Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 MB 6/21

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 29. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

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Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Januar 2021 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

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Die gestellten Anträge,

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1. unter Aufhebung des Beschlusses der 6. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. Januar 2021 zum Az. 6 B 1/21 der Antragsgegnerin aufzuerlegen, den Bürgerentscheid 2 sowie den Bürgerentscheid 4 vom 27. September 2020 nicht zu vollziehen und den beiden Begehren der Bürgerentscheide 1 und 3 entgegenstehende Entscheidungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zu treffen und mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht zu beginnen,

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2. unter Aufhebung des Beschlusses der 6. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. Januar 2021 zum Az. 6 B 1/21 im Wege eines Hängebeschlusses der Antragsgegnerin aufzuerlegen, für den Zeitraum dieses Eilverfahrens den Bürgerentscheid 2 sowie den Bürgerentscheid 4 vom 27. September 2020 nicht zu vollziehen und den beiden Begehren der Bürgerentscheide 1 und 3 entgegenstehende Entscheidungen nicht zu treffen und mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht zu beginnen,

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3. unter Aufhebung des Beschlusses der 6. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. Januar 2021 zum Az. 6 B 1/21 hilfsweise den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 23. November 2020 zum Az. 6 B 50/20 abzuändern und der Antragsgegnerin aufzuerlegen, den Bürgerentscheid 2 sowie den Bürgerentscheid 4 vom 27. September 2020 nicht zu vollziehen und den beiden Begehren der Bürgerentscheide 1 und 3 entgegenstehende Entscheidungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zu treffen und mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht zu beginnen,

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haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat das Begehren der Antragsteller, den Vollzug der Bürgerentscheide 2 und 4 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu unterbinden, zu Recht abgelehnt.

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I. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Maßgeblich sei, dass die Grundsätze des Wahlprüfungsrechts hier grundsätzlich zu berücksichtigen seien, da nach § 10 Abs. 3 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeinde-, der Kreis- und der Amtsordnung (GKAVO) die Vorschriften des Gesetzes über die Wahlen in den Gemeinden und Kreisen in Schleswig-Holstein (Gemeinde- und Kreiswahlgesetz – GKWG) sowie der Landesverordnung über die Wahlen in den Gemeinden und Kreisen in Schleswig-Holstein (Gemeinde- und Kreiswahlordnung – GKWO) entsprechende Anwendung fänden. Gemäß § 40 Abs. 1 GKWG stehe der Person, die Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl erhoben hat sowie der Person, deren Wahl für ungültig erklärt wurde, sowie der Kommunalaufsichtsbehörde gegen die Entscheidung der zuständigen Stelle binnen zwei Wochen die Klage beim Verwaltungsgericht zu. Dass die Feststellung der Ungültigkeit einer Wahl durch das Verwaltungsgericht nur in einem durch Klage eingeleiteten Hauptsacheverfahren getroffen werden könne, lege schon der Wortlaut des § 40 Abs. 1 GKWG nahe. Eine erweiternde Auslegung des § 40 Abs. 1 GKWG, nach der eine Wahlprüfung auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgenommen werden könnte, würde den Besonderheiten der allein dem öffentlichen Interesse dienenden Wahlprüfung einerseits und den mit der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verfolgbaren Zwecken nicht gerecht. Die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl durch eine einstweilige Anordnung würde die Hauptsache im Rechtssinne endgültig vorwegnehmen, denn Anordnungs- und Klageantrag stimmten überein und die erlassene Regelung stünde nicht unter dem Vorbehalt des Ausgangs des Klageverfahrens. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern zulässig, wenn der Hauptsacherechtsschutz zu spät käme und dies für die Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen würde. Derartige Nachteile seien im Wahlprüfungsverfahren im Sinne von § 40 GKWG jedoch schon deswegen auszuschließen, weil es nicht um den Schutz subjektiver Rechte gehe, mithin der Erlass einer „Feststellungsanordnung” ausscheide.

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Eine Möglichkeit, im Wege des Eilrechtsschutzes objektive Wahlfehler, also Fehler, die sich nicht unmittelbar auf das eigene aktive bzw. passive Wahlrecht ausgewirkt hätten, geltend zu machen, bestehe nicht, da ein entsprechender Rechtsweg nur demjenigen eröffnet sei, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt sei. Art. 19 Abs. 4 GG setze ebenso wie § 123 Abs. 1 VwGO das Bestehen eines subjektiven Rechts voraus, welches verletzt sein könnte. Das Wahlprüfungsverfahren sei aber dazu bestimmt, im öffentlichen Interesse die gesetzmäßige Zusammensetzung der Volksvertretung zu gewährleisten.

