Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 MB 13/22

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 10. Kammer - vom 21. Juli 2022 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I .

1

Die Antragstellerin begehrt auf presserechtlicher Grundlage Auskunft über geplante mobile Geschwindigkeitsmessungen auf dem Gebiet des Antragsgegners.

2

Bei der Antragstellerin handelt es sich um einen in Schleswig-Holstein tätigen Zeitungsverlag, zu dessen Medienprodukten unter anderem die Tageszeitung „O. A.“ gehört, die sich insbesondere an Leserinnen und Leser im Kreisgebiet des Antragsgegners richtet.

3

Nach einem vorangegangenen E-Mail-Schriftverkehr zwischen einem Redakteur des Ostholsteiner Anzeigers und der Pressestelle des Antragsgegners machte die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 15. März 2022 beim Antragsgegner einen auf das Landespressegesetz (PresseG) gestützten Auskunftsanspruch des Inhalts geltend, dass der Antragsgegner ihr werktäglich die für den nächsten Werktag vorgesehenen Orte und Zeiten bezüglich mobiler und stationärer Radarmessungen im Kreisgebiet übermitteln solle. Die bislang ablehnende Haltung des Antragsgegners sei nicht nachvollziehbar. Es handele sich bei den Radarmessungen um öffentliche Aktivitäten der Kommunalverwaltung, worüber zu berichten Kernaufgabe der freien Presse sei. Die Berichterstattung hierzu liege auch im Allgemeininteresse, da die Autofahrer durch die Bekanntgabe der Standorte der Verkehrsüberwachung angehalten würden, dort besonders vorsichtig zu fahren.

4

Mit Schreiben vom 4. April 2022 lehnte der Antragsgegner eine Erteilung der begehrten Auskünfte auf presserechtlicher Grundlage ab. Zur Begründung wurde auf § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG verwiesen, wonach Auskünfte verweigert werden könnten, soweit ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Der Zweck verdeckter Geschwindigkeitskontrollen liege in der Prävention von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und in der Funktionsfähigkeit und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs. Die jederzeitige Möglichkeit solcher Kontrollen und etwaiger Sanktionen solle Verkehrsteilnehmende anhalten, sich nicht nur an den ihnen bekannten Kontrollpunkten, sondern überall an die vorgeschriebene Geschwindigkeit zu halten. Die Bekanntgabe künftiger Geschwindigkeitskontrollen in der Presse würde die so beabsichtigten Wirkungen unterlaufen.

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Am 13. Juli 2022 hat die Antragstellerin um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht.

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Den von der Antragstellerin begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem sinngemäßen Antrag,

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dem Antragsgegner aufzugeben, ihr Orte und Zeiten der im Kreis durchzuführenden mobilen Radarmessungen vorab bekannt zu geben,

8

hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. Juli 2022, der Antragstellerin am selben Tag zugestellt, abgelehnt. Zur Begründung hat es zum einen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO hinsichtlich der begehrten Auskünfte als zweifelhaft angesehen. Die seitens der Antragstellerin begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zu einer dauerhaften, zeitlich und inhaltlich unbegrenzten sowie proaktiven Informationsverschaffung in Bezug auf Radarmessungen werde von der Anspruchsgrundlage des § 4 Abs. 1 PresseG nicht getragen. Das Auskunftsrecht nach dem Pressegesetz betreffe das Ersuchen um Einzelauskunft in einem konkreten Fall. Zum anderen habe die Antragstellerin auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, der die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache tragen könne, nicht glaubhaft gemacht. Es sei nicht ersichtlich, dass der Themenbereich „Radarmessungen“ einen Aktualitätsbezug aufweise, der dazu führe, dass es nach dem Abschluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens an der Relevanz für eine Berichterstattung fehle.

9

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 2. August 2022, die sie mit Schriftsätzen vom 22. und 23. August 2022 ergänzend begründet hat.

