Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 MB 23/20, 4 O 20/20

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 4. Juni 2020 geändert und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, die in der Duldung vermerkte Wohnsitzauflage wie folgt zu ändern: „Die Wohnsitznahme ist auf den Kreis Segeberg beschränkt, es sei denn, der gewöhnliche Aufenthalt wird im Zuständigkeitsbereich der Stadt Hamm begründet“.

Ferner wird dem Antragsteller sowohl für das erstinstanzliche Verfahren – insoweit ebenfalls in Abänderung des genannten Beschlusses – als auch für das Beschwerdeverfahren zu den Bedingungen einer in Schleswig-Holstein ansässigen Rechtsanwältin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwältin B., B-Stadt, beigeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der im Jahre 1992 geborene Antragsteller ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er reiste 2017 in das Bundesgebiet ein. Auf den von ihm gestellten Asylantrag wurde er dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten Schleswig-Holstein zugewiesen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 8. November 2017 als offensichtlich unbegründet ab; ein Folgeantrag wurde mit Bescheid vom 25. April 2018 als unzulässig abgelehnt; Bestandskraft trat am 12. Mai 2018 ein.

2

Noch während des Asylfolgeverfahrens erteilte das Landesamt dem Antragsteller am 6. März 2018 eine Duldung (BA Bl. 108) und übermittelte der Stadt Hamm mit Schreiben vom 8. März 2018 einen Antrag auf Änderung der Wohnsitzauflage zur Zustimmung (BA Bl. 142), weil der Antragsteller in Hamm ein nichteheliches Kind erwarte. Schon vor der Geburt hatte er die Vaterschaft anerkannt und zusammen mit der Mutter eine Erklärung über die gemeinsame Sorge abgegeben. Die Stadt Hamm lehnte die Zustimmung mit Schreiben vom 5. April 2018 gegenüber dem Landesamt ab (BA Bl. 166). Hiergegen soll Klage erhoben worden sein (BA Bl. 176). Daraufhin wies das Landesamt den Antragsteller im Mai 2018 gemäß § 50 Abs. 1, 2 und 4 AsylG i.V.m. §§ 1, 3 LAufnG, § 7 AuslAufnVO dem Kreis Segeberg (Antragsgegner) zur Aufnahme und Unterbringung zu, wo er gemäß § 60 Abs. 1 AsylG seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen habe (Wohnsitzauflage). Der Antragsgegner wies ihn gemäß § 50 Abs. 2 AsylG i.V.m. §§ 1, 3 LAufnG, § 8 AuslAufnVO zur Unterbringung der Stadt Norderstedt zu und beschränkte die Wohnsitzaufnahme in der bis zum 28. Juni 2018 geltenden Duldung auf sein Kreisgebiet (BA Bl. 188). Wegen eines am Amtsgericht Hamm laufenden familiengerichtlichen Verfahrens erhielt der Antragsteller sodann Duldungen, die seit dem 24. September 2018 (BA Bl. 210) fortlaufend mit folgenden „Nebenbestimmungen“ versehen sind:

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- Der Aufenthalt ist beschränkt auf: Bundesgebiet
- Erwerbstätigkeit nicht erlaubt
- Die Wohnsitznahme ist auf den Kreis Segeberg beschränkt.

4

Am 16. April 2020 beantragte der Antragsteller die Änderung der Wohnsitzauflage und eine Erlaubnis zum Umzug nach Nordrhein-Westfalen, weil sein am 2. Januar 2018 geborenes Kind in Hamm bei dessen Mutter lebe. Daraufhin wandte sich der Antragsgegner mit Schreiben vom 27. April 2020 zwecks Einholung einer Zustimmung an die Stadt Hamm, erhielt zunächst aber keine Antwort.

