Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 MB 16/22

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 3. Kammer - vom 17. März 2022 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller lebte seit April 2020 aufgrund einer Einweisung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in einer Notunterkunft der Antragsgegnerin (A). Mit Verfügung vom 16. Februar 2022 hob die Antragsgegnerin die Einweisungsverfügung auf (1.), ordnete an, dass er die zugewiesene Unterkunft bis zum 24. Februar 2022 zu räumen habe (2.), drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten freiwilligen Räumung die Zwangsräumung in Form des unmittelbaren Zwangs an (3.), ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung zu 2. an (4.) und wies den Antragsteller zur Vermeidung neuerlicher Obdachlosigkeit in die gemeindeeigene Unterkunft B ein (5.). Zur Begründung wurde insbesondere darauf verwiesen, dass die bisherige Unterkunft zur Unterbringung von mehreren Personen, insbesondere Familien, geeignet sei und die Antragsgegnerin diese Räume aufgrund anderweitiger knapper Kapazitäten und steigenden Unterbringungsbedarfs insbesondere für Familien dringend benötige.

2

Am 22. Februar 2022 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Itzehoe unter Verwendung des entsprechenden Vordrucks einen „Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Eilantrag)“ gestellt mit dem Ziel, dass die Antragsgegnerin die Unterbringung in der Unterkunft B nicht umsetze, sondern ihn in der jetzigen Unterkunft belasse. Nach Verweisung des Antrages an das Verwaltungsgericht Schleswig hat dieses das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers als Antrag auf Wiederherstellung (Ziffer 2) bzw. Anordnung (Ziffer 3) der aufschiebenden Wirkung eines noch zu erhebenden Widerspruches ausgelegt (§ 80 Abs. 5 VwGO), dieses aber mit Beschluss vom 17. März 2022, dem Antragsteller am 22. März 2022 zugestellt, als unbegründet abgelehnt. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das öffentliche Vollzugsinteresse, da die Räumungsverfügung und die Zwangsandrohung offensichtlich rechtmäßig seien.

3

Dagegen hat der Antragsteller am 31. März 2022 unter Aufrechterhaltung seines Antrages, wie er vom Verwaltungsgericht ausgelegt worden ist, Beschwerde eingelegt. Anfang April 2022 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass der Antragsteller die Unterkunft zum 31. März 2022 geräumt habe. Die Unterbringung in der zugewiesenen Unterkunft B habe er zunächst abgelehnt, sich dann aber doch die Schlüssel dafür abgeholt. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsteller am 14. April 2022 mitgeteilt, dass er die Angelegenheit dennoch weiterverfolge und nunmehr beantrage,

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1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Wohnung A in ... ... nicht neu zu vergeben,

5

2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller erneut in die Unterkunft A in ... ... einzuweisen,

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weil die Umsetzungsverfügung vom 16. Februar 2022 rechtswidrig sei.

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Auf den gerichtlichen Hinweis, dass gegen die streitgegenständliche Verfügung vom 16. Februar 2022 kein Widerspruch eingelegt worden sei, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt bzw. angeordnet werden könne, verweist der Antragsteller auf seine Vorsprache beim Sozialgericht am 22. Februar 2022. Der dortige Antrag sei unter Berücksichtigung des geäußerten Willens des Erklärenden, wie er sich dem Empfänger nach dem Wortlaut der Erklärung und den sonstigen Umständen, die der Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennen könne, dargestellt habe, sowohl als Widerspruch als auch als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verstehen gewesen. Das Sozialgericht hätte den Antrag als Widerspruch erkennen und an die Antragsgegnerin weiterleiten müssen. Auch im Nachhinein sei sein beim Sozialgericht geäußertes Anliegen noch als Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung sowie Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verstehen und auszulegen. Überdies habe die Antragsgegnerin durch das vorliegende Verfahren in ausreichender Weise Kenntnis von der Rechtsverfolgung des Antragstellers erhalten.

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Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.

II.

9

I. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO kommt nicht in Betracht, weil es der Beschwerde, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen, an einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg fehlt.

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II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

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1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unzulässig (geworden).

