Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 C 11423/19.OVG
Tenor
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan BS 1 „Östlich der L.straße“ der Antragsgegnerin, und zwar insbesondere gegen die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche im Südosten des insgesamt 5.600 m² großen Plangebiets. Zum besseren Verständnis wird auf die nachfolgende Kopie der Planzeichnung verwiesen:
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Der Bebauungsplan ist Teil bauleitplanerischer Regelungen zur Umsetzung der im Jahr 1972 beschlossenen Sanierungssatzung „A.straße-M.straße-B.straße-C.straße-I.straße“. Das Gebiet des Bebauungsplans BS 1 liegt am östlichen Rand des Sanierungsgebiets entlang der Bahnstrecke Saarbrücken – Koblenz und der südlich verlaufenden A.straße mit innerstädtischer Verbindungsfunktion.
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Das jetzige Plangebiet war bereits Gegenstand des 1987 als Satzung beschlossenen und 1995 rückwirkend in Kraft gesetzten Bebauungsplans BS 2. In diesem Plan war die Fläche zwischen der L.straße im Westen und der B.straße im Norden und Osten als Mischgebiet überplant worden, mit der Festsetzung eines Baufensters im Südwesten sowie eines – vorhandene Wohngebäude überplanenden - Baufensters im Nordosten. Im Süden der Bestandsgebäude war ein Kinderspielplatz vorgesehen. Im Übrigen war das Plangebiet als private Grünfläche mit dem Zusatz „Betriebsverlagerung Erwerbsgärtnerei“ festgesetzt.
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Im Jahr 1998 wurde im Bereich des südwestlichen Baufensters ein Gärtnereigebäude errichtet, in das ein früher in der B.straße Nr. 17 ansässiger Betrieb verlagert wurde. Auf dessen Einwendung, die Errichtung des Kinderspielplatzes sei mit dem Gartenbaubetrieb wegen zu erwartender Glasbrüche bei den Gewächshäusern unvereinbar, entschloss sich die Antragsgegnerin, diesen Spielplatzstandort aufzugeben.
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Im Dezember 1998 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan „BS 2 – 1. Änderung A – F, A.straße, M.straße“ als Satzung. Für den – mit dem Gebiet des Bebauungsplans BS 44 weitgehend identischen – Änderungsbereich A blieb es im Wesentlichen bei den bisherigen Festsetzungen: Es wurden lediglich die Festsetzung des Kinderspielplatzes aufgegeben, die Baufenster im Südwesten und Nordosten geringfügig erweitert sowie Stellplätze im Norden festgesetzt; die Festsetzung der „privaten Grünfläche“ blieb aufrechterhalten, nunmehr ohne den erwähnten Zusatz „Betriebsverlagerung Erwerbsgärtnerei“.
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Der Betrieb der Gärtnerei wurde im Jahr 2012 wieder aufgegeben. Im Dezember 2014 erwarb einer der Gesellschafter der Antragstellerin das Gärtnereigrundstück (ursprünglich bestehend aus den Flurstücken Nrn. 461/10, 461/11 und 461/12, nunmehr Flurstück Nr. 461/13). Die im Südosten des Plangebiets gelegenen Kleinstparzellen standen im Eigentum verschiedener Eigentümer. Der südlich gelegene Streifen der Kleinstparzellen (Flurstück-Nrn. 2079/467, 2080/468, 2081/468 und 2082/469) wurde von der Antragstellerin erworben. Den mittleren Streifen von Kleinparzellen mit den Flurstück-Nrn. 2075/466, 2076/467, 2077/468 und 2078/468 hat deren Gesellschafter W. im Anschluss an einen sanierungsrechtlichen Rechtsstreit - 5 K 9033/17.TR / 8 A 11055/18.OVG - erworben. Den nördlichen Streifen der Kleinstparzellen, bestehend aus den Flurstücken Nrn. 2070/465, 2071/466, 2072/467, 2073/468 sowie 2074/468, hat mittlerweile die Antragsgegnerin zu Eigentum erworben.
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Für das im Nordwesten des Plangebiets gelegene ursprüngliche Flurstück Nr. 461/11 stellte der Gesellschafter W. der Antragstellerin im November 2014 eine Bauvoranfrage hinsichtlich der Zulässigkeit der Errichtung eines Wohngebäudes entsprechend dem schräg gegenüber gelegenen Mehrfamilienhaus B.straße Nr. 22. Die Antragsgegnerin lehnte die Bauvoranfrage mit Bescheid vom Januar 2015 mit der Begründung ab, dass das Vorhaben in der festgesetzten privaten Grünfläche unzulässig sei. Auf die daraufhin erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin mit Urteil vom 21. Oktober 2015 – 5 K 1441/15.TR –, die Bauvoranfrage positiv zu bescheiden. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Das Bauvorhaben sei nach § 34 BauGB zulässig. Die Festsetzung einer privaten Grünfläche im Bebauungsplan BS 33 – 1. Änderung – stehe ihm nicht entgegen. Denn für diese Festsetzung, verbunden mit dem konkludent enthaltenen Verwendungszweck „Erwerbsgärtnerei“, fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB. Die Festsetzung einer privaten Grünfläche sei zudem abwägungsfehlerhaft, weil der Ausschluss jeglicher Bebauungsmöglichkeiten die Interessen des Grundstückseigentümers unverhältnismäßig einschränke.
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Am 11. April 2018 erhielt die Antragstellerin auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs vom 5. April 2017 die Baugenehmigung zur Errichtung von drei Mehrfamilienhäusern entlang der L.straße.
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Bereits am 12. Mai 2016 hatte die Antragsgegnerin den Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans BS 1 gefasst und zur Begründung ausgeführt: Das Gebiet habe nach dem Wegfall der Gärtnerei das Potential für eine Nachverdichtung mit Wohnbebauung. Die Planung stehe im Zusammenhang mit dem bereits 2008 eingeleiteten Bebauungsplanverfahren BH 3 „Neutrassierung A.straße/ D.straße“. Beabsichtigt sei eine durchgehende Blockrandbebauung.
