Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 B 11329/19

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine an die Beigeladene gerichtete immissionsschutzrechtliche Ordnungsverfügung.

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Sie ist Teil einer Unternehmensgruppe, die unter anderem die Aufbereitung von Bauschutt und Straßenaufbruch betreibt. Im Oktober 1981 richtete sie im Einvernehmen mit der beigeladenen Stadt auf dem der Stadt gehörenden Gelände einer Bauschutt- und Erdaushubdeponie eine Bauschuttaufbereitungsanlage (BSA) ein und nahm den Probebetrieb auf. Mit abfallrechtlichem Bescheid vom 25. Januar 1985 wurde der Stadt die Erweiterung der Deponie sowie die Errichtung und der Betrieb einer Bauschuttaufbereitungsanlage genehmigt (sog. Abfallwirtschaftszentrum - AWZ -). Am 15. Oktober 1997 wurde der Stadt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Deponiegelände erteilt.

3

Hinsichtlich des Betriebs der Deponie und der Bauschuttaufbereitungsanlage schlossen die Antragstellerin und die Beigeladene vertragliche Vereinbarungen, die die Beigeladene inzwischen im Oktober 2018 aufgekündigt hat. Das Räumungsverfahren ist derzeit beim Landgericht Frankenthal (4 O 92/19) anhängig. Der zuletzt geschlossene Vertrag vom 16. März 2010 nimmt weitgehend Bezug auf den zuvor gültigen Vertrag vom 27. Januar 2000. In dessen Präambel werden die Besitzer von u. a. Bauschutt, Straßenaufbruch und Bodenaushub als berechtigt bezeichnet, diesen im Rahmen der vom Eigenbetrieb Stadtentsorgung der Beigeladenen (ESN) festgelegten Benutzungsordnung zur Deponie zu bringen. Der ESN bediene sich dabei der Antragstellerin als Dritter im Sinne des Abfallrechts. Nach § 1 des Vertrages verpachtet ESN der Antragstellerin das Deponiegelände. Die Antragstellerin verpflichtet sich, die Bauschuttdeponie zu betreiben. Ferner wird der Antragstellerin gestattet, auf dem Gelände eine Bauschuttaufbereitungsanlage auf der Grundlage des Bescheids vom 15. Oktober 1997 aufzustellen und zu betreiben. Nach § 2 des Vertrages muss der Betrieb der Deponie und der Bauschuttaufbereitungsanlage im Einvernehmen mit dem ESN und nach den näher aufgeführten Genehmigungsbescheiden erfolgen. In diesem Rahmen handele die Firma in eigener Regie und auf ihre Kosten. Zukünftige behördliche Auflagen zur Bauschuttaufbereitungsanlage seien von der Firma in eigener Verantwortlichkeit und Kostenlast zu erfüllen.

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Nach Beschwerden aus der Nachbarschaft verfügte der Antragsgegner mit Bescheid vom 9. April 2013 gegenüber der Beigeladenen eine Beschränkung der Laufzeiten des Brechers sowie eine Reduzierung der Durchsatzleistung von 180.000 t/a auf 68.400 t/a.

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Im Sommer 2017 wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts illegaler Abfallbeseitigung auf der Deponie eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind.

6

Im Januar 2018 bat der Antragsgegner die beigeladene Stadt um nähere Angaben zur Betriebsorganisation. In ihrem Antwortschreiben vom 18. April 2018 sah die Beigeladene hierfür keinen Anlass, da sie nicht Betreiberin des Abfallwirtschaftszentrums auf dem Gelände der Deponie sei. Daraufhin stellte der Antragsgegner mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 29. Juni 2018 gegenüber der Beigeladenen fest, dass sie Betreiberin der Abfallanlagen des Abfallwirtschaftszentrums sei; die Antragstellerin sei lediglich Drittbeauftragte im Sinne des Abfallrechts. Gegen diesen Feststellungsbescheid hat die Beigeladene bei der Behörde Widerspruch eingelegt und die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt.

