Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 A 556/19
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Nachteilsausgleichs für den Kläger anlässlich des Inkrafttretens des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen.
3Die hier streitgegenständliche Festsetzung wurde aufgrund des folgenden Sachverhaltes notwendig:
4Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954, "Hartz IV") wurden die staatlichen Leistungen der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfebedürftige mit Wirkung zum 1. Januar 2005 im Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu einer einheitlichen Leistung, der Grundsicherung für Arbeitssuchende ("Arbeitslosengeld II") zusammengeführt. Für die Kreise und kreisfreien Städte ergaben sich durch die Neuregelungen teils finanzielle Entlastungen bei den aufzuwendenden Leistungen und teils neue Belastungen (vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 13/5953). Die Kosten für die Leistungen nach dem SGB II übernahm zu großen Teilen der Bund, §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 46 Abs. 1 SGB II, wodurch die Kommunen u. a. von den Kosten für Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz befreit wurden. Die kreisfreien Städte und Kreise blieben Kostenträger insbesondere hinsichtlich des Bedarfs für Unterkunft und Heizung (§§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 22 SGB II), wobei der Bund sich an diesen Kosten zweckgebunden beteiligte (§ 46 Abs. 5 SGB II). Durch die Beteiligung des Bundes hieran sollte eine jährliche Entlastung der Kommunen sichergestellt werden. Zur Überprüfung der anzupassenden Bundesbeteiligung verständigten sich die kommunalen Spitzenverbände in Abstimmung mit den Bundesländern zum Jahresbeginn 2005 darauf, eine Datenerhebung zu den Belastungen und Entlastungen der kommunalen Träger durch das genannte Gesetz durchzuführen (Kommunale Datenerhebung 2005).
5Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt war begleitet von einer Reform des Wohngeldrechts, die zu einer Reduzierung der Länderausgaben für das Wohngeld führte. Die für den Landeshaushalt erwartete Entlastung sollte dauerhaft den Kommunen zugutekommen. Die Verteilung dieser Entlastung auf die kommunalen Träger sollte auf Grundlage der Zahlen der Kommunalen Datenerhebung 2005 erfolgen. § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW in der Fassung des Ersten Änderungsgesetzes vom 19. Juni 2007 (GV. NRW. S. 207) sah hierbei ein zweistufiges Verfahren zur Ermittlung des Verteilungsmaßstabs vor. Auf der ersten Stufe waren zunächst die kommunalen Entlastungsdaten gemäß Anlage A von den kommunalen Belastungsdaten gemäß Anlage B abzuziehen (§ 7 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 AG-SGB II NRW). Verblieb bei einem kommunalen Träger ein Belastungswert, war dieser zunächst auszugleichen (Satz 5), bevor auf der zweiten Stufe der Restbetrag auf die kommunalen Träger entsprechend ihrem Anteil an den Leistungen für Unterkunft und Heizung (vgl. § 6 Abs. 2) verteilt wurde (Satz 6).
6In den Haushaltsjahren 2007, 2008 und 2009 verteilte das Land den Betrag der eingesparten Wohngeldausgaben jeweils auf der Grundlage der genannten, seinerzeit geltenden Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW auf die Kreise und kreisfreien Städte. Die zuständigen Bezirksregierungen setzten die Zuweisungsbeträge für die Jahre 2007, 2008 und 2009 gegenüber den kommunalen Trägern fest. An den Kläger wurden für diesen Zeitraum Zuweisungen in Höhe von 2.177.143,82 Euro (2007), 2.022.308,58 Euro (2008) und 1.110.417,34 Euro (2009) geleistet.
7Auf die Verfassungsbeschwerden mehrerer kommunaler Träger, u. a. auch des Klägers, erklärte der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 26. Mai 2010 - VerfGH 17/08 - Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW in der Fassung des Ersten Änderungsgesetzes vom 19. Juni 2007 für unvereinbar mit dem Recht der Beschwerdeführer auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 78 Abs. 1 LVerf NRW). Sie verstoße gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, weil das dem Verteilungsschlüssel zugrunde liegende Datenmaterial aufgrund von Plausibilitätsmängeln und teils fehlerhaften Daten nicht hinreichend valide sei. Dies lasse besorgen, dass einige Kreise und kreisfreie Städte höhere Finanzzuweisungen erhielten, als ihnen auf Basis valider Daten zustünden, während die Zuweisungen für andere Kommunen infolge des unzureichenden Datenmaterials zu gering ausfielen. Der Rückgriff des Landesgesetzgebers auf ungenügendes Zahlenmaterial sei auch nicht gerechtfertigt gewesen. Im Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens sei mit den amtlichen Statistiken valide(re)s Datenmaterial verfügbar gewesen. In diesem Zusammenhang sei unbeachtlich, dass auch die amtlichen Sozialhilfe- und Jahresrechnungsstatistiken Fehler aufweisen könnten; dieser Gesichtspunkt sei nur dann relevant, wenn die gewählte Methode der Datenermittlung die Gewähr größerer Datenrichtigkeit böte, was jedoch nicht der Fall sei. Bei den amtlichen Statistiken handele es sich um Datenerhebungen, die auf normativer Grundlage regelmäßig erfolgten, ohne dass Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Erhebung eine hohe Fehleranfälligkeit aufweise. Der Gesetzgeber sei ferner gehalten, für einen Ausgleich der durch die verfassungswidrige Regelung verursachten Nachteile zu sorgen.
8Mit Schreiben vom 23. Juli 2010 teilte das damalige Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) dem Landesbetrieb IT.NRW mit, dass es zur Validierung der in der Anlage A zu verwendenden Zahlen Daten aus dem Bereich der amtlichen Jahresrechnungsstatistik bzw. der amtlichen Sozialhilfestatistik benötige und insofern um deren Auswertung bitte. Hierbei solle die Veränderung der Kostensituation zwischen den Jahren 2004 und 2005 auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte in NRW bei den Nettoausgaben hinsichtlich der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Hilfe zur Arbeit, den Kosten der Krankenhilfe sowie den Kosten für Personal und Verwaltung entsprechend der Anlage A ermittelt werden.
9Zur Jahresrechnungsstatistik 2004 hatte der Kläger zum Unterabschnitt 410 (Hilfe zum Lebensunterhalt) Brutto-Ausgaben in Höhe von insgesamt 37.230.707 Euro gemeldet. Darin war u. a. folgende Meldung enthalten:
10358002 |
410 |
715 |
6.339.800 |
Bei dieser Ausgabenposition handelte es sich um einen Zuschuss für die im Jahr 2001 durch den Kläger und die Stadt E. gegründete x. gGmbH, die im Zuständigkeitsbereich des Klägers Aufgaben der Beschäftigungsförderung für Sozialhilfeempfänger übernahm.
12Im September 2010 wurde der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des AG-SGB II NRW in den Landtag eingebracht (LT-Drs. 15/215). Damit sollte u. a. die Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW auf der Basis der amtlichen Jahresrechnungsstatistik neu gefasst (§ 7 des Gesetzentwurfs) und der vom Verfassungsgerichtshof geforderte Nachteilsausgleich hinsichtlich der verfassungs-widrigen, früheren Anlage A geregelt werden (§ 7a des Gesetzesentwurfs).
13Mit Schreiben vom 22. September 2010 lud das MAIS als zuständiges Ministerium u. a. den Landkreistag zu einer Besprechung der Details des Gesetzesentwurfs am 28. September 2010 im Ministerium ein. Nach der Teilnahme an diesem Gespräch teilte der Landkreistag dem Ministerium in einem Schreiben vom 4. Oktober 2010 mit, dass eine Vielzahl der Kreise auf erhebliche Probleme im Hinblick auf die Plausibilität der in Anlage A genannten Daten und der darauf gestützten Berechnung hingewiesen habe. Nach Auskünften, die verschiedene Kreise inzwischen bei IT.NRW eingeholt hätten, beruhe die Berechnung der Wohngeldentlastung auf den dort vorhandenen Daten zu den Nettoausgaben im Aufgabenbereich "Hilfe zum Lebensunterhalt", Unterabschnitt 410. Dabei seien jedoch die tatsächlich angefallenen Einnahmen nicht einbezogen worden, obwohl diese für die Frage der Entlastung eine ganz erhebliche Bedeutung hätten.
14Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 teilte das Ministerium hieraufhin mit, dass dem im vorbenannten Schreiben geäußerten Wunsch um Übersendung der Excel-Tabellen entsprochen worden sei. Die Bedenken hinsichtlich der Plausibilität der Daten würden nicht geteilt. Die Berechnung beruhe - wie im Gesetzesentwurf dargelegt - auf den "Nettoausgaben" der Jahresrechnungsstatistik. Dabei handele es sich um einen bundesweit einheitlich definierten Begriff, wonach die Bruttoausgaben um Zahlungen aus dem öffentlichen Bereich sowie ggfs. um haushalterische Verrechnungen bereinigt würden. Dadurch würden die aus den eigenen Einnahmen der jeweiligen Körperschaft getätigten Ausgaben dargestellt. Die Einbeziehung aller Einnahmen aus den Jahren 2004 und 2005 würde wegen der Berücksichtigung von Zahlungen aus zurückliegenden Haushaltsjahren zu zufälligen Ergebnissen führen, was jedoch nicht dem Sinn der Norm entspreche, die Entlastung durch die Einführung des SGB II darzustellen. Insoweit sei die haushaltsjahrscharfe Abbildung der Daten von größter Bedeutung.
15In einer E-Mail vom 22. Oktober 2010 teilte der Referent des Landkreistags u. a. dem Kläger mit, das Ministerium habe inzwischen die Ableitung der Berechnung der neuen Anlage A übersandt. Damit habe sich die Vermutung bestätigt, dass die Anlage A auf den zu Unterabschnitt 410 der Jahresstatistik gemeldeten Daten beruhe. Dabei seien jeweils die kumulierten Werte aus den Rechnungsstatistiken der Kreise und der jeweiligen kreisangehörigen Gemeinden berücksichtigt worden. In die Berechnungsgrundlage des Ministeriums seien jedoch "nur die Positionen der Gruppierungen 16, 17, 29, 39, 67, 71, 73, 74, 84, 89 und 99 (160, 161, 162, 171, 172, 299, 399, 672, 674, 712, 718, 73, 74, 84, 899 und 999) eingeflossen", wohingegen die Einnahmen der Gruppierungen 24 bis 26 bei der Berechnung des Entlastungswertes unberücksichtigt geblieben seien, was das Ministerium mit der statistischen Definition der Nettoausgaben begründet habe.
16Das MAIS stellte dem federführenden Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration ein erläuterndes "Argumentationspapier" zum Gesetzesentwurf vom 27. September 2010 zur Verfügung (LT-Vorlage 15/71). In einer darin enthaltenen tabellarischen Übersicht wurde der jeweilige neue Zuweisungsbetrag jeder Kommune für die einzelnen Jahre 2007 bis 2009 ausgewiesen; zugleich wurde für alle Kommunen die voraussichtliche Gesamtsumme der Rückforderung bzw. des Nachteilsausgleichs festgestellt.
17Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration führte am 27. Ok-tober 2010 eine öffentliche Sachverständigenanhörung durch (LT-APr 15/42), in der u. a. die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände sowie verschiedener kommunaler Träger zu Wort kamen. Soweit diese sich kritisch zum Gesetzesent-wurf äußerten, wiesen sie hinsichtlich der Datengrundlage insbesondere darauf hin, dass die fehlende Berücksichtigung der Einnahmen aus den relevanten Jahren zu einer Verzerrung des Entlastungsbetrags führe. Darüber hinaus wurde zum Teil kritisiert, dass die konkrete Berechnung nicht habe nachvollzogen werden können, da die Grundlagen des Verteilungsschlüssels nicht exakt zu ermitteln gewesen seien. Der Sachverständige Prof. Dr. X. (LT‑Stellungnah-me 15/31; LT-APr 15/42, S. 16, 18) führte hingegen aus, durch den Rückgriff auf die Nettoausgaben sei gewährleistet, dass die Zuordnung von Einnahmen nicht zufällig werde. Der Vertreter des Landkreistags hielt den Gesetzesentwurf mit der Jahresrechnungsstatistik als Berechnungsgrundlage für einen verfassungskon-formen Weg, hätte im Interesse der bestmöglichen Verteilungsgerechtigkeit jedoch die Einbeziehung der Einnahmen begrüßt.