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Gegenstand der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange im August 2018 war ein Planentwurf, der ein durchgehendes Baufenster von der B.straße im Norden entlang der L.straße bis zum südöstlichen Bereich des Plangebiets und dann nach Norden bis in die Nähe der Bestandsbebauung im Nordosten vorsah (Bl. 103 der Behördenakte). Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Planung sei erforderlich, weil die Gärtnerei 2012 aufgegeben worden sei. Die derzeit brachliegenden Grundstücke seien von einem privaten Investor zur Errichtung von Wohnbauten erworben worden. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung allein auf der Grundlage von § 34 BauGB sei nicht sichergestellt. Das Gebiet sei erheblichen Verkehrslärmbelastungen seitens der A.straße (60 bis 65 dB(A)) und der Schienentrasse (70 bis 75 dB(A)) ausgesetzt. Das Plangebiet liege im stadtklimatisch bedeutsamen Taleinschnitt des A.bachs, der die Eigenschaft einer Kaltluftleitbahn vom Höhenzug … Wald ins Moseltal habe. Das städtebauliche Konzept gehe dahin, eine Blockrandbebauung durch straßenbegleitende Baufenster vorzusehen. Hierdurch sollten die Freiflächen und Aufenthaltsbereiche an der Blockinnenseite vor Schallimmissionen weitgehend abgeschirmt werden.
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Gegenstand der Offenlage im Mai/Juni 2019 war ein abgeänderter Entwurf, der mit dem später als Satzung beschlossenen Entwurf weitgehend übereinstimmt. Danach ist nur noch ein neues Baufenster von der B.straße im Norden und entlang der L.straße bis zum Südwesten des Plangebiets vorgesehen, daneben noch ein Baufenster, das den Baubestand im Nordosten des Plangebiets überplant. Die Kleinstparzellen im Südosten des Plangebiets werden nunmehr als öffentliche Grünfläche festgesetzt.
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In der Vorlage zur Ratssitzung am 9. September 2019 wird in Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Antragstellerin ausgeführt: Es handele sich um einen Bebauungsplan der Innenentwicklung, da der Plan BS 1 im Vergleich zum Plan BS 2 – 1. Änderung – eine Nachverdichtung mit Wohnraum bewirke. Die ursprünglich beabsichtigte Blockrandbebauung im Südosten sei wegen der extremen Lärmbeeinträchtigung aufgegeben worden. Die von einem Lärmsachverständigen untersuchte Errichtung einer 4 m hohen Lärmschutzwand entlang der Bahn könne im Moment nicht projektiert werden, weil die Planung für den Regionalbahnhaltepunkt noch nicht voraussehbar sei. Die Errichtung einer solchen Lärmschutzwand sei auch wegen des schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses nicht zu befürworten. In der Abwägung hierzu gewönnen das Freiflächenpotential für die Kaltluftzufuhr sowie die Trittsteinfunktion der Fläche ein höheres Gewicht. Durch die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche im Südosten des Plangebiets werde auch kein bislang bestehender Bauanspruch aufgehoben. Die Inzidentverwerfung durch das Verwaltungsgericht habe nur das Grundstück der Erwerbsgärtnerei betroffen, hingegen nicht die Festsetzung der privaten Grünfläche im südöstlichen Plangebiet.
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Der Rat der Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan am 9. September 2019 als Satzung beschlossen; die Ausfertigung erfolgte am 10. September 2019, die ortsübliche Bekanntmachung am 17. September 2019.
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In den textlichen Festsetzungen werden zum Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen Anforderungen an die Luftschalldämmung von Außenbauteilen sowie die Verpflichtung zur Einrichtung von Lüftungsanlagen für Schlafräume ebenso festgesetzt wie die Unzulässigkeit von Fenstern für Schlaf- und Kinderzimmer ab dem 1. Obergeschoss an den nördlichen und östlichen Fassadenwänden. Der Bebauungsplan weist das Bauland als allgemeines Wohngebiet aus, südlich davon schließt sich die öffentliche Grünfläche an. Die B.straße einschließlich eines Wendeplatzes im Südosten des Plangebiets wird als Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung festgesetzt.
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Zur Begründung des Bebauungsplans wird ausgeführt: Anlass für die Planung seien die Planvorstellungen eines Investors im Anschluss an die Aufgabe der Gärtnerei. Diese Planungen hätten städtebauliches Gewicht. An der bisherigen Ausweisung eines Mischgebiets solle zugunsten einer Wohngebietsausweisung nicht mehr festgehalten werden. Durch die abgeänderte Planung mit der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche im südöstlichen Plangebiet solle der Biotopfunktion im Sinne einer Biotopinsel am stadtgebietsbedeutsamen Grünzug und der Vermeidung eines Kaltluftstaus an dem regional bedeutsamen Kaltluftstrom Vorrang gegenüber einer abrundenden Bebauung in der südöstlichen Plangebietsfläche gegeben werden. Hierfür sprächen auch die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung, die Stellungnahme der Bodenarchäologie zum Grabungsschutzvorbehalt in dem Gebiet und die aktuelle Verkehrsplanung zum Ausbau der A.straße. Das Gebiet sei extrem hohen Lärmpegeln ausgesetzt. Die vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen erforderten einen erheblichen Aufwand zum passiven Schallschutz, ohne dass die gewünschte Abschirmung von Außenwohnbereichen an der Blockinnenseite zu erwarten sei. Denn sowohl zum Baubestand im Nordosten des Plangebiets als auch zu den genehmigten Mehrfamilienhäusern entlang der L.- und A.straße müssten Abstände eingehalten werden.