12

a. Nach der freiwilligen Befolgung der für sofort vollziehbar erklärten Ordnungsverfügung vom 16. Februar 2022 legt der Senat den zuletzt gestellten Antrag dahingehend aus (§ 88 VwGO), dass der Antragsteller nunmehr – und gemäß § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig gegenüber einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO – gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung begehrt. Zwar ist für eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren im Rahmen des § 146 Abs. 4 VwGO grundsätzlich kein Raum (Senat, Beschl. v. 11.01.2017 - 4 MB 43/16 -, juris Rn. 5, v. 20.09.2017 - 4 MB 56/17 -, juris Rn. 8; OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.07.2013 - 8 ME 110/13 -, juris Rn. 10; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 146 Rn. 13c; jeweils m.w.N.); etwas anderes gilt zwecks Gewährung effektiven Rechtsschutzes aber dann, wenn die Antragsänderung sachdienlich ist und mit ihr einer Änderung der Sachlage Rechnung getragen werden soll, die vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingetreten ist und daher noch in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden kann (so VGH Mannheim, Beschl. v. 18.10.2010 - 1 S 2029/10 -, VBlBW 2011, 95-97, juris Rn. 2; VGH Kassel, Beschl. v. 12.07.2011 - 1 B 1046/11 -, NVwZ-RR 2012, 201, 202 f., juris Rn. 32; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 146 Rn. 33). So liegt es hier. Die Vollziehung durch freiwillige Befolgung der Ordnungsverfügung erfolgte noch vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (am 22. April 2022). Aufgrund der damit einhergehenden Änderung der Sachlage kann nunmehr in sachdienlicher Weise die Rückgängigmachung der Vollziehung verfolgt werden, die zuvor verhindert werden sollte. Mit der Antragsänderung wird dem Senat weder ein neuer Streitstoff unterbreitet noch geht damit eine wesentliche Änderung der zu prüfenden Gesichtspunkte einher.

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b. Auch dieser Antrag ist allerdings unzulässig, weil die im Streit befindliche Ordnungsverfügung vom 16. Februar 2022 mittlerweile bestandskräftig und endgültig vollziehbar geworden ist, sodass ein Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zwecks Aussetzung der Vollziehung nicht mehr in Betracht kommt.

14

Bestandskräftig ist die Ordnungsverfügung deshalb, weil ein die aufschiebende Wirkung auslösender Widerspruch (bis heute) nicht erhoben worden ist; insbesondere ist ein solcher bei der Antragsgegnerin nicht fristgerecht eingegangen. Abgelaufen ist die bei korrekter Rechtsmittelbelehrung geltende einmonatige Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 VwGO) unter Berücksichtigung des behördlichen Ab-Vermerks (ebenfalls vom 16. Februar 2022) und der gesetzlichen Fiktion eines Zugangs binnen drei Tagen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG) am Montag, den 21. März 2022. Dass ein so bezeichneter Widerspruch rechtzeitig erhoben worden wäre, ergibt sich weder aus dem Verwaltungsvorgang noch wird dies vom Antragsteller behauptet. Soweit er auf den am 22. Februar 2022 beim Sozialgericht gestellten Antrag verweist, kann darin auch kein an unzuständiger Stelle erhobener Widerspruch gesehen werden. Eine dahingehende Auslegung kommt nicht in Frage.

15

Grundsätzlich gilt, dass bei der Auslegung von Erklärungen anwaltlich nicht vertretener Beteiligter in Anwendung der Rechtsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB ein großzügiger Auslegungsmaßstab anzulegen ist. Danach kommt es sowohl bei Willens- als auch bei Prozesserklärungen nicht auf den inneren Willen der erklärenden Partei, sondern darauf an, wie ihre prozessuale Erklärung aus objektiver Sicht nach der gegebenen Sachlage zu verstehen ist. Hierbei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Prozesserklärung zurück. Maßgebend ist der geäußerte Parteiwille, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen erkennbar wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.1990 - 8 C 70.88 -, juris Rn. 23). Ausgehend von dem objektiven Erklärungswert kommt es deshalb in einem Fall wie dem vorliegenden darauf an, ob der Adressat bzw. Empfänger des Schriftstückes diesem im Wege der Auslegung hinreichend deutlich den Willen des Verfassers entnehmen kann, (auch) behördlichen Rechtsschutz gegen einen bezeichneten angegriffenen Verwaltungsakt in Anspruch zu nehmen. Dies ist auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass bei der Auslegung und Ermittlung seines wirklichen Willens zugunsten eines Bürgers davon ausgegangen werden soll, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen (so BVerwG, Urt. v. 27.04.1990 - 8 C 70.88 -, juris Rn. 23; OVG Bautzen, Beschl. 11.04.2006 - 1 BS 321/05 -, juris Rn. 6), vorliegend nicht der Fall.