18Bereits zuvor hatte der Kläger gegenüber dem MAIS mit Schreiben vom 29. September 2010 mitgeteilt, dass der in Anlage A für ihn ausgewiesene Betrag um nahezu 4 Millionen Euro zu hoch sei. Augenscheinlich seien in Anlage A irrtümlich die Einnahmen des Jahres 2004 nicht berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund bitte er um Übermittlung der Basiszahlen und um entsprechende Korrektur des Gesetzesentwurfs. Das Ministerium führte in seinem Antwortschreiben vom 16. November 2010 hierzu aus, im Rahmen der Aufstellung der neuen Anlage A sei gerade der Aspekt der interkommunalen Gleichbehandlung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ausschlaggebend gewesen. Die Berechnung der Entlastungshöhe sei auf Basis der Nettoausgaben erfolgt. Grundlage seien die von IT.NRW gelieferten Daten der Nettoausgaben der Unterabschnitte "Hilfe zum Lebensunterhalt" (Unterabschnitt 410), "Hilfe zur Gesundheit" (Unterabschnitt 413) sowie "allgemeine Sozialverwaltung" (Unterabschnitt 400) der amtlichen Jahresrechnungsstatistik mit dem Datenbestand zum 30. Juni 2010 gewesen. Eine Verrechnung von Brutto- und Nettoausgaben sei nicht erfolgt. Auf die Einberechnung der Einnahmepositionen des Jahres 2004 sei nicht - wie vom Kläger angenommen - irrtümlich, sondern bewusst verzichtet worden, weil diese wegen häufiger Verbuchungen in den Folgejahren nicht periodenscharf, d. h. konkret dem Jahr 2004, zugeordnet werden könnten. Für den Bereich der Ausgaben sei eine periodenscharfe Erfassung hingegen möglich.
19Im Rahmen der Aussprache im federführenden Ausschuss (LT-APr 15/65) wurde seitens des Ministeriums hinsichtlich der Datengrundlage ausgeführt, dass die amtliche Jahresrechnungsstatistik trotz der hierzu in der Sachverständigenanhörung gemachten Anmerkungen für eine solide Grundlage gehalten werde. Soweit die fehlende Einbeziehung der Einnahmen im Zusammenhang mit dem SGB II (zum Beispiel aus Rückforderungen aus vergangenen Jahren) kritisiert worden sei, sei die Nichtberücksichtigung in Anlage A nach Auffassung des Ministeriums gerechtfertigt, weil die Einnahmekategorie der amtlichen Jahresrechnungsstatistik nicht periodenscharf zuzuordnen sei. Eine in der Anhörung vorgeschlagene Reparatur dadurch, dass man die Kommunen befrage, wie die Einnahmen den einzelnen Haushaltsjahren zuzuordnen seien, liefe auf eine erneute Kommunaldatenerhebung hinaus, die gerade Gegenstand des Urteils des Verfassungsgerichtshofs gewesen sei. Deswegen habe das Ministerium generell keine Bedenken, wenn der Gesetzentwurf darauf verzichte, die Einnahmen in die Anlage A bzw. in den Verteilungsmechanismus mit aufzunehmen.
20Nachdem der federführende Ausschuss in seiner Sitzung vom 8. Dezember 2010 die Empfehlung ausgesprochen hatte, den Gesetzentwurf mit einer geänderten Fassung von § 3 AG-SGB II NRW und im Übrigen unverändert anzunehmen (LT‑Drs. 15/863; LT-Apr 15/79), verabschiedete der Landtag NRW in seiner Sitzung vom 10. Dezember 2010 das Zweite Gesetz zur Änderung des AG-SGB II NRW entsprechend der Beschlussempfehlung. Demnach fasst das Gesetz die Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW auf der Basis der amtlichen Jahresrechnungsstatistik neu und enthält nunmehr die Bestimmung des § 7a AG-SGB II NRW. Der Nachteilsausgleich erfolgt für diejenigen Kreise und kreisfreien Städte, bei denen sich für die Jahre 2007 bis 2009 aufgrund der Neuberechnung nach § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW unter Verwendung der neugefassten Anlage A ein höherer Zuweisungsbetrag ergibt (§ 7a Satz 1). Im Gegenzug erfolgt ein Vorteilsausgleich, wodurch die Zuweisungsbeträge an diejenigen Kreise und kreisfreien Städte, die unter Zugrundelegung der neugefassten Anlage A in den Jahren 2007 bis 2009 zu hohe Zahlungen erhalten haben, für die Jahre 2011 bis 2018 um jeweils ein Achtel des zu viel erhaltenen Gesamtbetrages gekürzt werden. Soweit hierdurch kein vollständiger Ausgleich möglich ist, erfolgt im Jahr 2019 eine Schlussrechnung (§ 7a Sätze 2 bis 4). Die Verteilung der Wohngeldersparnis des Landes erfolgt gemäß § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW nach wie vor in zwei Schritten. In einem ersten Schritt werden die in Anlage A enthaltenen Entlastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte (und ein Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung) von den Belastungsdaten abgezogen. Die Belastungsdaten wurden für das Jahr 2007 in der dem Gesetz beigefügten Anlage B aufgeführt, seit dem Jahr 2008 werden die Belastungen aus den von den Kreisen und kreisfreien Städten gemeldeten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nebst einem Zuschlag von 12 Prozent von diesen Aufwendungen (für weitere Belastungen) ermittelt, § 7 Abs. 4 AG-SGB II NRW. In Anlage A des Gesetzes werden jeder Kommune Entlastungsbeträge, unterteilt nach "Hilfe zum Lebensunterhalt", "Hilfe zur Gesundheit", "Allgemeine Sozialverwaltung" und "Erhobene Entlastung insgesamt", zugeordnet. Für den Kläger wurde der erhobene Entlastungsbetrag insgesamt mit 37.632.000 Euro beziffert.
21Das beklagte Land stellte mit - hier streitgegenständlichem - Bescheid vom 23. Dezember 2010 gegenüber dem Kläger fest, dass dieser gemäß der mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des AG-SGB II NRW neu eingeführten Regelung des § 7a Satz 1 AG-SGB II NRW einen Nachteilsausgleich i. H. v. 0 Euro erhalte. Da die Zuweisungen nach der neuen Anlage A nicht höher als die für die Jahre 2007 bis 2009 tatsächlich ausgezahlten Zuweisungen seien, stehe dem Kläger kein Nachteilsausgleich zu. In der dem Bescheid beigefügten Berechnung wurden die "Entlastungen gem. Anlage A des AG-SGB II NRW" für die Jahre 2007, 2008 und 2009 jeweils mit 37.631.936,54 Euro angegeben. Die dem Kläger unter Zugrundelegung der neuen Anlage A und des Verteilungsmodus nach § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW zustehende Zuweisung wurde mit 230.805,94 Euro für das Jahr 2007, im Übrigen mit 0,00 Euro beziffert. Nach Saldierung der für die Jahre 2007 bis 2009 errechneten Zuweisungen mit den für diese Jahre geleisteten Auszahlungen (insgesamt 5.309.869,74 Euro) ergab sich für jedes Jahr eine Überzahlung statt eines Nachteilsausgleichs. Insgesamt wurde für den Zeitraum ein Differenz- und Rückforderungsbetrag in Höhe von ‑5.079.063,80 Euro errechnet. Insoweit wurde in dem Bescheid angemerkt, dass die Entscheidung gemäß § 7a Satz 2 bis 4 AG-SGB II NRW über einen möglichen Abzug des erhaltenen Vorteilen von den Zuweisungsbeträgen der Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben ab dem Jahr 2011 einem gesonderten Bescheid vorbehalten bleibe.
22Der Kläger hat am 14. Januar 2011 - entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung - beim Sozialgericht B. Klage erhoben, die zunächst auch auf eine neue Entscheidung über die Höhe des Nachteilsausgleichs gerichtet gewesen ist.
23Auf entsprechende Anträge der Beteiligten hat das angerufene Sozialgericht das Verfahren mit Beschluss vom 9. November 2011 bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen über die von mehreren Kommunen erhobene Kommunalverfassungsbeschwerde gegen die Regelung des § 7a AG‑SGB II NRW ausgesetzt.
24Mit Schreiben vom 30. Januar 2013 teilte der Kläger dem MAIS u. a. mit, die im Schreiben des Ministeriums vom 10. November 2010 erläuterte Vorgehensweise führe aus klägerischer Sicht zu einer Schlechterstellung, welche sich in seinem Fall beispielsweise aus der Form der Beschäftigungsförderung, welche er durch eine GmbH wahrgenommen habe, ergebe. Die Zahlungen, die diese erhalten habe, seien aufgrund der berücksichtigten Gruppierungsziffern nicht in die Berechnung einbezogen worden, während sie bei einer Aufgabenwahrnehmung in der Kernverwaltung Berücksichtigung gefunden hätten.
25Nachdem im April 2013 ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem zuständigen Ministerium stattgefunden hatte, teilte das Ministerium mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 mit, dass eine Überprüfung der für die Anlage A herangezogenen Daten für den Kläger (auch unter Einbeziehung von IT.NRW) keine Abweichungen oder Implausibilitäten ergeben habe.
26Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen wies die Kommunalverfassungsbeschwerden mehrerer Kommunen, u. a. des Klägers, gegen die Bestimmung des § 7a Sätze 2 bis 4 AG-SGB II NRW mit Urteil vom 10. Dezember 2013 - VerfGH 13/11- zurück. Er führte u. a. aus, § 7a Sätze 2 bis 4 AG‑SGB II NRW entspreche dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung. Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot werde nicht verletzt, weil die betroffenen Kommunen auf den Fortbestand der ursprünglichen Verteilungsregelung zu keinem Zeitpunkt hätten vertrauen können.
27Mit Schreiben vom 7. Januar 2014 wandte der Kläger sich an IT.NRW und äußerte Bedenken, ob die tatsächlichen Zahlen und insbesondere die bereits vor 2005 in erheblichem Umfang geleisteten Aufwendungen für die Beschäftigungsförderung berücksichtigt worden seien. Der Präsident von IT.NRW teilte hierauf mit Schreiben vom 17. Februar 2014 mit, dass eine nachträgliche Prüfung der vom Kläger in seinen Schreiben an das Ministerium erwähnten Einzeldaten insbesondere für die Jahresrechnungsstatistik nicht mehr durchgeführt werden könne. Daraufhin fand am 17. Juni 2014 ein Erörterungstermin zwischen Vertretern des Klägers, von IT.NRW sowie des zuständigen Ministeriums statt.
28Im Zusammenhang mit einem durch den Kläger ebenfalls betriebenen Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht E1. (2b O 247/14) teilte IT.NRW dem MAIS unter dem 20. Februar 2015 u. a. mit, die vom Kläger geleistete Zahlung sei vom Plausibilisierungsprogramm als indirekte, auf dem Zuschussweg geleistete, Pflichtzahlung gemäß Bundessozialhilfegesetz eingestuft und als solche mit dem gemeldeten Datenwert akzeptiert worden. Es sei ferner darauf hinzuweisen, dass die amtlichen Finanzrechnungsstatistiken dem Kläger jederzeit zur Verfügung gestanden hätten.
29Das Sozialgericht B. hat mit Beschluss vom 17. Juli 2015 den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht B. verwiesen.
30Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage geltend gemacht, ihm fehlten wegen der Fehlerhaftigkeit der Anlage A jährlich Finanzzuweisungen in siebenstelliger Höhe. Die Anlage A verstoße gegen das Willkürverbot und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot aus Art. 28 Abs. 2 GG. Das Gesetz beruhe auf einer willkürlichen Datengrundlage und sei daher verfassungswidrig. Die Anlage A sei fehlerhaft, weil die dafür herangezogenen Daten aus der Jahresrechnungsstatistik des Jahres 2004 unbereinigt übernommen worden seien. Bei der Ermittlung des Entlastungsbetrages für die Anlage A sei in seinem Fall jedoch der Zuschuss an die x. gGmbH in Höhe von knapp 6,4 Mio. Euro herauszurechnen gewesen, weil es sich insoweit um einen freiwilligen Zuschuss gehandelt habe, was durch die Zuordnung zur Gruppierung 715 für das beklagte Land auch erkennbar gewesen sei. Der Gesetzgeber sei gehalten gewesen zu prüfen, ob er die Meldungen zum Unterabschnitt 410 der Gesetzgebung insgesamt habe zugrunde legen dürfen oder ob er die einzelnen Gruppierungen zugeordneten Ausgaben, hier insbesondere der Gruppierung 715, ganz oder teilweise hätte herausrechnen müssen. Die Berücksichtigung eines freiwilligen Zuschusses habe dem Ziel des Gesetzgebers widersprochen, die tatsächliche Entlastung von pflichtigen Aufgaben in der Anlage A abzubilden. Seinen Sorgfaltsanforderungen entspreche der Gesetzgeber nicht dadurch, dass er "blind" Unterabschnitte der Jahresrechnungsstatistiken 2004 und 2005 gegenüberstelle. Er habe sich vielmehr Kenntnis darüber verschaffen müssen, ob die in diesem Unterabschnitt enthaltenen Gruppierungen inhaltlich geeignet gewesen seien, die Entlastungsdaten für die Kreise und kreisfreien Städte abzubilden. In dem Gesetzentwurf seien bei der Aufzählung der zu berücksichtigenden Aufwendungen auch nur "laufende" Leistungen der Hilfe zur Arbeit genannt worden. Die Einbeziehung freiwilliger Leistungen der Hilfe zur Arbeit sei ‑ hätte der Gesetzgeber sie tatsächlich gewollt - evident verfassungswidrig. Bezöge man in substanziellem Umfang freiwillige Leistungen der Hilfe zur Arbeit in die Berechnung der Entlastung ein, werde die freiwillige Leistung im Nachhinein in den Rang einer Pflichtleistung erhoben. Darüber hinaus führe es zu einem schlechthin untragbaren Verstoß gegen grundlegende Anforderungen an die Gerechtigkeit, wenn eine freiwillige Leistung des Jahres 2004 Auswirkungen auf die Zuwendungen des Landes aus der Wohngeldersparnis für sämtliche Folgejahre hätte. In dem Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2010 sei der hier dargestellte Fehler der Anlage A nicht aus der Begründung des Gesetzentwurfs erkennbar gewesen. Er habe in seinem Schreiben vom 29. September 2010 an den Minister auf die fehlende Plausibilität der Daten hingewiesen. Zum Schluss seines Schreibens habe er ausdrücklich darum gebeten, dass man ihm die Basiszahlen zur Verfügung stelle, was nicht geschehen sei. Dieser Fehler habe im Verfahren der weiteren Kommunalverfassungsbeschwerde nicht korrigiert werden können, da Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die in § 7a Sätze 2 bis 4 AG-SGB II NRW enthaltene Rückzahlungspflicht für die Jahre 2007 bis 2009 gewesen sei. Erst bei einem Termin mit IT.NRW am 17. Juni 2014 sei der Fehler des beklagten Landes offenbar geworden.