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Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihrer gegen den Bebauungsplan BS 1 erhobenen Normenkontrolle im Wesentlichen vor: Der Bebauungsplan sei bereits formell rechtswidrig. Denn er hätte nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen. Es handele sich schon nicht um einen Bebauungsplan, der neue Bauflächen im Innenbereich entwickele. Vielmehr würden lediglich Flächen mit einem schon vorhandenen Baubestand bzw. mit hierfür erteilter Baugenehmigung überplant. Jedenfalls sei das beschleunigte Verfahren deshalb ausgeschlossen, weil der Bebauungsplan die Zulässigkeit von Straßenbauvorhaben begründe, für die eine Pflicht zur Umweltverträglichkeits-Vorprüfung bestehe. Dieser Prüfungspflicht sei die Antragsgegnerin unzureichend nachgekommen. Jedenfalls fehle die Dokumentation über die Durchführung der Vorprüfung sowie die Bekanntgabe des Ergebnisses. Wegen der Unzulässigkeit des beschleunigten Verfahrens sei auch die Bekanntmachung zur Offenlage des Planentwurfs fehlerhaft. Schließlich sei die Ermittlung und Bewertung der abwägungsbeachtlichen Belange fehlerhaft. Insbesondere die Eigentümerbelange seien unvollständig ermittelt worden. Es fehle eine sorgfältige Bestandsanalyse, in welchem Umfang durch die Planung in bestehende Baurechte eingegriffen werde. Vor allem fehle es an einer Ermittlung der im Bereich der festgesetzten öffentlichen Grünfläche zuvor bestehenden Baurechte. In der Sache fehle es an der städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung. Angesichts des vorhandenen Baubestandes im Nordosten des Plangebiets und der bestandskräftigen Baugenehmigung für den westlichen Teil sei eine geordnete städtebauliche Entwicklung ohne Weiteres in Anwendung von § 34 BauGB steuerbar. Ferner handele es sich bei der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche um eine reine Verhinderungsplanung. Die für die Planung angeführten Gründe der Stärkung der Grünvernetzung sowie die stadtklimatischen Aspekte seien vorgeschoben; die Ausgangssituation habe sich insofern gegenüber dem ursprünglichen Planentwurf nicht geändert. Zudem sei die mögliche Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht hinreichend aufgeklärt worden. Schließlich sei die Abwägung insbesondere im Hinblick auf ihre Eigentümerinteressen fehlerhaft. Die Entscheidung darüber, ob der Aufwand für Schallschutzmaßnahmen zumutbar sei, sei allein Sache des Eigentümers. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die von dem Lärmsachverständigen vorgeschlagene Lärmschutzwand nicht projektierbar sei; die Unverhältnismäßigkeit der dadurch entstehenden Kosten werde nicht dargelegt. Insgesamt habe die Antragsgegnerin dem Belang der Wohnraumbeschaffung unzureichend Rechnung getragen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan BS 1 „Östlich der L.straße“ der Antragsgegnerin vom 9. September 2019 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Bebauungsplan leide weder an formell- noch an materiell-rechtlichen Mängeln. Es handele sich um einen Bebauungsplan der Innenentwicklung, denn das Plangebiet liege im Innenbereich. Das beschleunigte Verfahren sei nicht ausgeschlossen. Die UVP-Pflicht sei bei einer gutachterlichen Begehung zu den Planungsverfahren BH 3 und BS 1 am 10. April 2018 geprüft und unter Anwendung der Kriterien gemäß Anlage 3 zum UVPG verneint worden. Die Abwägungsbelange seien zutreffend ermittelt und bewertet worden. Durch die Festsetzung der öffentlichen Grünfläche würden keine Baurechte genommen. Die Planung sei städtebaulich erforderlich und abwägungsfehlerfrei beschlossen worden. Im Interesse der Antragstellerin sei zunächst durchaus eine weitergehende (Blockrand-)Bebauung erwogen worden, dies aber nach weiteren Ermittlungen insbesondere zu der extremen Lärmbelastung aufgegeben worden. Die vorgeschlagene Errichtung einer Lärmschutzwand entlang der Bahntrasse habe man wegen der sehr hohen Kosten und der sinnvollerweise vorzunehmenden Einbindung dieser Maßnahme in die zukünftige Planung für den Regionalbahnhaltepunkt nicht weiterverfolgt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Normenkontrolle hat keinen Erfolg.
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Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist als Eigentümerin von Grundstücken im Plangebiet antragsbefugt. Die Jahresfrist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
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I. Der Bebauungsplan ist zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
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1. Die Voraussetzungen für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens mit den sich daraus ergebenden Verfahrenserleichterungen liegen vor.
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Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, soweit der Schwellenwert nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB (20.000 m² zulässige Grundfläche) unterschritten wird und auch keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des Schutzzwecks von Natura 2000-Gebieten vorliegen (§ 13a Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe B BauGB), was hier beides zu bejahen ist.
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a) Bei dem Bebauungsplan BS 1 handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenentwicklung im Sinne von § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB.
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Diese Einordnung hat zur Folge, dass von der frühzeitigen Beteiligung von Behörden und Öffentlichkeit abgesehen werden kann (§ 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BauGB), dass eine Umweltprüfung mit Umweltbericht nicht notwendig ist (§ 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB), dass der Bebauungsplan abweichend von den Darstellungen des Flächennutzungsplans aufgestellt werden kann, sofern die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt wird (§ 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB) und dass die Ausgleichspflicht für naturschutzrechtliche Eingriffe nicht besteht, weil die infolge des Bebauungsplans zu erwartenden Eingriffe als vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig gelten (§ 13a Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB).
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Für die Annahme eines Bebauungsplans der Innenentwicklung spricht die Lage des Plangebietes innerhalb des Siedlungsbereichs der Stadt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Innenentwicklung soll der räumliche Anwendungsbereich von § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB gegenüber Bebauungsplänen abgegrenzt werden, die bisherige Außenbereichsgrundstücke in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2015 – 4 CN 9.14 –, BVerwGE 153, 174, Rn. 23 und 25). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die Verfahrenserleichterung gemäß § 13a BauGB insbesondere für im Zusammenhang bebaute Ortsteile i.S.v. § 34 BauGB gelten, aber auch für innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche brachgefallene Flächen sowie innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Gebiete mit einem Bebauungsplan, der infolge notwendiger Anpassungsmaßnahmen geändert oder abgelöst werden soll (vgl. BT-Drs. 16/2496, S. 12). Diese alternativen Voraussetzungen sind hier mehrfach erfüllt.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Anwendung des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB nicht auf Bebauungspläne beschränkt, die zusätzliche Bebauungsmöglichkeiten schaffen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 2014 – 2 D 89/13.NE –, BauR 2015, 1095 und juris, LS 1 und Rn. 36; OVG Nds., Urteil vom 14. Mai 2019 – 1 KN 14/17 –, juris, Rn. 41; OVG RP, Urteil vom 24. Juni 2020 – 8 C 11632/19.OVG –, juris, Rn. 28 f.; Heyn, BauR 2020, 1093 [1094 m.w.N.]; a.A.: VGH BW, Urteil vom 7. Mai 2018 – 3 S 2041/17 –, BRS 86 Nr. 29 und juris Rn. 36 – Fehler unbeachtlich, Rn. 40 ff –; zustimmend: Kerkmann, EurUP 2019, 206 [210]).