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Diese Grundsätze fänden auch im vorliegenden Verfahren Anwendung, in dem es der Sache nach um die (wahl- bzw. abstimmungs-)fehlerfreie Durchführung eines Bürgerentscheides gehe. Der Umstand, dass es dabei nicht um eine Wahl zur Vergabe von Mandaten in Gemeindevertretungen bzw. Kreistagen gehe, rechtfertige keine unterschiedliche Behandlung.</p>

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Die Frage der (wahl- bzw. abstimmungs-)fehlerfreien Durchführung bzw. Feststellung des Ergebnisses eines Bürgerentscheides sei durch den Verweis des § 10 Abs. 3 GKAVO allein im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens zu klären. Subjektiv-öffentliche Rechte der Personen, die Einspruch in Bezug auf den Bürgerentscheid eingelegt hätten, seien nicht Gegenstand der Prüfung. Da § 10 Abs. 3 GKAVO das Wahlprüfungsverfahren insgesamt in Bezug nehme, sei nicht erkennbar, warum bei Bürgerentscheiden, anders als beim eigentlichen Wahlprüfungsverfahren, die durchzuführende Prüfung nicht allein dem öffentlichen Interesse, also primär und unmittelbar dem Schutz des objektiven Wahl- bzw. Abstimmungsrechts, diene. Dass dies auch hier so sei, zeige sich nicht zuletzt daran, dass die Antragsteller gerade solche objektiven Fehler im Rahmen der Vorbereitung der Abstimmung rügten. Dies täten sie letztlich als abstimmungsberechtigte Bürger der Antragsgegnerin in Bezug auf die in deren Gemeindegebiet durchgeführte Abstimmung.

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Soweit das OVG Münster in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2019 ausführe, dass die Vertretungsberechtigten „ein subjektives Recht auf die gesetzliche Durchführung des Bürgerentscheids“ hätten (Beschl. v. 27.06.2019 - 15 A 2503/18 -, BeckRS 2019, 16447 Rn. 60), sei dieser Rechtssatz hier bereits deshalb nicht anzuwenden, da nach dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Landesrecht – anders als nach schleswig-holsteinischem Landesrecht – eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle der Abstimmung gerade nicht vorgesehen gewesen sei.

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Auch der Umstand, dass bei Bürgerentscheiden – anders als bei Wahlen – keine Repräsentantinnen bzw. Repräsentanten gewählt würden, sondern eine Entscheidung über eine Einzelfrage herbeigeführt werde, rechtfertige keine abweichende rechtliche Bewertung. Denn in dem hier durchzuführenden (gerichtlichen) Prüfungsverfahren seien allein objektive Verstöße, nicht aber subjektive Rechtsverletzungen Prüfungsgegenstand, so dass auch aus Art. 19 Abs. 4 GG kein Bedürfnis für ein Eilrechtsschutzverfahren abzuleiten sei. In Folge der unbeschränkten Bezugnahme des § 10 Abs. 3 GKAVO mache es keinen Unterschied, ob ein Einspruchsführer eine objektive Überprüfung einer Wahl oder eines Bürgerentscheids begehre; es gehe gerade nicht um eine private Rechtsdurchsetzung in Folge einer subjektiven Rechtsverletzung.

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Aus § 16g Abs. 5 Satz 2 Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (Gemeindeordnung – GO) ergebe sich nichts Anderes. Diese Norm sei bereits vom Wortlaut her nicht mehr anwendbar, da der Bürgerentscheid durchgeführt worden sei. Ein „Wiederaufleben“ der Sperrwirkung in Folge eines Einspruches gegen die Durchführung der Abstimmung und der daraus folgenden Abstimmungsprüfung nach den Bestimmungen der Wahlprüfung sei der Regelung nicht zu entnehmen. Die Sperrwirkung ergebe sich auch nicht aus § 10 GKAVO oder aus der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung, die nicht zu schleswig-holsteinischem Landesrecht ergangen sei.