31Soweit der Kläger mit seinem Klageantrag ursprünglich auch eine Neubescheidung beantragt hatte, hat er die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 15. November 2018 (sinngemäß) zurückgenommen.
32Im Übrigen hat der Kläger beantragt,
33den Festsetzungsbescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Dezember 2010 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er ausgeführt, Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW sei nicht verfassungswidrig und der Entlastungsbetrag für den Kläger erweise sich als zutreffend. Grundlage der neuen Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW seien die statistischen Daten über Sozialhilfeleistungen, konkret die Daten über die Unterabschnitte "Hilfe zum Lebensunterhalt" (Unterabschnitt 410), "Hilfe zur Gesundheit" (Unterabschnitt 413) sowie "Allgemeine Sozialverwaltung" (Unterabschnitt 400). Der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung betreffend die Vorgängerfassung der Anlage A vom Gesetzgeber keine vollständig neue eigenständige Datenerhebung verlangt, sondern bei gleichzeitiger Bestätigung des Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers lediglich die Nutzung von vorhandenem valideren Datenmaterial postuliert. Diese Vorgabe habe der Landesgesetzgeber umgesetzt, indem er die amtliche Jahresrechnungsstatistik herangezogen habe. Diese bilde die Haushaltsbuchungen der Kommunen ab. Auf diese Daten sei unmittelbar zurückgegriffen worden, um eine be- und entlastungsorientierte Verteilung sicherzustellen. Das Ministerium habe hierzu von IT.NRW die Daten der seit 1975 bestehenden amtlichen Jahresrechnungsstatistik für die Jahre 2004 und 2005 angefordert. In diesem Zusammenhang seien keine Vorgaben hinsichtlich der zu berücksichtigenden Gruppierungen gemacht, sondern alle unter der Gliederung 410 statistisch erfassten Gesamtausgaben als Berechnungsgrundlage herangezogen worden. Die Anlage stelle die Entlastung des Klägers durch die Gesetzesreform auch zutreffend dar. Bei den klägerischen Leistungen an die x. gGmbH habe es sich um Pflichtleistungen im Rahmen der Hilfen zur Arbeit im Sinne der §§ 18 bis 20 BSHG gehandelt. Durch das Inkrafttreten der Hartz IV-Reformen seien diese Maßnahmen entfallen, wodurch der Kläger entlastet worden sei. Dieser habe dementsprechend auch den Betrieb der Gesellschaft eingestellt. Eine Berücksichtigung des Zuschusses habe dem Sinn und Zweck, die durch die Einführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende entstandenen Entlastungen zu ermitteln, demnach entsprochen.
37Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. November 2018, auf dessen Begründung der Senat Bezug nimmt, das Verfahren eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde, und die Klage im Übrigen - als unbegründet - abgewiesen.
38Der Kläger hat am 6. Februar 2019 fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
39Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Klage sei - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe - zulässig. Die Anfechtung des Bescheids sei das einzige in Betracht kommende Rechtsmittel, da es angesichts der Verfassungswidrigkeit der Anlage A bislang an einer gesetzlichen Grundlage für eine Neubescheidung fehle. Das Rechtsschutzbedürfnis folge schon aus dem Umstand, dass durch den Bescheid eine zu geringe Zuweisung erfolgt sein könne. Darüber hinaus sei mit dem angefochtenen Bescheid auch eine Rückzahlungspflicht in Höhe von 5.079.063,80 Euro nach § 7a Satz 2 AG-SGB II festgesetzt worden. Die Klage sei auch begründet. Der Zuschuss an die job-com gGmbH habe nicht in den in Anlage A genannten Entlastungsbetrag einfließen dürfen. Schon der Umstand, dass er - der Kläger - als einziger kommunaler Träger für die Jahre 2007 bis 2009 ‑ abgesehen von einem Restbetrag i. H. v. ca. 250.000 Euro - quasi keine Zuweisungen erhalte, zeige, dass die für ihn zugrunde gelegten Entlastungsdaten falsch sein müssten. Bei den Zahlungen an die x. gGmbH habe es sich entgegen der Bewertung durch das Verwaltungsgericht um die Wahrnehmung einer freiwilligen Aufgabe gehandelt. Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass diese Zahlungen "im Kontext der Betreuung von Sozialhilfeempfängern" erbracht und deshalb den staatlichen Pflichtaufgaben zuzuordnen sei, beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis des Bundessozialhilfegesetzes. Bei den aktiven arbeitsmarktrelevanten und berufsintegrativen Fördermaßnahmen für Sozialhilfeempfänger durch die x. gGmbH habe es sich nach der Rechtslage des Jahres 2004 gerade nicht um eine pflichtige Aufgabe des Klägers gehandelt. Die Sozialhilfe als Fürsorgeleistung sei schon vom Ansatz her nicht darauf ausgerichtet gewesen, Leistungsempfänger in Arbeit zu bringen. Bei den durch die x. gGmbH wahrgenommenen Aufgaben habe es sich um Maßnahmen gehandelt, die nach § 18 Abs. 4 BSHG erbracht werden konnten. Mit dieser Vorschrift habe dem Sozialhilfeträger lediglich die Möglichkeit eröffnet werden sollen, entsprechende Maßnahmen überhaupt zu ergreifen, ohne dass eine Pflicht habe begründet werden sollen. Nach Kenntnis des Klägers habe nur die Stadt C. als weiterer kommunaler Träger entsprechende Tätigkeiten entfaltet. Die Einrechnung freiwilliger Leistungen sei vom Gesetzgeber jedoch nicht gewollt. Intention der Anlage A sei es gewesen, die Entlastung der kommunalen Träger von staatlichen (also pflichtigen) Aufgaben abzubilden, um sie den Belastungen in Form neuer pflichtiger Aufgaben bei der Berechnung der Finanzzuweisungen gegenüberzustellen. Eine Entlastung von freiwilligen Aufgaben einer Belastung mit pflichtigen Aufgaben gegenüberzustellen, sei wie ein Vergleich von "Äpfeln mit Birnen". Bereits das Argumentationspapier des Ministeriums vom 27. September 2010 habe daher von Leistungsverpflichtungen gesprochen. Entsprechend habe auch bei der Besprechung bei IT.NRW am 22. Juni 2014, bei der auch das Ministerium anwesend gewesen sei, Einigkeit darüber bestanden, dass der Zuschuss nicht in Anlage A hätte eingerechnet werden dürfen. Die Einrechnung freiwilliger Ausgaben mache die Anlage A evident verfassungswidrig, weil der Kläger gegenüber den anderen kommunalen Trägern hierdurch massiv benachteiligt werde. Selbst wenn es sich aber um eine Pflichtaufgabe gehandelt habe, sei die Anlage A trotzdem verfassungswidrig, da der Kläger der einzige kommunale Träger gewesen sei, der dieser vermeintlichen Pflicht nachgekommen sei. Das Land habe keine Maßnahmen ergriffen, um die Erfüllung der vermeintlichen Pflichtaufgabe durchzusetzen. Eine Einrechnung bedeute in diesem Fall, dass er massiv dafür bestraft würde, dass er als einziger seinen Aufgaben nachgekommen sei. Gegebenenfalls sei der Gesetzgeber in diesem Fall verpflichtet, die (fiktiven) Kosten der anderen kommunalen Träger zu schätzen und ebenfalls in Abzug zu bringen. Schließlich sei die Anlage A auch unabhängig von der Frage der zutreffenden Einordnung des freiwilligen Zuschusses an die x. gGmbH verfassungswidrig, weil es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Klägers fehle. Die Entlastungsdaten der Anlage A aus dem Gesetzesentwurf und auch aus dem Schreiben des Ministeriums vom 16. November 2010 hätten einen Abgleich mit den eigenen Daten nicht erlaubt. Der Aufforderung des Klägers, die Basisdaten zu übersenden, sei das Land nicht nachgekommen. Zudem habe der Gesetzgeber es unterlassen, sich die notwendige umfassende Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen zu verschaffen. Vielmehr habe er Gliederungsabschnitte der Jahresrechnungsstatistiken aus den Jahren 2004 und 2005 ohne weitere Prüfung übernommen.
40Der Kläger beantragt,
41unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts B. vom 15. November 2018 den Festsetzungsbescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Land Nordrhein-West-falen vom 23. Dezember 2010 aufzuheben.
42Der Beklagte beantragt,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Zur Begründung macht er geltend, die Klage sei bereits unzulässig. Dem Kläger fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Durch das Klageverfahren könne er keine Besserstellung erlangen, weil er durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert sei. Selbst unter Herausrechnung des geleisteten Zuschusses an die x. gGmbH ergebe sich keine nachträgliche Zahlung an den Kreis E. , wie seinem Schriftsatz vom 6. September 2017 entnommen werden könne. Das dortige Zahlenwerk habe der Kläger nicht angegriffen. Lediglich der Verrechnungsbetrag würde sich vermindern; der Tenor des Bescheids bliebe jedoch gleich. Diesem Befund stehe auch nicht entgegen, dass die Alternativberechnung auf der Anlage A basiere, die gerade im Falle der Verfassungswidrigkeit keinen Bestand haben könnte. Denn bei unterstellter Verfassungswidrigkeit ergäbe sich mangels Rechtsgrundlage erst recht kein Nachteilsausgleich. Soweit der Kläger sein Rechtsschutzbedürfnis auf die vermeintliche Festsetzung einer Rückzahlungspflicht stütze, sei dies schlicht unzutreffend, da der angefochtene Bescheid insoweit keine Regelung treffe. Jedenfalls sei der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig, sodass die Klage zumindest unbegründet sei. Eine Differenzierung zwischen pflichtigen und freiwilligen Aufgaben sei nicht angezeigt. Anhand der Gesetzesbegründung, ausweislich derer in Anlage A die Daten der Jahresrechnungsstatistik 2004 und 2005 gemäß der Ziffern 410, 413, 400 des Gliederungs- und Gruppierungsplan der Haushaltspläne der Gemeinden und Gemeindeverbände (Anlage 1 VV Gliederung und Gruppierung) sowie "Entlastung insgesamt" aufgenommen werden sollten, sei zu erkennen, dass eine Unterscheidung zwischen freiwilligen und pflichtigen Aufgaben nicht angedacht gewesen sei. Ziel sei vielmehr gewesen, die aufgrund der Gesetzesnovelle eintretenden Entlastungen festzustellen; diese seien unabhängig von der Freiwilligkeit bzw. Pflichtigkeit der Aufgabenwahrnehmung. Selbst wenn man eine Einschränkung auf pflichtige Aufgaben vornehmen wollte, führe dies zu keinem anderen Ergebnis, weil die Zuschussgewährung an die x. gGmbH eine pflichtige Aufgabenwahrnehmung durch den Kläger dargestellt habe. Vor dem Hintergrund des Geschäftsbesorgungsvertrages und der daraus entwickelten Praxis folge eindeutig, dass die x. gGmbH u. a. dem Kläger als Vehikel gedient habe, darauf hinzuwirken, dass der jeweilige Hilfesuchende sich um Arbeit bemühe und diese finde. Exakt dies sei als Pflichtaufgabe des Sozialhilfeträgers zu qualifizieren. Allein der Wortlaut des § 18 Abs. 2 BSHG, der die entsprechende Hinwirkungspflicht des Sozialhilfeträgers geregelt habe, lasse keinen anderen Schluss zu. Die Auslegung des Klägers sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Die Frage, ob für den jeweiligen Hilfeempfänger besondere Arbeitsgelegenheiten für Sozialhilfeempfänger oder ein Einsatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht komme, habe eine individuelle Betrachtung der besonderen Situation des Hilfeempfängers vorausgesetzt, die von einer sachkundigen, qualifizierten Beratung habe begleitet werden müssen. Diese Tätigkeiten habe die x. gGmbH durchgeführt. Soweit diese auch Aufgaben nach § 18 Abs. 4 BSHG wahrgenommen habe, stehe dies nicht in Widerspruch zur Qualifikation als staatliche Pflichtaufgabe. Die Leistung von Zuschüssen an den Arbeitgeber habe eine der Handlungsmöglichkeiten dargestellt, um Arbeit für den Hilfeempfänger zu finden. Dieses Ergebnis werde von § 11 Abs. 1 BSHG unterstrichen, aus welchem hervorgehe, dass es sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt - einschließlich der Hilfe zur Arbeit - um Pflichtaufgaben gehandelt habe. Ob die anderen Sozialhilfeträger entsprechende Maßnahmen ‑ oder andere ebenfalls geeignete Maßnahmen - ergriffen hätten, sei ihm nicht bekannt. Selbst wenn alle Kommunen die ihnen obliegende Pflichtaufgabe über andere Maßnahmen (etwa nach §§ 19, 20 BSHG) erfüllt hätten, führe dies nicht zur Verfassungswidrigkeit der Anlage A. Den durch den Wegfall dieser Ausgaben jedenfalls eingetretenen Entlastungseffekt habe Anlage A gerade abbilden wollen. Soweit der Kläger eine unzureichende Anhörung im Gesetzgebungsverfahren bemängle, sei darauf hinzuweisen, dass das Schreiben des Klägers vom 29. September 2010 keine Veranlassung geboten habe, an der Richtigkeit der Jahresrechnungsstatistik zu zweifeln. Nachdem die für den Kläger maßgebliche Berechnung der Entlastungsdaten nochmals überprüft worden sei, habe das Ministerium dem Kläger mit Schreiben vom 16. November 2010 die Berechnungsgrundlagen und die konkrete Berechnung mitgeteilt. Die Daten, die dem Ministerium vorgelegen hätten, seien dem Kläger ebenfalls übersandt worden. Im Rahmen der Verpflichtung des Gesetzgebers, sich die notwendige umfassende und zuverlässige Kenntnis der relevanten Umstände zu verschaffen, habe keine Verpflichtung bestanden, die Jahresrechnungsstatistik noch einmal auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, da es sich um valides Datenmaterial handele, auf das unmittelbar zurückgegriffen worden sei.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
47Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
48A. Die Klage ist im Ergebnis zulässig.
