Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 MB 22/20
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 15. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 13.065,45 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 2020 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.
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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers,
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der Antragsgegnerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung vom 18. Februar 2020 zu untersagen, den mit der internen Stellenausschreibung B 092/2019 ausgeschriebenen Dienstposten „Lehrkraft für die Notfallsanitäterschule im Bereich Feuerwehr“ dem Beigeladenen zu übertragen und diesen auf den Dienstposten zu befördern,
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abgelehnt. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch (die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs) glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden, da der Antragsteller das aufgestellte Anforderungsprofil nicht erfülle. Die Antragsgegnerin habe in der Stellenausschreibung mit der Voraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Notfallsanitäter und der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter konstitutive Anforderungen an die Bewerber gestellt, die der Antragsteller nicht erfülle, da er keine abgeschlossene Ausbildung zum Notfallsanitäter vorweisen könne. Der Antragsteller sei daher berechtigterweise nicht weiter im Bewerbungsverfahren berücksichtigt worden. Die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum Notfallsanitäter könne nicht im Rahmen eines Nachteilsausgleichs wegen der langjährigen Freistellung des Antragstellers als Personalratsmitglied fingiert werden. Die in den Mitbestimmungsgesetzen verankerten Benachteiligungsverbote könnten nicht dazu führen, dass für einen Dienstposten zwingend erforderliche Fachkenntnisse nicht vorliegen müssten.
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Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand. Der Antragsteller kann mit seinen dagegen im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Einwänden nicht durchdringen.
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Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht in das weitere Auswahlverfahren einzubeziehen war, da er ein konstitutives Merkmal des in zulässiger Weise aufgestellten Anforderungsprofils nicht erfüllt. Der Antragsteller verfügt unstreitig über keine abgeschlossene Berufsausbildung als Notfallsanitäter und dementsprechend auch nicht über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter.
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Bei ihrer Auswahlentscheidung hielt sich die Antragsgegnerin im Rahmen des ihr zustehenden Bewertungsspielraums. Eine Verletzung allgemeiner Bewertungsgrundsätze durch die Antragsgegnerin ist nicht festzustellen. Maßgeblich für die Überprüfung der Auswahlentscheidung ist das in der Ausschreibung enthaltene Anforderungsprofil, das bestimmt, welche Eignungsvoraussetzungen der künftige Inhaber der Stelle erfüllen muss. Mit dem Anforderungsprofil legt der Dienstherr die Kriterien zur Auswahl der Bewerber fest. Ein Bewerber scheidet dann notwendig und unmittelbar aus dem für die Auswahlentscheidung weiter zu betrachtenden Bewerberfeld aus, wenn er ein
– vom Dienstherrn zulässigerweise aufgestelltes – konstitutives (obligatorisches) Anforderungsmerkmal nicht erfüllt. Zugleich unterliegt die Frage, ob der Dienstherr das Anforderungsprofil beachtet hat, nur hinsichtlich der konstitutiven Anforderungskriterien in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 17. Juni 2019 – 2 MB 32/18 –, Rn. 8, juris).
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"Konstitutiv" sind die Merkmale des Eignungs- und Befähigungsprofils, die zum einen zwingend sind und deren Vorliegen zum anderen anhand objektiv überprüfbarer Kriterien letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber sind nicht konstitutive (fakultative) Anforderungsmerkmale solche Qualifikationen, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen (weil sie beispielsweise nur "erwünscht" sind) oder deren Vorliegen nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden kann. Hierunter fallen insbesondere solche Merkmale, die sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden, abwägenden Werturteils erschließen. Derartige Merkmale, die einen Wertungsspielraum eröffnen und über die der Dienstherr – in der Regel in einer dienstlichen Beurteilung oder vergleichbaren Stellungnahme – zunächst eine nähere Einschätzung treffen muss, können in einem Stellenbesetzungsverfahren erst dann Bedeutung erlangen, wenn der Bewerber das (zulässigerweise aufgestellte) konstitutive Anforderungsprofil erfüllt und deshalb zur näheren Überprüfung bzw. vergleichenden Gewichtung seiner im Übrigen vorliegenden Eignung in das weitere, eigentliche Auswahlverfahren einzubeziehen ist (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 17. Juni 2019 – 2 MB 32/18 –, Rn. 9 f., juris; vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschlüsse vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, Rn. 37 und vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, Rn. 49, beide juris).
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Der Inhalt und die Bindungswirkung des in einer Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungsprofils, also auch, ob die darin aufgeführten Merkmale konstitutiver oder lediglich fakultativer Art sind, muss durch eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierten Auslegung ermittelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6.13 –, Rn. 22, juris, mwN). Die Vorgaben eines Anforderungsprofils sind einer ausdehnenden Auslegung nicht zugänglich, weil sich sonst der zulässige Bewerberkreis erweitern könnte, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2007 – 2 BvR 2494/06 – Rn. 6 ff., juris). Der Bewerber muss daher erkennen können, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, Rn. 49 und vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 – Rn. 27, beide juris; vgl. zum Ganzen auch: OVG Münster, Beschluss vom 7. Juni 2018 – 1 B 1381/17 –, Rn. 20 ff., juris, mwN).
