Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 1706/21
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 13 "Direktion Verkehr, VI 3, Autobahnpolizeiwache I. - Leitung" mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde hat Erfolg.
3Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe rechtfertigen es, seinem mit der Beschwerde weiter verfolgten erstinstanzlichen Antrag zu entsprechen und die angefochtene Entscheidung wie aus der Beschlussformel ersichtlich zu ändern. Der angefochtene Beschluss hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
4I. Der Antragsteller hat entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die tatsächlichen Voraussetzungen eines seinen Antrag stützenden Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Die streitbefangene Auswahlentscheidung des Antragsgegners zu Gunsten des Beigeladenen verletzt den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Antragstellers auf eine ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch) (1.). Seine Auswahl in einem erneuten Auswahlverfahren kann nach der derzeitigen Erkenntnislage nicht vollkommen ausgeschlossen werden (2.).
51. Die Auswahlentscheidung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Sie beruht auf einem rechtsfehlerhaften Qualifikationsvergleich, weil die ihm zu Grunde liegende - den Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis 31. Mai 2020 erfassende - Regelbeurteilung des Antragstellers vom 3. August 2020 rechtswidrig ist.
6a) Der Antragsteller kann sich auf die Rechtswidrigkeit der genannten dienstlichen Beurteilung noch berufen. Im Konkurrentenstreitverfahren sind Angriffe gegen die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers berücksichtigungsfähig, solange das Recht, gegen diese vorzugehen, nicht verwirkt ist.
7OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013
8- 1 B 1329/13 -, juris Rn. 13 ff. m. w. N.
9Die dienstliche Beurteilung vom 3. August 2020 war zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Einreichung des Eilantrags im Januar 2021 vor weniger als einem Jahr erteilt und damit noch angreifbar. Im Übrigen hat der Antragsteller gegen sie bereits am 3. November 2020 Klage erhoben.
10b) Die Beschwerde macht zu Recht geltend, dass die dem Antragsteller erteilte dienstliche Beurteilung fehlerhaft ist, weil die Abweichungen der Erstbeurteilung bzw. des Beurteilungsvorschlags von den Beurteilungsbeiträgen nicht nachvollziehbar begründet sind.
11aa. Nach Ziffer 9.1.1 Abs. 2 Satz 3 der Beurteilungsrichtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei, Runderlass des Ministeriums des Innern - 403-26.00.05 - vom 14. Mai 2020, MBl. NRW. 2020, 270 (im Folgenden: BRL Pol) hat der Erstbeurteiler vorliegende Beurteilungsbeiträge zu berücksichtigen. Beurteilungsbeiträge sollen die Zeiträume und Tätigkeiten erfassen, die bei einer zukünftigen Beurteilung berücksichtigt werden müssen und von den dann verantwortlichen Erstbeurteilerinnen oder Erstbeurteilern bei der Erstellung der Beurteilungen aus eigener Anschauung nicht bewertet werden können (Ziffer 3.5.1 Abs. 1 Satz 2 BRL Pol). Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Inhaltlich müssen Beurteilungsbeiträge die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung zutreffend zu erfassen, über die er keine oder keine hinreichende aus eigener Anschauung gewonnenen Erkenntnisse besitzt.
12BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 2 A 4.15 -, IÖD 2016, 170 = juris Rn. 29 m. w. N.
13Einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassende Beurteilungsbeiträge müssen grundsätzlich mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen. Dies schließt es nicht aus, dass der Beurteiler sich weitere Erkenntnisse über den Beurteilten für den Zeitraum verschafft, der durch den Beurteilungsbeitrag erfasst wird, dass er die tatsächliche Entwicklung - insbesondere bestimmte Vorkommnisse - außerhalb dieses Zeitraums besonders gewichtet, oder dass er zu einer abweichenden Bewertung gelangt. Insoweit ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste. Das gilt auch dann, wenn der Beurteilungsbeitrag - wie hier - einen großen Teil des Beurteilungszeitraums abdeckt. Denn im System der Regelbeurteilung können sich Bewertungsunterschiede zwischen einem Beurteilungsbeitrag und der Beurteilung selbst etwa daraus ergeben, dass der Beurteilungsbeitrag außerhalb eines die gesamte Vergleichsgruppe erfassenden Beurteilungsverfahrens erstellt wird und somit - im Gegensatz zu der Beurteilung - nicht auf einem Quervergleich mit den übrigen zur Organisationseinheit gehörenden Beamten desselben Statusamtes beruht.
14Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Januar 2014 ‑ 1 WNB 4.13 -, juris Rn. 8, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Februar 2018 - 6 B 1355/17 -, NWVBl 2018, 287 = juris Rn. 20 und vom 19. September 2016 - 6 A 2388/14 -, juris Rn. 6 ff., jeweils m. w. N.
15Die vom Erstbeurteiler in Ausübung seines Beurteilungsspielraums vorgenommenen Abweichungen von Tatsachen oder Wertungen des Beurteilungsbeitrags sind aber - gegebenenfalls im Nachhinein, noch bis in das verwaltungsgerichtliche Verfahren hinein - zu erläutern und dadurch plausibel zu machen. Nur so wird sichergestellt, dass Werturteile gerichtlich nachprüfbar auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren.
16Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, BVerwGE 161, 240 = juris Rn. 33, und vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 -, a. a. O. Rn. 24, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. März 2020 - 6 B 45/20 -, juris Rn. 5 ff. und vom 1. Februar 2018 - 6 B 1355/17 -, a. a. O. Rn. 22.
17bb. Diesen Vorgaben wird die für den Antragsteller erstellte Regelbeurteilung vom 3. August 2020 nicht gerecht. Die Erstbeurteilung bzw. den Beurteilungsvorschlag erstellte PD Schiffer, der die Leistungen und Befähigung des Antragstellers in den Einzelmerkmalen dreimal mit vier und fünfmal mit drei Punkten bewertete. Die Verfasser der Beurteilungsbeiträge für die Zeiträume vom 1. Juni 2017 bis zum 30. September 2019 und vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. April 2020, EPHK N. und EPHK X. , hatten hingegen für die Einzelmerkmale inhaltlich übereinstimmend viermal fünf und viermal vier Punkte vergeben. Die Erstbeurteilung bzw. der Beurteilungsvorschlag ist mithin in sieben von acht Merkmalen schlechter ausgefallen als die Beurteilungsbeiträge, davon in fünf Merkmalen - Arbeitsorganisation, Arbeitseinsatz, Leistungsgüte, Leistungsumfang, soziale Kompetenz - um jeweils einen Punkt und in zwei Merkmalen - Arbeitsweise, Mitarbeiterführung - sogar um jeweils zwei Punkte. Diese Abweichung von den Beurteilungsbeiträgen ist nicht nachvollziehbar begründet.
18(1.) Die gegenüber den Beurteilungsbeiträgen schlechtere Bewertung lässt sich zunächst nicht damit begründen, dass der Erstbeurteiler die Beiträge für die dabei erfassten Zeiträume als zutreffend zugrunde gelegt hat, aber bei divergierenden Bewertungen seine eigene Bewertung als maßgeblich festgesetzt hat, weil der von ihm zu beurteilende Zeitraum gegenüber den von den Beiträgen erfassten Zeiträumen überwiegt. Denn so liegt es nicht. Die Beurteilungsbeiträge beziehen sich insgesamt auf den Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis 30. April 2020, also auf 35 Monate und damit auf den ganz überwiegenden Teil des 36 Monate umfassenden Beurteilungszeitraums.
19Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Erstbeurteiler vom 1. August 2019 bis zum 30. April 2020 weiterer Vorgesetzter und ab dem 1. Mai 2020 unmittelbarer Vorgesetzter des Antragstellers war. Zwar macht der Antragsgegner geltend, der Erstbeurteiler habe in diesem zehnmonatigen Zeitraum hinreichende eigene Erkenntnisse über Eignung, Leistung und Befähigung des Antragstellers gewonnen, die nicht mit der Bewertung durch die Verfasser der Beurteilungsbeiträge übereingestimmt habe. Dass sich aus der Eigenschaft des Erstbeurteilers als weiterer Vorgesetzter des Antragstellers eine belastbare Tatsachengrundlage für eine eigene Leistungseinschätzung ergab, hat der Antragsteller aber mit dem Verweis auf die allenfalls sporadischen Arbeitskontakte zwischen ihm und dem Erstbeurteiler in diesem Zeitraum überzeugend in Abrede gestellt. Dem hat der Antragsgegner nichts Substantielles - etwa im Sinne einer Präzisierung, in welcher Art und Intensität es entgegen der Behauptung des Antragstellers Berührungspunkte gegeben hat - entgegengesetzt. Im Übrigen verbliebe es dabei, dass jedenfalls der von dem Beurteilungsbeitrag des EPHK N. erfasste (Teil-)Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis zum 31. Juli 2019 deutlich gegenüber dem von PD T. zu beurteilenden Zeitraum von bestenfalls 10 Monaten überwiegt und dessen Leistungseinschätzung daher nicht ohne weiteres unberücksichtigt bleiben bzw. ohne weiteres durch die eigene Bewertung des Erstbeurteilers ersetzt werden durfte.
20(2.) Bestehen die Beurteilungsbeiträge - wie hier - wie die Beurteilung selbst ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich aus in Zahlenwerten vorgenommenen Bewertungen, wird eine nachvollziehbare Begründung der Abweichung der Beurteilung von den überwiegenden Beurteilungszeitraum erfassenden Beiträgen regelmäßig voraussetzen, dass sich der Beurteiler mit den Beitragsverfassern (oder einer anderen Person, die die Leistungen des zu Beurteilenden in den betroffenen Zeiträumen kennt) darüber austauscht, auf welcher Grundlage es zu den Bewertungen gekommen ist. Dies allein würde den Erstbeurteiler bei der hier vorgesehenen Gestaltung der Beiträge, die sich im Wesentlichen in reinen Bewertungen erschöpfen, in die Lage versetzen zu beurteilen, ob die Wertungen nach seiner (maßgeblichen) Auffassung zu günstig ausgefallen sind.
21OVG NRW, Urteil vom 24. November 2021 - 6 A 2717/19 -, juris Rn. 100.
22Dies ist hier nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Antragstellers nicht geschehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Antragsgegner vorgelegten Stellungnahmen des Erstbeurteilers PD T. vom 14. Januar, 26. März und 7. Mai 2021. Diesen ist nicht zu entnehmen, dass sich PD T. mit den Beurteilungsbeitragsverfassern EPHK N. und EPHK X. über das Leistungsbild des Antragstellers in den von den Beiträgen erfassten Zeiträumen ausgetauscht oder auf andere Weise genügende Erkenntnisse hierüber gewonnen hätte.