10

Sie reagiert auf die Begründung des Verwaltungsgerichts mit der Beschränkung ihrer Auskunftsanträge auf bestimmte Zeiträume im September 2022. Damit sei auch die Eilbedürftigkeit offenkundig und der Verweis auf ein Hauptsacheverfahren nicht zumutbar. Die tägliche Durchführung von Radarmessungen sei eine Angelegenheit von gesteigertem öffentlichen Interesse. In einem ländlich strukturierten Kreis wie dem Antragsgegner seien die meisten Einwohner auf die Nutzung ihrer PKW angewiesen, weshalb es ständiges Gesprächsthema sei, wann und wo „geblitzt“ werde. Ergänzend verweist die Antragstellerin darauf, dass ein anderer Kreis in Schleswig-Holstein sich bereits entschlossen habe, die Standorte mobiler Geschwindigkeitsmessanlagen vorab bekannt zu geben. Der Bericht hierüber sowie die Veröffentlichung der Zeitpunkte und Standorte der Geschwindigkeitsmessungen hätten in den Online-Ausgaben der in dem betreffenden Kreis erscheinenden Lokalzeitungen zu den meistgelesenen Beiträgen gehört. Dies belege das hohe Öffentlichkeitsinteresse. Die Aktivität des anderen Kreises zeige außerdem, dass es kein dem Auskunftsanspruch entgegenstehendes öffentliches Interesse gebe.

11

Die Antragstellerin beantragt nunmehr wörtlich,

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unter Aufhebung des Beschlusses vom 21. Juli 2022 dem Antragsgegner aufzugeben, ihr bekannt zu geben, an welchen Orten und zu welchen Zeiten im September 2022 im L. O. mobile Radarmessungen durchgeführt werden,

13

hilfsweise,

14

dem Antragsgegner aufzugeben, ihr bekannt zu geben, an welchen Orten und zu welchen Zeiten in der Zeit vom 5. bis 20. September 2022 im L. O. mobile Radarmessungen durchgeführt werden,

15

hilfsweise,

16

dem Antragsgegner aufzugeben, ihr bekannt zu geben, an welchen Orten und zu welchen Zeiten am 5. September 2022 im L. O. mobile Radarmessungen durchgeführt werden.

17

Der Antragsgegner beantragt,

18

die Beschwerde zurückzuweisen.

19

Er ist der Auffassung, es bestehe schon kein gesteigertes öffentliches Interesse an den begehrten Informationen, da diese lediglich auf das private Interesse derjenigen Personen stießen, die beabsichtigten, gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen zu verstoßen. Um mit seinem PKW im Kreisgebiet unterwegs sein zu können, seien Vorabinformationen über Geschwindigkeitskontrollen nicht erforderlich. Die Antragsumstellung durch die Antragstellerin ziele, sofern sie überhaupt prozessual zulässig sei, im Übrigen auch weiterhin darauf ab, ihn, den Antragsgegner, zu einer bestimmten Art von Öffentlichkeitsarbeit zu verpflichten. Aus der proaktiven Bekanntgabe der Standorte mobiler Geschwindigkeitsmessanlagen durch andere Kreise könne die Antragstellerin nichts für sich herleiten.

II.

20

Die Beschwerde bleibt mit dem Haupt- sowie den Hilfsanträgen ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

21

Die fristgerecht erhobene und begründete Beschwerde ist auch sonst zulässig.