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Am 11. Juli 2019 erließ der Antragsgegner – gestützt auf § 17 BImSchG – gegenüber der Beigeladenen die streitgegenständliche Anordnung,

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1. die Bauschuttaufbereitungsanlage auf den ursprünglich genehmigten Zustand zurückzuführen und dem Stand der Technik anzupassen und

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2. prüffähige Unterlagen vorzulegen.

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3. Bis zur Erfüllung dieser beiden Forderungen wurde die Behandlung von Abfällen mittels der Bauschuttaufbereitungsanlage mit sofortiger Wirkung untersagt.

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Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass im Bereich der Bauschuttaufbereitungsanlage zahlreiche Änderungen gegenüber dem genehmigten Zustand erfolgt und schädliche Umweltauswirkungen oder Gefahren zu besorgen seien. Gegenüber einer Stilllegung nach § 20 BImSchG sei die verfügte Maßnahme das mildere Mittel. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei wegen des Gefahrenpotenzials geboten.

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Im Erörterungstermin des Verwaltungsgerichts am 12. August 2019 hat der Antragsgegner Ziffer 1 der Anordnung vom 11. Juli 2019 aufgehoben und Ziffer 2 dahingehend neu gefasst, dass nunmehr die Vorlage prüffähiger Unterlagen zur Anlage und der daraus resultierenden Emissionen verlangt wird. Die Beigeladene hat in diesem Erörterungstermin erklärt, sie werde gegen den Bescheid vom 11. Juli 2019 keinen Widerspruch einlegen.

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Mit Bescheid vom 16. August 2019 gab die Bauaufsichtsbehörde der Beigeladenen der Antragstellerin auf, einen Standsicherheitsnachweis für die Anlage zu erbringen und näher beschriebene Grundstücksflächen nicht mehr zu betreten und zu befahren. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Eilrechtsschutz beantragt.

14

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Anordnung vom 11. Juli 2019 in Gestalt der Änderung vom 12. August 2019 wiederherzustellen, als unzulässig abgelehnt.

II.

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Die Beschwerde ist nicht begründet.

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Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

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Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Eilrechtschutzantrag der Antragstellerin wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig ist.

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In entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO ist ein solcher Antrag nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend machen kann, durch den angegriffenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Hierfür genügt es, dass die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung gegeben ist. Umgekehrt fehlt die Klagebefugnis, wenn unter Zugrundelegung des Vorbringens des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist, dass er durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 C 36.13 –, NVwZ 2015, 1223 und juris Rn. 14 m. w. N.; Urteil vom 22. Februar 1994 – 1 C 24.92 –, BVerwGE 95, 133 und juris Rn. 11). Letzteres ist hier der Fall.

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Dabei besteht die Besonderheit des Falles darin, dass die Antragstellerin nicht Adressatin der angefochtenen Verfügung ist, vielmehr eine der Adressatin parallele Belastung geltend macht, weil die Beigeladene von ihren Rechtschutzmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. zur „parallelen Belastung“: Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL 2019, § 42 Abs. 2, Rn. 335 f). Während die Antragstellerin sich in ihrer Stellung als „Betriebsführerin“ der Bauschuttaufbereitungsanlage beeinträchtigt sieht, ist der Antragsgegner allein gegen die Beigeladene eingeschritten, die er als die Betreiberin der Bauschuttaufbereitungsanlage betrachtet, ohne auf das zwischen der Beigeladenen und der Antragstellerin bestehende Rechtsverhältnis abzustellen. Dabei geht die Beigeladene davon aus, dass in das Abfallwirtschaftszentrum - mit Ausnahme von Grünabfällen - keine dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassungs-pflichtige Abfälle gelangen, vielmehr nur gewerbliche Abfälle von Baustellen angedient würden, bei denen es sich um Abfälle zur Verwertung aus anderen Herkunftsbereichen als Privathaushalten im Sinne von §§ 7 Abs. 2 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG handele (vgl. Schriftsatz vom 19. August 2019, S. 13, Bl. 810 der Gerichtsakte - GA -; zur freiwilligen Verwertung nicht überlassungspflichtiger Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger: Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 90. EL. 2019, KrWG, § 17, Rn. 46).