23Dementsprechend ist auch nicht erkennbar, dass die vom Erstbeurteiler angenommene Maßstabsverfehlung die Abweichungen rechtfertigt. Dieser hat zwar angegeben, der Antragsteller habe ordentliche, nicht jedoch überragende, Leistungen erbracht und bei einem Vergleich mit den anderen Polizeihauptkommissaren in der Vergleichsgruppe habe es unter Berücksichtigung der Quotengrenzen keine Alternative zu der von ihm erstellten Erstbeurteilung gegeben. Dass aber diese von den Beurteilungsbeiträgen abweichende Leistungseinschätzung tatsächlich darauf beruht, dass die Ersteller der Beurteilungsbeiträge ihrer Bewertung einen falschen - nicht an der Vergleichsgruppe ausgerichteten - Maßstab zugrunde gelegt hätten, und ihre bessere Bewertung in dem von ihnen beobachteten Zeitraum nicht etwa doch durch entsprechend gute Leistungen des Antragstellers gerechtfertigt wäre, hat der Erstbeurteiler nicht durch eine entsprechende mündliche oder schriftliche Rückfrage verifiziert. Daher tragen weder der vom Erstbeurteiler in seinen Stellungnahmen erwähnte Umstand, dass die Ersteller der Beurteilungsbeiträge die Leistungen des Antragstellers nur in Relation zu einigen wenigen Mitgliedern der maßgeblichen Vergleichsgruppe setzen konnten, noch die fehlende - für Beurteilungsbeiträge auf der Grundlage der BRL Q. indes ohnehin nicht vorgesehene - Benennung besonders herausragender Einzelfallbeispiele für die Leistungen des Antragstellers bzw. anderweitige Konkretisierung der Leistungsbewertung in den Beurteilungsbeiträgen (für sich genommen) die Schlussfolgerung des Erstbeurteilers, die Beiträge seien aufgrund einer Verfehlung des maßgeblichen Beurteilungsmaßstabs zu wohlwollend ausgefallen. Den Äußerungen des Erstbeurteilers ist vielmehr zu entnehmen, dass er aus seiner Bewertung der Leistungen, die er selbst beobachten konnte, auf die Maßstabsverkennung der Bewertungen in den Zeiträumen geschlossen hat, die von den Beiträgen erfasst sind. Wäre dies zulässig, bedürfte es der Beiträge nicht. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die vom Antragsteller benannten Beispiele für seine Leistungen im Bereich Mitarbeiterführung die Bewertung mit 5 Punkten rechtfertigen, oder - wie der Antragsgegner und der Erstbeurteiler einwenden - lediglich durchschnittlichen Anforderungen entsprechen.
24(3.) Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen genügt auch der Verweis des Antragsgegners und des Erstbeurteilers auf den den Beurteilungsbeiträgen beigefügten, offenbar formularmäßig vorgefertigten Hinweis des Behördenleiters, der jeweilige Beitrag sei ohne Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erstellt worden und die Ergebnisse der Regelbeurteilung könnten daher von den Ergebnissen des Beurteilungsbeitrags abweichen, nicht zur Begründung der Abweichungen aus. Dieser Hinweis gibt nichts dafür her, dass und vor allem auf welcher Grundlage der Erstbeurteiler zu der Einschätzung gekommen ist, die im Beitrag vorgenommenen Bewertungen seien in sieben von acht Einzelmerkmalen zu günstig ausgefallen.
25(4.) Fehlt es danach bereits an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme des Erstbeurteilers und des Antragsgegners, die Bewertung der Beurteilungsbeiträge beruhe auf einer Maßstabsverfehlung, kommt es auf die weiteren Ausführungen des Antragsgegners, es sei im Vergleich zu der Vorbeurteilung ein strengerer Bewertungsmaßstab angelegt worden und daher plausibel, dass der Antragsteller den Maßstäben nicht in dem Maße habe gerecht werden können, wie im vorangegangenen Beurteilungszeitraum, und er auch in Anbetracht der Vergleichsgruppe keine herausragenden Leistungen erbracht habe, nicht entscheidend an. Der Senat merkt insoweit lediglich an, dass die behauptete Maßstabsverschärfung zur Rechtfertigung der hier fraglichen (deutlichen) Abweichungen der Erstbeurteilung von den Beurteilungsbeiträgen erheblichen Zweifeln unterliegt. Der vom Antragsgegner vorgelegten tabellarischen Übersicht über die Vergleichsgruppe der nach A 12 besoldeten Beamten ist zu entnehmen, dass sich von den 55 Beamten, die sich bereits zum Beurteilungsstichtag 1. Juni 2017 in einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 befanden und daher eine längere Verweildauer in diesem Statusamt aufwiesen, als die neu hinzugekommenen Beamten, in der aktuellen Beurteilungsrunde 34 verbessert, 13 verschlechtert und 8 eine gleichbleibende Beurteilung erhalten haben. Wenn der Beurteilungsmaßstab tatsächlich verschärft worden wäre, hätten demnach 34 von 55 Beamten, mithin 61,8 % eine überdurchschnittliche Leistungssteigerung gezeigt, weil sie nicht nur dem neuen, strengeren Maßstab entsprochen, sondern ihre Leistungen darüber hinaus verbessert hätten und deshalb auch besser beurteilt wurden. Zählt man diejenigen Beamten hinzu, deren Beurteilung gleich geblieben ist, hätten sogar 76,4 % der Beamten eine mindestens durchschnittliche Leistungssteigerung - entsprechend dem strengeren Beurteilungsmaßstab - gezeigt. Dies erscheint schon für sich genommen unplausibel, erst recht aber unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragsgegners, er habe nie behauptet, die aktuelle Vergleichsgruppe sei im Vergleich zu der Vergleichsgruppe zum Stichtag 1. Juni 2017 stärker geworden.