5

Den am 23. Mai 2020 beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht gestellten Antrag,

6

den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die in der ihm erteilten Duldungsbescheinigung als Nebenbestimmung verfügte Wohnsitzauflage zu streichen bzw. ihm den Umzug nach Hamm zu erlauben,

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lehnte dieses durch Beschluss vom 4. Juni 2020 ab mit der Begründung, dass der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinauslaufe, sich aber nicht feststellen lasse, dass Rechtsschutz in der Hauptsache wegen der langen Verfahrensdauer nicht rechtzeitig erlangt werden könne und dies zu schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen führe, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen ließen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller bislang keinen Umgang mit seinem Kind habe und auch noch nicht feststehe, ob ihm überhaupt ein Umgangsrecht eingeräumt werde.

8

Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter und legt ein familiengerichtliches Protokoll vom 26. Mai 2020 vor, in welchem Regelungen über das Sorge- und Umgangsrecht getroffen worden sind.

9

Der Antragsgegner hat den Antragsteller mittlerweile zur Ablehnung seines Antrags angehört und teilt mit, dass die Stadt Hamm ihre Zustimmung mit Schreiben vom 8. Juni 2020 verweigert und dies in Kenntnis des nunmehr vorliegenden familiengerichtlichen Protokolls bestätigt habe. Hieran sei er gebunden. Die Stadt Hamm führe aus, dass die beantragte Änderung der Wohnsitzauflage allenfalls im Ermessenswege nach § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG erfolgen könne. Der Schutzbereich des Art. 6 GG sei aufgrund der räumlichen Trennung seit der Geburt des Kindes jedoch nicht eröffnet. Der gutachterlich empfohlene Umgang einmal im Monat oder später alle zwei Wochen könne auch vom Kreis Segeberg aus wahrgenommen werden. Für den Fall, dass ein permanenter Umgang angedacht werde, können ggf. ein neuer Antrag gestellt werden.

II.

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Die Beschwerde hat nach Maßgabe der dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) Erfolg.

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1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

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a. Der Antrag ist gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO statthaft, da die der Duldung beigefügte Auflage „Die Wohnsitznahme ist auf den Kreis Segeberg beschränkt“ schon kraft Gesetzes entstanden ist und erst deren Änderung einen Verwaltungsakt erfordert. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO scheidet daher aus. Der Antragsteller muss sein Begehren in der Hauptsache mit einem Verpflichtungsantrag verfolgen.

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Das Begehren des Antragstellers richtet sich gegen eine von Gesetzes wegen entstandene Wohnsitzauflage. Eine räumliche Beschränkung besteht nicht mehr, weder nach dem Asylgesetz noch nach dem Aufenthaltsgesetz. Nach erfolglosem Abschluss des Asylverfahrens ist die dem Antragsteller erteilte Aufenthaltsgestattung erloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 6 AsylG) und mit ihr deren räumliche Beschränkung, nachdem der Antragsteller nicht mehr verpflichtet ist, in der für die Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen und sich seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält (§ 71 Abs. 7 i.V.m. § 59a Abs. 1 und 2 AsylG). Gleiches ergibt sich aus den allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Grundsätzen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer. Die räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auf das Gebiet des jeweiligen Landes erlischt gemäß § 61 Abs. 1b AufenthG ebenfalls nach drei Monaten erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalts. So liegt es hier. Der Antragsteller hält sich seit mehr als drei Monaten ununterbrochen geduldet im Bundesgebiet (Schleswig-Holstein) auf. Die Duldung beruht auf § 60a Abs. 2 AufenthG und dient der familiengerichtlichen Klärung des Sorge- und Umgangsrechts für den in Hamm lebenden Sohn des Antragstellers. Dafür, dass es sich bei der in die Duldung aufgenommenen Auflage „Die Wohnsitznahme ist auf den Kreis Segeberg beschränkt“ um eine behördlich angeordnete räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde gemäß § 61 Abs. 1c AufenthG handeln könnte, ist nichts ersichtlich. Weder macht dies der Antragsgegner geltend noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine der in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen beim Antragsteller gegeben wären.