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Die Antragstellerin wäre „durch den Verwaltungsakt“ in ihren Rechten verletzt (§ 42 Abs. 2 VwGO, „dadurch in Rechten verletzt“ i. S. v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), wenn die Behörde bei dessen Erlass gegen Vorschriften des objektiven Rechts verstoßen hätte, die auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Hierfür wird eine rechtliche Betroffenheit verlangt und nicht bloß tatsächliche Wirkungen, die lediglich reflexhaft eintreten (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42, Rn. 120).

21

Der von der Antragstellerin angegriffene Bescheid vom 11. Juli 2019 verlangt von der Beigeladenen in Ziffer 2 der modifizierten Fassung vom 12. August 2019 zum einen die Vorlage prüffähiger Unterlagen zum Zustand der Bauschuttaufbereitungsanlage. Ferner wird der Beigeladenen – bei sinnvollem Verständnis im Anschluss an die Aufhebung von Ziffer 1 der ursprünglichen Anordnung – durch Ziffer 3 der Verfügung bis zur Erfüllung der Forderung gemäß Ziffer 2 „die Behandlung von Abfällen mittels der Bauschuttaufbereitungsanlage mit sofortiger Wirkung untersagt.“ Als Rechtsgrundlage ist § 17 BImSchG genannt, der zum Erlass nachträglicher Anordnungen bei einer genehmigten Anlage ermächtigt. Als Adressat einer solchen Anordnung kommt allein der Anlagenbetreiber in Betracht (vgl. Jarras, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 17, Rn. 11), als den der Antragsgegner – ebenso wie die Antragstellerin – die Beigeladene betrachtet (vgl. den Feststellungsbescheid des Antragsgegners vom 29. August 2018). Einen Anspruch darauf, dass die objektiv-rechtlichen Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage eingehalten werden, hat grundsätzlich nur der Adressat dieser Anordnung. Dementsprechend hat die Behörde im Grundsatz auch nur die ihn betreffenden Belastungen beim Erlass der Anordnung abzuwägen (vgl. Jarras, a. a. O., § 17, Rn. 45 zur Verhältnismäßigkeitsprüfung). Dritte können durch eine solche Anordnung allenfalls dann in ihren Rechten verletzt sein, wenn sie durch die Anordnung unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen berührt werden und dies etwa im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 BImSchG oder bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen ist. Nichts anderes gilt, wenn man als Rechtsgrundlage für Ziffer 3 der Verfügung auf § 20 BImSchG abstellen wollte (vgl. zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Ermessensausübung in diesem Zusammenhang: Jarras, a. a. O., § 20, Rn. 15 und 37).

22

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin durch die angefochtene Anordnung vom 11. Juli 2019 in der modifizierten Fassung nicht unmittelbar in rechtlich geschützten Interessen betroffen wird.

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1. Zunächst kann die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts berufen.

24

a) Soweit sie sich hierzu auf den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs im Sinne der tatsächlichen Zusammenfassung der zum Vermögen eines Unternehmens gehörenden Sachen und Rechte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 –, BVerfGE 105, 252 und juris Rn. 79) beruft, kann dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei überhaupt um einen eigenständigen Gegenstand der Eigentumsgarantie handelt. Denn der Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG geht jedenfalls nicht weiter als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt und erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; bloße Umsatz- und Gewinnchancen oder tatsächliche Gegebenheiten genießen ungeachtet einer möglicherweise erheblichen Bedeutung für das Unternehmen nicht den Schutz der Eigentumsgarantie (vgl. BVerfG, ebenda; Urteil vom 6. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11 –, BVerfGE 143, 246, Rn. 240; BVerwG, Urteil vom 22. April 1994 – 8 C 29.92 –, BVerwGE 95, 341 und juris Rn. 20).

