Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 E 620/20
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei;
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Das Verwaltungsgericht ist - unabhängig davon, dass der Kläger bisher die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Formblatt-Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst geeigneten Nachweisen nicht vorgelegt hat (vgl. § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1, 117 Abs. 2 und 4 ZPO) -jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers nicht die von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorausgesetzte hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
4Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 Abs. 1 und 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe zu versagen ist, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance indes nur eine entfernte ist.
5Ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa: Beschlüsse vom 31. Januar 2019 - 12 E 1025/17 -, juris Rn. 4, vom 26. Januar 2012 - 12 E 21/12 -, vom 28. September 2010 - 12 E 546/10 - und vom 10. August 2009 - 12 E 858/09 -.
6Letzteres ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erlass seiner bestehenden Darlehensschuld hat und ein solcher insbesondere nicht aus § 18 Abs. 12 Satz 1 BAföG in der seit dem 16. Juli 2019 geltenden Fassung folge. Nach dieser Vorschrift ist Darlehensnehmenden, die während des Rückzahlungszeitraums nach Absatz 3 Satz 1 ihren Zahlungs- und Mitwirkungspflichten jeweils rechtzeitig und vollständig nachgekommen sind, die verbleibende Darlehensschuld zu erlassen. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BAföG sind die Darlehen - vorbehaltlich des Gleichbleibens der Rechtslage - in gleichbleibenden monatlichen Raten von mindestens 130 Euro innerhalb von 20 Jahren zurückzuzahlen. Aus den überzeugenden Gründen im angefochtenen Beschluss, auf die der Senat Bezug nimmt, kann der Verweis in § 18 Abs. 12 Satz 1 BAföG auf den "Rückzahlungszeitraum nach Absatz 3 Satz1" sowohl nach dem Sprachverständnis als auch nach dem eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzgebers zweifelsfrei nur dahingehend ausgelegt werden, dass es auf die Erfüllung der Zahlungs- und Mitwirkungspflichten in dem Zeitraum ankommt, in dem die Verpflichtung zur Rückzahlung in monatlichen Raten besteht, und nicht auf einen mit Ablauf der Förderung oder der Förderungshöchstdauer beginnenden Zeitraum von 20 Jahren. Die Vorschrift betrifft den Erlass der nach Ablauf der nach der Neufassung des BAföG generell maximalen Rückzahlungsdauer von 20 Jahren verbleibenden Restschuld.
7Vgl. BT-Drucks. 19/8749 S. 38 f.
8Die Rückzahlungsdauer richtet sich - wie auch schon nach der bis zum 15. Juli 2019 geltenden Fassung (§ 18 Abs. 3 Satz 3 BAföG a. F.) - nach dem für die Rückzahlung gesetzlich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkt (nunmehr Absätze 4 bis 6) und endet spätestens mit Ablauf von 20 Jahren ab diesem Zeitpunkt; die in § 18a Abs. 5 BAföG a. F. vorgesehene und ebenfalls an das Bestehen von Rückzahlungspflichten anknüpfende Möglichkeit der Hemmung der Frist durch Freistellungszeiten um bis zu 10 Jahre ist entfallen. Vor allem in diesem Zeitraum kommen Verstöße gegen die im Rückzahlungsverfahren (vgl. § 18 Abs. 12 Satz 3 BAföG) bestehenden Zahlungs- und Mitwirkungspflichten in Betracht, die zu einem Ausschluss des Anspruchs auf Restschulderlass führen können; in der Karenzzeit davor muss der Darlehensempfänger nur der Verpflichtung nachkommen, jede Änderung der Wohnanschrift und des Familiennamens mitzuteilen (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 DarlehensV).
9Mit Blick auf die Begrenzung der im Rückzahlungszeitraum fortbestehenden Möglichkeit, bei geringem Einkommen eine vollständige oder teilweise Freistellung nach § 18a BAföG zu beantragen, wird der Kläger durch die Anknüpfung an den Zeitraum, in dem eine Rückzahlungspflicht besteht, auch nicht unzumutbar belastet. Sofern er bis zum Ablauf des hier gemäß § 18 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BAföG im April 2005 beginnenden und im Jahr 2025 endenden Rückzahlungszeitraums seine Zahlungs- und Mitwirkungspflichten erfüllt, was bei fristgerecht beantragten und ihm zustehenden Freistellungen der Fall sein kann, wird ihm die dann bestehende Restschuld zu erlassen sein.
10Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO sowie aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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