Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 1024/19
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 5.2.2019 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsgläubiger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsschuldnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen für dessen Spielhalle in der G. -F. -B. 000 in X. erteilte glücksspielrechtliche Härtefallerlaubnis. Die Spielhalle der Klägerin befindet sich 47 m Luftlinie entfernt in der M. Straße 0. Dem Beigeladenen wurde unter dem 11.9.2009 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO, der Klägerin unter dem 3.4.2014 eine bis zum 30.11.2017 befristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt.
4Zum Ablauf der gesetzlichen Übergangsfrist nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV beantragten die Klägerin und der Beigeladene bei der Beklagten jeweils die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb ihrer Spielhallen. Dem Beigeladenen erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 6.9.2017 eine bis zum 30.6.2021 befristete glückspielrechtliche Erlaubnis. In der Begründung heißt es unter anderem, dass die Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV unter Befreiung der Einhaltung des Mindestabstands zu anderen Spielhallen erteilt werde, weil dies angesichts der vorgelegten Nachweise zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich sei. Die Beklagte übersandte den Bescheid an die Klägerin und teilte ihr mit, sie als Beteiligte gemäß § 13 Abs. 2 VwVfG NRW zum Erlaubnisverfahren des Beigeladenen hinzuzuziehen, weil die Entscheidung ihre rechtlichen Interessen berühren könne. Den Antrag der Klägerin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 6.9.2017 mit der Begründung ab, dass die Spielhalle der Klägerin den gesetzlichen Mindestabstand von 350 m zur Spielhalle des Beigeladenen nicht einhalte. Auf Grund der länger bestehenden Erlaubnis und des anzuerkennenden Härtefallgrundes sei die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen ausgefallen.
5Die Klägerin hat gegen die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis Klage erhoben. Sie könne geltend machen, durch die angegriffene Dritterlaubnis in ihren Rechten verletzt zu werden. Die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen sei ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, ohne Berücksichtigung sachlicher Auswahlkriterien im Sinne des § 1 GlüStV und damit rechtswidrig erfolgt. Die Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Erlaubnis hätte zur Folge, dass die Auswahlentscheidung zugunsten der Klägerin ausgehe.
6Die Klägerin hat beantragt,
7die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis vom 6.9.2017 aufzuheben.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
11Das Verwaltungsgericht hat die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Die nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV erteilte Erlaubnis sei von der Beklagten bei der von ihr zu treffenden Auswahlentscheidung zwischen den übrigen Bewerbern um eine Spielhallenerlaubnis nicht zu berücksichtigen.
12Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach eine Härtefallerlaubnis der Klägerin nicht entgegengehalten werden könne, von Gerichten in Baden-Württemberg nicht geteilt werde.
13Sie beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
14das auf die mündliche Verhandlung vom 5.2.2019 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die dem Beigeladenen am 6.9.2017 erteilte Erlaubnis aufzuheben.
15Die Beklagte und der Beigeladene beantragen schriftsätzlich,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Die Beklagte hat auf gerichtliche Nachfrage erklärt, sie werde der Klägerin die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis nicht entgegenhalten, falls über ihren Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis neu entschieden werden sollte.
18Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, zu einer möglichen Entscheidung über die Berufung durch Beschluss nach § 130a VwGO Stellung zu nehmen. Sie haben gegen eine Entscheidung im Beschlussweg keine Einwände erhoben.
19Neben der vorliegenden Klage hat die Klägerin auch Klage gegen den an sie gerichteten Versagungsbescheid vom 6.9.2017 erhoben (VG Düsseldorf, 3 K 16487/17). Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit auf mündliche Verhandlung vom 26.3.2019 ergangenem Urteil verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis neu zu bescheiden. Die Klage auf Erteilung einer Erlaubnis hat es abgewiesen. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Neubescheidung ist das Urteil rechtskräftig geworden. Über die Berufung der Klägerin, mit der sie die Erteilung einer Erlaubnis begehrt hat, hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage (4 A 1696/19) entschieden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (ein Band sowie seit dem 1.11.2019 elektronisch fortgeführt) und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (ein Hefter) Bezug genommen.
21II.
22Nach Anhörung der Beteiligten kann der Senat über die Berufung gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gemäß §§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO gehört worden.
23Die Berufung ist unbegründet.
24Die Klage hat unabhängig davon keinen Erfolg, ob der Klägerin angesichts der von der Beklagten abgegebenen Erklärung bereits das Rechtsschutzinteresse an der mit der Klage begehrten Aufhebung der Erlaubnis des Beigeladenen fehlt.
25Die Klage ist jedenfalls unbegründet, weil die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis die Klägerin nicht in subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26Bezogen auf die mit der Klage aufgeworfene landesrechtlich zu beurteilende Rechtsfrage ist letztinstanzlich geklärt, dass durch eine Erlaubnis, die nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot erteilt wird, keine subjektiven Rechte der am Auswahlverfahren noch zu beteiligenden Konkurrentin verletzt werden.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 10.10.2019 – 4 A 665/19 –, GewArch 2020, 104 = juris, Rn. 55 ff., und – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 57 ff., 69, 73 ff.
28Da eine solche Erlaubnis im Streit steht, ist die Klägerin durch die angegriffene Erlaubnis des Beigeladenen nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt. Mit Rücksicht auf diese obergerichtliche Klärung hat die Beklagte im Berufungsverfahren zudem ausdrücklich bestätigt, sie werde die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis der Klägerin nicht entgegenhalten, falls über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für ihren Spielhallenstandort neu entschieden werden sollte.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen. Dieser hat im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
30Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat zieht für die auf den Betrieb einer Spielhalle gerichteten Klagen in Orientierung an dem Vorschlag unter Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [NVwZ-Beilage 2013, 58 (68)] den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000,00 Euro als Grundlage der Wertfestsetzung heran. Da Gegenstand der vorliegenden Klage aber nur die Anfechtung einer Erlaubnis ist, die einem Konkurrenten der Klägerin erteilt worden ist, und die Klägerin nur ihren in einem anderen Verfahren verfolgten Verpflichtungsanspruch sichern möchte, hält der Senat die Bedeutung des Begehrens der Klägerin für diese mit der Hälfte des vorgenannten Betrages für angemessen bewertet.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.9.2020 – 4 A 2568/19 –, juris, Rn. 6 ff., m. w. N.
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Referenzen
- VwGO § 130a 2x
- VwGO § 125 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x
- 3 K 16487/17 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 1696/19 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 665/19 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 1826/19 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 2568/19 1x (nicht zugeordnet)