22

Ihre Unzulässigkeit folgt insbesondere nicht daraus, dass die Antragstellerin mit der Beschwerdeschrift gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren anderslautende Sachanträge formuliert hat. Auf die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren überhaupt zulässig ist (vgl. dazu Beschl. d. Senats v. 15.07.2022 - 3 MB 11/22 -, noch n. v., BA S. 3 m. w. N.), kommt es in der vorliegenden Konstellation nicht an. Eine Klage- beziehungsweise Antragsänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO liegt nämlich gemäß § 264 Nr. 2 ZPO, der über § 173 Satz 1 VwGO entsprechend zur Anwendung kommt, nicht vor, wenn der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Das bedeutet, dass derartige Änderungen ohne weiteres zulässig sind, wenn bei unverändertem Klagegrund ein „Mehr“ oder ein „Weniger“ – nicht jedoch ein „Aliud“ – verfolgt wird (vgl. Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 91 Rn. 13). Die genannten Erweiterungen oder Beschränkungen werden ohne Rücksicht auf ihre dogmatische Einordnung privilegiert, ihre Sachdienlichkeit ist gesetzlich vorgesehen (vgl. Stuhlfauth, in: Bader/ Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 91 Rn. 5).

23

Um eine solche unproblematisch zulässige Beschränkung handelt es sich auch hier.

24

Die Antragstellerin hat einen Beschwerdeantrag anhängig gemacht, der ihr in erster Instanz zunächst uneingeschränkt geltend gemachtes Begehren in zeitlicher und damit in quantitativer Hinsicht reduziert, ohne dass es auf eine andere materiellrechtliche Grundlage gestützt oder in der Sache etwas anderes begehrt würde als im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Auf die Frage der Sachdienlichkeit braucht daher nicht gesondert eingegangen zu werden.

25

Der Antragstellerin steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Namentlich kann ihr nicht entgegengehalten werden, dass sie den Antragsgegner nicht vorprozessual mit ihrem im Beschwerdeverfahren abweichend formulierten Auskunftsbegehren befasst hat. Es spricht bereits Vieles dafür, dass das nunmehrige Ansinnen als „Minus“ bereits in dem ursprünglichen Antrag an den Antragsgegner enthalten war und deshalb eine erneute Befassung der Behörde damit entbehrlich ist. Jedenfalls wäre es aber in der vorliegenden Konstellation eine unnötige Förmlichkeit, eine erneute behördliche Vorbefassung zu verlangen. Es besteht nämlich dann kein Anlass, das Rechtsschutzbedürfnis für einen unmittelbar im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellten Antrag in Abrede zu stellen, wenn die Behörde auf Antragsgegnerseite eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass sie einen an sie gerichteten derartigen Antrag ablehnen würde, dieser also offensichtlich aussichtslos wäre (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 34; Buchheister, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 123 Rn. 13; Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 95; in diese Richtung auch BVerwG, Beschl. v. 22.11.2021 - 6 VR 4.21 -, juris Rn. 10 f.).

26

Auch vorliegend hat sich der Antragsgegner vorprozessual sowie im erstinstanzlichen und im Beschwerdeverfahren unmissverständlich dahingehend geäußert, dass er die Voraussetzungen des seitens der Antragstellerin geltend gemachten presserechtlichen Auskunftsanspruchs dem Grunde nach nicht als gegeben ansieht, da er Auskünfte dieser Art und Weise nicht für von der Rechtsgrundlage des § 4 Abs. 1 PresseG umfasst hält und darüber hinaus annimmt, dass schutzwürdige öffentliche Interessen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Angesichts dessen ist nicht davon auszugehen, dass er sich auf eine positive Bescheidung des Antrags allein aufgrund der Beschränkung des Auskunftsbegehrens auf bestimmte Zeiträume einlassen würde.

27

Die Beschwerde ist mit dem Haupt- und den Hilfsanträgen jedoch unbegründet.

28

Die Antragstellerin hat das Bestehen eines Anordnungsgrundes, welchen das Verwaltungsgericht hinsichtlich des erstinstanzlichen Begehrens nicht als gegeben ansah, auch hinsichtlich des neu gefassten Antrags nicht dargelegt.

29

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Erforderlich ist danach neben der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Letzteres bedeutet, dass es eines spezifischen rechtlichen Grundes dafür bedarf, dass Rechtsschutz nicht erst im regulären Hauptsacheverfahren, sondern – und sei es nur vorläufig – im Eilverfahren gewährt wird (vgl. Schoch, in: ders./Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand Februar 2022, § 123 VwGO Rn. 76). Der Anordnungsgrund bezeichnet – verkürzt ausgedrückt – die Dringlichkeit der Sache (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 53; Bostedt, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 123 VwGO Rn. 70).