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Gestritten wird demzufolge um die Änderung einer Wohnsitzauflage, die sich nach Abschluss des Asylverfahrens und Zuweisung des Antragstellers an den Kreis Segeberg nicht mehr aus § 60 Abs. 1 oder 2 AsylG, sondern aus § 61 Abs. 1d AufenthG ergibt. Diese zum 1. Januar 2015 durch Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23.12.2014 (BGBl I S. 2439) eingeführte Vorschrift ordnet für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, kraft Gesetzes eine Wohnsitzauflage an(BT-Drs. 18/3144, S. 10, 13), die mit Eintritt der tatbestandlichen Voraussetzungen des Satz 1 automatisch gilt und den Ausländer nach Satz 2 an den Wohnort bindet, an dem er zum Zeitpunkt der Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat, sofern nichts Anderes angeordnet ist. So liegt es hier. Unstreitig ist der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig. Sein Lebensunterhalt ist nicht gesichert (§ 2 Abs. 3 AufenthG). Über eine Erlaubnis der Erwerbstätigkeit verfügt er nicht; er bezieht Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Mangels anderweitiger Anordnung ist er damit kraft Gesetzes verpflichtet, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Kreisgebiet des Antragsgegners zu nehmen. Eine Änderung erfolgt von Amts wegen oder auf Antrag, § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG.

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b. Da die Möglichkeit einer Änderung der kraft Gesetzes entstehenden Wohnsitzauflage durch die zuständige Ausländerbehörde gesetzlich vorgesehen ist, kommt eine Verweisung des Antragstellers auf die Beantragung einer sog. „Zweitduldung“ bei der Ausländerbehörde der Zuzugsgemeinde ungeachtet ihrer Erforderlichkeit nicht (mehr) in Betracht (VG Aachen, Urt. v. 22.05.2015 - 4 K 317/14 -, juris Rn. 32 ff. m.w.N. zur alten Rechtslage; VG des Saarlandes, Beschl. v. 01.02.2016 - 6 L 1103/15 -, juris Rn. 25; Dollinger in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 61 Rn. 34).

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c. Unter Beachtung des § 88 VwGO legt der Senat den Antrag so aus, dass der Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet werden soll, die ihm erteilte Duldungsbescheinigung wie folgt zu ändern: „Die Wohnsitznahme ist auf den Kreis Segeberg beschränkt, es sei denn, der gewöhnliche Aufenthalt wird im Zuständigkeitsbereich der Stadt Hamm begründet“.

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Die Auslegung entspricht dem Begehren des Antragstellers. Ziel des Antrages ist es, erlaubterweise zu dem Sohn nach Hamm umziehen zu können, nicht aber an einen anderen Ort. Nur insoweit kommt die beantragte Änderung in Frage, denn „sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht“ i.S.d. § 61 Abs. 1d AufenthG, die eine Änderung erst ermöglichen, sind allein in Bezug auf den in Hamm lebenden Sohn geltend gemacht. Eine (konstitutive) Streichung der Auflage ginge über die vom Gesetz vorgesehene Änderung hinaus, denn sie hätte zur Folge, dass der Antragsteller keinerlei Wohnsitzbeschränkung mehr unterläge, auch wenn er weiterhin vollziehbar ausreisepflichtig wäre und im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz stünde. Die Änderung mit dem Zusatz „es sei denn, der gewöhnliche Aufenthalt wird im Zuständigkeitsbereich der Stadt Hamm begründet“ stellt entsprechend dem Willen des Gesetzgebers sicher, dass der Umzug in jedes andere Bundesland als Nordrhein-Westfalen und dort in jeden anderen Ort als Hamm unter Verstoß gegen die fortbestehende Wohnsitzauflage erfolgt. Zweck der gesetzlichen Wohnsitzauflage ist es, eine angemessene Verteilung der Sozialhilfelasten zwischen den Ländern sicherzustellen (BT-Drs. 18/3144, 10, 13). Zugleich ist damit sichergestellt, dass eine weiterhin gebotene Wohnsitzauflage der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts i.S.d. Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I in der Stadt Hamm nicht mehr entgegensteht (zum Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ ausführlich VG Aachen, Urt. v. 22.05.2015 - 4 K 317/14 -, juris Rn. 50 ff. m.w.N.; dem folgend VG B-Stadt, Beschl. v. 29.04.2020 - 2 V 1830/19 -, juris Rn. 24; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 10.07.2019 - 11 L 267/19 -, juris Rn. 11 ff., 39; VG des Saarlandes, Beschl. v. 01.02.2016 - 6 L 1103/15 -, juris Rn. 32).