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Des Weiteren sei der hilfsweise gestellte Antrag zu 3. unzulässig. Er sei bereits unstatthaft. Für eine analoge Anwendung des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO bestehe bereits kein Bedürfnis, da &#8211; wie auch die Antragsteller ausgeführt hätten – vorliegend im Grundsatz ein neuer Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt werden könnte und insofern eine Abänderung des Beschlusses vom 23. November 2020 sowie des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020 nicht erforderlich wäre. Letztlich komme es darauf aber auch nicht an, da der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog auch deshalb erfolglos wäre, weil das letztlich auch damit verfolgte Eilrechtsschutzbegehren aus den oben dargelegten Gründen (immer noch) unzulässig wäre.

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II. Die Antragsteller machen mit ihrer form- und fristgemäß erhobenen Beschwerde geltend, das Abstimmungsprüfungsverfahren nach § 10 Abs. 3 GKAVO in Verbindung mit §§ 38 ff. GKWG sei der Wahlprüfung nach Art. 41 GG nachgebildet. Durch das Gesetz über das Verfahren bei Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung nach Art. 29 Abs. 6 GG habe dieses Wahlprüfungsverfahren auf Abstimmungen über bestimmte Sachfragen Anwendung gefunden; dabei seien verschiedene Konstellationen zu beachten. Es sei grundsätzlich zwischen Wahlen und Abstimmungen zu differenzieren. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG sei landesgesetzlich nicht einschränkbar. Das Verwaltungsgericht habe die verschiedenen Rechtsschutzkonstellationen nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb eine unzutreffende rechtliche Würdigung vorgenommen. Das angenommene Ausschlussargument, dass es in Wahl- und Abstimmungsprüfungen nicht um den Schutz subjektiver Rechte gehe, sei unzutreffend. Denn dem Wahlprüfungsverfahren komme eine Doppelfunktion zu; es diene zumindest mittelbar auch dem subjektiven Rechtsschutz. Neben der objektiven Aufgabe der Sicherung des Demokratieprinzips gehe es jedenfalls mittelbar um die Gewährleistung der subjektiven Rechtspositionen des aktiven und passiven Wahlrechts. Ansonsten käme es zu verfassungsrechtlich inakzeptablen Rechtsschutzlücken im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Diese Doppelfunktion des Wahlprüfungsverfahrens sei bei Abstimmungen wegen der – der Bürgerbeteiligung innewohnenden – Verwirklichung grundgesetzlich geschützter demokratischer Mitwirkungsrechte noch stärker ausgeprägt.

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Das Bundesverfassungsgericht habe den Erlass einer einstweiligen Anordnung dann für möglich gehalten, wenn ein zulässiger Antrag im Hauptsacheverfahren gestellt werden könnte. Insoweit sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits während der gemeindlichen Abstimmungsprüfung – wie vorliegend beantragt – möglich sei. In einem später entschiedenen Verfahren habe das Bundesverfassungsgericht es nicht einmal für möglich gehalten, dass jemand erwägen oder vertreten könnte, dass die rechtlichen Besonderheiten des Rechtsschutzes im Wahlverfahren von vornherein rechtsdogmatisch die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes ausschließen könnten und sich mit dieser Frage folgerichtig auch nicht auseinandergesetzt.

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Aus dem objektiven Charakter von Wahl- bzw. Abstimmungsverfahren folge keine Rechtfertigung für den Ausschluss subjektiven Rechtsschutzes. Vielmehr sei dessen Nichtgewährung begründungsbedürftig. Nur zwingende Gründe seien ausnahmsweise für den Ausschluss subjektiven Rechtsschutzes geeignet; dies gebiete die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG. Einen solchen Grund habe das Verwaltungsgericht in seinem angegriffenen Beschluss indes nicht benannt; einen solchen gebe es vorliegend auch nicht. Da nach § 40 Abs. 2 GKWG, auf den § 10 Abs. 3 GKAVO für die Durchführung des Bürgerentscheids verweise, für das Abstimmungsprüfungsverfahren vor den Verwaltungsgerichten grundsätzlich die allgemeinen Grundsätze über das verwaltungsgerichtliche Verfahren Geltung beanspruchten, könne von einem pauschalen Ausschluss einstweiligen Rechtsschutzes – zumal in Ansehung von Art. 19 Abs. 4 GG – nicht ausgegangen werden. Im Übrigen könnten sie, die Antragsteller, Verfahrensteilhaberechte, die ihnen aus § 38 Abs. 1 sowie aus &#167; 40 Abs. 1 GKWG erwüchsen, für sich geltend machen.

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Darüber hinaus machen die Antragsteller einzelne Fehler und Unregelmäßigkeiten im Vorfeld sowie bei Durchführung der Abstimmung geltend.