26c) Mit Blick auf die obigen Erwägungen, wonach die Rechtswidrigkeit der Beurteilung des Antragstellers bereits aus der fehlenden Begründung der Abweichungen von den Beurteilungsbeiträgen ergibt, kann ebenfalls offenbleiben, ob ihre Fehlerhaftigkeit auch daraus folgt, dass dem Antragsteller, wie er rügt, allein aufgrund der sich aus Ziffer 8.2.2. Abs. 3 BRL Q. ergebenden Richtsätze und damit unter Verstoß gegen Ziffer 8.2.2. Abs. 2 Satz 2 BRL Q. , wonach die Anwendung der Richtsätze im Einzelfall die Zuordnung der jeweils zutreffenden Gesamtnote nicht verhindern darf, die Zuerkennung der eigentlich gerechtfertigten - den Beurteilungsbeiträgen entsprechenden - Gesamtnote verweigert wurde. Er entnimmt dies der schriftsätzlichen Äußerung des Antragsgegners, es werde nicht bestritten, dass der Antragsteller in Einzelbetrachtung seiner individuellen Leistungen die Anforderungen übertreffe, jedoch übertreffe er die Anforderungen nicht unter Berücksichtigung der Vergleichsgruppe. Hierzu hat das Verwaltungsgericht allerdings ausgeführt, es handele sich lediglich um einen - wenn auch missverständlich formulierten - Hinweis auf die Relativität der Bewertung fachlicher Leistungen (Beschlussabdruck S. 7), und der Antragsgegner eingewandt, die sich aus den Richtsätzen ergebenden Quoten seien nicht gänzlich ausgeschöpft worden, sodass sie einer besseren Beurteilung des Antragstellers nicht entgegen gestanden hätten.
27d) Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers beruht zudem auf einer rechtswidrigen Vergleichsgruppenbildung. Die Zusammenfassung von der Besoldungsgruppe A 12 angehörenden Polizeivollzugsbeamten und Beamten des allgemeinen Verwaltungsdienstes (im Folgenden: Verwaltungsbeamte) in einer Vergleichsgruppe erweist sich als mit höherrangigem Recht, nämlich den in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltenen Prinzipien, nicht vereinbar. Der Senat hat zu der Problematik der Zusammenfassung von Polizeivollzugsbeamten und Verwaltungsbeamten in einer Vergleichsgruppe (betreffend die Besoldungsgruppe A 10) in seinem Urteil vom 24. November 2021 - 6 A 2717/19 -, juris Rn. 51 ff. Folgendes ausgeführt:
28"Die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung ist allerdings rechtswidrig, weil sie auf einer Vergleichsgruppenbildung beruht, die der Rechtskontrolle nicht standhält. Ungeachtet der Frage, ob dem Dienstherrn auch bei der Bildung von (zulässigen) Vergleichsgruppen ein Beurteilungsspielraum zusteht,
29vgl. bejahend OVG NRW, Beschluss vom 24. November 2006 - 6 B 2124/06 -, IÖD 2007, 139 = juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 2 K 5152/12 -, juris Rn. 41,
30unterliegt dieser Vorgang jedenfalls der bereits dargestellten eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Dies berücksichtigt, erweist sich die Zusammenfassung von der Besoldungsgruppe A 10 angehörenden Polizeivollzugsbeamten und Beamten des allgemeinen Verwaltungsdienstes (im Folgenden: Verwaltungsbeamten) in einer Vergleichsgruppe als mit höherrangigem Recht, nämlich den in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltenen Prinzipien, nicht vereinbar.
31Ebenso VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27. November 2019 - 1 L 1221/19 -, juris Rn. 33 ff., indes wirkungslos durch Vergleichsschluss im Verfahren 6 B 1718/19.
32aa. Die vorgenommene Vergleichsgruppenbildung beruht auf Ziffer 8.2.1, 2. Spiegelstrich BRL Q. . Nach Ziffer 8.2 BRL Q. sollen, um eine einheitliche Anwendung des Bewertungsmaßstabs für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten, die untereinander vergleichbar sind, sicher zu stellen, bei Regelbeurteilungen Vergleichsgruppen gebildet und hierauf Richtsätze angewandt werden. Ziffer 8.2.1 BRL Q. sieht vor, dass dem zur Schlusszeichnung Befugten die Bildung der Vergleichsgruppen nach Maßgabe der folgenden Grundätze obliegt: In erster Linie sollen Beamte derselben Laufbahn und derselben Besoldungsgruppe eine Vergleichsgruppe bilden (Spiegelstrich 1); stehen nach dem Stellenplan Beamte verschiedener Laufbahnen miteinander in Konkurrenz, können auch Beamte derselben Laufbahngruppe und derselben Besoldungsgruppe eine Vergleichsgruppe bilden (Spiegelstrich 2); in Fällen, in denen die Wahrnehmung einer bestimmten Funktion im Vordergrund steht, können auch Angehörige derselben Funktionsebene eine Vergleichsgruppe bilden. Hierzu ist die Zustimmung des für Inneres zuständigen Ministeriums einzuholen (Spiegelstrich 3).