18

Eine Änderung der Wohnsitzauflage durch Aufnahme einer Wohnsitzverpflichtung in der Stadt Hamm käme demgegenüber nicht in Frage, da es insoweit an der Verbandskompetenz und Zuständigkeit des Antragsgegners fehlt (zweifelnd bereits OVG des Saarlandes, Beschl. v. 20.05.2016 - 2 B 46/16 -, juris Rn. 12). Sie wäre auch nicht erforderlich. Denn für den Fall, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers nach Begründung seines gewöhnlichen Aufenthaltes im Zuständigkeitsbereich der Stadt Hamm wiederum nicht gesichert ist und er dort wiederum eine Duldung erhält oder jedenfalls beanspruchen kann (zu letzterem VG Bremen, Beschl. v. 29.04.2020 - 2 V 1830/19 - juris Rn. 24; Funke-Kaiser in: GK AufenthG, Stand Dezember 2015, § 61 Rn. 40), ergäbe sich eine Wohnsitzauflage wiederum kraft Gesetzes.

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2. Der so verstandene Antrag ist auch begründet.

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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Form der Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu hat der Antragsteller die besondere Dringlichkeit der Anordnung und das Bestehen des zu sichernden Anspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

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Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Antragsteller nicht nur eine vorläufige Regelung begehrt, sondern sein Antrag auf die Vorwegnahme der Hauptsache hinausläuft. Dies ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO aber gerechtfertigt, wenn anderenfalls durch den Zeitablauf irreparable Fakten geschaffen, ein unwiederbringlicher Rechtsverlust eintreten würde oder ein sonstiger schwerer unzumutbarer Nachteil einträte und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung zu tragen (BVerwG, Urt. v. 18.04.2013 - 10 C 9/12 -, juris Rn. 22; Beschl. v. 26.11.2013 - 6 VR 3/13 -, juris Rn. 5, beide m.w.N.; Senat, Beschl. v. 31.07.2009 - 4 MB 63/09 - n.v.; Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 123, Rn. 59 f.). Auch daran gemessen ist die begehrte einstweilige Anordnung antragsgemäß zu erlassen.

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a. Nach Vorlage des familiengerichtlichen Protokolls vom 26. Mai 2020 ergibt sich ein Anordnungsanspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit aus § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens ist dem Antragsteller nicht zuzumuten. Auch für seinen Sohn drohen unzumutbare Nachteile. Die Vater-Kind-Beziehung steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG.

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aa. Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG für die begehrte Änderung der in der Duldung vermerkten Wohnsitzauflage liegen vor.

24

(1) Für die Änderung ist der Antragsgegner zuständig und deshalb auch passivlegitimiert. Die Abänderungsbefugnis des § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG steht der Ausländerbehörde des bisherigen Wohnorts zu (OVG Magdeburg, Beschl. v. 22.01.2015 - 2 O 1/15 -, juris Rn. 8, 12; Dollinger in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 61 Rn. 22) und nicht der Zuzugsbehörde. Insofern unterscheidet sich die Regelung von der des § 60 Abs. 3 Satz 5 AsylG. Der Gesetzeswortlaut ist in Bezug auf die Frage der Zuständigkeit vielmehr offen. Auch die Gesetzesbegründung zu § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG enthält insoweit keine klare Aussage (s. BT-Drs. 18/3144 S. 13). Da aber der Bundesrat gerade deshalb eine ergänzende Regelung vorschlug, wonach über eine Änderung der Wohnsitzauflage zur Ermöglichung eines den Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde überschreitenden Wohnortwechsels die für den Zuzugsort zuständige Ausländerbehörde entscheidet (BR-Drs. 506/14 (B)), diese sich aber nicht durchsetzte, da die Bundesregierung im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Regelung noch Prüfbedarf sah (BT-Drs. 18/3160 S. 12), wurde der Entwurf zu § 61 Abs. 1d AufenthG in Kenntnis der aufgeworfenen Zuständigkeitsfrage unverändert verabschiedet.