49I. Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft, da sie auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts gerichtet ist.
50Bei dem Bescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales NRW vom 23. Dezember 2010, dessen Aufhebung der Kläger ausdrücklich beantragt, handelt es sich schon der äußeren Form nach (Überschrift, Tenor, Begründung, Rechtsmittelbelehrung) um einen Verwaltungsakt. Auch die materiellen Eigenschaften eines Verwaltungsakts nach § 35 Satz 1 VwVfG liegen vor. Zwar ist entgegen der Einschätzung des Klägers ein weitergehender Regelungsgehalt - etwa hinsichtlich einer Rückforderung bzw. eines Vorteilsausgleichs nach § 7a Sätze 2 bis 4 AG-SGB II NRW, die einem weiteren Bescheid vorbehalten bleiben sollte - nicht anzunehmen. Jedoch enthält der Bescheid jedenfalls eine Regelung dahingehend, dass der Nachteilsausgleich gemäß § 7a Satz 1 AG-SGB II NRW für den Kläger auf 0 Euro festgesetzt wird.
51Dass alleine die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids nicht zu einer (materiellen) Besserstellung des Klägers führt, berührt die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage nicht. Ob der Kläger sein hinter der vorliegenden Klage stehendes "Fernziel" (die Festsetzung eines höheren Nachteilsausgleichs bzw. jedenfalls höherer Zuweisungen für die Folgejahre infolge einer Gesetzesnovelle) besser mittels Verpflichtungsklage erreichen kann, ist vielmehr eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses.
52Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. April 1971 - VI C 35.68 -, juris Rn. 10.
53II. Der Kläger ist auch i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
54Nach dieser Vorschrift ist die Klage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein. Dafür genügt es, dass die behauptete Rechtsverletzung möglich erscheint. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte des Klägers nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.
55Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2014 - 3 B 70/13 -, juris Rn. 18, und Urteil vom 27. November 1996 - 11 A 100/95 -, juris Rn. 34, m. w. N.
56Vorliegend kann der Kläger sich auf eine mögliche Verletzung seines Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 78 Abs. 1 Satz 1 LV NRW berufen.
57Es ist jedenfalls nicht von vorne herein ausgeschlossen, dass der Kläger durch die dem Bescheid zugrundeliegende Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II und infolgedessen auch durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Nullfestsetzung in seinem Recht auf interkommunale Gleichbehandlung verletzt wird.
58Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot ist Teil der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen.
59Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. August 2015 - 2 BvF 1/15 -, juris Rn. 19; BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2011 - 9 C 4.10 -, juris Rn. 16 a. E.; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 2015 - 4 B 458/15 -, juris Rn. 25 ff., m. w. N.; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, 94. EL (Januar 2021), Art. 28 Rn. 45 f.
60Gemeinden und Gemeindeverbände können sich deshalb gegenüber dem Staat auf dieses Gebot berufen und seine Verletzung vor dem Bundesverfassungsgericht wie vor den Fachgerichten rügen.
61Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. September 2018 - 2 BvF 1/15 -, juris Rn. 217, m. w. N.
62III. Der Kläger verfügt ferner über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
63Vgl. hierzu allgemein nur: BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1982 - 1 BvL 34/80, 1 BvL 55/80 -, juris Rn. 26; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage (2018), § 42 Rn. 335; Ehlers, in: Schoch/Schneider, VwGO, Werkstand: 39. EL (Juli 2020), Vorbem. § 40 Rn. 74 f. und 79 f.
641. Die im Verfahren erster Instanz vorgenommene Beschränkung der Klage auf die Anfechtung des Bescheides anstelle einer Verpflichtung zur Neubescheidung lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
65Ein schützenswertes Interesse wird für jede Verfahrenshandlung verlangt, um den Missbrauch prozessualer Rechte zu verhindern. Damit sollen aber nur solche Verfahren ausgeschlossen werden, in denen der Kläger mit der Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, die Klage also nutzlos ist.
66Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2016 - 2 B 63.15 -, juris Rn. 8, und Urteil vom 8. Juli 2009 - 8 C 4.09 -, juris Rn. 24, jeweils m. w. N.
67Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Gestaltungsklage - das grundsätzlich vermutet wird - kann mit der Begründung, sie bringe dem Kläger keinen Nutzen, nur verneint werden, wenn die Nutzlosigkeit tatsächlich oder rechtlich außer Zweifel steht. Die Nutzlosigkeit des Rechtsmittels muss eindeutig sein; im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. April 2004 - 3 C 25.03 ‑, juris Rn. 19, m. w. N. (zur Verpflichtungsklage), und vom 22. Januar 2003 - 6 C 18.02 -, juris Rn. 17 (zur Anfechtungsklage).
69Gemessen an diesen Grundsätzen ist die vorliegende Anfechtungsklage für den Kläger nicht nutzlos. Denn es ist nicht auszuschließen, dass schon die bloße Aufhebung des streitgegenständlichen Verwaltungsakts für den Kläger positive Folgewirkungen hat, was für die Annahme des allgemeinen Rechtsschutzinteresses genügt.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 2009 - 8 C 4.09 -, juris Rn. 24 a. E.
71Im Falle des Erfolgs der Anfechtungsklage würde der streitgegenständliche Bescheid kassiert und damit auch nicht in Bestandskraft erwachsen, wodurch die Möglichkeit einer erneuten, dem Kläger gegebenenfalls günstigeren Entscheidung überhaupt eröffnet würde, ohne dass auf die Vorschriften über die Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte zurückgegriffen werden muss.
72Insoweit ist unbeachtlich, dass dem Kläger mit der Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage eine möglicherweise rechtsschutzintensivere Möglichkeit zur Rechtsverfolgung offen stand. Selbst wenn der Kläger im Ergebnis womöglich einen für ihn günstigeren Nachteilausgleich erstrebt, würde eine erfolgreiche Bescheidungsklage für ihn zunächst keine Besserstellung bewirken. Denn eine höhere Festsetzung des Nachteilsausgleichs durch den Beklagten käme - auch bei vollständigem Durchgreifen der klägerischen Argumentation und Herausrechnung der streitigen Summe von rund 6,4 Mio. Euro aus dem in Anlage A ausgewiesenen Entlastungsbetrag - ohne vorangegangene Neuregelung durch den Gesetzgeber nicht in Betracht. Nach den unwidersprochenen und auch anderweitig nicht anzuzweifelnden Berechnungen des Beklagten würde sich der Tenor des angefochtenen Bescheids nämlich auch bei entsprechend verringertem Entlastungsbetrag nicht ändern. Der Kläger ist für eine etwaige Festsetzung eines positiven Nachteilsausgleichs also auf eine gesetzliche Neuregelung angewiesen.
73Angesichts dessen ist auch nicht davon auszugehen, dass die schlichte Aufhebung folgenlos bleiben würde. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sog. Isolieren Anfechtungsklage,
74vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 1971 - VI C 35.68 ‑, juris Rn. 10, vgl. auch Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage (2019), § 42 Rn. 18 ff. (22); Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage (2018), § 42 Rn. 338 ff. (344),
75kann in Konstellationen wie der vorliegenden erwartet werden, dass ein Hoheitsträger auch ohne entsprechenden Vollstreckungsdruck die erforderliche Neubescheidung vornimmt. Ausgehend von der Argumentation des Klägers würde der Erfolg der Anfechtungsklage die inzidente Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II nach entsprechender Vorlage an den Verfassungsgerichtshof mit sich bringen, was den Gesetzgeber dazu veranlassen müsste, die Anlage A neu zu regeln, wodurch wiederum auch die Nach- und Vorteilsausgleichsberechnungen nach § 7a AG-SGB II neu durchgeführt und entsprechende Bescheide erlassen werden müssten. Dass der Kläger sich in diesem Fall besser stehen würde als bisher, ist jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen.
76Die Rechtsverfolgung ist vorliegend auch nicht deswegen nutzlos, weil der Kläger nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des Beklagten selbst bei Herausrechnung des freiwilligen Zuschusses an die x. gGmbH keinen Nachteilsausgleich erhalten würde. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, beruht auch die vom Beklagten angestellte fiktive Berechnung auf dem jetzigen System zur Ermittlung der in Anlage A enthaltenen Daten. Dass dieses System auch im Falle der (gedachten) Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Anlage A durch den Verfassungsgerichtshof infolge einer (gedachten) Vorlage durch den Senat bestehen bliebe, lässt sich nicht feststellen. Selbst wenn eine Verfassungswidrigkeit der Anlage A ausschließlich auf einer fehlerhaften Einbeziehung des durch den Kläger gezahlten Zuschusses beruhen würde, wäre es nicht zwingend, dass der zur Neuregelung angehaltene Gesetzgeber lediglich den für den Kläger enthaltenen Entlastungsbetrag kürzt. Vielmehr wäre es ebenso denkbar, dass er in Wahrnehmung seines Gestaltungsspielraums die Anlage A insgesamt neuregelt. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass in einem erneuten Gesetzgebungsverfahren die kommunalen Träger zu beteiligen wären und nicht absehbar ist, welche Bedenken in diesem Rahmen zu Tage treten würden.
772. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ist auch nicht deshalb ausgeschlossen weil er seine Bedenken im Rahmen der erhobenen Kommunalverfassungsbeschwerde hätte anbringen und somit eine Überprüfung der Anlage A erreichen können. Das stellt keine einfachere, schnellere Rechtsschutzmöglichkeit im Sinne der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung dar.
78Vgl. hierzu allgemein: BVerwG, Urteile vom 13. November 2019 - 2 C 35/18 -, juris Rn. 32, und vom 25. Juni 1992 - 5 C 37.88 -, juris Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 29. Juni 2009 - 12 A 1638/07 -, juris Rn. 47 f., m. w. N.; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage (2018), § 42 Rn. 349.
79Zwar ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Kläger seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW nicht schon im Rahmen des durchgeführten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens (VerfGH 13/11) vorgebracht hat. Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Kläger entgegen seiner Ankündigung in der Klageschrift Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW gerade nicht zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht hat. Angesichts der exklusiven Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs sowie des Umstandes, dass ein Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren gegen Teile des AG-SGB II NRW bereits anhängig und der Kläger daran beteiligt war, spricht Überwiegendes dafür, dass es sich hierbei auch um einen schnelleren und einfacheren Weg gehandelt hat, Rechtsschutz zu erlangen. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es Konstellationen gibt, in denen parallele Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen, wobei die Wahrnehmung der einen Möglichkeit, die Zulässigkeit des weiteren Rechtsbehelfs wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände nicht ausschließt.
80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1992 - 4 NB 22/90 -, juris Rn. 9, m. w. N., BayVGH, Urteil vom 21. März 2011 - 4 BV 10.108 -, juris Rn. 44 (jeweils zum Verhältnis des Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO zur Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage); vgl. auch Heusch in Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, 2. Aufl. (2019), Art. 75 Rn. 96 (zur Möglichkeit der parallelen Erhebung einer Kommunalverfassungsbeschwerde gegen eine Norm und einer Anfechtungsklage gegen etwaige darauf beruhende Festsetzungsbescheide).