33Die Spiegelstriche 1 und 3 greifen die Regelung aus § 8 Abs. 2 LVO NRW auf. Danach sind bei Beurteilungen Vergleichsgruppen zu bilden. Die Zugehörigkeit zu einer Vergleichsgruppe bestimmt sich in erster Linie nach der Besoldungsgruppe oder nach der Funktionsebene.
34bb. Der Senat kann offenlassen, ob 8 Abs. 2 Satz 2 LVO NRW mit der Formulierung „in erster Linie“ neben der Orientierung an der Funktionsebene überhaupt weitere Abweichungen von der Ausrichtung an der Besoldungsgruppe zulässt. Denn jedenfalls verletzt die konkret gebildete Vergleichsgruppe Art. 33 Abs. 2 GG, weil ein sachgerechter Leistungsvergleich der Gruppenmitglieder nicht möglich ist. Die zu vergleichenden Polizeivollzugs- bzw. Verwaltungsbeamten gehören keiner homogenen Vergleichsgruppe an.
35(1.) Maßgeblicher Zweck der dienstlichen Beurteilung ist es, Grundlage für einen späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren zu sein. Daraus folgt die Notwendigkeit, schon bei der dienstlichen Beurteilung, die auch die Bildung von Vergleichsgruppen umfasst, das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Leistungsprinzip und den Grundsatz der Bestenauslese zu gewährleisten.
36Vergleichsgruppen werden deshalb gebildet, weil sie für die Geltung der Richtsätze nach § 8 Abs. 3 LVO NRW bzw. Ziffer 8.2.2 BRL Q. relevant sind. Danach soll der Anteil der Beamten einer Vergleichsgruppe bei der besten Note 10 Prozent und bei der zweitbesten Note 20 Prozent nicht überschreiten. Die Festlegung derartiger Richtwerte ist rechtlich zulässig und sinnvoll. Mit ihnen konkretisiert der Dienstherr seine Bewertungsvorstellungen und verdeutlicht diese zugleich dem Beurteiler und dem Beurteilten. Die Berechtigung des Dienstherrn, den Aussagegehalt der Noten in dieser Weise zu verdeutlichen, ist Teil seiner Befugnis, die Notenskala und die Maßstäbe, nach denen die Noten vergeben werden, überhaupt festzulegen. Die Verdeutlichung und Konkretisierung der an alle zu beurteilenden Beamten gleichmäßig anzulegenden Bewertungsvorstellungen durch eine entsprechende Reglementierung in den Spitzenbereichen beeinträchtigt den gebotenen Leistungsvergleich nicht, sondern ermöglicht bzw. erleichtert ihn vielmehr.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. März 2017 ‑ 2 B 25.16 -, Buchholz 232.1 § 50 BLV Nr. 4 = juris Rn. 7, und Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356 = juris Rn. 13, und vom 26. Juni 1980 - 2 C 13.79 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr 18 = juris Rn. 34.
38Richtsätze für Regelbeurteilungen werden von der Rechtsprechung im Grundsatz allerdings nur dann als unbedenklich angesehen, wenn sie sich auf hinreichend große und hinreichend homogene Vergleichsgruppen beziehen.
39Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, a. a. O. Rn. 15, vom 13. November 1997 - 2 A 1.97 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr 17 = juris Rn. 16, und vom 26. Juni 1980 a. a. O. Rn. 37; Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51.10 -, BVerwGE 141, 113 = juris Rn. 40, und vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 -, juris Rn. 25 ff.
40Eine hinreichende Gruppengröße ist notwendig, damit genügend Personen vorhanden sind, in denen die unterschiedlichen Leistungs- und Eignungsstufen repräsentiert sein können. Die Homogenität der Gruppe ist erforderlich, damit die entscheidenden Beurteilungskriterien bei den einzelnen Beamten miteinander sachgerecht verglichen und in eine bestimmte nach dem Prinzip der Bestenauslese ausgerichtete Rangfolge gebracht werden können. Die Bezugsgruppe muss daher in dem Sinne homogen zusammengesetzt sein, dass für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten.
41Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2010 ‑ 1 WB 51.10 -, a. a. O. Rn. 40 m. w. N., und vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, a. a. O. Rn. 15.
42Ausgehend davon ist hinsichtlich der auch vom Gleichheitssatz geforderten Vergleichbarkeit der Gruppenmitglieder grundsätzlich auf die Gruppe der Beamten desselben Statusamtes abzustellen.
43Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. September 2020 ‑ 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 43, und vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -, a. a. O. Rn. 43, das zusätzlich das immanente Merkmal derselben Laufbahn hervorhebt; dem folgend: VG Stuttgart, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - 9 K 12038/17 -, juris Rn. 28.
44Dieses ist Bezugspunkt der dienstlichen Beurteilung und definiert sich anhand der Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, der dem Beamten verliehenen Amtsbezeichnung und des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, a. a. O. Rn. 32 und 55.