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Zur Bejahung einer Rechtsverletzung müsste die von der Antragstellerin angefochtene Anordnung mithin die wirtschaftlichen Grundlagen ihres Unternehmens in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigen. Dies ist hingegen nicht der Fall.

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b) Dies gilt zunächst für das der Antragstellerin von der Beigeladenen im Vertrag vom 16. März 2010 eingeräumte Pachtrecht an dem Betriebsgrundstück einschließlich der Gestattung zum Betrieb einer Bauschuttaufbereitungsanlage (§ 1 Abs. 3 des Vertrages i. V. m. § 1 Abs. 1 und Abs. 5 des Vertrages vom 27. Januar 2000); es gilt gleichermaßen für das von der Antragstellerin geltend gemachte Eigentum an den Anlagenteilen der Aufbereitungsanlage.

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Bezogen auf diese Privatrechte entfaltet die angefochtene Anordnung keine privatrechtsgestaltende Wirkung (vgl. zur Klagebefugnis in diesem Fall: BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – 6 C 8.01 –, BVerwGE 117, 93 und juris Rn. 18; Urteil vom 21. Dezember 1995 – 3 C 34.94 –, BVerwGE 100, 230 und juris Rn. 33 f. [Klagebefugnis bejaht wegen der unmittelbar auf den Inhalt eines Krankenhausbenutzungsverhältnisses durchschlagenden Genehmigung einer rückwirkenden Pflegesatzerhöhung]). Denn die Anordnung vom 11. Juli 2019 gegenüber der Beigeladenen verändert nicht unmittelbar den Inhalt der der Antragstellerin zustehenden Rechte.

28

Die angefochtene Anordnung greift weder unmittelbar regelnd in das Pachtrecht der Antragstellerin an dem Betriebsgrundstück ein noch entzieht sie ihr das Eigentum an den Anlagenteilen. Die Antragstellerin ist nur insofern betroffen, als sich die angegriffene Verfügung mittelbar auf das zwischen ihr und der Beigeladenen bestehende Rechtsverhältnis auswirkt. In Betracht kommt eine Verpflichtung der Antragstellerin gegenüber der Beigeladenen aus § 2 Abs. 2 des Vertrages vom 27. Januar 2000 (iVm § 1 Abs. 3 des Vertrages vom 16. März 2010), die – von der Beigeladenen akzeptierten – behördlichen Anordnungen zur Aufbereitungsanlage zu befolgen. Hieraus ergibt sich aber kein eigenständiges Anfechtungsrecht der Antragstellerin gegen die an die Beigeladene adressierte Verfügung. Denkbar ist auch, dass die Antragstellerin aufgrund der Anordnung vom 11. Juli 2019 Weisungen zu gewärtigen hat, zu denen die Beigeladene ihr gegenüber aufgrund des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses berechtigt ist. Dann würde erst eine solche Weisung eine unmittelbare rechtliche Betroffenheit der Antragstellerin begründen, dies aber ebenfalls nur in dem Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen. Somit bleibt es dabei, dass die von der Antragstellerin angefochtene Anordnung lediglich das Rechtsverhältnis zwischen der Behörde und der Beigeladenen betrifft und sich allenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen auswirkt.

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Insofern gilt nichts anderes als in den vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen. So hat das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung für einen Mieter durch die von ihm angefochtene Anordnung gegenüber dem Wohnungseigentümer verneint, mit der dieser zur Kündigung der Wohnung wegen Fehlbelegung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 1995 – 8 B 64.95 –, NJW 1995, 2866 und juris Rn. 2). Ähnlich hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Klagebefugnis des Mieters gegen die an den Eigentümer gerichtete bauaufsichtsbehördliche Nutzungsuntersagung wegen bloß mittelbarer Betroffenheit verneint, und zwar trotz der unterstellten Wahrscheinlichkeit, dass es zur Kündigung des Mietverhältnisses kommen werde (VGH BW, Beschluss vom 24. März 1983 – 3 S 1684/82 –, VBl BW 1984, 19 [20]).