81Vorliegend war Beschwerdegegenstand des geführten Kommunalverfassungsstreits nur die Regelung zum Vorteilsausgleich in § 7a Sätze 2 bis 4 AG-SGB II NRW, während Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens der auf Grundlage von § 7a Satz 1 AG-SGB II NRW ergangene Bescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales vom 23. Dezember 2010 ist. Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ist inzident auch die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich normierten Berechnungsgrundlage in Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW zu prüfen. Wenngleich der Kläger als Beschwerdeführer es in der Hand hatte, die Verfassungsmäßigkeit der Anlage A bereits im Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren überprüfen zu lassen ‑ und sein Vorbringen zu einer in jenem Verfahren angeblich fehlenden Darlegungsmöglichkeit jedenfalls im Hinblick auf die nunmehr angeführten Anhörungsmängel nicht überzeugt -, kann dem Kläger nicht jegliches schützenswerte Interesse an der Überprüfung des angefochtenen Bescheids nebst inzidenter Beurteilung der Verfassungskonformität der Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II abgesprochen werden. Denn im Hinblick auf den hier maßgeblichen Streitgegenstand hat der Kläger wie vorstehend bereits ausgeführt ein (eigenständiges) schützenswertes Interesse auch an der Verhinderung der Bestandskraft des angefochtenen Bescheids, das er nicht allein durch die Kommunalverfassungsbeschwerde, sondern nur durch parallele Verfahrensführung verfolgen konnte.
82Vor diesem Hintergrund stellt die Erhebung der Anfechtungsklage, die vornehmlich dazu dient, Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle durchzuführen, auch keine unzulässige Rechtsausübung dar.
83Vgl. hierzu allgemein: OVG NRW, Urteil vom 5. September 2017 ‑ 7 A 1069/14 -, juris Rn. 35 f., m. w. N., und Beschluss vom 2. August 2011 - 12 A 2087/10 -, juris Rn. 15 f.; Schubert, in: MüKo BGB, 8. Auflage (2019), § 242 Rn. 199 ff.
84Dass die Verwaltungsgerichte im Falle vorgebrachter Zweifel an der Verfassungskonformität einer Rechtsgrundlage mitunter lediglich "Durchlaufinstanz" sind, um die Frage nach entsprechender Richtervorlage gemäß Art. 100 GG verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen, ist bedingt durch die nebeneinander stehenden (verfassungsgerichtlichen) Verfahrensarten. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Individualverfassungsbeschwerde, die sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene die Erschöpfung des Rechtswegs voraussetzt (Art. 75 Nr. 5a LV NRW i. V. m. § 54 Satz 1 VerfGHG NRW bzw. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, 94 Abs. 2 Satz 2 GG i. V. m. §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
85B. Die Klage ist allerdings unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
86I. Der Bescheid beruht auf § 7a Satz 1 AG-SGB II NRW i. V. m. Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW.
87Gemäß § 7a Satz 1 AG-SGB II NRW führt das zuständige Ministerium auf der Grundlage der mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land NRW neugefassten Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW für die Jahre 2007 bis 2009 einen Nachteilsausgleich für die Kreise und kreisfreien Städte durch, die aufgrund der bisherigen Fassung der Anlage A geringere Zuweisungen nach § 7 Abs. 1 AG-SGB II NRW erhalten haben.
88Hierbei handelt es sich um eine verfassungskonforme Rechtgrundlage. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit des (begünstigenden) § 7a Satz 1 AG‑SGB II NRW sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Im Ergebnis erweist sich aber auch Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW insoweit als verfassungsgemäß als sie jedenfalls nicht gegen wehrfähige Rechte des Klägers verstößt. Weder ist ersichtlich, dass Verfahrensrechte des Klägers verletzt wurden, namentlich ein Anhörungsmangel vorliegt (dazu 1.), noch führt Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW in der derzeit geltenden Fassung zu einer rechtsverletzenden Ungleichbehandlung des Klägers im Vergleich zu den übrigen betroffenen Kommunen und Kreisen (dazu 2.).
891. Zunächst bestehen keine den Kläger betreffenden formellen Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Dezember 2010. Insbesondere liegt kein relevanter Anhörungsmangel vor.
90a. Fordert das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung - wie hier - eine gleichmäßige Verteilung knapper Mittel oder Güter zwischen den konkurrierenden Kommunen, so ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ein transparentes Verteilungsverfahren zu gewährleisten. Die sachgerechte, rechtswahrende und faire Ausgestaltung des Verteilungsverfahrens dient dabei der Minderung der Eingriffsintensität. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung bedarf zu ihrem Schutz bestimmter prozeduraler Vorkehrungen, namentlich von Anhörungsrechten und Begründungspflichten.
91Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris Rn. 110 ff., m. w. N. und Beschluss vom 12. Mai 1992 - 2 BvR 470/90 -, juris Rn. 47 (zur Gebietsneugliederung).
92Der Gesetzgeber muss die Gemeinden bei Gesetzen, die ihr Selbstverwaltungsrecht betreffen, anhören. Die verfassungsrechtlich festgelegte Rechtsstellung der Gemeinden und Gemeindeverbände verbietet dem Gesetzgeber einerseits, die Träger der kommunalen Selbstverwaltung zum bloßen Objekt staatlichen Handelns zu degradieren und gibt ihm andererseits auf, sich zur Vorbereitung der Abwägungsentscheidung, ob Gründe des öffentlichen Wohls die beabsichtigte Maßnahme rechtfertigen, umfassende und zuverlässige Kenntnis von allen für die betreffende Regelung erheblichen Umständen zu verschaffen.
93Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 - 2 BvR 329/97 -, juris Rn. 78 ff., m. w. N.; Thür. VerfGH, Urteil vom 9. Juni 2017 - 61/16 -, juris Rn. 140 (jeweils zu Gebietsreformen).
94Eine inhaltliche Bindung an die Ausführungen der jeweiligen Kommune besteht hingegen im Grundsatz nicht, und es gibt auch keine allgemein akzeptierte und anwendbare Regel, wie die Ergebnisse der Anhörung zu bearbeiten sind.
95Vgl. Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, 94. EL (Januar 2021), Art. 28 Rn. 155, m. w. N. (ebenfalls zu Gebietsreformen).
96In Fällen, in denen der Gesetzgeber nicht konkret in die Rechtsposition einzelner Gemeinden oder Landkreise eingreift, sondern abstrakt-generell ihre Rechtsstellung regelt, erfordert der Schutz der kommunalen Selbstverwaltung nicht die individuelle Anhörung der betroffenen Kommunen. Vielmehr ermöglicht die Anhörung (lediglich) der kommunalen Spitzenverbände, dass das Gesetzgebungsverfahren effektiv und grundsätzlich zügig durchgeführt werden kann. Auch dieses Anliegen hat erhebliches verfassungsrechtliches Gewicht.
97Vgl. Thür. VerfGH, Urteil vom 9. Juni 2017 - 61/16 -, juris Rn. 140 a. E.
98Diese Rechtsprechung stimmt auch mit der in Art. 78 Abs. 3 Satz 5 LV NRW enthaltenen Wertung überein. Danach sind im Falle der normativen Aufgabenübertragung Bestimmungen über eine Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände zu treffen, was mit § 7 Konnexitätsausführungsgesetz NRW geschehen ist.
99Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Beklagte seiner Anhörungspflicht genügt.
100Die kommunalen Spitzenverbände hatten - ebenso wie einzelne Kommunen und andere Sachverständige - insbesondere im Rahmen der Sachverständigenanhörung vom 27. Oktober 2010 Gelegenheit dem federführenden Ausschuss etwaige Bedenken zum Gesetzesentwurf darzulegen und zu diskutieren. Zudem bestand für alle Kommunen die Möglichkeit, sich schriftlich zum Gesetzesvorhaben zu äußern, wovon weitere Kommunen Gebrauch gemacht haben. Neben diese Einbeziehung der Kommunen in das förmliche Gesetzgebungsverfahren trat die Möglichkeit, sich (persönlich oder schriftlich) mit dem zuständigen Ministerium auszutauschen. Auch von dieser Möglichkeit haben einige Kommunen - so auch der Kläger - Gebrauch gemacht. Es verblieben danach keine konkreten Anhaltspunkte dafür, der Gesetzgeber habe die aus Sicht der beteiligten Kommunen bzw. kreisfreien Städte bedeutenden Umstände und Folgen der Gesetzesänderung nicht in seine Erwägungen einbezogen. Die auf einen Anhörungsmangel zielenden Rügen des Klägers greifen sämtlich nicht durch.
101Soweit der Kläger einwendet, die betroffenen Kreise und kreisfreien Städte hätten nicht gewusst, welche Teile der Jahresrechnungsstatistik überhaupt zum Gegenstand der Berechnung der Anlage A gemacht worden seien, verkennt er, dass das den Gesetzesmaterialien, namentlich dem Entwurf, hinreichend zu entnehmen ist. Mit Blick darauf und angesichts der Formulierung des Gesetzesentwurfs gab es aus Sicht des Landes keinen diesbezüglichen weitergehenden Informationsbedarf. In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es:
102"Die Neufassung der Anlage A basiert auf den Daten der Jahresrechnungsstatistik 2004 und 2005, Stand: 30. Juni 2010 und enthält künftig 4 Spalten:
103• Spalte 1 wird wie folgt neu definiert: "Hilfe zum Lebensunterhalt". Hierzu gehören im Einzelnen:
104- Lfd. Leistungen ohne Hilfe zur Arbeit
105- Lfd. Leistungen in Form von Hilfe zur Arbeit
106- Einmalige Leistungen an Empfänger lfd. Leistungen
107- Einmalige Leistungen an sonstige Hilfeempfänger
108• Die Zahlen der Spalte 1 wurden wie folgt ermittelt: Netto-Ausgaben Hilfe zum Lebensunterhalt 2004 ./. Netto-Ausgaben Hilfe zum Lebensunterhalt 2005.
109• Die Daten hierzu ergeben sich aus Unterabschnitt 400 der Jahresrechnungsstatistik Netto-Ausgaben 2004 ./. Nettoausgaben 2005."
110Vgl. LT-Drs. 15/215, S. 15.
111Dabei durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die mit dem Haushaltsrecht vertrauten Kommunen in der Lage sein würden, die benannten Aufgabenbereiche den jeweiligen (gleich benannten) Abschnitten der Jahresrechnungsstatistik zuzuordnen, zumal der Unterabschnitt 400 explizit genannt war. Der Begriff der Nettoausgaben hat erkennbar nicht zu Missverständnissen geführt. Dass er bekannt ist, durfte angesichts der Verwendungsbreite und Etabliertheit des Begriffs unterstellt werden. Zu Beginn des Beteiligungsprozesses ist zudem erläutert worden, dass und warum die Berechnung auf Basis der Nettoausgaben erfolgt ist, nachdem offenbar viele Kommunen darüber im Unklaren waren und die konkrete Berechnung nicht nachvollziehen konnten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ferner vorträgt, die Schwierigkeit bei der Benennung der relevanten Aufgabenbereiche und Gruppierungsziffern zeige sich schon an dem Missverständnis des Vertreters des Landkreistages, der grundsätzlich versiert sei, lässt dies nicht erkennen, dass das Land zu diesem Missverständnis beigetragen hat.
112Auch der Umstand, dass das Land die Basisdaten nicht offen gelegt hat, begründet keinen Anhörungsmangel. Zwar kann eine Anhörung nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn die Anzuhörenden die wesentlichen Fakten des Sachverhalts, zu dem Stellung genommen werden soll, kennen. Diese Voraussetzung war angesichts der Ausführungen im Gesetzesentwurf vorliegend jedoch erfüllt. Dass die Kommunen die Daten nicht nachvollziehen konnten, lag jedenfalls nicht maßgeblich daran, dass Unklarheiten hinsichtlich der herangezogenen Positionen aus der Jahresrechnungsstatistik bestanden hätten, sondern war vielmehr dem Umstand geschuldet, dass die Kommunen ihre eigenen Berechnungen unter Einbeziehung ihrer Einnahmen durchgeführt hatten (so auch der Kläger). Dass der Kläger im Zuge dieser Beteiligung den in Anlage A zum Gesetzesentwurf ausgewiesenen Nachteilsausgleich für sich und die von ihm vertretenen Kommunen nicht nachvollziehen konnte, weil der Berechnungsunterschied nicht offenbar war und womöglich Einzelfallprobleme wie das des Klägers nicht aufgedeckt werden konnten, führt nicht auf einen Anhörungsverstoß. Dies gilt umso mehr, weil sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren gezeigt hat, dass die Kommunen grundsätzlich durchaus in der Lage waren, sich die Basisdaten über IT.NRW zu beschaffen.