25

Die Zuständigkeit am bisherigen Wohnort gilt auch bei einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel. Mangels anderslautender Regelungen im Aufenthaltsgesetz ist die Zuständigkeit bei länderübergreifendem Sachverhalt nach allgemeinem Verfahrensrecht in zwei Schritten zu ermitteln, nämlich zunächst in Bezug auf die Verbandskompetenz des Landes und sodann auf die örtliche Zuständigkeit innerhalb des Landes (VG B-Stadt, Beschl. v. 29.04.2020 - 2 V 1830/19 -, juris Rn. 18 und VG Aachen, Urt. v. 22.05.2015 - 4 K 317/14 -, juris Rn. 47, beide mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 22.03.2012 - 1 C 5.11 -, BVerwGE 142, 195, juris Rn. 17 f.; VG des Saarlandes, Beschl. v. 01.02.2016 - 6 L 1103/15 -, juris Rn. 30). Sowohl die Verbandskompetenz Schleswig-Holsteins als auch die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Antragsgegners ergibt sich danach aus § 31 Abs. 1 Nr. 3a LVwG, da der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach wie vor unstreitig in Schleswig-Holstein und hier im Bezirk des Antragsgegners hat.

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(2) Verfahrensbezogene Vorgaben stehen dem Anspruch nicht entgegen. Ein Fall des einzuholenden Einvernehmens nach § 72 Abs. 3 AufenthG liegt nicht vor; diese Vorschrift bezieht sich nicht auf gesetzliche Beschränkungen und gilt im Übrigen nur bei der Änderung oder Aufhebung von Maßnahmen durch eine andere Behörde als derjenigen, die die Maßnahme angeordnet hat (VG Aachen, Urt. v. 22.05.2015 - 4 K 317/14 -, juris Rn. 84; OVG Magdeburg, Beschl. v. 22.01.2015 - 2 O 1/15 -, juris Rn. 10; Funke-Kaiser in: GK AufenthG, Stand März 2015, § 61 Rn. 65 m.w.N.; s.a. Ziffer 72.3.1.2 AVwV-AufenthG). Ob ein anderweitiges Zustimmungserfordernis besteht, kann für die Frage einzuhaltender Verfahrensvorschriften offenbleiben, da der Antragsgegner sich jedenfalls um eine Zustimmung der Zuzugsbehörde bemüht hat.

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(3) Auch die materiellen Voraussetzungen sind gegeben. Der Antragsteller will seinen Wohnort nicht nur vorübergehend verlassen (§ 61 Abs. 1d Satz 4 AufenthG), sondern seinen Aufenthalt dauerhaft in die Nähe seines in Hamm lebenden Sohnes verlegen. Dies ist ihm nach § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG zu ermöglichen. Besonders zu berücksichtigen sind dabei die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht.