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Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Begriff der „anderen Maßnahmen der Innenentwicklung“ weiter zu verstehen als der zuvor erwähnte Begriff der „Nachverdichtung“. Auch nach den Motiven des Gesetzgebers dient der Begriff der Innenentwicklung in erster Linie der räumlichen Abgrenzung zu „Bebauungsplänen, die gezielt Flächen außerhalb der Ortslage einer Bebauung zuführen.“ Wörtlich heißt es weiter: „Bebauungspläne der Innenentwicklung erfassen damit solche Planungen, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 4)“ (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/2496, S. 12). Zwar hat der Gesetzgeber mit diesem Planungsinstrument in Anknüpfung an die Bodenschutzklausel in § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB gerade auch das Ziel verfolgt, die im Innenbereich „vorhandenen Potentiale“ besser auszuschöpfen, um dadurch die Neuinanspruchnahme von Flächen weiter zu verringern (BT-Drs. 16/2496, S. 9 und 12). Mit dem beschleunigten Verfahren und den damit verbundenen Verfahrenserleichterungen sollte ein Anreiz dafür gesetzt werden, dass die Gemeinden von einer Überplanung und Zersiedelung des Außenbereichs absehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2015, a.a.O., Rn. 24; auch: OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2019 – 8 C 11387/18.OVG –, BauR 2019, 922 und juris, Rn. 28). Dies ändert indes nichts daran, dass Bebauungspläne der Innenentwicklung nach den gesetzgeberischen Motiven auch Planungen umfassen können, die lediglich der „Erhaltung und Anpassung vorhandener Ortsteile“ dienen. Gerade in solchen Fällen ist es angezeigt, auf die im Regelverfahren gebotene förmliche Umweltprüfung zu verzichten, da bei bestandserhaltenden Plänen in aller Regel nicht mit zusätzlichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist (vgl. zu diesem Aspekt: BT-Drs. 16/2496, S. 9). Wollte man Überplanungen von Innerortslagen, die eher auf die Bewahrung als auf eine Veränderung der vorhandenen Situation abzielen, vom Anwendungsbereich des § 13a BauGB ausnehmen (so: VGH BW, a.a.O., juris Rn. 36; Kerkmann, EurUP 2019, 206 [210]), würden sie ohne rechtfertigenden Grund einer strengeren Prüfung von Umweltbelangen unterworfen, obwohl sie im Vergleich zu einem Bebauungsplan der Nachverdichtung eine geringere Umweltbetroffenheit auslösen.
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Im Übrigen erweitert der Bebauungsplan BS 1 durchaus die bislang nach dem Bebauungsplan BS 2 – 1. Änderung – eröffneten Bebauungsmöglichkeiten, indem er das bisherige Baufenster im Südwesten des Plangebiets deutlich nach Norden erweitert und auch das Baufenster im Nordosten nach Osten hin vergrößert wird. Dass für das neue Baufenster entlang der L.straße während des Planaufstellungsverfahrens bereits eine Baugenehmigung für die Errichtung von 3 Mehrfamilienhäusern erteilt worden ist, ändert nichts daran, dass der Bebauungsplan BS 1 eine bauleitplanerische Absicherung dieses Bauvorhabens bewirkt (vgl. hierzu: OVG NRW, a.a.O., juris, Rn. 36).
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Schließlich wäre eine fehlerhafte Anwendung des Begriffs „Bebauungsplan der Innenentwicklung“ durch die Antragsgegnerin unbeachtlich. Für sich genommen stellt die hierdurch begründete Aufstellung des Bebauungsplans in der falschen Verfahrensart keinen nach § 214 BauGB relevanten Fehler dar. Allerdings führt die Missachtung des Regelverfahrens zu Folgefehlern im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung (Begründung des Planentwurfs ohne Umweltbericht, fehlender Hinweis auf umweltbezogene Informationen bei der Offenlagebekanntmachung) und bei der Begründung des Bebauungsplans (ohne Umweltbericht), die ihrerseits nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 BauGB grundsätzlich beachtlich sind. Zugunsten der Antragsgegnerin würde indes die interne Unbeachtlichkeitsklausel gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. g) BauGB greifen, weil von ihr die Voraussetzungen für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB allenfalls „verkannt worden“ wären und eine EU-rechtliche Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung hier nicht ersichtlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. August 2009 – 4 CN 4.08 –, NVwZ 2009, 1289 und juris Rn. 22 ff; Urteil vom 4. November 2015 – 4 CN 9/14 –, BVerwGE 153, 174, Rn. 30; VGH BW, Urteil vom 7. Mai 2018, a.a.O., juris, Rn. 40 ff.).
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b) Die Anwendung des beschleunigten Verfahrens war auch nicht gemäß § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB ausgeschlossen.
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Dies ist nach dieser Vorschrift der Fall, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) oder nach Landesrecht unterliegen. Da die Voraussetzungen für die Zulässigkeitsbegründung eines strikt UVP-pflichtigen Vorhabens ersichtlich nicht vorliegen, kommt ein Ausschluss des beschleunigten Verfahrens allenfalls in Betracht, wenn eine vorgeschriebene UVP-Vorprüfung die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 CN 4/16 -, BauR 2017, 830 und juris, Rn. 28 – Vorprüfungspflicht allein entfaltet keine Ausschlusswirkung -).