46Ausgehend von der damit verbundenen identischen Vor- und Ausbildung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich (nur) Beamte derselben Laufbahn vergleichbar. Beamte aus unterschiedlichen Laufbahnen dürfen danach dem Grunde nach nicht in einer Vergleichsgruppe zusammengefasst werden, weil ausreichend identische Leistungsanforderungen nur für Beamte derselben Laufbahn gegeben sind. Dies stellt den grundlegenden Inhalt des Laufbahnprinzips dar, das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG anerkannt ist.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -, a. a. O. Rn. 42 ff. m. w. N; OVG Saarland, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 1 A 533/16 -, NVwZ-RR 2018, 624 = juris Rn. 49 am Ende.
48Nur in Ausnahmefällen ist in der Rechtsprechung auch eine Vergleichsgruppenbildung aus Beamten derselben Funktionsebene als zulässig angesehen worden. Bei der auf diese Weise gebildeten Vergleichsgruppe ist Kriterium für die zulässige Gruppenzugehörigkeit indes das Innehaben eines Dienstpostens mit weitgehend denselben Anforderungen; die Ähnlichkeit der verrichteten Aufgaben ist der tragende Grund für die Vergleichbarkeit.
49Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2014 ‑ 1 WB 38.13 -, a. a. O. Rn. 33, und vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, a. a. O. Rn. 16 f.; OVG NRW, Urteil vom 20. November 2002 - 6 A 5645/00 -, DÖD 2003, 139 = juris Rn. 2 ff.; kritisch hierzu Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 70. Aktualisierung 4/2021, cc) Probleme der Vergleichsgruppenbildung Rn. 414 ff.; Lorse, Die dienstliche Beurteilung, 7. Auflage 2020, A. Die dienstliche Beurteilung der Beamten, Beurteilungsmaßstab, Rn. 117.
50(2.) Gemessen daran stellt sich die hier in Streit stehende Vergleichsgruppe, in der Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte zusammengefasst sind, nicht als hinreichend homogen dar. Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte gehören weder der gleichen Laufbahn an noch sind andere Gründe gegeben, die einen sachgerechten Vergleich der Gruppenmitglieder ausnahmsweise auch unter Beachtung der unterschiedlichen Laufbahnen ermöglichen.
51Die Aufgaben eines Polizeivollzugs- und eines Verwaltungsbeamten unterscheiden sich nämlich wesentlich, was sich bereits in der unterschiedlichen Ausbildung niederschlägt.
52Vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, a. a. O. Rn. 55.
53Aus den Inhalten der einschlägigen Ausbildungspläne, die sich an den unterschiedlichen Aufgaben der Beamten in den jeweiligen Fachrichtungen orientieren, ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den Laufbahnen. Der Vergleich der Ausbildungsinhalte des Bachelorstudiengangs Polizeivollzugsdienst und der Studiengänge im Fachbereich Allgemeine Verwaltung / Rentenversicherung, derzeit fünf Studiengänge (Staatlicher Verwaltungsdienst – Allgemeine Verwaltung, Kommunaler Verwaltungsdienst – Allgemeine Verwaltung, Kommunaler Verwaltungsdienst – Verwaltungsbetriebswirtschaftslehre, Rentenversicherung, Verwaltungsinformatik) verdeutlicht, dass es nahezu keine inhaltlichen Übereinstimmungen gibt. Es versteht sich daher von selbst, dass Verwaltungsbeamte - mangels der entsprechenden Ausbildung - Aufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht wahrnehmen können. Umgekehrt müssen Polizeivollzugsbeamte bei dem Wechsel in ein Amt einer anderen Laufbahn die erforderlichen ergänzenden Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, vgl. § 115 Abs. 3 LBG NRW. Derartige Unterschiede bestehen innerhalb der Gruppe der Polizeivollzugsbeamten nicht, so dass ein sachgerechter Vergleich der Gruppenmitglieder möglich ist. Dem steht nicht entgegen, dass sie innerhalb des Polizeidienstes unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen.
54(a.) Sofern das beklagte Land die Vergleichsgruppenbildung damit begründet hat, nur so könnte die in Ziffer 8.2.1 BRL Q. vorgesehene Vergleichsgruppengröße von 30 Personen erreicht werden, stellt dies im Hinblick auf den dargestellten Zweck der Vergleichsgruppenbildung eine sachfremde Erwägung dar. Der Vortrag läuft auf das Argument hinaus, eine Vergleichsgruppe müsse gebildet werden, um eine Vergleichsgruppe bilden zu können. Die Vergleichsgruppenbildung ist jedoch kein Selbstzweck, sondern dient - wie dargestellt - lediglich dazu, die Anwendung von Richtsätzen zu ermöglichen; wenn die Voraussetzungen für ihre (rechtmäßige) Bildung nicht gegeben sind, hat sie zu unterbleiben. Ziffer 8.2.2, letzter Absatz BRL Q. sieht in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 2 Satz 2 LVO NRW für den Fall der Unterschreitung der erforderlichen Mindestgröße einer Vergleichsgruppe vor, dass bei der Festlegung der Gesamtnote eine Differenzierung angestrebt wird, welche sich an den durch die Richtsätze vorgegebenen Rahmen anlehnt.
55Vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 -, a. a. O. Rn. 36; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2010 - 6 A 534/08 -, PersV 2011, 198 = juris Rn. 4 f. (21 Beamte); VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Juli 2010 - 13 L 452/10 -, juris Rn. 23 ff.: Anlehnung an Richtsätze bei 10 Personen möglich; Urteil vom 11. August 2006 - 13 K 2207/04 -, juris Rn. 45: Anlehnung an Richtsätze bei 5 Personen nicht möglich.
56Sofern auch das nicht möglich ist, hat sich der Dienstherr gleichwohl und auch ohne eine solche Orientierung um differenzierte, dem Leistungsbild der jeweils zu beurteilenden Beamten angemessen Rechnung tragende Beurteilungen zu bemühen.
57Zum Erfordernis der hinreichenden Differenziertheit BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 ‑ 2 BvR 311/03 -, NVwZ 2004, 95 = juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 ‑2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 = juris Rn. 46.
58(b.) Auch die tatsächlich bestehende Stellenplankonkurrenz der Mitglieder der Vergleichsgruppe begründet keine hinreichende Vergleichsmöglichkeit.
59Ausweislich des vom beklagten Land vorgelegten Stellenplans des Polizeipräsidiums Düsseldorf stehen die Polizeivollzugs- und die Verwaltungsbeamten, wie in Ziffer 8.2.1 Spiegelstrich 2 BRL Q. vorausgesetzt, in Konkurrenz zueinander. Dies beruht - zumindest bezüglich der hier maßgeblichen Stellen A 9 bis A 11 - indes nicht darauf, dass ein Dienstposten mehreren Statusämtern zugeordnet wird, sog. Topfwirtschaft im dienstrechtlichen Sinne, vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 LBesG NRW und § 18 Abs. 1 Satz 2 BBesG.
60Zur Zulässigkeit der Dienstpostenbündelung bei Bestehen eines sachlichen Grundes s. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, BVerfGE 141, 56 = juris Rn. 45 ff.
61Die Konkurrenzsituation ergibt sich vielmehr daraus, dass dem Polizeipräsidium Beförderungsplanstellen einheitlich für Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte zur Verfügung gestellt werden und diesbezüglich auf der Grundlage der beide Gruppen umfassenden Beförderungsrangliste ausgehend vom Punktequotient die Auswahlentscheidung getroffen wird. Hingegen erfolgt die gebündelte Stellenzuweisung und die daran anknüpfende Auswahlentscheidung in dem hier gegebenen Fall gerade nicht vor dem - nur pauschal behaupteten - Hintergrund, dass für die für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten würden. Der Grund für die Zusammenfassung ist nicht Folge einer bestehenden Vergleichbarkeit der Gruppenmitglieder, sondern die Vereinigung in einem Stellenplan schafft überhaupt erst die einzige Gemeinsamkeit der Gruppenmitglieder. Dabei konkurrieren die Beamten nicht einmal um dieselben Dienstposten, sondern lediglich um Beförderungswertigkeiten.
62Anders wohl die Konstellation in dem Beschluss des OVG NRW vom 27. November 2014 - 6 B 810/14 -, juris Rn. 10.
63Aus dem vom beklagten Land vorgetragenen Umstand, Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte stünden in Ausnahmefällen hinsichtlich ausgeschriebener Stellen in Konkurrenz zueinander, ergibt sich schon im Hinblick auf den dargestellten Ausnahmecharakter, dass hieraus jedenfalls nicht die Vergleichbarkeit aller Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten abgeleitet werden kann. Das beklagte Land hat selbst ausgeführt, es habe innerhalb der letzten sechs Jahre lediglich sechs Ausschreibungen gegeben, bei denen die formalen Voraussetzungen sowohl die Bewerbung von Verwaltungs- wie von Polizeivollzugsbeamten zugelassen hätten. Hierbei hat es sich um Interessenbekundungsverfahren für Stellen der Gleichstellungsbeauftragen bzw. der Unterstützung/Stellvertretung des Beauftragten für Arbeitsschutz gehandelt, die jeweils ein ganz besonderes Profil aufweisen und bei deren Besetzung weder die Ausbildung als Verwaltungs- noch als Polizeivollzugsbeamter wesentlich ist. Das Interessenbekundungsverfahren bezüglich der Stelle der Unterstützung/Stellvertretung des Beauftragten für Arbeitsschutz richtete sich überdies an Polizeivollzugsbeamte mit Verwendungseinschränkungen, vermutlich also solche Beamte, denen zur Vermeidung der Zurruhesetzung als Folge der Polizeidienstunfähigkeit gemäß § 115 Abs. 1 letzter Halbsatz LBG NRW eine Funktion übertragen werden sollte, die die besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Regelmäßig nehmen Verwaltungs- bzw. Polizeivollzugsbeamte jedoch auch nach dem Vortrag des beklagten Landes unterschiedliche Aufgaben wahr.
64Keine andere Bewertung folgt schließlich aus dem Umstand, dass die Beamten jeweils nach denselben Kriterien beurteilt werden, vgl. Ziffer 2.1 BRL Q. . Die in der dienstlichen Beurteilung zu bewertenden sieben Merkmale „Arbeitsorganisation“, „Arbeitseinsatz“, „Arbeitsweise“, „Leistungsgüte“, „Leistungsumfang“, „Veränderungskompetenz“ und „Soziale Kompetenz“ einschließlich der einzubeziehenden unter Ziffer 6.1 BRL Q. aufgeführten Kriterien sind zwar allgemein gefasst. Die Beurteilung hat jedoch die Aufgaben des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen (vgl. Ziffer 5 BRL Q. ) und die dort gezeigten Leistungen am Maßstab der statusamts- und damit auch laufbahnbezogenen Anforderungen zu bewerten."