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Zu diesen sonstigen Gründen zählt auch das Umgangsrecht mit Kindern und das Kindeswohl (Keßler in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, AufenthG § 61 Rn. 30). Die familiäre Gemeinschaft, in der ein ausländischer Elternteil regelmäßigen Umgang mit seinem Kind hat, der dem auch sonst Üblichen entspricht, ist von Art. 6 GG geschützt (BVerfG, Beschl. v. 09.01.2009 - 2 BvR 1064/08 -, juris Rn. 16). Darüber hinaus kann auch das Anliegen dazu zählen, eine solche Gemeinschaft erstmals herzustellen und zu verfestigen (VG Würzburg, Beschl. v. 03.12.2018 - W 10 E 18.32094 -, juris Rn. 22; Funke-Kaiser in: GK AufenthG, Stand März 2015, § 61 Rn. 47, 72 m.w.N.; kritisch, aber auf den Einzelfall abstellend: Masuch/Gordzielik in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, AufenthG § 61 Rn. 16). Dies ist ein Gebot der in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 GG enthaltenen wertentscheidenden Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat. Zutreffend weist der Antragsteller darauf hin, dass auch das elterliche Umgangsrecht (§ 1684 Abs. 1 BGB) zum „natürlichen Recht“ der Eltern zählt und als solches unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht. Gleichermaßen steht dem Kind ein Umgangsrecht mit jedem Elternteil zu (§ 1626 Abs. 3 und § 1684 Abs. 1 BGB). Berührt die aufenthaltsrechtliche Entscheidung den Umgang mit einem Kind, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und zu prüfen, ob eine tatsächliche persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die Belange des Elternteils und des Kindes sowie die sonstigen Umstände des Einzelfalles (BVerfG, Beschl. v. 01.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - Rn. 26, 29, 31). Als sonstiger Umstand ist sowohl das Alter des Kindes (BVerfG, Beschl. v. 08.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -, juris Rn. 37) zu berücksichtigen als auch der Fall, in welchem eine (noch) fehlende tatsächliche Verbundenheit nicht am Umgangswillen des getrenntlebenden Elternteils scheitert, sondern an anderen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen.

29

Danach ist das Vorliegen ausreichend gewichtiger Gründe hier anzunehmen. Der Sohn hat ebenso wie seine Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Vaterschaft hatte der Antragsteller schon vorgeburtlich anerkannt. Aus dem vorgelegten Protokoll des Amtsgerichts Hamm vom 26. Mai 2020 (GA Bl. 35 ff.) ergibt sich, dass das gemeinsame Sorgerecht fortbesteht, auch wenn der Antragsteller die Kindesmutter bevollmächtigt, sämtliche Angelegenheiten der elterlichen Sorge eigenständig zu regeln. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge wurden gesondert und mit Zustimmung des Antragstellers auf die Kindesmutter allein übertragen. Dies entspricht der Empfehlung des hinzugezogenen Sachverständigen aus seinem Gutachten von November 2019 (BA Bl. 271). Auch in Bezug auf den Umgang wurde ein Verfahren gewählt, dass die Empfehlung des Gutachtens befolgt. Danach soll der Kindesvater zunächst seinen Wohnsitz in örtliche Nähe des Wohnsitzes seines Sohnes verlegen und sodann zunächst einmal im Monat begleiteten Umgang mit ihm haben. Später könne der Umgangskontakt ausgedehnt werden. Entsprechend wurde das familiengerichtliche Verfahren gerade wegen der ungeklärten Wohnsitzfrage des Antragstellers ruhend gestellt und wird nur auf Antrag eines Beteiligten fortgesetzt. Das Gericht wies abschließend darauf hin, dass ein Umgang erst dann mit der Empfehlung des Sachverständigen gerichtlich zu bestimmen sei, wenn der Wohnsitzwechsel tatsächlich erfolgt sei und bis dahin die vor der Aufnahme des Umgangs vorzunehmenden Gespräche mit den Eltern und dem Jugendamt geführt seien. Sowohl der Gutachter als auch das Familiengericht gehen mithin davon aus, dass die Begründung eines Wohnsitzes in räumlicher Nähe zum Sohn für das Umgangsrecht unabdingbar ist. Nach dem gegenwärtigen Stand des – nunmehr ruhenden – familiengerichtlichen Verfahrens werden der Antragsteller und sein Sohn deshalb keinen Umgang miteinander haben können, solange der Antragsteller nicht umgezogen ist.