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Die Antragstellerin stützt eine Vorprüfungspflicht für den Bebauungsplan BS 1 auf § 3 Abs. 1 Satz 2 LUVPG i.V.m. Nr. 3.5 der Anlage 1 zum LUVPG. Danach unterliegt der „Bau einer öffentlichen Straße nach § 3 LStrG“ (also auch einer Gemeindestraße) der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG. Das Erfordernis der „Zulässigkeitsbegründung von Vorhaben“ i.S.v. § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB liegt vor, weil es für die Umsetzung der Verkehrsflächenplanung keiner weiteren Zulassung bedarf (vgl. § 5 Abs. 5 LStrG). Zumindest für den Bereich des Verkehrswendeplatzes im Süden des Plangebiets handelt es sich auch um die Planung für den Neubau einer öffentlichen Straße.
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Die Ausschlusswirkung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB ist aber deshalb nicht eingetreten, weil die Antragsgegnerin nach Durchführung der vorgeschriebenen allgemeinen Vorprüfung gerade nicht zum Ergebnis gekommen ist, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG, vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 13a, Rn. 22). Wie sich der Fehlerfolgenregelung in § 214 Abs. 2a Nr. 4 BauGB entnehmen lässt, verbietet sich die Durchführung des beschleunigten Verfahrens zwar auch dann, wenn die Verneinung der UVP-Pflicht nach dem Ergebnis der Vorprüfung nicht nachvollziehbar ist, ferner – erst recht – dann, wenn die Gemeinde von der gebotenen Vorprüfung gänzlich abgesehen hat. Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor.
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Denn die Antragsgegnerin hat ausweislich des vorgelegten Aktenvermerks zum Ortstermin vom 10. April 2018 (Bl. 65 der Gerichtsakte) auch wegen der „Verkehrsflächen-Festsetzungen im BS 1“ eine UVP-Vorprüfung durchgeführt. Das Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung deshalb nicht notwendig sei, weil wegen der bereits weitgehend bestehenden Verkehrsflächen keine Anhaltspunkte für zusätzliche erhebliche Umweltauswirkungen bestünden, ist ohne Weiteres nachvollziehbar im Sinne von § 214 Abs. 2a Nr. 4 BauGB. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass der Bundesgesetzgeber die Ausweisung von Baugebieten bis zu einem Schwellenwert von 20.000 m² zulässiger Grundfläche in Anknüpfung an Art. 3 Abs. 3 und Abs. 5 der Plan-UP-Richtlinie 2001/42/EG pauschal von der Pflicht zur Umweltprüfung ausgenommen hat und hierbei Umwelteinwirkungen durch die mit der Ausweisung von Bauflächen notwendig verbundenen Verkehrsflächen „mitgedacht“ hat (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 4 CN 4/16 -, a.a.O., juris, Rn. 25 - Nichtanrechnung der Fläche eines festgesetzten Fußgängerbereichs nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BauGB -).
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Über diese inhaltlichen Kriterien hinaus verlangt weder § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB noch die Fehlerfolgenregelung in § 214 Abs. 2a Nr. 4 BauGB die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorgaben wie etwa die Dokumentation des Ergebnisses einer UVP-Vorprüfung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber (vgl. Rieger, a.a.O., § 13a, Rn. 25; Gierke/Scharmer, in: Brügelmann, BauGB, 108. Lfg. 2018, § 13a, Rn. 150). Die Ausschlussregelung in § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB unterscheidet sich daher von der in § 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB vorgeschriebenen „Vorprüfung des Einzelfalls“ bei Bebauungsplänen mit einer festgesetzten Grundfläche zwischen 20.000 m² und 70.000 m². Denn hierfür wird - verfahrensrechtlich – einmal die Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange (§ 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 BauGB) und zum anderen die Bekanntmachung der wesentlichen Gründe für das Absehen von der Umweltprüfung bei Aufstellung des Bebauungsplans (§ 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) vorgeschrieben, mit entsprechender Fehlerbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2a Nr. 3 BauGB. Die von der Antragstellerin für die geforderten verfahrensrechtlichen Anforderungen in Anspruch genommenen Vorschriften in § 7 Abs. 7 UVPG (Dokumentation) und § 5 Abs. 2 UVPG (Veröffentlichung) – jeweils in Verbindung mit der Verweisungsnorm in § 4 Abs. 1 Satz 1 LUVPG – gelten unmittelbar nur für die UVP-Vorprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Vorhabenzulassung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LUVPG, § 4 UVPG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 LUVPG).
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Im Hinblick auf die Ausschlussregelung in § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB ist nach § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB lediglich bei Aufstellung des Bebauungsplans ortsüblich bekannt zu machen, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung aufgestellt werden soll. Dies ist hier geschehen (vgl. die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses am 17. Mai 2016, Bl. 12 der Planaufstellungsunterlagen). In der Kommentarliteratur wird festgestellt, dass die UVP-Vorprüfung nach § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB nicht formgebunden ist (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 137. EL 2020, § 214, Rn. 129 h); zwecks Sicherstellung der Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses wird allerdings empfohlen, dieses – etwa in der Begründung des Bebauungsplans – zu dokumentieren (so: Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 137. EL 2020, § 13a, Rn. 59). Letzteres ist hier unter Ziffer 3 der Plan- bzw. Planentwurfsbegründung unter der Überschrift „Verfahrenshinweise“ geschehen. Darin heißt es, dass von der Umweltprüfung abgesehen worden sei, weil „keine Vorhaben zugelassen werden sollen, die der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen“ (vgl. etwa S. 18 der Planbegründung, Bl. 361 der Planaufstellungsunterlagen). Dass die ausführlichere Begründung zur UVP-Vorprüfung im Vermerk zum Ortstermin vom 10. April 2018 nicht Inhalt der Planaufstellungsunterlagen zum Bebauungsplan BS 1 geworden ist, begründet vor diesem Hintergrund keinen beachtlichen Rechtsfehler des Bebauungsplans. Wie die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erläutert haben, ist dieser Vermerk für die beiden Planungsverfahren BH 3 und BS 1 von einem hierfür speziell beauftragten (dritten) Sachbearbeiter verfasst und dann lediglich den Unterlagen zum Verfahren BH 3 zugeordnet worden. Dass diese Vorprüfung noch vor Einleitung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden und in dem zitierten Aktenvermerk dokumentiert, also nicht lediglich später nachgeschoben worden ist, wird auch von der Antragstellerin nicht bestritten.