30

Wird mit der begehrten Regelung die Hauptsache vorweggenommen, gelten zum einen gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, indem ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit dafür sprechen muss, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist. Zum anderen kommt eine Vorwegnahme der Hauptsache nur in Betracht, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gut zu machende Nachteile entstünden, die eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigen könnte (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.01.2022 - 3 MB 1/22 -, juris Rn. 10 m. w. N.). Das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen macht – im Sinne des Anordnungsgrundes – die vorläufige gerichtliche Entscheidung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes erst notwendig.

31

Der Anordnungsgrund wird maßgeblich durch die Art und Bedeutung des Anordnungsanspruchs mitbestimmt (vgl. Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 108 m. w. N.). An das Vorliegen eines Anordnungsgrundes in presserechtlichen Auskunftsverfahren dürfen mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mitumfasste Selbstbestimmungsrecht der Presse hinsichtlich der Themenauswahl und der Entscheidung, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll, keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Erforderlich und zugleich ausreichend ist es, wenn ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. Demnach darf ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren nicht dazu führen, dass eine begehrte Auskunft mit starkem Aktualitätsbezug ihren Nachrichtenwert verliert und allenfalls noch von historischem Interesse ist (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschl. v. 23.03.2021 - 6 VR 1.21 -, juris Rn. 12; Kuhla, in: Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 01.07.2022, § 123 Rn. 100s, jeweils m. w. N.).

32

Bei Zugrundelegung dieser Maßgaben lässt sich dem Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren kein Anordnungsgrund, der ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde, entnehmen. Die „offenkundige Eilbedürftigkeit“ des Auskunftsverlangens, auf die die Antragstellerin sich bezieht, ist durch die Antragstellerin selbst erzeugt worden, indem sie ihren Antrag, auf presserechtlicher Grundlage künftig die Daten und Standorte der mobilen Geschwindigkeitsmessungen im Kreisgebiet des Antragsgegners mitgeteilt zu bekommen, auf den Monat September 2022, hilfsweise auf einen mehrwöchigen Zeitraum im Monat September, hilfsweise auf einen Tag im September beschränkt hat.

33

Es trifft zwar zu, dass das Vorliegen der in dieser Form geforderten Information nach Ablauf des Monats September beziehungsweise der noch kürzeren Zeiträume für die Antragstellerin von geringem Wert ist, der Verweis auf ein Hauptsacheverfahren also dazu führte, dass die begehrten Daten und Messstandorte ihren Nachrichtenwert weitgehend verlören. Die Antragstellerin hat es indes – ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Anordnungsanspruch gegeben ist – verabsäumt, darzulegen, warum sie für eine effektive Presseberichterstattung gerade die Aufstellorte und Messzeitpunkte mobiler Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen in den nunmehr angefragten Zeiträumen benötigt.

34

Die Antragstellerin zeigt mit ihrer neuen Antragstellung keinen konkreten Aktualitätsbezug auf, sondern wählt die Zeiträume als Reaktion auf die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass das Abwarten eines Hauptsacheverfahrens zumutbar sei, weil sich das Thema „Radarmessungen“ wegen deren fortdauernder Durchführung nicht erledigen werde. Die Zeiträume im September 2022 werden jedoch nicht weiter in Beziehung zu einem aktuellen Berichterstattungsanlass gesetzt. Das Vorbringen der Antragstellerin zu dem gesteigerten öffentlichen Interesse an den Standorten mobiler Radarmessgeräte in einem ländlich strukturierten Kreisgebiet wie dem des Antragsgegners, wo viele Menschen auf die Nutzung eines PKW angewiesen seien, bleibt allgemein und erklärt nicht, weshalb es gerade auf die angefragten Zeiträume ankommen soll, sodass jene gleichsam aus der Luft gegriffen erscheinen.

