Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 MB 18/20

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 15. April 2020 geändert:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 7. Januar 2020 gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019 verfügte Versetzung der Antragstellerin wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

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Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. April 2020 ist begründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses in Frage.

2

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 7. Januar 2020 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019 anzuordnen. Mit dem Bescheid verfolgt die Antragsgegnerin die Versetzung der in … wohnenden Antragstellerin nach Köln/ Brühl zur Deutschen Telekom Placement Services (TPS), Business Projects.

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Im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nimmt das Gericht eine eigenständige Interessenabwägung vor, die sich vorrangig an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren hat. Danach überwiegt hier – entgegen der Annahme des Verwaltungsge-richts – das Interesse der Antragstellerin daran, von der Vollziehung des Bescheides vom 11. Dezember 2019 vorerst verschont zu bleiben, das öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Versetzung, weil die Versetzung offensichtlich rechtswidrig ist.

4

Die materiellen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 2. Alt BBG liegen in Bezug auf die streitgegenständliche Versetzungsverfügung nicht vor, da der Antragstellerin mit dieser kein mindestens mit demselben Endgrundgehalt wie das bisherige Amt verbundenes Amt übertragen wird.

5

Gemäß § 28 Abs. 2 2. Alt. BBG ist eine Versetzung aus dienstlichen Gründen zwar auch ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt, und die Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist. Diese für Bundesbeamte allgemein geltende Vorschrift findet gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG Anwendung auch auf die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten (Art. 143b Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 1 PostPersRG), zu denen die Antragstellerin zählt. Eine Versetzung ist dabei nach § 28 Abs. 1 BBG die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen Dienststelle bei demselben oder einem anderen Dienstherrn. Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen tritt an die Stelle des neuen funktionellen Amtes der neue Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellen- oder Behördenwechsels der Betriebswechsel (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 6 P 25.10 –, Juris Rn. 18; Urteil vom 15. November 2006 – 6 P 1.06 –, Juris Rn. 18). Werden Aufgabenbereich und Betrieb in diesem Sinne gewechselt, so entspricht dies der Personalmaßnahme der Versetzung gemäß § 28 BBG (vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2020 – 2 MB 14/19 –, n.v.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. März 2019 – 1 B 1048/18 –, Juris Rn. 5 f.; ebenso: Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 6 CS 18.1205 –, Juris Rn. 15, und Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 6. Februar 2019 – 12 B 78/18 –, Juris Rn. 30 bis 36, jeweils m. w. N.).

6

Gegenstand der streitgegenständlichen Versetzungsverfügung ist die Übertragung der Aufgabe einer „Supporter Projektmanagement (Besoldungsgruppe A 9 BBesO)“ bei der Organisationseinheit TPS am Beschäftigungsort Brühl. Dieser Aufgabenbereich (entsprechend des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne) stellt indes – entgegen der Annahme der Antragsgegnerin sowie des Verwaltungsgerichts – kein Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt dar. Es handelt sich hierbei vielmehr um ein anderes – niedrigeres – Amt, als das bisher von der Antragstellerin innegehabte Amt der Fernmeldebetriebsinspektorin A 9 VZ + Z. Dies ergibt sich daraus, dass der mit der Versetzung abstrakt-funktionell zu übertragende Aufgabenkreis bereits ausweislich der Versetzungsverfügung (vgl. Bl. 7 d. Gerichtsakte, „Personalposten BPR-1080, Stellen-ID 49553 Bewertung A9“) und damit bereits nach eigener Einschätzung der Antragsgegnerin nicht mit der Amtszulage gemäß Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes versehen ist. Die von der Antragstellerin innegehabte Amtszulage gilt jedoch als Bestandteil des Grundgehalts (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 2 BBesG). Dies hat zur Folge, dass es sich trotz etwaig gleicher Amtsbezeichnungen um unterschiedliche Statusämter handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2007 – 2 B 25.07 –, Juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 12. Juli 1972 – 6 C 11.70 –, Juris Rn. 17; Senatsbeschlüsse vom 4. Dezember 2017 – 2 MB 20/17 –, Juris Rn. 9 und vom 29. September 2017 – 2 MB 13/17 –, Juris Rn. 16;). Amtszulagen bilden dabei funktionell sog. Zwischenämter (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1457/96 –, Juris Rn. 7). Vor diesem Hintergrund ist die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15. April 2020 übersandte „Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 VZ nt mit Amtszulage nach Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes vom 5. Juli 2018“ (vgl. Bl. 50 d. Gerichtsakte) nicht geeignet die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin ein Amt mit mindestens demselben Grundgehalt übertragen wird, zu stützen. Diese – ohnehin lediglich haushaltsrechtlich relevante (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2007 – a.a.O –) – Einweisung kann bereits chronologisch keinen Einfluss auf den Inhalt der auf den 11. Dezember 2019 datierenden streitgegenständlichen Versetzungsverfügung haben. Ebenfalls unerheblich ist in diesem Zusammenhang der erstinstanzliche Vortrag der Antragsgegnerin, dass der Antragstellerin die Zulage trotz der Versetzung weiterhin gezahlt werde (vgl. Bl. 49 d. Gerichtsakte). Dies hat keinen Einfluss auf die statusrechtliche Bewertung des von der Antragstellerin zukünftig wahrzunehmenden Aufgabenkreises im Sinne des abstrakt-funktionellen Amtes. Zudem kommt die Antragsgegnerin hiermit – losgelöst von der Rechtswidrigkeit der Versetzung – lediglich ihrer ohnehin hierzu bestehenden Verpflichtung aus § 19a Abs. 1 Satz 1 BBesG nach.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

8

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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