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Legt man die von der Antragsgegnerin gewählte Formulierung in Anwendung der genannten Grundsätze entsprechend § 133 BGB anhand des objektiven Empfängerhorizonts potentieller Bewerber aus, kann man bei der Voraussetzung „Sie verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Notfallsanitäter:in und die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter:in“ nur von einem konstitutiven Merkmal ausgehen. Zum einen ist für jeden potentiellen Bewerber eindeutig ersichtlich, dass diese Qualifikation von ihm verlangt wird, zum anderen ist das Vorliegen dieser Qualifikation eindeutig und unschwer festzustellen, da jeder, der die Ausbildung zum Notfallsanitäter erfolgreich absolviert, eine Erlaubnisurkunde gemäß § 24 NotSan-APrV erhält.
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Entgegen der Ausführungen des Antragstellers durfte die Antragsgegnerin diese Voraussetzung für die Stellenbesetzung auch als konstitutives Merkmal in das aufgestellte Anforderungsprofil aufnehmen. Auch wenn sich Auswahlentscheidungen grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen zu richten haben, die auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes und dessen Laufbahn gewachsen ist, und nicht an Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens, kann ausnahmsweise dann etwas anderes gelten, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, Rn. 26 und vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, Rn. 18 und 34 ff., beide juris).
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Diese Voraussetzung liegt hinsichtlich der in der Stellenausschreibung vorausgesetzten abgeschlossenen Berufsausbildung als Notfallsanitäter und der Voraussetzung des Vorliegens der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter vor. Hierbei handelt es sich um eine Fachausbildung, die der Inhaber des ausgeschriebenen Dienstpostens zwingend vorweisen muss, um die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens – Lehrkraft für die Notfallsanitäter-schule im Bereich Feuerwehr – zu erfüllen. Wesentlicher Bestandteil des ausgeschriebenen Dienstpostens ist es, Auszubildende im Bereich Notfallsanitäter zu schulen und auszubilden. Dies erfordert vom Lehrenden eine abgeschlossene Ausbildung in diesem Bereich oder zumindest das Bestehen der Ergänzungsprüfung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 NotSanG für Rettungsassistenten, die über eine fünfjährige Berufserfahrung verfügen, da er sonst erforderliches Wissen und Fertigkeiten überhaupt nicht vermitteln kann. Es ist auch weder vom Antragsteller dargelegt, noch ist davon auszugehen, dass diese besonderen Kenntnisse – das erfolgreiche Absolvieren der Ausbildung zum Notfallsanitäter oder das Bestehen der Ergänzungsprüfung – vom Antragsteller in angemessener Zeit erworben werden könnten und die Aufgabenwahrnehmung daher nicht unzumutbar beeinträchtigt würde. Denn auch wenn sich aus der Stellenausschreibung ergibt, dass neben dem Einsatz als Lehrkraft an der Notfallsanitäterschule, die Teilnahme am Feuerwehreinsatzdienst vorgesehen ist und der Antragsteller bis zum Abschluss seiner Berufsausbildung zum Notfallsanitäter in diesem Bereich eingesetzt werden könnte, ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller ohne die erfolgreich abgeschlossene Ergänzungsprüfung zeitnah in dem weiteren Hauptaufgabenbereich als Lehrkraft an der Notfallsanitäterschule eingesetzt werden kann.