35

Die Antragstellerin verkennt, dass es für die Begründung einer Eilbedürftigkeit und somit für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes für sich genommen nicht ausreicht, die streitgegenständlichen Auskünfte für einen in naher Zukunft liegenden Zeitraum zu begehren. Sie ist auch insoweit zur Darlegung angehalten, warum sie für eine jetzige Berichterstattungsabsicht sogleich Auskunft benötigt und warum eine Berichterstattung ohne die Auskunft in nicht hinzunehmender Weise erschwert wird. Hierfür reichen allgemein gehaltene pauschale Hinweise auf ein allgemeines Öffentlichkeitsinteresse an dem Thema regelmäßig nicht aus (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 03.08.2017 - 6 S 12.17 -, juris Rn. 10 ff.).

36

Etwas anderes ergibt sich – auch und gerade im Hinblick auf die streitigen Zeiträume, für die Auskunft verlangt wird – nicht aus der von der Antragstellerin vorgelegten Medienberichterstattung (aus ihrem eigenen Verlag) darüber, dass sich der Krs. R……. entschlossen hat, die Zeitpunkte und Aufstellorte mobiler Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen künftig proaktiv vorab bekannt zu geben, und der behaupteten Resonanz hierauf.

37

Das hohe Leserinteresse an dem Beitrag vom 6. August 2022, der ein Interview mit dem zuständigen Fachbereichsleiter des Krs. R…… sowie die Standorte mobiler Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen des Kreises in der 32. Kalenderwoche enthielt, ist nicht geeignet, ein gesteigertes öffentliches Interesse und einen hohen Aktualitätsbezug gerade im Hinblick auf die nunmehr vom Antragsgegner verlangten Auskünfte zu belegen. Die beanspruchten Informationen sind erkennbar nicht notwendig, damit in den Medienprodukten der Antragstellerin darüber berichtet werden kann, dass sich in jüngerer Zeit einige Gebietskörperschaften innerhalb und außerhalb Schleswig-Holsteins dazu entschlossen haben, von sich aus die Standorte eigener mobiler Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen bekannt zu geben.

38

Ohnedies zeigt der Umstand einer Berichterstattung zu einem Thema im Allgemeinen noch keine Eilbedürftigkeit der Erteilung presserechtlicher Auskünfte im konkreten Fall auf. Insbesondere, wenn so genannte Dauerthemen betroffen sind, vermag ein zeitbezogener Anlasssachverhalt für sich genommen nicht regelmäßig den für die Eilbedürftigkeit des Auskunftsanspruchs zu fordernden starken Gegenwartsbezug zu begründen (vgl. Söder, in: Beck’scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand: 01.05.2022, Art. 4 BayPrG Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.05.2018 - 6 S 13.18 -, juris Rn. 8 f.).

39

So verhält es sich auch hier. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen, wenn es – vor dem Hintergrund des erstinstanzlich gestellten Antrags – ausführt, dass sich das Thema „Radarmessungen“ bis auf weiteres, insbesondere bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, nicht erledigen wird (BA S. 6), es sich also um ein „Dauerthema“ handelt. Dem tritt die Beschwerde lediglich durch die Antragsbeschränkung, nicht aber inhaltlich entgegen. Die Beschränkung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs auf Zeiträume im September 2022 erscheint lediglich aus prozesstaktischer Sicht nachvollziehbar. Der Senat vermag nach den allgemein gehaltenen Darlegungen der Antragstellerin jedoch nicht zu erkennen, dass tatsächlich ein gegenüber der sonstigen Bedeutung des Themas gesteigertes öffentliches Interesse an der Aktivität des Antragsgegners im Bereich der Geschwindigkeitsüberwachung gerade im Monat September 2022 beziehungsweise insoweit ein besonderer Gegenwartsbezug besteht.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

41

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

42

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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