65An dieser Bewertung hält der Senat auch im Hinblick auf die hier maßgebliche Zusammenfassung von Polizeivollzugsbeamten und Verwaltungsbeamten der Besoldungsgruppe A 12 in einer Vergleichsgruppe und die aktuellen Beurteilungsrichtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei vom 14. Mai 2020 fest, weil sich weder hieraus noch aus dem Vortrag des Antragsgegners im vorliegenden Fall Anhaltspunkte ergeben, die eine anderweitige Einschätzung rechtfertigen könnten. Zwar hat der Antragsgegner ergänzend vorgetragen, zu einer Konkurrenzsituation zwischen Polizeivollzugsbeamten und Verwaltungsbeamten könne es im Hinblick auf die Direktion Zentrale Aufgaben kommen, weil dort per Erlass des Ministeriums des Innern vom 13. Mai 2019 - 401 - 58.25.10/59.02.02 - für die Aufgabenraten Personalwerbung/Einstellungsberatung, Leitung Fortbildungsstelle, Einsatztrainerinnen und -trainer, den Bereich Ausbildung und Einstellung, Teilaufgabe der "Technischen Angelegenheiten" und Dezernatsleitung ZA 3 festgelegt sei, dass sowohl Polizeivollzugsbeamte als auch Verwaltungsbeamte eingesetzt werden können. Dem fraglichen Erlass ist aber zu entnehmen, dass Polizeivollzugsbeamte nur für Aufgabenraten einzusetzen sind, deren Erfüllung polizeiliches Fach- und Erfahrungswissen voraussetzt, das nicht im Rahmen einer Fortbildung erworben werden kann und im Übrigen - auch in den vorstehend benannten Aufgabenraten - nur ausnahmsweise und nur im zwingend notwendigen Umfang. Danach dürfte die vom Antragsgegner angeführte Konkurrenzsituation allenfalls in wenigen Einzelfällen bezüglich bestimmter Dienstposten bestehen und daher - wie bereits im Senatsurteil vom 24. November 2021 ausgeführt - jedenfalls nicht geeignet sein, die Vergleichbarkeit aller Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamter zu begründen. Der Antragsteller hat darüber hinaus zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Erlass nicht zu entnehmen ist, inwieweit die Stellenplankonkurrenz gerade Beamte des hier maßgeblichen Statusamts der Besoldungsgruppe A 12 betrifft.
662. Die Auswahl des Antragstellers in einem erneuten Auswahlverfahren kann nach derzeitiger Erkenntnislage nicht vollkommen ausgeschlossen werden.
67Dies ergibt sich zwar nicht bereits mit Blick auf den zuletzt erörterten Aspekt der Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers aufgrund fehlerhafter Vergleichsgruppenbildung. Denn eine bei Vermeidung allein dieses Fehlers unterstellte Verbesserung des Beurteilungsergebnisses des Antragstellers würde sich gleichermaßen zumindest auch auf den Beigeladenen, der gegenüber dem Antragsteller einen Leistungsvorsprung in der Gesamtnote (4 Punkte gegenüber 3 Punkten) und in den Einzelmerkmalen (36 Punkte gegenüber 27 Punkten) aufweist, auswirken. Da es sich bei beiden um Polizeivollzugsbeamte handelt, ist nicht ersichtlich, wie sich im Verhältnis der beiden zueinander eine Verschiebung ergeben sollte, wenn die Vergleichsgruppe ausschließlich aus Polizeivollzugsbeamten gebildet würde.
68Gleichwohl kann eine Auswahl des Antragstellers in einem erneuten Auswahlverfahren nicht ausgeschlossen werden, solange keine den dargestellten Anforderungen genügende Begründung für die Abweichung der Erstbeurteilung von den Beurteilungsbeiträgen vorliegt. Es ist jedenfalls möglich, dass dem Antragsteller bessere Bewertungen der Einzelmerkmale zuerkannt werden und in der Folge auch ein besseres Gesamturteil zugesprochen wird. Würde es zu einer Anpassung der Beurteilung des Antragstellers an die von den Verfassern der Beurteilungsbeiträge übereinstimmend vorgeschlagenen Einzelbewertungen kommen, wäre der Antragsteller punktgleich - wenn auch mit anderer Verteilung auf die Einzelmerkmale - mit dem Beigeladenen beurteilt. Ob es tatsächlich zu Verbesserungen kommt, wie diese im Einzelnen ausfallen und zu welchem Ergebnis schließlich ein hierauf gründender Qualifikationsvergleich zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen kommen wird, lässt sich nicht hinreichend sicher prognostizieren.
69II. Schließlich hat der Antragsteller auch Umstände glaubhaft gemacht, aufgrund derer sich ein Anordnungsgrund ergibt (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Die mit der Besetzung der streitbefangenen Beförderungsplanstelle einhergehende Ernennung des Beigeladenen wäre im Falle eines Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht wieder rückgängig zu machen.
70Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
71Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
72Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
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