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Da Vollzugsmaßnahmen auch während des anhängigen Beschwerdeverfahrens drohten, sei dem Antrag zu 2. im Wege eines so genannten Hängebeschlusses stattzugeben.

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Zumindest sei jedenfalls dem Antrag zu 3. stattzugeben. Es sei möglich, dieses Verfahren als Abänderungsverfahren zu dem bereits mit Beschlüssen vom 23. November 2020 (Az. 6 B 50/20) und vom 9. Dezember 2020 (Az. 3 MB 47/20) beendeten Eilrechtsschutzverfahren anzusehen. Der nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog erforderliche veränderte Umstand liege hier darin, dass mit dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 2020, mit dem mitgeteilt worden sei, dass die Gemeindevertretung den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen habe, die kommunale Wahlprüfung abgeschlossen und nunmehr das gerichtliche Verfahren nach § 40 GKWG in Gang gesetzt worden sei. Ob ein Antrag direkt über § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO begr&#252;ndet werde (Antrag zu 1.) oder über eine Analogie nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (Antrag zu 3.) könne dahinstehen. Der Antrag werde vorsorglich gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog als Hilfsantrag gestellt.

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III. Diese Darlegungen, nach denen sich der Umfang der gerichtlichen Überprüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO bemisst, sind nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

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1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, der Antragsgegnerin aufzuerlegen, den B&#252;rgerentscheid 2 sowie den Bürgerentscheid 4 vom 27. September 2020 nicht zu vollziehen und den beiden Begehren der Bürgerentscheide 1 und 3 entgegenstehende Entscheidungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zu treffen und mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht zu beginnen, abgelehnt. Die Antragsteller sind nicht antragsbefugt. Denn es fehlt an einer sicherungsfähigen Rechtsposition der Antragsteller; sie können sich nicht auf die (mögliche) Verletzung von subjektiven Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO berufen. Bei dem durch § 10 Abs. 3 GKAVO in Verbindung mit § 40 GKWG dennoch eingeräumten Klagerecht handelt es sich um eine spezielle und abschließende Rechtsschutzmöglichkeit.

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Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet effektiven Rechtsschutz, wenn jemand behauptet, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.10.1961 - 2 BvR 4/60 -, juris Rn. 68, BVerfGE 13, 132 <151>; Beschl. v. 17.12.1969 - 2 BvR 23/65 -, juris Rn. 21, BVerfGE 27, 297 <305>). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt Art. 19 Abs. 4 GG subjektive Rechte voraus und begründet sie nicht (Nichtannahmebeschl. v. 22.02.2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris Rn. 23 mwN; Nichtannahmebeschl. v. 16.09.2010 - 2 BvR 2349/08 -, juris Rn. 34 mwN). Derartige, den Antragstellern zustehende subjektive Rechte, aus denen sich vorliegend eine Antragsbefugnis für die Durchführung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Sicherungsanordnung) herleiten lie&#223;e, liegen nicht vor.

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Zwar begrü;ndet § 16g Abs. 3 Satz 1 GO, wonach über Selbstverwaltungsaufgaben die Bürgerinnen und Bürger einen Bürgerentscheid beantragen können (Bürgerbegehren), nach ständiger Rechtsprechung des beschließenden Oberverwaltungsgerichts ein sicherungsfähiges öffentliches Recht, soweit das Bürgerbegehren zulässig ist. Der in § 16g Abs. 5 Satz 2 GO angeordnete gesetzliche „Suspensiveffekt“ („Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, zu diesem Zeitpunkt bestehen rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu.“) macht einstweiligen Rechtsschutz ab Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bis zur Durchführung des Bürgerentscheids überflüssig, weil regelmäßig ein Anordnungsgrund nicht gegeben sein dürfte, es sei denn die Gemeinde ist gewillt, den gesetzlichen „Suspensiveffekt“ zu missachten. Das schließt zwar – gerade auch im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Rechtsweggarantie – einstweiligen Rechtsschutz im Übrigen nicht aus, insbesondere dann, wenn die Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde, das Bürgerbegehren sei unzulässig, mit der Beschwerde angegriffen wird (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 08.10.2008 - 2 MB 25/08 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 20.07.2007 - 2 MB 15/07 -, juris Rn. 3; Beschl. v. 22.08.2005 - 2 MB 30/05 -, juris Rn. 5). Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben; denn die Bürgerbegehren waren zulässig und die Bürgerentscheide fanden statt.

