der Antragstellerin weiter angeführten Änderungen des Bebauungsplans Nr. B 2 vermögen – ungeachtet der Frage, dass ein Nachbarschutz des Ausgangsbebauungsplans hierdurch nicht gleichsam "nachträglich" begründet werden könnte – einen Drittschutz zu ihren Gunsten ebenfalls nicht zu begründen. Im Zuge der 3. Änderung des Plans Nr. B 2, die das Flurstück 290 umfasste (die seinerzeit dort vorhandene Parkplatznutzung sollte auf eine anderweitig festgesetzte Parkfläche verlegt werden), wurden im Rahmen der Bürgerbeteiligung drei Bebauungsvorschläge diskutiert und abgestimmt, von denen der Rat dem "Vorschlag 2: Eingeschossige Gartenhofhäuser, zur V1. - und H3.---straße ausgerichtet" folgte, der sich an der vorhandenen eingeschossigen Bebauung orientierte. Als Ergebnis dieser Planänderung wurde für den erfassten Bereich WR I, GRZ und GFZ 0,6, Flachdach sowie eine "abweichende Bauweise" festgesetzt, die in der Legende ursprünglich definiert wurde als "Gartenhofhäuser als Winkeltypen, die sich zur südlichen Grundstücksecke zu einem Gartenhof öffnen." Allerdings führte der Regierungspräsident B. unter dem 26. Oktober 1978 aus, dass die Festsetzung einer Bauweise gemäß § 22 BauNVO grundsätzlich der Regelung der Abstandsverhältnisse der Geb28;ude innerhalb der Grundstücksgrenzen diene, so dass neben der Festsetzung "abweichende Bauweise – Gartenhäuser" hierüber eine Aussage zu treffen sei, hingegen sei die Festsetzung von Haustypen ("Winkeltypen") von § 22 BauNVO nicht gedeckt, insoweit werde um Streichung gebeten. Nachdem der Regierungspräsident B. unter dem 22. Mai 1980 noch einmal u. a. an den genannten Hinweis erinnert hatte, wurde die abweichende Bauweise nur noch als "Gartenhofhäuser" definiert. In der Planbegründung ist davon die Rede, innerhalb der Bürgerbeteiligung sei der "Planung von ausschließlich eingeschossigen Gartenhofhäusern mehrheitlich zugestimmt worden". Anknüpfungspunkte dafür, dass die Definition zur Bauweise nicht nur für den ausgewiesenen und im zeichnerischen Teil mit "a" gekennzeichneten Änderungsbereich des Bebauungsplans Geltung beanspruchen sollte, sondern zugleich – ohne entsprechende Kennzeichnung des Gebiets – das nördlich der V.----straße festgesetzte Baufeld, fehlen danach ersichtlich.
23Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang darauf, in den Jahren 1986/1987 seien Baugenehmigungen unter Hinweis darauf, dass lediglich eingeschossige Gartenhofhäuser zulässig seien, versagt worden. Zwar ist eine Bauvoranfrage des Rechtsvorgängers der Beigeladenen zum Ausbau ihres Flachdachbungalows (durch Errichtung einer Satteldachkonstruktion) mit Bescheid vom 12. September 1986 abgelehnt worden, allerdings allein aufgrund der gestalterischen Festsetzung "Flachdach"
24- eine derartige gestalterische Festsetzung wäre von einer Regelung zur Bauweise ohnehin nicht gedeckt, vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 2 Bf 43/15 -, BRS 86 Nr. 58 = juris Rn. 45 -
25und zwar, wie dem seinerzeitigen Grundstückseigentümer ausweislich des Vermerks über ein Gespräch vom 8. Oktober 1986 erläutert wurde, allein, weil bei einer Abweichung von der Dachform von einer Verunstaltung i. S. d. § 12 BauO NRW a. F. ausgegangen wurde. Maßgeblich waren dabei ausschließlich baugestalterische bzw. städtebauliche und damit - regelmäßig und so auch hier - nicht nachbarschützende Erwägungen.
26Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. August 2018 – 4 C 7.17 -, BRS 86 Nr. 113, lässt sich zugunsten der Antragstellerin ebenfalls nichts herleiten. Danach können zwar Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung im Einzelfall nachbarschützend sein, wenn der Plangeber –; auf dessen Willen es grundsätzlich ankommt - die nachbarschützende Wirkung im Zeitpunkt der Planaufstellung nicht in seinen Willen aufgenommen hatte. Dem Fall, den das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, lag allerdings ein (übergeleiteter) Bebauungsplan aus dem Jahre 1959 zugrunde, der noch vor Inkrafttreten des BBauG und 8211; worauf die Antragstellerin ausdrücklich hinweist (S. 7 der Beschwerdebegründung) – und noch vor der erst im Jahre 1960 beginnenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachbarschutz in Kraft getreten war. Um einen solchen Plan geht es hier aber gerade nicht, denn bereits der urspr2;ngliche Bebauungsplan Nr. B 2 war im Jahre 1962 auf den Weg gebracht, vom Rat der Gemeinde C. am 26. Februar 1965 beschlossen und am 19. Juli 1965 genehmigt worden. Von daher hätte für den Plangeber hier durchaus die Möglichkeit bestanden, entsprechende nachbarschützende Regelungen zu treffen bzw. diese in der Planbegründung hinreichend deutlich zu dokumentieren, was er aber aus den genannten Gründen unterlassen hat. Unabhängig davon sind Festsetzungen nach der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. August 2018 (dort Rn. 15) nur nachbarschützend, wenn der Plangeber die Planbetroffenen mit den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung in ein wechselseitiges nachbarliches Austauschverhältnis einbinden wollte. Das ist hier aus den genannten Gründen ebenfalls nicht der Fall.
27Soweit die Antragstellerin sich schließlich auf die Festsetzung einer offenen Bauweise aufgrund § 22 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 beruft, ist davon auszugehen, dass die Vorgabe einer "Firstrichtung" für die Flachdachbebauung eine solche nicht enthält. Die Festsetzung einer "abweichenden Bauweise", wie sie bereits damals in § 22 Abs. 4 BauNVO 1962 geregelt war, lässt sich daraus nicht ableiten, zumal diese aus den oben genannten Gründen auch keine Grundlage für eine baugestalterische Erwägung wie z. B. eine Flachdachbebauung bietet und § 22 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 wohl auch nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs. 1 BBauG gedeckt gewesen sein dürfte.
28class="absatzLinks">Vgl. hierzu OVG Hamburg, Urteil vom 11. September 2018 - 2 Bf 43/15 -, BRS 86 Nr. 58 = juris Rn. 33 sowie Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2019, § 22 BauNVO Rn. 28a i. V. m. Rn. 43, jeweils m. w .N.
29Im Übrigen ist auch die offene Bauweise in dem Planbereich, in dem die Grundstücke der Antragstellerin und des Beigeladenen gelegen sind, ganz überwiegend nicht umgesetzt worden. Nach § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 werden in der offenen Bauweise die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von 50 m errichtet (Satz 1), wobei Flächen festgesetzt werden können, auf denen nur eine der in Satz 1 genannten Hausformen zulä;ssig ist (Satz 2). Im Bereich zwischen V.----straße und F1.-----straße sind aber praktisch alle Wohngebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet worden. Ob dies zur Konsequenz haben könnte, dass eine (nach § 22 Abs.1 Satz 2 BauNVO fingierte) Festsetzung über die Bauweise in diesem Bereich (jedenfalls obsolet und damit) unwirksam (geworden) sein könnte und welche Konsequenzen sich hieraus ergeben könnten, mag ggf. im Hauptsacheverfahren geklärt werden.
30Im Zusammenhang mit der offenen Bauweise beruft sich die Antragstellerin auch – unabhängig von Vorstehendem - erfolglos auf die Rechtsprechung zum "Doppelhaus", die sie entsprechend heranziehen will. Dies gilt insbesondere, soweit sie sich auf die Rechtsprechung des 7. Senats des beschließenden Gerichts bezieht, nach der ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit, Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie oberirdisches Bauvolumen im Regelfall nicht mehr gegeben ist, wenn sich auch nur eines dieser quantitativen Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheidet und in Bezug auf jedes dieser quantitativen Merkmale die Übereinstimmungen der beiden Hälften grundsätzlich mindestens doppelt so stark ausgeprägt sein müssen wie ihre Unterschiede.