16

In Betracht kommt weder eine Umdeutung des Gesuchs vom 22. Februar 2022 von einem Eilantrag in einen Widerspruch noch eine Auslegung dahingehend, dass das der Antragsgegnerin gerichtlicherseits zugestellte Gesuch nicht nur als Eilantrag, sondern zugleich als Widerspruch verstanden werden musste. Die äußere Form und die Abfassung des Gesuchs sind durch die Verwendung eines Vordrucks geprägt, der offensichtlich vom Sozialgericht vorgehalten wird. Der Vordruck ist überschrieben mit den Worten „Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Eilantrag) vor dem Sozialgericht Itzehoe ...“. Richtig ausgefüllt sind die Felder für den Antragsteller und den Antragsgegner. In das Feld mit der Einleitung „Ich beantrage, den Antragsgegner zu verpflichten ...“ wurde notiert: „Die Unterbringung in der Unterkunft ... in ... nicht umzusetzen und in der jetzigen Unterkunft zu lassen“. Damit hat der Antragsteller ausdrücklich um gerichtlichen, nicht aber um behördlichen Rechtsschutz nachgesucht, obwohl die Rechtsmittelbelehrung zutreffend und vorrangig auf die Möglichkeit eines Widerspruches, einzulegen bei der Antragsgegnerin, hinweist.

17

Dass ein Betroffener sinnvollerweise Widerspruch einlegen müsste, erfordert im Übrigen nicht, jede Äußerung bzw. jeden Antrag in seiner Sache an die Behörde oder das Verwaltungsgericht – etwa auf Akteneinsicht, auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder eben auf vorläufigen Rechtsschutz – auch als Widerspruch mit dem Ziel der Aufhebung des Verwaltungsakts zu verstehen. Die Verwaltungsbehörden brauchen nicht an die Stelle dessen, was der Betroffene erklärtermaßen will, das zu setzen, was er nach Meinung der Widerspruchsbehörde zur Verwirklichung seines Bestrebens wollen sollte (VGH Mannheim, Urt. v. 12.11.2001 - 11 S 1594/01 -, juris Rn. 8). So konnte die Antragsgegnerin durchaus annehmen, der Antragsteller werde nach Einleitung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und noch innerhalb der Widerspruchsfrist gesondert bei ihr Widerspruch einlegen, zumal nach verbreiteter Auffassung vorläufiger Rechtsschutz auch schon vor Einlegung des erforderlichen Rechtsbehelfs in der Hauptsache gewährt werden kann und ggf. muss, solange dies noch möglich ist. Genauso ist das Verwaltungsgericht hier auch verfahren. Selbst nach Ergehen des Beschlusses am 17. März 2022 wäre noch Zeit gewesen, den Widerspruch zu erheben.

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2. Im Übrigen sei angemerkt, dass die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung in der Beschwerdeinstanz sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses auch dann nicht in Frage gestellt hätten, wenn man den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als zulässig ansehen würde. Die dargelegten Gründe hätten eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht gerechtfertigt, § 146 Abs. 4, Sätze 3 und 6 VwGO.

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§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO verlangt vom Beschwerdeführer unter anderem, dass er die Gründe darlegt, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt. Darzulegen ist, warum er die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für nicht tragfähig und änderungsbedürftig hält. Im Zuge der Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung muss das Entscheidungsergebnis in Frage gestellt werden (vgl. nur Rudisile in: Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 146 Rn. 13c). Dies leistet die Beschwerdebegründung nicht.

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a. Der Antragsteller setzt sich zunächst mit den vom Verwaltungsgericht formulierten rechtlichen Vorgaben für eine Unterbringung bzw. Umsetzung Obdachloser nicht auseinander. Er meint, dass zwischen ihm und der Antragsgegnerin ein ordentliches Mietverhältnis zustande gekommen sei, weil er bereits seit vielen Jahren in der bisherigen Unterkunft ansässig sei. Dies steht in deutlichem Widerspruch zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach Obdachlosenunterkünfte nicht zur dauerhaften Nutzung bestimmt seien und die Zuweisung in eine solche Unterkunft keinen Besitzstand begründe. Zu diesem Widerspruch verhält sich der Antragsteller nicht. Hinzu kommt, dass die Verschaffung einer angemessenen Wohnung in erster Linie durch den Betroffenen selbst zu erfolgen hat. Selbst wenn dies auch über längere Zeit nicht gelingt, ändert das nichts an der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Einweisungsverfügung (Beschl. des Senats v. 16.01.2012 - 4 O 40/11 -, juris Rn. 5; VGH München, Beschl. v. 17.08.2017 - 4 C 17.1340 -, juris Rn. 8; VGH Kassel, Urt. v. 07.03.2011 - 8 B 217/11 -, juris Rn. 28).