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Bei den hiesigen Antragstellern handelt es sich vielmehr um die Vertretungsberechtigten der Bürgerbegehren im Sinne von § 16g Abs. 3 Satz 3 GO. Soweit die für das Land Schleswig-Holstein geltende Gemeindeordnung den Vertrauensleuten Mitwirkungsrechte im Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid einräumt (vgl. § 16g Abs. 5 Satz 5, vgl. ferner § 16g Abs. 6 Satz 2 GO), sind die Vertrauensleute Teil der kommunalen Willensbildung und können als Organ der Gemeinde nicht die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) geltend machen. Ansonsten kommt ihnen der Status als abstimmungsberechtigte Bürger zu.

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Gemäß § 16g Abs. 3 Satz 3 GO muss das Bürgerbegehren bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Im Hinblick auf diese so genannten Vertrauenspersonen ist anerkannt, dass diese – als Vertreter des zugelassenen Bürgerbegehrens im institutionellen Gefüge der Gemeinde – eine organschaftliche Funktion wahrnehmen und deshalb nicht in den Schutzbereich von Art. 19 Abs. 4 GG fallen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 22.02.2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris Rn. 22ff. zum hessischen Landesrecht mwN zum jeweiligen Recht anderer Länder). Soweit das materielle Recht den Vertrauensleuten eines Bürgerbegehrens daher keine subjektive Rechtsstellung zuweist, kommt eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG von vornherein nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 22.02.2019, a.a.O., juris Rn. 24).

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Für die Durchführung des Bürgerentscheids – mithin auch für die hier streitigen Abstimmungen vom 27. September 2020 – gelten gemäß § 10 Abs. 3 GKAVO die Bestimmungen des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes und der Gemeinde- und Kreiswahlordnung über die Gemeindewahl entsprechend. Das hat zur Folge, dass nach Durchführung des Bürgerentscheids regelmäßig kein Bedürfnis für ein Fortwirken des Suspensiveffekts bzw. für die Inanspruchnahme vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes besteht (vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 19.08.1997 - 4 ZE 97.2417 -, juris). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

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Für das Wahlprüfungsverfahren ist anerkannt, dass die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl nicht durch einstweilige Anordnung getroffen werden kann (OVG Schleswig, Beschl. v. 07.04.2000 - 2 M 4/00 -, juris LS 2 und Rn. 15f. mwN.; vgl. ferner OVG Münster, Beschl. v. 23.11.2011 - 15 B 1427/11 -, juris Rn. 3ff. mwN). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass es sich um ein objektives Verfahren handelt, das besonderen Regelungen unterliegt. Im Gegensatz zu der unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Rechtsschutzgewährleistung, die der Sicherung subjektiver Rechte der einzelnen Bürgerinnen und Bürger dient, handelt es sich bei dem dem Rechtsschutzverfahren der Wahlprüfung innewohnenden Verfahren um ein solches, das dem allgemeinen öffentlichen Interesse an einem ordnungsgemäßen Vollzug des Wahlvorgangs dient. Insoweit regelt die Sondervorschrift des § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 54 Nr. 1, 2 GKWG, dass die bzw. der Wahlberechtigte bzw. die Bewerberin oder der Bewerber, die oder der Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl erhoben hat, gegen die Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde binnen zwei Wochen Klage beim Verwaltungsgericht erheben kann. Geht es aber nicht um den Schutz subjektiver Rechte im Wahlprüfungsverfahren, muss der Erlass einer „Feststellungsanordnung“ (betreffend die Ungültigkeit der Wahl) ausscheiden, denn die ansonsten – ausnahmsweise – Zulässigkeit einer „Feststellungsanordnung“ wird mit dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG herzuleitenden Gebot effektiven Rechtsschutzes begründet. Auf diese Argumentation kann im – objektiven – Wahlprüfungsverfahren nicht zurückgegriffen werden. Damit stehen die rechtsschutzsuchenden Wahlberechtigten indes nicht rechtlos, denn die Sondervorschriften des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes ermöglichen es ihnen, gegebenenfalls den Weg zu den Verwaltungsgerichten zu beschreiten.