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Der Antragsteller müsste zunächst die Ergänzungsprüfung nach § 32 Abs. 2 Satz 1 NotSanG, § 4 Abs. 3 NotSan-APrV bestehen. Dies stellt sich entgegen der Ansicht des Antragsstellers keineswegs als reine Formsache dar, die jeder Rettungsassistent erfolgreich absolviert. Die in der Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter abgefragten Inhalte unterscheiden sich nämlich in grundlegenden Zügen von den Inhalten, die während einer Ausbildung zum Rettungsassistenten gelehrt werden. § 18 Abs. 1 NotSan-APrV bestimmt, welche Themenbereiche nach Anlage 1 (zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 NotSan-APrV) in der mündlichen Prüfung abgefragt werden. Dies sind: Kommunikation und Interaktion mit sowie Beratung von hilfesuchenden und hilfebedürftigen Menschen unter Berücksichtigung des jeweiligen Alters sowie soziologischer und psychologischer Aspekte, Handeln im Rettungsdienst an Qualitätskriterien ausrichten, die an rechtlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen orientiert sind und bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken, lebenserhaltende Maßnahmen und Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung durchführen. Diese abzuprüfenden Themenbereiche sind weitgehender und vertiefter als die bereits in der Ausbildung zum Rettungsassistenten vermittelten Kenntnisse nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten. Insbesondere sind Notfallsanitäter gemäß Nr. 7 lit. g der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 NotSan-APrV zu befähigen, Maßnahmen zur Sicherung der Atemwege und Beatmung, zur Stabilisierung des Kreislaufs, im Rahmen der Reanimation und im Rahmen der chirurgischen Versorgung, die zur Lebenserhaltung oder zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden im Einsatzkontext erforderlich sind, bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung eigenständig durchzuführen und die dabei relevanten rechtlichen Aspekte zu berücksichtigen. Der Notfallsanitäter soll also gerade dazu befähigt werden, eigenständig auch invasive Maßnahmen bis zum Beginn einer ärztlichen Betreuung durchzuführen, wenn ein lebensgefährlicher Zustand vorliegt oder wesentliche Folgeschäden zu erwarten sind (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 lit. c NotSanG). Dies ist so in der Ausbildung zum Rettungsassistenten nicht vorgesehen; auch wenn dieser durchaus lebensrettende Maßnahmen am Notfallpatienten durchführen soll (vgl. § 3 RettAssG). Diese weitgehenden Befugnisse erfordern eine spezialisiertere Ausbildung als die zum Rettungsassistenten. Hinzu kommen weitere Anforderungen an Kommunikation und das Handeln im Rettungsdienst. In Vorbereitung der Ergänzungsprüfung muss sich der Rettungsassistent diese weitergehenden Kenntnisse aneignen. Dass ein erfolgreiches Bestehen der Ergänzungsprüfung ungewiss ist, wird bestärkt durch den Umstand, dass die Antragsgegnerin ihren Rettungsassistenten sogar einen Lehrgang im Umfang von 80 Stunden anbietet, um auf die Ergänzungsprüfung vorzubereiten. Dies wäre nicht erforderlich, wenn das Prüfungswissen bereits allein durch die Tätigkeit als Rettungsassistent erworben werden kann.
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Der weitere Einwand des Antragstellers, dass es bei vorherigen Ausschreibungen des streitgegenständlichen Dienstpostens seitens der Antragsgegnerin für ausreichend erachtet worden sei, dass die Ausbildung auf dem Dienstposten nachgeholt werde, vermag der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Dienstherr bestimmt im Rahmen seines organisatorischen Ermessens, welche Eignungsvoraussetzungen der zukünftige Stelleninhaber erfüllen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 A 2.14 –, Rn. 14 ff. und Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7.09 –, Rn. 18, beide juris). Die Einschätzung, für die konkret zu besetzende Stelle einer Lehrkraft an der Notfallsanitäterschule nunmehr von Beginn an eine abgeschlossene Ausbildung zum Notfallsanitäter zu fordern, überschreitet nicht die Grenzen des dem Dienstherrn zustehenden organisatorischen Ermessens, da die nach dem Grundsatz der Bestenauswahl anzulegenden Maßstäbe des Leistungsprinzips nicht beschränkt, sondern konkretisiert und zugleich modifiziert werden; beschränkt wird nur der diesen Maßstäben unterfallende Bewerberkreis (vgl. VGH Bayern, Beschluss vom 18. Juni 2012 – 3 CE 12.675 –, Rn. 80, juris). Insbesondere ist es der Antragsgegnerin auch unbenommen, im Zuge der Neubesetzung einer Stelle solche Merkmale in ein erstmals erstelltes Anforderungsprofil aufzunehmen, die in der Vergangenheit nicht von Bewerbern verlangt wurden (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 21. Januar 2016 – 2 B 327/15 –, Rn. 16, juris).
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Soweit der Antragsteller darüber hinaus geltend macht, ihm könne im Rahmen der Auswahlentscheidung aufgrund seiner vorangegangenen Tätigkeit als freigestelltes Mitglied des Personalrates nicht entgegengehalten werden, dass er die Ausbildung zum Notfallsanitäter bzw. die Ergänzungsprüfung hierzu bisher nicht absolviert habe, führt dies ebenfalls zu keiner Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs.
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Der Antragsteller hat die geforderte Ausbildung bzw. Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter unstreitig nicht absolviert. Diese ist auch nicht im Rahmen einer Nachzeichnung der beruflichen Laufbahn zu fingieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 2 B 1.13 –, Rn. 8 ff., juris). Richtigerweise hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass besondere praktische und theoretische Kenntnisse, die ein Dienstposteninhaber zur ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung in Bezug auf seinen bestimmten Dienstposten notwendigerweise besitzen muss, von einer Fiktion ausgeschlossen sind. Eine solche würde die Gefahr bergen, dass Dienstposten aufgrund der Fiktion mit fachlich ungeeigneten Bewerbern besetzt würden. Dies zeigt sich überdeutlich an dem vorliegenden Dienstposten, der die didaktische Vermittlung spezifischer notfallmedizinischer Kenntnisse erfordert.