- 43
2. Die Bekanntmachung zur Offenlage des Planentwurfs ist rechtlich deshalb nicht zu beanstanden, weil Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar waren (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB), im beschleunigten Verfahren nicht notwendig sind (§ 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
- 44
II. Der Bebauungsplan verstößt auch in materiell- und abwägungsrechtlicher Hinsicht nicht gegen höherrangiges Recht.
- 45
1. Der Bebauungsplan erfüllt zunächst die Anforderungen an die städtebauliche Erforderlichkeit.
- 46
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen Bebauungspläne nur aufgestellt werden, soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Das ist dann der Fall, wenn die Pläne nach der planerischen Konzeption der Gemeinde als erforderlich angesehen werden können, weil sie „objektiv vernünftigerweise geboten sind“. Ein Bebauungsplan bedarf somit einer Rechtfertigung durch städtebauliche Gründe. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5.14 –, BauR 2015, 268 und juris, Rn. 16; Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15/99 –, NVwZ 1999, 1338). Diesen Anforderungen wird hier genügt.
- 47
Die städtebauliche Erforderlichkeit des Bebauungsplans BS 1 ist schon deshalb zu bejahen, weil die aktuellen Ziele der Antragsgegnerin einerseits von den Festsetzungen des bislang gültigen Bebauungsplans BS 2 – 1. Änderung – und andererseits von den Planungsvorstellungen der Antragstellerin abweichen. So sollen einerseits die Baufenster im Westen des Plangebiets gegenüber dem Bebauungsplan BS 2 – 1. Änderung – erweitert werden. Andererseits will die Antragsgegnerin für den Südosten des Plangebiets eine öffentliche Grünfläche festsetzen und damit Bauwünschen unter etwaiger Berufung auf § 34 BauGB von vornherein und eindeutig entgegentreten.
- 48
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich bei dem Bebauungsplan BS 1 auch nicht um eine unzulässige reine Negativplanung. Dies gilt insbesondere für die von der Antragstellerin angegriffene Festsetzung der öffentlichen Grünfläche.
- 49
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB darf die Planungskonzeption nicht auf die bloße Verhinderung beschränkt sein. Vielmehr muss sich der gewollte Nutzungsausschluss als Konsequenz aus den positiven Planungszielen ergeben. Für die Abgrenzung von Verhinderungsplanung und positiver Planungskonzeption ist letztlich entscheidend, ob die geplante „Festsetzung in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung … gewollt und erforderlich ist“. Sie darf nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Ob die geplante Festsetzung dem wahren Willen der Gemeinde entspricht, lässt sich nur anhand aller konkreten Umstände des Einzelfalles beantworten (zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 NB 8/90 –, NVwZ 1991, 875 und juris, Rn. 16 f.). Wie das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, kann einer Planung selbst dann nicht der Vorwurf einer „reinen Negativplanung“ gemacht werden, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter baulicher Nutzungen besteht, sofern der damit auch verfolgte positive Zweck – etwa die Bewahrung einer vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzung aus landespflegerischen Gründen – dem wahren planerischen Willen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990, a.a.O., Leitsatz und juris, Rn. 17).
- 50
Die Antragsgegnerin verfolgt mit der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche das positive Ziel, die Fläche im Südosten des Plangebiets als „Biotopinsel am stadtgebietsbedeutsamen Grünzug“ und zur „Vermeidung eines Kaltluftstaus an dem regional bedeutsamen Kaltluftstrom“ zu überplanen (vgl. S. 35 der Planbegründung, Bl. 378 der Planaufstellungsunterlagen). Diese Ziele sind nicht deshalb bloß vorgeschoben, weil die Antragsgegnerin ursprünglich an dieser Stelle eine Blockrandbebauung erwogen hatte, und zwar durchaus in Kenntnis der ökologischen Bedeutung dieses Gebiets. Gerade die stadtklimatische Bedeutung des bislang unbebauten südlichen Teils des Plangebiets ist durch die Stadtklimaanalyse belegt (vgl. S. 16 f der Planbegründung, Bl. 359 f der Planaufstellungsakten). Dass die Beeinträchtigung des Kaltluftstroms im Falle der Bebauung des Geländes kein Ausschlusskriterium, sondern nur einen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Belang darstellt, rechtfertigt es nicht, dessen Höhergewichtung im Laufe des Planungsprozesses als illegitime und rein vorgeschobene Zielsetzung zu bewerten.
- 51
2. Der Bebauungsplan BS 44 genügt auch den Anforderungen des Abwägungsgebots.
- 52
Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB sowie – materiell-rechtlich – aus § 1 Abs. 7 BauGB; das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2016 – 4 CN 2.16 –, BVerwGE 156, 336, Rn. 12 m.w.N.). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des Einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines Anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1969 – 4 C 105.66 –, BVerwGE 34, 301 [308 f.] und vom 5. Juli 1974 – IV C 50.72 –, BVerwGE 45, 309 [315]).
- 53
Die für eine Bauleitplanung angeführten Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen. Denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentum gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2016, a.a.O., Rn. 12). Das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG umfasst neben der Substanz des Eigentums auch die Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss daher von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange beachtet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2017 – 4 BN 25.16 –, ZfBR 2017, 589 und juris, Rn. 5 m.w.N.; Beschluss vom 1. August 2019 – 4 BN 40.19 –, juris, Rn. 5 m.w.N.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. September 2011 – 1 BvR 2232/10 –, BauR 2012, 63 und juris, Rn. 35 m.w.N.). Schränkt die Bauleitplanung der Gemeinde bestehende Baurechte ein, muss sie diese Tatsache und den möglichen Umfang hierfür zu leistender Entschädigungen in die Abwägung einstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2016, a.a.O., Rn. 12).
- 54
a) Zunächst hat die Antragsgegnerin die abwägungsbeachtlichen Belange fehlerfrei ermittelt und bewertet (§ 2 Abs. 3 BauGB).
- 55
(1) Die Antragsgegnerin hat sich ein ausreichendes Bild über die im Plangebiet bislang bestehenden Baurechte verschafft.