113Auch der vom Kläger angeführte Umstand, dass eine Vermischung der Daten des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden vorgelegen habe, die dem Kläger eine qualifizierte Stellungnahme nicht ermöglicht hätte, ist kein Aspekt, den der Gesetzgeber im Rahmen der Beteiligung der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren hätte berücksichtigen müssen. Angesichts der Aufgabe, die finanziellen Auswirkungen der Systemumstellung auf das SGB II durch Schaffung der gesetzlichen Grundlage auf Landesebene für die betroffenen Kommunen und kreisfreien Städte zeitnah umzusetzen, war es nicht Aufgabe des Gesetzgebers, Einzeldaten für alle Betroffenen zu filtern und auf Anfrage zu übermitteln. Dem Kläger stand es vielmehr offen, die Daten der kreisangehörigen Gemeinden bei diesen bzw. bei IT.NRW abzufragen. Dass auch die Daten der kreisangehörigen Gemeinden einbezogen werden würden, war angesichts der Aufgabenübertragung auf diese zu erwarten. Denn der Kläger, der gemäß §§ 9, 96 Abs. 1 Satz 1, 99 Hs. 1 BSHG für die Gewährung der Sozialhilfe zuständig war, hatte von der Ermächtigung in § 96 Abs. 1 Satz 2 BSHG und § 3 Abs. 1 Var. 2 AG-BSHG NRW Gebrauch gemacht und durch Satzung vom 16. April 2003 seine kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung seiner Aufgaben im maßgeblichen Bereich herangezogen.
114Vgl. auch BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 7/08 R -, juris Rn. 13 f.
115b. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit den Bedenken einzelner kommunaler Träger in Fällen, in denen alle Kommunen von einer Regelung betroffen sind, nachgegangen werden muss, hat das zuständige Ministerium sich während des Gesetzgebungsverfahrens auch mit den (seinerzeit geäußerten) konkreten Bedenken des Klägers befasst. Damit ist er auch etwaigen weitergehenden Sorgfaltspflichten nachgekommen.
116(1) Der Kläger hatte in seinem Schreiben vom 29. September 2010 an das Ministerium geltend gemacht, der in dem Gesetzesentwurf für ihn vorgesehene Entlastungsbetrag sei um nahezu 4 Millionen Euro zu hoch angesetzt. Auf der Grundlage der bei ihm vorliegenden Daten zu den seinerzeit in den Jahresrechnungsstatistiken gemeldeten Zahlen ergebe sich im Gegensatz zu der im Gesetzentwurf ausgewiesenen Entlastung im Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt i. H. v. 34.477.000 Euro nur eine tatsächliche Entlastung von 30.637.000 Euro. Offensichtlich seien irrtümlich die Einnahmen des Jahres 2004 nicht berücksichtigt worden. Dem Schreiben beigefügt war eine eigene Berechnung des Klägers. Danach betrugen die relevanten Ausgaben (Unterabschnitt 410) im Jahr 2004 insgesamt 37.230.707 Euro, während die diesbezüglichen Ausgaben für das Jahr 2005 mit 2.769.905 Euro beziffert wurden. Auf diesen Hinweis hatte das Ministerium mit Schreiben vom 16. November 2010 geantwortet. Darin wurde allgemein ausgeführt, wie die Berechnung der Entlastungsdaten erfolgte und dass die Grundlage der Berechnung die von IT.NRW gelieferten Daten der jeweiligen Nettoausgaben der betreffenden Unterabschnitte der amtlichen Jahresrechnungsstatistik mit dem Datenbestand zum 30. Juni 2010 gewesen seien. Auf die Einrechnung von Einnahmepositionen sei bewusst verzichtet worden, weil diese nicht periodenscharf zugeordnet werden könnten und deshalb eine Verzerrung des Entlastungsbetrages im Übergang 2004/2005 verursachen würden. Dem Schreiben war eine Berechnung des Entlastungsbetrags anhand der beim Ministerium verwendeten Daten beigefügt worden.
117Angesichts der seinerseits mitgeteilten Informationen und insbesondere wegen der Differenz der Ausgabenpositionen in der Berechnung des Klägers in Höhe von 34.460.802 Euro durfte das Ministerium davon ausgehen, dass es die klägerischen Bedenken ausgeräumt hatte und kein Problem mit den Daten vorlag. Denn die vom Kläger berechnete Differenz entsprach beinahe exakt der im Gesetzentwurf für den Kläger angesetzten Entlastung für den Unterabschnitt "Hilfe zum Lebensunterhalt" (34.477.000 Euro). Der Kläger war wegen des Abzugs der Einnahmen von den jeweiligen Ausgaben im Unterabschnitt 410 zu einem anderen Gesamtergebnis gelangt. Vor diesem Hintergrund durfte das beklagte Land davon ausgehen, dass die abweichende Berechnung des Klägers jedenfalls im Wesentlichen auf einer vom Gesetzgeber bewusst abgelehnten Berechnungsmethode beruhte und dass die klägerischen Bedenken hinsichtlich der Plausibilität des Datenmaterials ausgeräumt waren. Insofern hatte das Land auch keine Veranlassung, den vorgetragenen Bedenken des Klägers durch weitere Überprüfungen der statistischen Daten weiter nachzugehen, um ihm eine weitere bzw. qualifiziertere Stellungnahme zu ermöglichen.
118(2) Eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Klägers folgt vor diesem Hintergrund auch nicht aus dem Umstand, dass ihm die maßgeblichen Basisdaten nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Das Ministerium hat dem Kläger mit Schreiben vom 16. November 2010 eine Berechnung übersandt, die augenscheinlich anhand der Daten vorgenommen wurde, die IT.NRW dem Ministerium zu den Nettoausgaben in den maßgeblichen Aufgabenbereichen übermittelt hatte. Mangels weiterer Nachfragen des Klägers durfte es davon ausgehen, dessen Bitte ‑ auch im Hinblick auf die Datenübermittlung - entsprochen zu haben. Soweit der Kläger weitere Daten benötigte, um die Ermittlung der Nettoausgaben als solcher nachvollziehen und gegebenenfalls qualifiziert (erneut) Stellung nehmen zu können, dürfte erwartet werden, dass er sich nochmals um die entsprechenden Daten bemüht. Hinzu tritt, dass das Ministerium weder die einzige noch unbedingt die naheliegendste Quelle für die Basis-/Rohdaten war. Zum einen hätten die zur Jahresstatistik gemeldeten Daten jederzeit formlos bei IT.NRW angefragt werden können, wovon nach Aktenlage auch viele Kommunen im Nachgang der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs Gebrauch gemacht haben. Dass auch das Ministerium die Daten über IT.NRW bezogen hatte, musste dem Kläger spätestens durch das Schreiben des Ministeriums vom 16. November 2010 bekannt gewesen sein. Zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, die kreisangehörigen Gemeinden um Übermittlung der gemeldeten Daten zu bitten, um diese mit den eigenen Daten des Klägers in eine Gesamtberechnung zu überführen.
119Sofern der Kläger neben den Basisdaten auch einen Berechnungspfad benötigt hätte - dieser ergibt sich im Grundsatz aus § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW - hätte die Möglichkeit bestanden, die vom Ministerium verwendete Excel-Tabelle über den Landkreistag zu erhalten. Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch der klägerische Einwand, es sei in der kommunalen Landschaft unklar gewesen, welche Gruppierungen der jeweiligen Unterabschnitte einbezogen würden, nicht. Wieso der Kläger insoweit bestehende Unsicherheiten nicht durch eine Nachfrage beim Ministerium ausgeräumt hat, kann nicht nachvollzogen werden.
120Dass beim Kläger infolge der E-Mail des Landkreistages vom 22. Oktober 2010, in dem die Gruppierungsnummern, die nach dem Verständnis des Verfassers in die Berechnung einbezogen werden sollten, benannt waren, Unklarheiten hinsichtlich der einzubeziehenden Positionen bzw. Gruppierungen entstanden sein könnten, ist insoweit unbeachtlich. Denn weder war das beklagte Land Urheber dieser Information noch hatte es Kenntnis von dieser Mitteilung durch den Landkreistag. Vor diesem Hintergrund hatte es auch keinen Anlass zu einer etwaigen Klarstellung hinsichtlich der einbezogenen Positionen, zumal es diesbezüglich selbst keinerlei Einschränkungen in seiner Anfrage an IT.NRW vom 23. Juli 2010 gemacht hatte.
121(3) Der weitere Vortrag des Klägers, das beklagte Land habe einen Fehler ohne weiteres erkennen können, ist nicht nachvollziehbar. Denn das beklagte Land ging im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens berechtigterweise davon aus, dass kein Fehler vorliege. Angesichts der vorstehenden Ausführungen durfte es zudem annehmen, dass die Bedenken des Klägers durch das Schreiben des Ministeriums vom 16. November 2010 ausgeräumt waren. Gerade vor dem Hintergrund, dass die meisten Kommunen und kommunalen Spitzenverbände die Datengrundlage primär wegen der fehlenden Einbeziehung der Einnahmen kritisiert hatten, wäre es plausibel gewesen, wenn dieser Punkt den Bedenken des Klägers entsprochen hätte. Zudem hat der Kläger sich während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens ‑ soweit ersichtlich - weder erneut an das Ministerium gewandt, noch hat er sich anderweitig im Gesetzgebungsverfahren darum bemüht, seinen (augenscheinlich weiter vorhandenen) Bedenken Ausdruck zu verleihen. Hatte das Land aber schon keine Anhaltspunkte dafür, dass die zugrunde gelegten Daten fehlerhaft sein könnten, hatte es auch keine Veranlassung zu einer weiteren Überprüfung. Die dafür benötigten Rohdaten lagen dem Ministerium nach eigenem Vortrag auch nicht vor, sodass es ebenso wenig wie der Kläger in der Lage (aber auch nicht veranlasst) war, die Nettoausgaben auf die einzelnen Untergruppierungen herunterzubrechen und so etwaige Fehler zu finden. Hinzu tritt, dass das Ministerium selbst bei Durchsicht der Basisdaten den vom Kläger nunmehr gerügten Fehler in Form der Einbeziehung des Zuschusses an die x. gGmbH nicht erkannt hätte, weil dieser zutreffend zur Statistik gemeldet worden war. Die nunmehr vom Kläger vertretende Rechtsauffassung, dass bestimmte Ausgabenarten nicht bzw. nicht vollständig hätten einbezogen werden dürfen, war dem Land ebenfalls nicht bekannt. Insoweit mag es zutreffen, dass der Kläger nicht erkannt hat, dass auch der seiner Auffassung nach freiwillige Zuschuss an x. gGmbH in die Entlastungsdaten einbezogen wurde - wobei der Gesetzesentwurf für eine Ausklammerung bestimmter Gruppierungsnummern keinen Anhaltspunkt geboten hat -, allerdings hätte er zumindest auf die Grundproblematik hinweisen können, dass die Ausgaben hinsichtlich der Hilfe zur Arbeit zwischen den Kommunen deutlich zu divergieren scheinen. Dass diese Überlegung weder abwegig noch unmöglich war, zeigt sich an der Stellungnahme der Stadt Wuppertal, die explizit darauf hingewiesen hatte, dass aus ihrer Sicht Gemeinden benachteiligt würden, die einen hohen Standard in der Hilfe zur Arbeit und damit verbunden in 2004 hohe Kosten gehabt hätten.
122Vgl. LT-Stellungnahme 15/33, S. 3.
123(4) Es liegen auch ansonsten keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte im Hinblick auf den Kläger zu einer weiteren Information, Anhörung oder zu anderen Maßnahmen veranlasst gewesen wäre.
124Insbesondere stellte der Umstand, dass der Kläger für die Jahre 2007 bis 2009 keine Zuweisungen (mehr) erhalten sollte und sich stattdessen einer Rückzahlungsverpflichtung ausgesetzt sah, kein Alleinstellungsmerkmal dar. Ausweislich der dem Argumentationspapier des Ministeriums vom 27. September 2010 beigefügten Anlage traf dies auf 24 der 53 kommunalen Sozialhilfeträger zu.
125Vgl. LT-Vorlage 15/71.
126Auch der vom Kläger angeführte Umstand, dass er nach eigenen Angaben die einzige Kommune sei, die für die Jahre 2007 bis einschließlich 2010 keinerlei Finanzzuweisungen erhalten habe, führt - selbst bei unterstellter Richtigkeit - zu keinem anderen Ergebnis. Zwar kann ein solches Ausreißen ein Indiz etwa für eine fehlerhafte Datengrundlage sein, allerdings erlaubt dies keinen zwingenden Rückschluss. Diese Tatsache könnte auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Kläger nach der alten Anlage A, die auf seinen eigenen Meldungen beruhte, für die Jahre 2007 bis 2009 womöglich deutlich zu hohe Zuweisungen erhalten hat, denen in den Folgejahren (in Relation gesehen) geringe Belastungen gegenüberstanden. Im Jahr 2010 erfolgte die Berechnung erstmals anhand der neuen Anlage A, sodass etwaige Befunde hinsichtlich dieses einen Jahres schon mangels hinreichender Datengrundlage keine Rückschlüsse erlauben.
127Inwieweit die Meldungen des Klägers zu Diskrepanzen in den nach früherer Rechtslage relevanten Zahlen im vorliegenden Zusammenhang relevant sein sollen, erschließt sich angesichts der völlig anderen Datengrundlage nicht.
1282. Es bestehen auch keine durchgreifenden materiellen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Anlage A, soweit diese den Kläger betrifft. Insbesondere ist dieser nicht in seinem Recht auf kommunale Selbstbestimmung verletzt; die Verteilung der Wohngeldersparnis nach § 7 Abs. 3 und Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW verstößt nicht zu seinen Lasten gegen das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung.