31Vgl. OVG NRW, Urteile vom 26. Juni 2014 - 7 A 1276/13 -, juris Rn 42 ff. und - 7 A 2725/12 -, juris Rn. 40.
32Denn das Bundesverwaltungsgericht ist diesem Ansatz in seinem Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 -, BRS 83 Nr. 114 = juris Rn. 14, ausdrücklich nicht gefolgt.
33Vgl. nunmehr auch OVG NRW, Urteil vom 3. September 2015 - 7 A 1276/13 -, juris Rn. 37.
343. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten der Antragstellerin in der konkreten Situation lässt sich aus der Beschwerde nicht ableiten.
35Welche Anforderungen das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ in § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB enthaltene bzw. in beplanten Bereichen aus § 15 Abs. 1 BauNVO abzuleitende Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist.
36Vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 4 C 5.93 -, BRS 55 Nr. 168 = juris Rn. 17 m. w. N.
37Nach diesen Grundsätzen lässt sich eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens zu Lasten der Antragstellerin nicht feststellen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Mit Blick auf die Beschwerdebegründung (dort S. 9 f.) ist zu ergänzen: Die Antragstellerin kann sich aus den o. g. Gründen nicht auf drittschützende Festsetzungen des Bebauungsplanes berufen, so dass ihren Interessen hier kein "gewisser Vorrang" zukommt. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch die Aufstockung eine der Antragstellerin unzumutbare Einsichtsmöglichkeit in den besonders geschützten Gartenhof sowie die Räumlichkeiten eröffnet würden. In dem Gebäudeteil, der aufgestockt werden soll, sind in Richtung auf ihr Grundstück zwar zwei 0,82 bzw. 1,00 m breite bodentiefe Fenster vorgesehen, die allerdings ausweislich der genehmigten Bauvorlagen dem Schlaf- und dem Ankleideraum zugeordnet sind. Die von der Antragstellerin befürchtete Nutzung des Daches des darunterliegenden Bungalows im Sinne einer Dachterrasse für längerfristige Aufenthalte ist von der erteilten Baugenehmigung nicht gedeckt. Warum bei dieser Situation angesichts der Größe des Gartenhofs "die mit der Aufstockung geschaffene Einsichtsmöglichkeit" nicht einmal mehr "ein Mindestmaß an privater Wohnsphäre" zulassen soll, erschließt sich nicht. Soweit sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf das Urteil des 10. Senats des beschließenden Gerichts vom 22. August 2005 - 10 A 3611/03 -, juris Rn. 57, beruft, betrifft jene Entscheidung einen ersichtlich anders gelagerten Fall: Denn hier geht es nicht darum, dass in einer Reihenhauszeile mit Gebäudebreiten von jeweils nur 4,75 m durch die Errichtung eines über 1,50 m vortretenden, die hintere Baugrenze überschreitenden, grenzständigen, die gesamte Gebäuderückseite einnehmenden Balkons erstmalig qualifizierte Einsichtnahmemöglichkeiten wie von einer "Aussichtsplattform" in ein etwa ein Meter entferntes Schlafzimmerfenster sowie in die benachbarten Terrassenbereiche geschaffen werden. Auch sonst ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nichts Greifbares für eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens zu Lasten der Antragstellerin.
38Ausgehend von der (auch) bei Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. B 2 aus den genannten Gründen voraussichtlich fehlenden Begründung nachbarlicher Abwehrrechte zugunsten der Antragstellerin und angesichts der aus der Beschwerdebegründung nicht abzuleitenden Rücksichtlosigkeit des Vorhabens teilt der Senat auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenbewertung. Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 212a Abs. 1 BauGB überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin nicht das Interesse der Antragsgegnerin sowie das der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung, wobei allerdings klarzustellen ist, dass letztere vor Bestandskraft der angegriffenen Baugenehmigung auf eigenes Risiko bauen.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
40Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs.1 und 3, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG.
41Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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