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(4) Die begehrte, gemäß § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde stehende Änderung verdichtet sich bei Abwägung der im Streit stehenden privaten und öffentlichen Interessen aller Voraussicht nach zu einer gebundenen Entscheidung. Generell dürfte eine Änderung der Wohnsitzauflage im Hinblick auf Art. 6 GG in der Regel nicht ermessensfehlerfrei abgelehnt werden können, solange die Aufenthaltsbeendigung eines Familienmitglieds nicht unmittelbar bevorsteht oder es den Betroffenen möglich und zumutbar ist, die familiäre Gemeinschaft im Heimatland herzustellen (OVG Magdeburg, Beschl. v. 22.01.2015 - 2 O 1/15 -, juris Rn. 9; Dollinger in: Bergmann/Dienelt, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 61 Rn. 22 f.; Funke-Kaiser in: GK AufenthG, Stand März 2015, § 61 Rn. 47 und 60 f.). Dies gilt in der Regel auch für die Ausübung des Umgangsrechts, welche der im Kindeswohl liegenden Aufrechterhaltung der Beziehung zu beiden Eltern dient und daher grundsätzlich Vorrang hat vor öffentlichen Interessen (Keßler in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, AufenthG § 61 Rn. 30). Insoweit räumt der Gesetzgeber der Familiengemeinschaft Vorrang ein gegenüber einer gerechten Lastenverteilung zwischen den einzelnen Bundesländern (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 29.11.2005 - 19 B 2364/03 -, juris Rn. 32; VG Aachen, Urt. v. 22.05.2015 - 4 K 317/14 -, juris Rn. 70).

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Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Eine Abschiebung des Antragstellers ist gegenwärtig nicht absehbar. Da der Sohn und dessen Mutter deutsche Staatsangehörige sind und beide in Hamm leben, kommt die Herstellung der familiären Gemeinschaft andernorts nicht in Betracht. Der Antragsteller kann nicht darauf verwiesen werden, das Umgangsrecht vom aktuellen Aufenthaltsort aus auszuüben. Die Ausübung des Umgangsrechts würde nach Lage der Dinge nicht nur unzumutbar erschwert – auch deshalb, weil der Antragsteller schon nicht über die finanziellen Möglichkeiten verfügen dürfte, regelmäßig von Norderstedt nach Hamm zu fahren –, sondern unmöglich gemacht. Die zugleich im Interesse des Kindes liegende Verfestigung der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Vater-Kind-Beziehung würde nicht nur behindert, sondern auf Dauer verhindert. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zum getrenntlebenden Elternteil und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in aller Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dient und das Kind beide Eltern braucht (BVerfG, Beschl. v. 08.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 26). Die mit der räumlichen Trennung vom Vater einhergehende Verlusterfahrung für den etwa 2 ½ Jahre alten Sohn dürfte die Gefahr nachteiliger und nicht mehr revidierbarer Folgen für seine Persönlichkeitsentwicklung in sich bergen, was aus Gründen des Kindeswohls unzumutbar erscheint. Mit dem Beschwerdevorbringen ist dargelegt, dass der Antragsteller mit seinem Sohn und dessen Mutter zunächst in einer familiären Lebensgemeinschaft gelebt und seinen Sohn während einer Interaktionsbegutachtung wiedergesehen habe. Das Kind habe deshalb eine Erinnerung an den Vater. Mit Blick auf das Alter wird außerdem nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es in seinem sozialen Umfeld erlebe, dass andere Kinder einen Vater haben, es selbst aber nicht. Für einen Umgang außerhalb der persönlichen Begegnung – etwa durch Brief- und Telefonkontakte – ist der Sohn hingegen noch zu jung, zumal offenbar sprachliche Barrieren hinzukommen. Sonstige den gebotenen Schutz des Art. 6 GG überwiegende öffentliche Interessen sind nicht erkennbar und weder vom Antragsgegner noch – soweit ersichtlich – von der im Verwaltungsverfahren beteiligten Ausländerbehörde der Stadt Hamm vorgetragen.