129Zwar gelten die Grundrechte im Allgemeinen und das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG im Besonderen grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie gelten daher auch nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die insoweit keine Grundrechtsträger im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG sind.
130Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, juris Rn. 56 ff., BVerfG, und vom 24. Juni 1969 - 2 BvR 446/64 -, juris Rn. 63, jeweils m. w. N.; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, 94. EL (Januar 2021), Art. 28 Rn. 16 ff.
131Dessen ungeachtet verpflichten das Bundesstaatsprinzip und das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) Bund und Länder, mit Blick auf ihnen nachgeordnete Hoheitsträger das Gebot der Gleichbehandlung zu beachten. Das gilt grundsätzlich auch mit Blick auf Gemeinden und Gemeindeverbände.
132Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris Rn. 107, m. w. N.
133Soweit Bund und Länder Verteilungsentscheidungen zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden vorsehen und durchführen, dürfen sie zwischen diesen jedenfalls nicht willkürlich differenzieren. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbietet, einzelne Gemeinden oder Gemeindeverbände aufgrund sachlich nicht vertretbarer Differenzierungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen, und ist verletzt, wenn für eine unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund besteht. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf die einzelnen Kommunen zu verteilen; auch dürfen die Modalitäten des Verteilungssystems nicht zu willkürlichen oder greifbar unrichtigen Ergebnissen führen.
134Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris Rn. 107, m. w. N.; VerfGH NRW, Urteile vom 19. Mai 2015 - 24/12 -, juris Rn. 40, und vom 11. Dezember 2007 - 10/06 -, juris Rn. 62 f., m. w. N.; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, 94. EL (Januar 2021), Art. 28 Rn. 173 ff.
135Allerdings ist nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung gefordert; angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht entscheidend, ob eine Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Vielmehr kommt ihm insoweit ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der gewahrt ist, wenn er sich auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützt.
136Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris Rn. 108, m. w. N; VerfGH NRW, Urteile vom 10. Mai 2016 - 19/13 -, juris Rn. 54, vom 19. Mai 2015 - 24/12 -, juris Rn. 40, und vom 1. De-zember 1998 - 5/97 -, juris Rn. 36.
137Bei der Bewältigung von Massenerscheinungen muss sich der Gesetzgeber nicht um die vollständige Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle bemühen, sondern darf auf Grund des Gesamtbildes, das sich aus den ihm vorliegenden Erkenntnissen und Erfahrungen ergibt, innerhalb gewisser Grenzen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen.
138Vgl. etwa VerfGH NRW, Urteil vom 19. Mai 2015 ‑ 24/12 -, juris Rn. 41.
139Ob die Ausgestaltung des Verteilungssystems für die Zuweisung von Finanzmitteln gemessen am interkommunalen Gleichbehandlungsgebot sachlich gerechtfertigt ist, beurteilt sich auch danach, ob sich die gesetzgeberische Entscheidung an einer auf objektivierbare Daten gründenden Lageanalyse ausrichtet.
140Vgl. etwa VerfGH NRW, Urteile vom 19. Mai 2015 ‑ 24/12 -, juris Rn. 40 a. E., und vom 26. Mai 2010 ‑ 17/08 -, juris Rn. 33, jeweils m. w. N.
141Entscheidet sich der Gesetzgeber, den Berechnungsgrundlagen für ein Verteilungssystem zur Zuweisung von Landesmitteln Gesetzeskraft zu verleihen, unterliegt er in Bezug auf die Validität der Daten besonderen Sorgfaltsanforderungen.
142Vgl. VerfGH NRW, Urteile vom 9. Juli 2019 - 37/14 -, juris Rn. 63, und vom 26. Mai 2010 ‑ 17/08 -, juris Rn. 45.
143Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Landesgesetzgeber die Wohngeldersparnis u. a. mit der Regelung der Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben verteilt. Insbesondere beruhte seine Entscheidung auf einer auf objektivierbaren Daten gründenden Lageanalyse.
144a. Mit der - vorliegend alleine relevanten - Ableitung des Datenmaterials aus der Jahresrechnungsstatistik hat der Landesgesetzgeber eine hinreichend valide Datengrundlage gewählt.
145Die Jahresrechnungsstatistik wird auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst (Finanz- und Personalstatistikgesetz - FPStatG) durchgeführt. Zuständige Behörde für die Durchführung von Bundesstatistiken war gemäß § 1 der Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen über die zuständige Behörde für Bundesstatistiken zunächst das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, dessen Aufgaben zum 1. Januar 2009 durch den Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT. NRW) übernommen wurden. Bei der Erstellung der Jahresrechnungsstatistik werden nach den Ausführungen von IT.NRW in seinem Schreiben vom 20. Februar 2015 in der Phase des Erhebungs- und Aufbereitungsprozesses durch umfassende maschinelle Plausibilitätsprüfungen der von den Berichtspflichtigen bereitgestellten Datensätze nicht korrekte bzw. falsche Angaben der Berichtspflichtigen in der Regel erkannt und wenn notwendig im bilateralen Dialog und Einvernehmen mit dem Berichtspflichtigen entsprechend korrigiert. Die amtliche Statistik weist ein hohes Maß an Zuverlässigkeit auf, da sie von einem mit besonderer Sachkunde ausgestatteten Landesamt nach landeseinheitlich festgelegten Kriterien geführt wird.
146Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 8. April 2003 - 2/02 -,juris Rn. 45 (zur Bevölkerungsstatistik).
147Der Rückgriff auf die Jahresrechnungsstatistik zur Ermittlung des durch die Gesetzesnovelle eingetretenen Entlastungseffekts drängte sich im Nachgang der Entscheidung des Verfassungsgerichthofs vom 25. Mai 2010 auch gewissermaßen auf. Im Rahmen dieser Entscheidung hatte der Verfassungsgerichtshof sich an mehreren Stellen auf die Jahresrechnungsstatistik bezogen, um die Unplausibilitäten des seinerzeit verwendeten Datenmaterials aus der Kommunaldatenerhebung 2005 aufzuzeigen.
148Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 26. Mai 2010 ‑ 17/08 -, juris Rn. 36, 40 ff.
149Im Rahmen der Entscheidung stellte der Verfassungsgerichtshof ferner fest, es sei nichts dafür ersichtlich, dass die in den amtlichen Statistiken enthaltenen Daten, deren Erhebung auf normativen Grundlagen beruhe, mit hoher Fehleranfälligkeit erhoben würden.
150Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 26. Mai 2010 ‑ 17/08 -, juris Rn. 46, aufgegriffen im Urteil vom 19. Mai 2015 - 24/12 -, juris Rn. 45.
151Insbesondere auf diesen Passus stütze sich auch die Begründung des Gesetzesentwurfs, in dem ferner erläutert wurde, wie die Anlage A in Zukunft aufgebaut sein solle. In diesem Zusammenhang wurde u. a. darauf hingewiesen, dass Spalte 1, die als "Hilfe zum Lebensunterhalt" definiert werde, die Positionen "Lfd. Leistungen ohne Hilfe zur Arbeit", "Lfd. Leistungen in Form von Hilfe zur Arbeit", "Ein-malige Leistungen an Empfänger lfd. Leistungen" und "Einmalige Leistungen an sonstige Hilfeempfänger" beinhalte. Die Zahlen der Spalte 1 seien wie folgt ermittelt worden: Netto-Ausgaben Hilfe zum Lebensunterhalt 2004 ./. Netto-Ausgaben Hilfe zum Lebensunterhalt 2005.
152Vgl. Gesetzesentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, LT-Drs. 15/215, S. 14 f.
153Der Rückgriff auf die Daten aus der amtlichen Jahresrechnungsstatistik lag auch vor dem Hintergrund nahe, dass die kommunalen Spitzenverbände sich bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Vorgängerregelung für die Heranziehung einer validen, das heißt statistisch oder durch Haushaltsrechnungen abgesicherte Datenbasis ausgesprochen und die Einbeziehung des damaligen Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik (heute IT.NRW) angeregt hatten.
154Vgl. LT-APr 14/181, S. 6 ff.
155Auch im Rahmen des hier maßgeblichen Gesetzgebungsverfahrens wurden die amtlichen Jahresrechnungsstatistiken im Zuge der Sachverständigenanhörung bzw. in den eingeholten Stellungnahmen als grundsätzlich geeignet bzw. als valide Datengrundlage bezeichnet. So führte der Sachverständige Prof. Dr. X. in seiner schriftlichen Stellungnahme bzw. im Rahmen der Sachverständigenanhörung aus, bei der Jahresrechnungsstatistik handele es sich seiner Auffassung nach um eine plausible Grundlage, auf der man aufbauen könne. Dass lediglich eine Plausibilitätsprüfung und keine Einzelfallprüfung erfolge, sei seines Erachtens verfassungsrechtlich vertretbar und haltbar.
156Vgl. LT-Stellungnahme 15/31, S. 4, und LT-APr 15/42, S. 16.
157Auch der Vertreter des Landkreistags hatte explizit ausgeführt, die Jahresrechnungsstatistik sei als Berechnungsgrundlage der richtige Weg. Der Landkreistag halte den Gesetzesentwurf für einen verfassungskonformen Weg, würde im Interesse der bestmöglichen Verteilungsgerechtigkeit jedoch die Einbeziehung der Einnahmen (Gruppierung 24 und 25) begrüßen.
158Vgl. LT-Stellungnahme 15/18, S. 2 f., und LT-APr 15/42, S. 17.
159Die übrigen Teilnehmer der Sachverständigenanhörung hatten sich ebenfalls nicht per se gegen einen Rückgriff auf die Daten aus der Jahresrechnungsstatistik ausgesprochen, sondern insbesondere kritisiert, die fehlende Einbeziehung der Einnahmen führe zu verzerrten Ergebnissen.
160Vgl. etwa LT-APr 15/42, S. 13 ff.
161Die im Gesetzgebungsverfahren bzw. anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens geäußerte Kritik - etwa im Rahmen und im Nachgang des Gesprächs beim MAIS am 28. September 2010 - bezog sich demnach insbesondere auf die fehlende Einbeziehung der Einnahmen und die dadurch hervorgerufenen Verzerrung des Entlastungseffekts. Auf diese Zweifel ist das zuständige Ministerium eingegangen und hat - sowohl schriftlich, etwa gegenüber dem Landkreistag als auch im Gesetzgebungsverfahren - mitgeteilt, dass an der Ermittlung der Entlastungsdaten anhand der zur Jahresstatistik gemeldeten Nettoausgaben festgehalten werde, um Verzerrungen durch die Einbeziehung den jeweiligen Haushaltsjahren nicht eindeutig zuordenbarer Einnahmen zu verhindern.
162Dass neben dem Rückgriff auf die amtlichen Statistiken - abseits von Abfragen bei den kommunalen Trägern, die durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs im vorliegenden Kotext gerade als nicht valide Datengrundlage qualifiziert wurde - andere (belastbare) Datenquellen vorgelegen hätten, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Allerdings stand dem Gesetzgeber die Auswahl validen Datenmaterials aus verlässlichen Quellen im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit auch offen. Ungeachtet dessen hatte das Ministerium dies im Nachgang der Sachverständigenanhörung augenscheinlich nochmals erwogen bzw. beurteilt, wie sich an den Ausführungen des zuständigen Staatssekretärs im Rahmen der Aussprache im federführenden Ausschuss zeigt. Dieser teilte mit, dass die vom Kämmerer der Stadt E1. angeregte Nachfrage hinsichtlich des Hintergrundes der Einnahmepositionen im Ergebnis auf eine erneute Kommunal-datenerhebung hinauslaufe, was jedoch nicht im Einklang mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs stehe.
163Vgl. LT-APr 15/65, S. 11 f.
164b. Die demnach nach sachgerechten Kriterien ausgewählte Datengrundlage hat das Land vom zuständigen Landesbetrieb IT.NRW und damit aus einer belastbaren Quelle bezogen.
165In seinem Schreiben vom 23. Juli 2010 hat das zuständige Ministerium IT.NRW darauf hingewiesen, dass die Veränderung der Kostensituation zwischen den Jahren 2004 und 2005 hinsichtlich der gemeldeten Nettoausgaben in den Abschnitten Hilfe zum Lebensunterhalt, der Hilfe zur Arbeit, den Kosten der Krankenhilfe sowie den Kosten für Personal und Verwaltung entsprechend der Anlage A ermittelt werden sollten. Angesichts dieses klar definierten Auftrags zur Datenermittlung an die zuständige Stelle sowie des grundsätzlich berechtigten Vertrauens in die Belastbarkeit amtlicher Statistiken, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Ministerium die Ermittlung der relevanten Daten augenscheinlich IT.NRW überlassen hat, anstatt diese selbst aus den Rohdaten zu generieren. Dass es bei dem Prozess der Datenermittlung bzw. -übermittlung zu Problemen gekommen sein könnte, ist weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Auch lässt sich nicht feststellen, dass das Ministerium neben den vorstehenden Punkten bestimmte Datensätze ausgeschlossen und dadurch eine mögliche Fehlerquelle geschaffen hätte.