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Geht es bei der Teilnahme an Wahlen um die Bestimmung von Repräsentanten zur Ausübung staatlicher Gewalt (mittelbare oder auch repräsentative Demokratie), handelt es sich bei der Teilnahme an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden um die Ausübung unmittelbarer Staatsgewalt (unmittelbare Demokratie). (Auch) insoweit verweist § 10 Abs. 3 GKAVO auf die entsprechende Anwendbarkeit der Be-stimmungen des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes und mithin wiederum auf § 40 GKWG und die darin angeordnete Möglichkeit, unter den dort geregelten Voraussetzungen Klage vor den Verwaltungsgerichten zu erheben. Auch für dieses Verfahren nach § 16g GO kommt die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nicht in Betracht. Ebenso wie bei der Wahlprüfung geht es bei der Überprüfung der Durchführung von Bürgerbegehren / Bürgerentscheiden nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Vielmehr soll die Frage, ob das Bürgerbegehren / hier die Bürgerentscheide ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, den für das Wahlprüfungsverfahren folgenden Grundsätzen entsprechend einem eigens dafür vorgesehenen verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren vorbehalten bleiben. Ebenso wie nämlich Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern kein Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens zum Erlass gemeindlicher Entscheidungen zusteht, steht den an einem Bürgerbegehren / einem Bürgerentscheid teilnehmenden Bürgerinnen und Bürgern kein solches subjektives Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Bürgerbegehrens zu. Vielmehr ist die ordnungsgemäße Durchführung eines Bürgerentscheids im öffentlichen Interesse zu gewährleisten und notfalls aufsichtsbehördlich im Wege der Kommunalaufsicht durchzusetzen (vgl. § 16g Abs. 8 Satz 1 in Verbindung mit §§ 120 ff., insbesondere § 123 Abs. 1 GO). Bürgerentscheide als Instrumente unmittelbarer Demokratie stehen selbständig neben Entscheidungen der Gemeinde in Ausübung repräsentativer Demokratie. Ein Streit um Kompetenzen und Rechte innerhalb der Gemeinde kommt daher für Bürgerinnen und Bürger sowie;r Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerbegehren bei Bürgerentscheiden nicht in Betracht (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.08.1997 - 4 ZE 97.2417 -, juris Rn. 10f.; vgl. ferner Meyer, Rechtsschutz bei kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden, NVwZ 2003, 183 <184>). Das Instrument des Bürgerentscheids erschöpft sich nämlich in der unmittelbaren Mitwirkung und Abstimmung in der Wahrnehmung des Stimmrechts (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 16.09.2010 - 2 BvR 2349/08 -, Rn. 36ff.; vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 20.02.2001 - 10 L 2705/99 -, juris Rn. 31ff).

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Da der Verweis in § 10 Abs. 3 GKAVO auf die Klagemöglichkeit § 40 GKWG die Bürgerinnen und Bü;rger nach Vorstehendem nicht in ihren Grundrechten tangiert, ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Verweis nicht in einem Parlamentsgesetz, sondern in einer Landesverordnung geregelt ist.

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Sofern § 16g Abs. 8 Satz 2 GO regelt, dass der Bürgerentscheid die Wirkung eines Beschlusses der Gemeindevertretung oder des zuständigen Ausschusses hat und innerhalb von zwei Jahren nur durch einen Bürgerentscheid abgeändert werden kann, mit der Folge, dass die Rechtsprechung den abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in Ausgestaltung und Ergänzung ihres Rechts zur Teilnahme an der Abstimmung nach § 6 i. V. m. § 16g Abs. 7 Satz 1 GO ein eigenes Recht auf Aufrechterhaltung und Beachtung des Bürgerentscheides zugebilligt hat (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 21.06.1995 - 2 L 121/94 -, juris Rn. 68), ist diese Konstellation vorliegend nicht gegeben. Vielmehr sind die von den Bürgerinnen und Bürgern initiierten Bürgerentscheide 1 und 3 erfolglos geblieben; mithin ist das Sicherungsrecht erloschen (vgl. BeckOK VwGO/Kuhla, 57. Ed. 01.07.2020, VwGO § 123 Rn. 110).

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Folglich kann die Antragsgegnerin die Bürgerentscheide 2 und 4 im Rahmen der ihr verfassungsrechtlich eingeräumten Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG) vollziehen. Ob das Abstimmungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, und ob sich daraus gegebenenfalls rechtliche Konsequenzen im Hinblick auf den Vollzug der Bürgerentscheide ergeben, muss hingegen der Klärung in dem anhängigen Klageverfahren (Az. 6 A 358/20) nach § 40 GKWG vorbehalten bleiben.

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Diese Erwägungen halten sich auch innerhalb der verfassungsgerichtlichen Ma3;gaben, die zu Art. 41 GG und nachfolgend zu Abstimmungsverfahren im Rahmen von Volksentscheiden bzw. Volksbegehren entwickelt worden sind.