- 56
Sie ist insbesondere für den nunmehr als öffentliche Grünfläche überplanten Bereich zu Recht davon ausgegangen, dass dort eine Bebauung mit Wohngebäuden auch bislang bauplanungsrechtlich unzulässig, weil unvereinbar mit der Festsetzung im Bebauungsplan BS 2 – 1. Änderung – zur privaten Grünfläche war. Denn eine solche Festsetzung schließt die Errichtung baulicher Anlagen grundsätzlich aus.
- 57
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Trier im Urteil im 21. Oktober 2015 – 5 K 1441/15.TR – hält der Senat die Festsetzung der privaten Grünfläche im Bebauungsplan BS 2 – 1. Änderung – für insgesamt wirksam. So fehlen bereits hinreichende Anhaltspunkte dafür, die lediglich im Bebauungsplan BS 2 enthaltene Bestimmung des Verwendungszwecks „Betriebsverlagerung Erwerbsgärtnerei“ sei auch Inhalt des Bebauungsplans BS 2 – 1. Änderung – geworden. Aber selbst wenn man einen solchen Zusatz mit dem Verwaltungsgericht in die Festsetzung zur privaten Grünfläche in diesem Bebauungsplan hineinlesen wollte, wäre die Festsetzung dadurch nicht unwirksam.
- 58
§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ermächtigt die Gemeinde zur Festsetzung von öffentlichen und privaten Grünflächen. Enthält die Festsetzung einer privaten Grünfläche keine Konkretisierung des Nutzungszwecks, erlaubt sie lediglich, eine begrünte Fläche anzulegen und zu unterhalten (vgl. BayVGH, Urteil vom 13. Mai 2008 – 9 N 09.3240 –, BauR 2008, 2009 und juris, Rn. 18; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 137. EL 2020, § 9, Rn. 128 m.w.N.). Ist die Grünflächenfestsetzung hingegen auf einen konkreten Zweck hin angelegt, wie etwa bei den in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB beispielhaft genannten „Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe“, ist dort über die bloße Bepflanzung hinaus auch die Errichtung baulicher Anlagen zulässig, dies allerdings nur, soweit sie dem Nutzungszweck zugeordnet und von ihrem Umfang her untergeordnet sind (vgl. VGH BW, Urteil vom 16. April 2008 – 3 S 1771/07 –, BauR 2009, 611 und juris, Rn. 26; Söfker, a.a.O., § 9, Rn. 124). § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB erlaubt daher keine Grünflächenfestsetzung mit Zweckbestimmung, die zu einer mehr als nur geringfügigen Bebauung führt (vgl. OVG RP, Urteil vom 30. August 2017 – 8 C 11787/16.OVG –, S. 20 d.U.).
- 59
Gemessen daran ist die Festsetzung „private Grünfläche – Erwerbsgärtnerei“ grundsätzlich von der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB gedeckt. Mit ihr wird klargestellt, dass die Fläche zum Anpflanzen von Zier- und Nutzpflanzen genutzt werden darf, darüber hinaus aber auch zur Errichtung baulicher Anlagen, sofern sie dieser Zweckbestimmung räumlich und funktional zu- und untergeordnet sind. Dies erlaubt etwa auch die Errichtung von Gewächshäusern (vgl. VGH BW, a.a.O., juris, Rn. 29). Da die Bestimmung des Verwendungszwecks im vorliegenden Bebauungsplan keine Festlegung zum Umfang der baulichen Anlagen enthält – im Unterschied zu dem vom Verwaltungsgericht zitierten und dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16. April 2008, a.a.O., juris, Rn. 3 zugrundeliegenden Fall (Überbauung der Grünfläche mit Gewächshäusern bis zu 50 %) –, ist sie so zu verstehen, dass sie eine solche bauliche Nutzung nur in einem untergeordneten Umfang erlaubt. Ein solches Verständnis erscheint auch ohne exakte Festlegung des zulässigen Umfangs deshalb praktikabel und vollziehbar, weil für die Hauptgebäude der Gärtnerei eigens ein größeres Baufenster festgesetzt worden war. Deshalb konnte es der Beurteilung im Genehmigungsverfahren überlassen werden, inwiefern sich eine auf der Grünfläche beabsichtigte zusätzliche Bebauung noch als zu- und untergeordnet erweist. Gerade wegen der großzügigen Ausweisung eines Baufensters für die Gärtnerei stellt sich die Festsetzung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Trier im Urteil vom 21. Oktober 2015, S. 18 f d.U., auch nicht als unverhältnismäßige Einschränkung der Eigentümerbelange dar.
- 60
(2) Entgegen der von der Antragstellerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung leidet der Bebauungsplan BS 1 auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem Aufklärungsdefizit.
- 61
Die artenschutzrechtlichen Zugriffs- und Beeinträchtigungsverbote gemäß § 44 BNatSchG entfalten für die Bauleitplanung nur mittelbare Bedeutung, da sie allein auf die Verwirklichungshandlung bezogen sind und daher unmittelbar nur für die Zulassungsentscheidungen (hier für die auf der Grundlage des Bebauungsplans zu erteilenden Baugenehmigungen) gelten. Ein Bebauungsplan erweist sich daher aus Gründen des Artenschutzrechts nur dann wegen fehlender Erforderlichkeit der Planung als unzulässig, wenn seiner Verwirklichung unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 – 4 NB 12.97 –, BauR 1997, 978 und juris Rn. 12 ff.; OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2008 – 8 C 10368/07.OVG –, juris Rn. 26 ff.; Urteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, juris Rn. 56 m.w.N.; Schrödter/Wahlhäuser, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 1 Rn. 405). Dementsprechend bedarf es im Planaufstellungsverfahren lediglich einer Abschätzung durch den Plangeber, ob der Verwirklichung der Planung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände als unüberwindbare Vollzugshindernisse entgegenstehen und ob die Anordnung von Vermeidungs- oder vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen bereits auf der Ebene der Bauleitplanung sinnvoll erscheint (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 – 10 D 21/12 –, BauR 2015, 1785, LS; Gellermann, in: Schrödter, BauGB, a.a.O., § 1a Rn. 181; OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2019 – 8 C 11387/18.OVG –, BauR 2019, 922 und juris Rn. 54).