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Mangels unmittelbarer Betroffenheit des Pachtrechts der Antragstellerin kann dahingestellt bleiben, ob dieses nicht aufgrund der von der Beigeladenen ausgesprochenen Kündigung inzwischen ohnehin erloschen ist.

31

c) Dass das Besitzrecht des Mieters oder Pächters nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 –, BVerfGE 89, 1 – Leitsatz 1 – [mietrechtlicher Kündigungsschutz]; vgl. auch das von der Antragstellerin zitierte Urteil des BVerwG vom 1. September 1997 – 4 A 36.96 –, BVerwGE 105, 178 und juris Rn. 26), ändert nichts an dem Fehlen einer unmittelbaren Betroffenheit des Pachtrechts der Antragstellerin durch die angefochtene Anordnung (vgl. zu dieser Voraussetzung: BVerwG, Beschluss vom 20. April 1998 – 4 B 22.98 –, NVwZ 1998, 956 und juris Rn. 4; auch: Urteil vom 10. Oktober 2002 – 6 C 8.01 –, BVerwGE 117, 93 und juris Rn. 18 [Festlegungen von Einspeiseentgelten für einen Kabelnetzbetreiber haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Privatrechtsverhältnis zwischen einem Fernsehprogrammveranstalter und dem Netzbetreiber]). So hat das Bundesverwaltungsgericht die Klagebefugnis zugunsten eines Grundstückspächters gegenüber einem straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss auch nur deshalb bejaht, weil dieser Beschluss für die in Anspruch genommene Pachtfläche unmittelbar enteignungsrechtliche Vorwirkung auch hinsichtlich des obligatorischen Rechts am Grundstück entfaltet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April 1998, ebenda; Urteil vom 1. September 1997, a. a.O., juris Rn. 28 und 32 [Klagerecht des Pächters gilt „jedenfalls für den Fall der unmittelbaren Inanspruchnahme einer Pachtfläche“]; vgl. dazu, dass auch obligatorische Nutzungsrechte an Grundstücken Gegenstand der Enteignung sein können: § 2 Abs. 1 Nr. 3 LEnteigG RP). An einer solchen unmittelbaren Wirkung fehlt es hier.

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d) Auch die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung über die Errichtung und den Betrieb der Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Gelände der Bauschuttdeponie vom 15. Oktober 1997 (in Gestalt des Abhilfebescheids vom 23. Januar 1998) ändert nichts daran, dass die Antragstellerin durch die Anordnung vom 11. Juli 2019 nicht unmittelbar in eigenen Rechten betroffen ist.

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Die Sachbezogenheit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. Jarras, a. a. O., § 6 Rn. 4) und der dadurch gegebene Bezug zu den – im Eigentum der Antragstellerin stehenden – Anlagenteilen ändert nichts daran, dass sich die Anordnung vom 11. Juli 2019 allein gegen die Beigeladene als Anlagenbetreiberin richtet und sich allenfalls mittelbare Folgewirkungen für das zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen bestehende Rechtsverhältnis ergeben.

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2. Mangels unmittelbarer Betroffenheit scheidet auch die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) durch die angefochtene Anordnung offensichtlich aus.

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Im Übrigen stellt es kein widersprüchliches, allein von der Absicht der Benachteiligung der Antragstellerin getragenes Gebrauchmachen von der immissionsschutzrechtlichen Eingriffsermächtigung dar, wenn sich der Antragsgegner auf die Inanspruchnahme der Beigeladenen beschränkt hat, ohne zugleich vollzugserleichternde Verfügungen auch gegenüber der Antragstellerin erlassen zu haben. Denn diese Vorgehensweise hatte sich in der Vergangenheit bislang als ausreichend erwiesen. So hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, die Durchsatzleistung der Bauschuttaufbereitungsanlage im Anschluss an die Anordnung des Antragsgegners gegenüber der Beigeladenen vom 9. April 2013 reduziert zu haben (vgl. Seite 13 der Beschwerdebegründung vom 20. September 2019, Bl. 1111 GA).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie durch ihre Antragstellung ihrerseits ein Kostenrisiko eingegangen ist (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.

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