35

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur mit den in den Wahlvorschriften vorgesehenen Rechtsbehelfen und im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden; das Bundesverfassungsgericht hat zur Begründung seiner Rechtsprechung ausgeführt, dass Art. 41 GG in Verbindung mit § 48 BVerfGG gegenüber Art. 19 Abs. 4 GG lex specialis sei. Damit werde die Korrektur etwaiger Wahlfehler einschließlich solcher, die Verletzungen subjektiver Rechte enthalten, dem Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 GG entzogen (BVerfG, Beschl. v. 24.08.2009 - 2 BvQ 50/09 -, juris Rn. 11 mwN). Ist nach der gesetzlichen Konzeption Rechtsschutz im Wahlverfahren grundsätzlich erst nach der Durchführung einer Wahl zu erlangen, so schließt dies auch eine in das einstweilige Anordnungsverfahren vorverlegte Wahlprüfungsbeschwerde aus, die sich gegen Entscheidungen und Maßnahmen im Wahlverfahren richtet (BVerfG, Beschl. v. 23.07.2013 - 2 BvQ 30/13 -, juris Rn. 5 mwN).

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Auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Unterschied zum normalen Wahlprüfungsverfahren, dem die Ordnungsgemäßheit einer Parlamentswahl zugrunde liegt, beim Volksbegehren / Volksentscheid Prüfungsgegenstand die Gesamtheit der Abstimmungsvorgänge sind, bemisst sich die Prüfungskompetenz (wiederum) daran, ob bei dem Volksentscheid das objektive Recht eingehalten worden ist oder im Falle seiner Verletzung nicht ausgeschlossen werden kann, dass es ohne die “Wahlfehler“ zu einem (anderen) Abstimmungsergebnis gekommen wäre (vgl. Maunz/Dürig/Klein, 93. EL Oktober 2020, GG Art. 41 Rn. 4; BVerfG, Beschl. v. 02.04.1974 - 2 BvP 1/71 u. a.-, juris Rn. 21; BVerfG, Beschl. v. 24.03.1976 - 2 BvP 1/75 -, juris Rn. 27). Auch insoweit kann es nach Durchf2;hrung des Volksbegehrens / Volksentscheides keine derart unzumutbaren Nachteile geben, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten erscheinen lassen; vielmehr ist Rechtsschutz ebenso nach dem dafür vorgesehenen gerichtlichen Überprüfungsverfahren zu erlangen.

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Soweit die Antragsteller meinen, aus den von ihnen zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ließe sich ein Argument für das Vorliegen eines subjektiven Rechts für vorliegende Konstellation entnehmen, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

38

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann das Bundesverfassungsgericht gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG im Streitfall (auch bereits vor Anhängigkeit eines Verfahrens zur Hauptsache) einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die Hauptsache erweist sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 04.12.2020 - 2 BvQ 94/20 -, juris Rn. 2-3 mwN).

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Demgegenüber gibt es in der Verwaltungsgerichtsordnung keine dem § 32 BVerfGG vergleichbare allgemeine Norm, sondern nur die dem subjektiven Rechtsschutz dienenden Regelungen in §§ 123, 80 Abs. 5 und § 47 Abs. 6 VwGO, hingegen keine vergleichbare Vorschrift, nach der einstweiliger Rechtsschutz im Wahlprüfungsverfahren vorgesehen wäre. Die Entscheidung des schleswig-holsteinischen Gesetzgebers, dennoch den Rechtsschutz in der Hauptsache (§ 40 GKWG, für die Durchführung des Bürgerentscheids anwendbar gemäß §10 Abs. 3 GKAVO) einzuräumen, stand ihm frei. Da es dabei aber nicht um die Gewährung subjektiven Rechtsschutzes, sondern um eine objektive Rechtsprüfung geht (siehe vorstehende Ausführungen), ist es vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber nicht zugleich die Möglichkeit der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes in § 40 GKWG bzw. in 10 Abs. 3 GKAVO geregelt hat.