1663. Beruht die Verteilung der Wohngeldersparnis des Landes nach den vorstehenden Ausführungen auf einer validen Datengrundlage und lässt sich eine Verletzung der Beteiligungsrechte der Kommunen (respektive hier des Klägers) nicht feststellen, verbleibt für eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bzw. willkürliche oder greifbar unrichtige Ergebnisse des Verteilungsmechanismus an sich kein Raum. Ungeachtet dessen, liegen auch keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Ungleichbehandlung bzw. ein willkürliches oder greifbar unrichtiges Verteilungsergebnis vor.
167Die Anlage A zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II bildet im Falle des Klägers die durch die Gesetzesreform eingetretene Entlastung zutreffend ab.
168a. Wenngleich Überwiegendes - insbesondere der Wortlaut des § 18 Abs. 2 BSHG - dafür spricht, dass die Zahlungen an die x. gGmbH zur Erfüllung einer pflichtigen Aufgabe vorgenommen wurden, kann im Ergebnis offen bleiben, ob die Zahlung des Zuschusses in Erfüllung einer pflichtigen Aufgabe oder freiwillig erfolgt ist. Denn es liegen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber insofern differenzieren wollte. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialen dass der Gesetzgeber den durch die Einführung des Arbeitslosengelds II faktisch eingetretenen Entlastungseffekt für die jeweiligen Kommunen ermitteln wollte.
169Der Kläger stützt seine Auffassung, der Gesetzgeber habe nur Ausgaben für die Wahrnehmung pflichtiger Aufgaben in die Berechnung der Entlastung einbeziehen wollen auf eine Passage im Argumentationspapier des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales vom 27. September 2010. Hierin heißt es: "Diese finanziellen Entlastungen traten zum Jahreswechsel 2004/2005 bei den Kommunen in Folge wegfallender Leistungsverpflichtungen [Hervorhebung wie Kläger] ein, […] weil z.B. über 90 % der Sozialhilfeempfänger in die Grundsicherung für Arbeitssuchende wechselten." Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist das Argumentationspapier jedoch im historischen Kontext zu sehen. Im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 14. September 2004 heißt es: "Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz IV) werden die Kommunen von folgenden Kosten entlastet:
170- Hilfe zum Lebensunterhalt für erwerbsfähige Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger (und deren Bedarfsgemeinschaften) einschließlich Verwaltungskosten […]
171Mit der Hilfe zum Lebensunterhalt für erwerbsfähige Personen entfällt für die Kommunen ein wesentlicher Teil der Sozialhilfe als pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben."
172Vgl. LT-Drs. 13/5953, S. 2 f.
173Der Landesgesetzgeber hatte demnach von Beginn an die Folgen für die Kommunen im Blick, die sich für sie aus dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ergeben. Diese bestanden tatsächlich im Wesentlichen in der Entlastung von einem Großteil der Pflichtaufgaben der Sozialhilfe. Soweit in der Sachverständigenanhörung hinsichtlich des noch zu findenden Verteilungsmechanismus Ausführungen gemacht wurden, wurde lediglich darauf hingewiesen, dass im Idealfall ein Mechanismus gefunden würde, der für alle Kommunen zu einer Minderbelastung führt. Auf den Wegfall konkreter Aufgaben wurde insoweit nicht eingegangen.
174Vgl. zur Sachverständigenanhörung: LT-APr 13/1368.
175Den Gesetzgebungsmaterialien zum Ersten Gesetz zu Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen, durch das die be- und entlastungsorientierte Bemessung der Beteiligung an der Wohngeldersparnis des Landes erstmals eingefügt wurde, gibt für die klägerische Auslegung ebenfalls nichts her. Im Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 23. April 2007 wird insoweit lediglich ausgeführt, die Entlastungsdaten der Anlage A stammten aus der Kommunalen Datenerhebung 2005, durchgeführt von den Kommunalen Spitzenverbänden, Stand 30.10.2006. Den kommunalen Trägern sei im Vorfeld des Gesetzentwurfes die Möglichkeit der Überprüfung gegeben worden; gemeldete Abweichungen und Korrekturen seien eingearbeitet.
176Vgl. LT-Drs. 14/4208, S. 19.
177Dass der Gesetzgeber im Rahmen der Kommunaldatenerhebung 2005 nur Daten hinsichtlich der Ausgaben für die Erfüllung pflichtiger Aufgaben abgefragt hätte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Auch den im Rahmen der Sachverständigenanhörung gemachten Aussagen lässt sich nicht entnehmen, dass eine Einschränkung auf Pflichtaufgaben erfolgt wäre.
178Vgl. LT-APr 14/427.
179Soweit in diesem Zusammenhang auf eine be- und entlastungsorientierte Verteilung eingegangen wurde - wie dies etwa beim Bürgermeister der Stadt Beckum (S. 20) sowie dem Städte- und Gemeindebund (S. 17 ff., 19) der Fall war -, wurden hinsichtlich der Ursache der Entlastung keine Differenzierungen gemacht. Gleiches gilt für die schriftlichen Stellungnahmen, in denen die uneinheitliche Datenerhebung zu den Entlastungseffekten durchaus kritisiert wurde.
180Vgl. etwa die Stellungnahme der Stadt Köln, LT-Stellungnahme 14/1130, S. 5 sowie der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände, die auch auf die durch die Sozialhilfe im Jahr 2004 besonders belasteten Kommunen hinweist, LT-Stel-lungnahme 14/1136, S. 8 f.
181Die vom Kläger geltend gemachte Einschränkung lässt sich auch den weiteren Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. In der Begründung zum hier maßgeblichen Gesetzesentwurf vom 21. September 2010 ist lediglich von Entlastung die Rede, ohne dass danach differenziert wird, ob diese infolge des Wegfalls pflichtiger oder freiwilliger Aufgabenwahrnehmung erfolgte. Auch in den zahlreichen Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf findet sich keine Differenzierung. An dieser Stelle sei allerdings nochmals auf die Stellungnahme der Stadt Wuppertal verwiesen, die gerade auch die Ausgaben im Bereich der Hilfe zur Arbeit im Blick hatte.
182b. Die für den Kläger herangezogenen Daten sind zur Ermittlung der demnach alleine maßgeblichen faktischen Entlastung auch geeignet. Insbesondere gehörte der an die x. gGmbH gezahlte Zuschuss aus dem Jahr 2004 zu den einzubeziehenden Daten.
183aa. Der Kläger hatte den streitgegenständlichen Zuschuss i. H. v. 6,3 Mio. Euro an die x. gGmbH wie folgt zur Jahresstatistik gemeldet:
184358001 |
410 |
715 |
6.339.800 |
Den maßgeblichen Verwaltungsvorschriften entsprechend,
186vgl. Verwaltungsvorschriften über die Gliederung und die Gruppierung der Haushaltspläne der Gemeinden und Gemeindeverbände vom 27. November 1995, Min.Bl. NRW 1996, S.10 ff., geändert durch Runderlass vom 29. September 2000, Min.Bl. NRW 2000, S. 1343 ff.,
187hatte der Kläger diese Ausgaben dem Gliederungsabschnitt 410 "Hilfe zum Lebensunterhalt", aus dem sich der Aufgabenkontext der Ausgabe ergibt und der Gruppierung 715 "Zuschüsse an öffentliche wirtschaftliche Unternehmen" bzw. "Zuschüsse an kommunale Sonderrechnungen" zugeordnet. Diese Zuordnung ist vor dem Hintergrund der durch die Gesellschaft wahrgenommenen Aufgaben auch zutreffend. Denn diese erbrachte Leistungen der Hilfe zur Arbeit, die wiederum dem Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt zuzuordnen ist.
188Die x. gGmbH war vom Kläger gemeinsam mit der Stadt E. gegründet worden. Vertragsgegenstand des zwischen den Gesellschaftern (der Stadt E. und dem Kreis E. ) und der Gesellschaft geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages war die Übernahme der beruflichen und sozialen Integration arbeitsloser Sozialhilfeempfänger/innen durch Personalentwicklungsmaßnahmen im Auftrag des Kreises/der Stadt (vgl. § 1 Abs. 1). Gemäß § 2 Abs. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags übernahm die Gesellschaft sämtliche Aufgaben der Arbeitsmarktförderung des Kreises E. /der Stadt E. - insbesondere auf der Grundlage der §§ 18 bis 20 sowie 30 des BSHG - und entwickelte diese weiter. Der Beklagte verpflichtete sich in § 3 des Vertrages, der Gesellschaft ein Budget entsprechend dem "Konzept zur Beschäftigungsförderung im Kreis E. " zur Verfügung zu stellen, für Zwecke der Arbeitsmarktpolitik gewährte Finanzmittel von dritter Seite an die Gesellschaft weiterzuleiten und für Sozialhilfeempfänger/innen, die an Programmen, Projekten und Maßnahmen der Gesellschaft teilnehmen, die tatsächlich eingesparten Sozialhilfemitteln für den jeweiligen Maßnahmezeitraum zur Verfügung zu stellen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts (Seite 17 des Urteilsabdrucks) beriet Gesellschaft Sozialhilfeempfänger, analysierte deren Bedarf und vermittelte sie in Einrichtungen, die Qualifizierungen durchführten oder die möglicherweise auch ein konkretes Beschäftigungsangebot machen konnten [dies entspricht der in § 2 Abs. 1 übernommenen Verpflichtung].
189Die Tätigkeit der Gesellschaft erfolgte mithin in engem Zusammenhang mit der dem Kläger gesetzlich zugewiesenen Aufgabe der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BSHG war darauf hinzuwirken, dass der Hilfesuchende sich um Arbeit bemüht und Arbeit findet. Dabei stellten die Regelungen in §§ 18 bis 20 BSHG dem Sozialhilfeträger einzelne Handlungsmöglichkeiten an die Seite, um die gesetzliche Aufgabe der "Hilfe zur Arbeit" wahrzunehmen. Aufgabe der Gesellschaft war mithin die Wahrnehmung von dem Beklagten obliegenden Aufgaben der Arbeitsmarktförderung, insbesondere auf der Grundlage der §§ 18 - 20 BSHG.
190bb. Von den zum Aufgabenbereich der Hilfe zum Lebensunterhalt im Allgemeinen und der Hilfe zur Arbeit im Besonderen gehörenden Ausgaben wurden die Kommunen - und damit auch der Kläger - infolge des Inkrafttretens des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 zum 1. Januar 2015 faktisch, sprich unabhängig von der Rechtsnatur der Aufgabe, im Wesentlichen entlastet.
191Die Auffassung des Klägers, die Vorgehensweise des Gesetzgebers stelle eine nachträgliche Umdeutung einer freiwilligen Aufgabenwahrnehmung in eine pflichtige dar, teilt der Senat nicht. Denn nach dem Vorstehenden kam es dem Gesetzgeber erkennbar nicht auf die Rechtsnatur der ausgabenverursachenden Aufgabenwahrnehmung an, sondern lediglich darauf, die durch die Gesetzesnovelle eintretenden Entlastungseffekte abzubilden. Durch den Wegfall der kommunalen Leistungen im Bereich der Hilfe zur Arbeit fiel für den Kläger der Anlass weg, Zuschüsse an die x. gGmbH zu leisten. Konsequenterweise stellte die x. gGmbH ihre Tätigkeit auch zum 31. Dezember 2004 ein. Dementsprechend trat insoweit durch die Gesetzesnovelle eine finanzielle Entlastung ein, die durch Anlage A abgebildet werden sollte.
192cc. Es ist auch weder substantiiert dargelegt noch anderweitig erkennbar, dass der Kläger hierdurch in relevanter Weise gegenüber anderen kommunalen Trägern benachteiligt würde. Sein diesbezüglicher Vortrag, seiner Kenntnis nach seien er und die Stadt C. die einzigen Sozialhilfeträger, die nennenswerte Leistungen im Bereich Hilfe zur Arbeit geleistet hätten, scheint nicht zuzutreffen. So hat die Stadt Wuppertal in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf darauf hingewiesen, dass Kommunen, die einen hohen Standard bei der Hilfe zur Arbeit haben, benachteiligt würden,
193vgl. LT-Stellungnahme 15/33, S. 3,
194was erheblich dafür spricht, dass auch die Stadt Wuppertal entsprechende Ausgaben hatte. Ungeachtet dessen verbleibt es dabei, dass auch die Kommunen, die einen hohen Standard im Bereich der Hilfe zur Arbeit hatten, von den diesbezüglichen (wohl hohen und gegebenenfalls exklusiv bzw. überobligatorisch getätigten) Ausgaben entlastet wurden.
195Der klägerische Einwand, im Jahr 2005 seien unstreitig nur Pflichtaufgaben in die Berechnung eingeflossen, ist mangels Substanz nicht nachvollziehbar. Der Kläger gibt schon nicht an, welche Positionen aus dem Jahr 2005 seiner Auffassung nach Berücksichtigung gefunden haben oder ggfs. noch hätten finden müssen.
196II. Dass der streitgegenständliche Bescheid sich aus anderen Gründen als rechtswidrig erweisen könnte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
197Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
198Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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