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bb. Die fehlende Zustimmung der Stadt Hamm steht dem Anspruch nicht entgegen. Eine Zustimmung der Zuzugsbehörde bei Änderung der Wohnsitzverpflichtung ist gesetzlich nicht gefordert. Derartiges gilt nach § 72 Abs. 3a AufenthG allein für den Fall der Aufhebung einer Zuweisung gemäß § 12a Abs. 5 AufenthG und damit für Ausländer, die als Asylberechtigte, Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden sind oder denen aus humanitären Gründen erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist (§ 12a Abs. 1 AufenthG). Den Gesetzesmaterialen zu § 61 Abs. 1d AufenthG ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass dem Gesetzgeber ein Zustimmungserfordernis vorgeschwebt hätte (vgl. den vom Antragsteller vorgelegten, offensichtlich unveröffentlichten Beschl. des OVG Berlin-Brandenburg v. 22.11.2019 - OVG 12 M 38.19 -, GA Bl. 28-30).

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Woraus der Antragsgegner das Zustimmungserfordernis herleitet, ist weder mitgeteilt noch ersichtlich. Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz – AVwV-AufenthG – stammen aus dem Jahre 2009. Die konkret in Frage kommende Ziffer 61.1.1.1 (Einvernehmen) bezieht sich nicht mehr auf das geltende Recht. Zudem gelten die Verwaltungsvorschriften nur intern und binden nur die Behörden, nicht aber die Verwaltungsgerichte. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt eine eigenständige materiell-rechtliche Prüfung allein nach dem einschlägigen Fachrecht und unabhängig von einer Behördenentscheidung. Eine Verweigerung der Zustimmung vonseiten der Zuzugsbehörde steht einem nach materiellem Recht bestehenden Anspruch auf Änderung der Wohnsitzauflage gemäß § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG daher nicht entgegen (VG Aachen, Urt. v. 22.05.2015 - 4 K 317/14 -, juris Rn. 86; OVG Magdeburg, Beschl. v. 22.01.2015 - 2 O 1/15 -, juris Rn. 10).

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In Reaktion auf eine entsprechende Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg zu § 12a Abs. 5 AufenthG und Ziffer 12.2.5.2.4 AVwV-AufenthG (Beschl. v. 07.05.2018 - OVG 3 N 118.18 -, juris Rn. 4 m.w.N.) wurde das Zustimmungserfordernis bei Verfahren nach § 12a Abs. 5 AufenthG insbesondere für länderübergreifende Umzüge durch Einführung des § 72 Abs. 3a AufenthG zum 12. Juli 2019 gesetzlich verankert (BGBl. I, 914), um die bisher angewandte Verwaltungsvereinbarung zwischen den Ländern zu ersetzen (BT-Drs. 19/8692 S. 11; Samel in: Bergmann/Dienelt, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 72 Rn. 15; Zühlcke in: HTK-AuslR, § 72 AufenthG zu Abs. 3a Rn. 7). Eine entsprechende Verankerung für länderübergreifende Umzüge geduldeter Personen mit Wohnsitzauflage erfolgte jedoch nicht.

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Im Übrigen ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass die Zustimmungsverweigerung durch die Stadt Hamm im Falle einer gegebenenfalls erforderlichen Inzidentprüfung aller Voraussicht nach einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten würde.

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b. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Die besondere Dringlichkeit der Anordnung ergibt sich daraus, dass es für den Antragsteller keine andere rechtlich zulässige Möglichkeit gibt, mit seinem Sohn einen Umgang und damit eine familiäre Lebensgemeinschaft zu begründen bzw. zu verfestigen. Der der Familie zustehende besondere Schutz der staatlichen Ordnung und die damit einhergehende Pflicht des Staates, die Familie zu schützen und zu fördern (Art. 6 Abs. 1 GG) sowie das jedem Elternteil zustehende Recht aus Art. 6 Abs. 2 GG und nicht zuletzt das Kindeswohl gebieten eine vorläufige Regelung bis zur Hauptsacheentscheidung, um einem fortschreitenden Entfremdungsprozess zwischen Vater und Sohn vorzubeugen.

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3. Aus den vorgenannten Gründen ergibt sich für beide Instanzen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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