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Zudem sind die von den Antragstellern angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 24.07.2018 - 2 BvQ 33/18 - und v. 09.06.2020 - 2 BvC 37/19 -, jeweils veröffentlicht in juris) zum Wahlprüfungsrecht ergangen und nicht auf hiesige Konstellation übertragbar; aus ihnen ergibt sich für die Antragsteller keine günstigere Rechtsposition. Denn das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass einer einmal durch eine Wahl hervorgebrachten Volksvertretung grundsätzlich ein im Demokratiegebot wurzelnder Bestandsschutz zukommt. Demgemäß führt sogar das rechtskräftig festgestellte Vorliegen eines Wahlfehlers im Wahlprüfungsverfahren nicht automatisch zur Ungültigerklärung der Wahl. Vielmehr setzt dies zum einen voraus, dass der Wahlfehler Mandatsrelevanz entfaltet. Zum anderen unterliegt auch dann die Wahlprü;fungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs. Der Eingriff in die Zusammensetzung der gewählten Volksvertretung durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung muss trotz des Interesses an der Erhaltung der gewählten Volksvertretung gerechtfertigt sein. Vor diesem Hintergrund ist hinsichtlich der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren durch einen Eingriff in die Zusammensetzung des Parlaments besondere Zurückhaltung geboten. Steht das Vorliegen eines Wahlfehlers noch nicht fest, kommt dem im Demokratiegebot wurzelnden Bestandsschutz der gewählten Volksvertretung besondere Bedeutung zu (Beschl. v. 09.06.2020 - 2 BvC 37/19 -, juris Rn. 34f.).

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Bezogen auf die vorliegende Konstellation, in der ebenfalls nicht feststeht, ob die von den Antragstellern gerügten objektiven Fehler bei der Durchführung des Abstimmungsverfahrens tatsächlich vorliegen (und sich auf das Abstimmungsverfahren als solches auswirken), spricht dies – neben der oben ausgeführten fehlenden Antragsbefugnis – gegen die von den Antragstellern vertretene Auffassung, dass vorläufiger Rechtsschutz gegen die erfolgte Abstimmungsprüfung in Anspruch genommen werden muss.

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Es ist auch nicht zu gewärtigen, dass es den Antragstellern unzumutbar wä;re, das Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache Az. 6 A 358/20 abzuwarten. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich insbesondere nicht allein aus dem von der Antragsgegnerin beabsichtigten – den Bürgerentscheiden 1 und 3 entgegenstehenden – Vollzug der Bürgerentscheide 2 und 4. Die Antragsgegnerin hat auch den Rechtsweg nicht durch Untätigkeit oder eine nicht zu rechtfertigende zögerliche Behandlung der Abstimmungsprüfung versperrt (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 24.07.2018 - 2 BvQ 33/18 -, juris Rn. 7 sowie VerfGH Saarland, Urt. v. 31.01.2011 - Lv 13/10 -, juris Rn. 83-84), sondern vielmehr mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 mitgeteilt, dass die Gemeindevertretung den Einspruch gegen die Abstimmungen am 27. September 2020 als unbegründet zurückgewiesen habe.

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Auf den weiteren Vortrag der Antragsteller zur Zulässigkeit und Begründetheit ihres Rechtsschutzbegehrens, kommt es aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht (mehr) entscheidungserheblich an.

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2. Da die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2021 zugesichert hat, bis zum Ergehen der Beschwerdeentscheidung keine Vollzugsmaßnahmen durchzuführen, bestand für den Erlass eines sogenannten Hängebeschlusses (vgl. Antrag zu 2.) kein Bedarf.

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3. Im Hinblick auf den hilfsweise zu 3. gestellten Antrag wird gemäß § 122 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die zutreffende Begründung des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen und insoweit von weiteren Ausführungen abgesehen. Ebenso wie bereits vom Verwaltungsgericht in den Blick genommen, haben die Antragsteller auch im Rahmen des anhängigen Beschwerdeverfahrens wiederum ausgeführt, dass es ihnen rechtlich möglich sei, wegen veränderter Umstände erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu beantragen, sodass sich bereits deshalb nicht erschließt, warum sie hilfsweise einen – inhaltlich deckungsgleichen – Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog stellen. Ergänzend nimmt der Senat zudem Bezug auf seine obigen, unter Ziffer 1 angestellten, Erwägungen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich an Nr. 22.1.1. des Streitwertkatalogs in entsprechender Anwendung betreffend Abstimmungen sowie an der bisherigen Rechtsprechung des hiesigen Gerichts (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 08.10.2008 - 2 MB 25/08 -, juris Rn. 16). Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren als Rechtsgemeinschaft, weshalb eine Vervielfachung nicht in Betracht kommt (vgl. § 39 Abs. 1 GKG, § 5 ZPO, Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs).

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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