- 62
Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin hier mit der durchgeführten und auf S. 23 bis 26 der Planbegründung dokumentierten artenschutzrechtlichen Würdigung gerecht geworden. Diese Würdigung befasst sich insbesondere auch mit dem von der Antragstellerin angesprochenen Vorkommen von Mauereidechsen in der Nachbarschaft zum Plangebiet (Bahntrasse und Mauer zum Friedhof …). Ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände bei Verwirklichung der zugelassenen Bauvorhaben tatsächlich verletzt werden, kann endgültig erst im Rahmen der Vorhabenzulassung bzw. der Ausführungsplanung für die Verkehrsflächen beurteilt werden.
- 63
b) Der von der Antragsgegnerin gefundene Ausgleich zwischen den widerstreitenden Belangen steht auch nicht außer Verhältnis zu deren objektivem Gewicht.
- 64
Die Antragsgegnerin hat sich ausführlich mit der zunächst erwogenen Planung einer Blockrandbebauung im Südosten des Plangebiets befasst. Sie hat hierzu die schalltechnische Untersuchung der F. GmbH vom 5. November 2018 eingeholt, die eine hinreichende Grundlage für die Planungsentscheidung darstellt. Danach ergeben sich an den zu den Verkehrswegen (Schiene im Osten und A.straße im Süden) hin orientierten Fassaden einer unterstellten Eckbebauung im Südosten deutliche Überschreitungen der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für ein allgemeines Wohngebiet (55 dB(A) tags, 45 dB(A) nachts). Die von den Gutachtern untersuchte aktive Schallschutzmaßnahme der Errichtung einer 4 m hohen Lärmschutzwand entlang der Bahnstecke ergibt zwar eine Reduzierung der Lärmbeeinträchtigung, ohne allerdings die Orientierungswerte an den östlichen Fassaden einer Eckbebauung einzuhalten (Beurteilungspegel im 1. OG tags 57 dB(A), nachts 58 dB(A) sowie im 2. OG 62 dB(A) tags und 64 dB(A) nachts). Neben passiven Schallschutzmaßnahmen wird daher auch eine Grundrissgestaltung empfohlen, wonach ab dem 2. Obergeschoss keine Fenster von Schlaf- und Kinderzimmern zugelassen werden sollen (vgl. S. 20 des Gutachtens, Bl. 505 der Planaufstellungsunterlagen). Ferner haben die Untersuchungen ergeben, dass bei einer Eckbebauung im Südosten des Plangebiets die Orientierungswerte nach DIN 18005 im Blockinnenbereich nicht vollständig eingehalten werden, und zwar auch trotz Errichtung einer Lärmschutzwand, was vor allem auf die Baulücke im Süden des Plangebiets zur A.straße hin zurückzuführen ist (vgl. S. 20 des Gutachtens und Karten 7 und 8, Bl. 502 f der Planaufstellungsunterlagen).
- 65
Die Antragsgegnerin ist im Anschluss an diese gutachterlichen Feststellungen davon ausgegangen, dass die ursprünglich erwogene Abschirmung des Blockinnenbereichs durch Ausbildung eines geschlossenen Baublocks aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten baulichen Entwicklung und der von vornherein zum vorhandenen Baubestand im Nordosten des Plangebiets vorgesehenen Baulücke nicht mehr realisierbar ist, dass ein Abschirmungseffekt allenfalls im Erdgeschoss-Bereich eintreten wird, für den allerdings Stellplätze nachzuweisen seien, und dass trotz Errichtung einer Lärmschutzwand noch massive Lärmschutzmaßnahmen erforderlich seien (vgl. S. 52 der Planbegründung, Bl. 395 der Planaufstellungsunterlagen). Wenn auch die Bereitschaft zur Investition in passive Lärmschutzmaßnahmen letztlich der Entscheidung des jeweiligen Bauherrn obliegt, so ist die Gemeinde umgekehrt auch nicht verpflichtet, in einem von Lärm vorbelasteten Bereich eine Bebauung unter einschränkenden Lärmschutzfestsetzungen zuzulassen. Sie darf sich unter Berücksichtigung des Trennungsgrundsatzes in § 50 BImSchG abwägungsfehlerfrei auch dafür entscheiden, zwischen der Lärmquelle und der nächstgelegenen Wohnbebauung einen größeren Abstand zu belassen. Dies ist Ausdruck des Planungsermessens der Kommune (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. Juli 2020 – 8 C 11699/19.OVG -, S. 10 d.U.). So durfte die Antragsgegnerin gerade angesichts der untersuchten Lärmwirkungen auch in Erwägung ziehen, dass es sich bei dem Südosten des Plangebiets um einen weniger attraktiven Wohnstandort handelt und dementsprechend den für die Freihaltung der Fläche sprechenden Gründen ein stärkeres Gewicht beimessen. In diesem Zusammenhang hat sich die Antragsgegnerin auch nachvollziehbar auf den Standpunkt gestellt, die von den Lärmsachverständigen dringend empfohlene Errichtung einer Lärmschutzwand entlang der Schienentrasse solle sinnvollerweise zusammen mit dem fachplanerisch zu entwickelnden Regionalbahnhaltepunkt projektiert werden. Dass eine vorgezogene Realisierung der Lärmschutzwand schon angesichts später notwendig werdender Anpassungen an den Haltepunkt ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist, leuchtet ohne Weiteres ein.
- 66
Vor diesem Hintergrund erscheint es insgesamt nicht abwägungsfehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin von der ursprünglich beabsichtigten konfliktträchtigen Bebauung im Südosten des Plangebiets Abstand genommen und stattdessen die ökologische und insbesondere die stadtklimatische Bedeutung einer (öffentlichen) Grünfläche betont hat. Da hierdurch nicht in bestehende Baurechte eingegriffen wird, erweist sich diese Abwägung nicht als unverhältnismäßig. Darüber, dass die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche einen Übernahmeanspruch der Eigentümer auslöst (vgl. § 40 BauGB), war sich die Antragsgegnerin bewusst (vgl. S. 18 der Abwägungstabelle, Bl. 432 der Planaufstellungsunterlagen).
- 67
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 68
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
- 69
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
- 70
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
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