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Eine Verpflichtung des Dienstherrn, derartige spezifischen Kenntnisse ausnahmsweise nicht vorauszusetzen, ergibt sich auch nicht aus dem Benachteiligungsverboten des § 36 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 7 MBG-SH. § 107 Satz 1 BPersVG, der vom Antragsteller angeführt wird, ist nicht anwendbar, da es sich bei dem Antragsteller nicht um einen Bundesbeamten handelt (vgl. §§ 1 und 4 Abs. 1 BPersVG).
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Nach § 36 Abs. 6 Satz 1 MBG-SH dürfen Freistellungen nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Um eine Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs eines freigestellten Personalratsmitglieds zu vermeiden, ist dieser Werdegang im Wege der fiktiven Laufbahnnachzeichnung so zu behandeln, wie der nicht freigestellter Kollegen, die hinsichtlich ihrer Tätigkeit und Qualifikation vergleichbar sind (vgl. Noll, in: Altvater/ Baden/ Berg/ Kröll/ Noll/ Seulen, BPerSVG, 9. Auflage 2016, § 46, Rn. 79 zur vergleichbaren Regelung des BPersVG). Es wird also gerade auf tatsächlich vorhandene Qualifikationen abgestellt. Dies ist, solange der Antragsteller die Ergänzungsprüfung des Notfallsanitätergesetzes nicht bestanden hat, eben gerade nicht ohne weiteres anzunehmen. Auch folgt aus diesen Regelugen nicht, dass das freigestellte Personalratsmitglied im Rahmen der fiktiven Laufbahnnachzeichnung einen Anspruch auf einen bestimmten Dienstposten hat, der besondere Qualifikationen voraussetzt.
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Für dieses Verständnis spricht auch § 36 Abs. 7 MBG-SH. Nach dieser Vorschrift dürfen von ihrer dienstlichen Tätigkeit freigestellte Mitglieder des Personalrates nicht von Maßnahmen der Berufsbildung innerhalb und außerhalb der Verwaltung ausgeschlossen werden und ihnen ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung als Mitglied des Personalrates in besonderer Weise Gelegenheit zu geben, sich fortzubilden. Eine solche Regelung zur Fortbildung während der Zeit der Freistellung wäre überflüssig, wenn im Rahmen der Nachzeichnung der beruflichen Laufbahn auch die Teilnahme an von vergleichbaren Beamten absolvierten Fortbildungsmaßnahmen fingiert würde. Vielmehr zeigt diese Vorschrift, dass berufliche Qualifikationen auch von freigestellten Personalratsmitgliedern erworben werden müssen und diese gerade nicht fingiert werden (vgl. zum Ganzen auch OVG Sachsen, Beschluss vom 26. Februar 2013
– 2 A 948/10 –, juris, der sich mit dem Nachteilsausgleich einer Gleichstellungsbeauftragten beschäftigt).
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Auch mit dem Einwand, dass drei seiner Kollegen, die ein Amt der Besoldungsgruppe A9 innehaben, ohne vorherige Ausschreibung auf Stellen tätig seien, die der streitgegenständlichen Stelle entsprächen, kann der Antragsteller nicht gehört werden. Die Antragsgegnerin ist diesen Behauptungen entgegengetreten und hat ausgeführt, dass diesen Stellenbesetzungen ebenfalls Auswahlverfahren vorangegangen seien. Der Senat hat keine Anhaltspunkte, diese Angaben in Abrede zu stellen. Im Übrigen erschließt sich dem Senat nicht, wie dieser Vortrag bei der hier streitgegenständlichen Stellenausschreibung dem Antragsteller zum Erfolg verhelfen könnte.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da dieser keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
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Der Wert des Streitgegenstandes beträgt gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, § 40 GKG ein Viertel der Summe der für das Kalenderjahr 2020 zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (OVG Schleswig, Beschluss vom 29. Juli 2014
– 2 O 11/14 -).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
- BPersVG § 1 1x
- BPersVG § 4 1x
- BGB § 133 Auslegung einer Willenserklärung 2x
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- § 3 RettAssG 1x (nicht zugeordnet)
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- VwGO § 146 1x
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- § 18 Abs. 1 NotSan-APrV 1x (nicht zugeordnet)
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- § 4 Abs. 2 Nr. 1 lit. c NotSanG 1x (nicht zugeordnet)
- BPersVG § 107 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 162 1x
- VwGO § 152 1x
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- 2 MB 32/18 2x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 2494/06 1x (nicht zugeordnet)
- 1 B 1381/17 1x (nicht zugeordnet)
- 2 B 327/15 1x (nicht zugeordnet)
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