21

b. Die Rüge, die Antragsgegnerin habe das ihr zustehende Auswahlermessen mangelhaft betätigt, würde ebenfalls nicht zum Erfolg führen. Davon ausgehend, dass insoweit die Auswahl zwischen mehreren für eine Umsetzung in Frage kommenden Bewohnern gemeint ist, wird schon nicht dargelegt, aus welcher Ermächtigungsgrundlage der Antragsteller Ziele und Zwecke herleitet, aus denen sich wiederum eine Bindung des behördlichen Ermessens in Richtung einer fehlerfreien personellen Auswahl ergeben soll. Dessen hätte es bedurft. Denn das Verwaltungsgericht hat derartige Anforderungen nicht gestellt, sondern ausgeführt, dass es für die materielle Rechtmäßigkeit einer Umsetzung ausreiche, wenn es hierfür sachlich einleuchtende Gründe gebe, die Entscheidung demzufolge nicht willkürlich erscheine und dem Antragsteller zumutbar sei. Dagegen ist nichts zu erinnern. Da kein Rechtsanspruch darauf besteht, in der Unterkunft belassen zu werden, ist die Gemeinde in Ausübung des Nutzungsrechts an ihren Liegenschaften befugt, einen Obdachlosen unter Ausübung pflichtgemäßem, verhältnismäßig weitem Ermessen von einer zugewiesenen in eine andere Unterkunft umzusetzen (VGH München, Beschl. v. 17.08.2017 - 4 C 17.1340 -, juris Rn. 9; VGH Kassel Urt. v. 07.03.2011 - 8 B 217/11 -, juris Rn. 28; VGH Mannheim, Beschl. v. 29.10.1992 - 1 S 1523/92 -, juris Rn. 3). So ist es etwa ermessensgerecht und als sachlicher Grund anzuerkennen, wenn die Gemeinde die Unterkunft konkret für die Unterbringung anderer Obdachloser benötigt (VGH Kassel a.a.O. Rn. 29 m.w.N.) oder wenn sie sich – allgemeiner – auf die sicherheits- und kommunalrechtliche Verpflichtung beruft, für zukünftige Bedarfsfälle Unterkünfte in ausreichender Zahl und Größe vorzuhalten (VGH München, Beschl. v. 17.08.2017 - 4 C 17.1340 -, juris Rn. 9). Legt die Gemeinde einen solchen Bedarf schlüssig und nachvollziehbar dar, bedarf es keiner weitergehenden Substantiierung und Rechtfertigung gegenüber dem von der Umsetzung betroffenen Obdachlosen (VGH Kassel a.a.O. Rn. 30). Nicht erforderlich ist deshalb, dass die ehemalige Unterkunft des Antragstellers unmittelbar wieder vergeben wird. Im Übrigen wird sowohl in der angegriffenen Verfügung als auch im Beschluss ausgeführt, dass es vorliegend einen ausreichenden sachlichen Grund gibt und dass die neue Unterkunft menschenwürdig und auch sonst zumutbar ist, ohne dass der Antragsteller dies in Frage gestellt. Ohne weiteres nachvollziehbar ist es außerdem, dass die Antragsgegnerin – ebenso wie andere Gemeinden – derzeit wegen des Zustroms aus der Ukraine aufgefordert ist, zusätzliche Quartiere zu akquirieren und dass dies Umverteilungen innerhalb der gemeindeeigenen Liegenschaften erforderlich macht. So weist sie in der Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass in einem benachbarten Hausteil gerade eine dreiköpfige ukrainische Flüchtlingsfamilie eingewiesen worden sei und dass weitere Umsetzungen geplant seien. Ob darüber hinaus andere Einzelpersonen in benachbarte Unterkünfte eingewiesen worden sind, wird von ihr bestritten. Die diesbezügliche Behauptung des Antragstellers bleibt demgegenüber zu unsubstantiiert, als dass dem noch hätte nachgegangen werden müssen.

22

Erneut und ebenfalls ohne Erfolg wird schließlich geltend gemacht, dass der Antragsteller zwei Kinder habe, die ihn regelmäßig besuchten, weshalb das Argument, dass die Wohnung ... für Familien vorgesehen sei, nicht verfange. Hierzu hatte das Verwaltungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass der Umgang des Antragstellers mit den Kindern auf die Zeit von Samstag bis Sonntag und dies nur jede zweite Woche beschränkt ist. Damit setzt sich die Beschwerde wiederum nicht auseinander, insbesondere wird nicht erläutert, weshalb ein derart begrenzter Umgang mit den Bedürfnissen einer Familie vergleichbar sein sollte, die dauerhaft in einer Wohnung zusammenlebt.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG).

24

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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